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1919-05-21 23:00:00
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Frauke Petry: Ehemalige AfD-Chefin wegen Betrugs verurteilt
Die frühere AfD-Chefin Frauke Petry ist wegen Betrugsvorwürfen zu einer Geldstrafe von 11.250 Euro verurteilt worden. Das Landgericht Leipzig sprach Petry am Dienstag wegen Subventionsbetrugs, Untreue und Steuerhinterziehung (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/steuerhinterziehung/) schuldig und verurteilte sie zu 150 Tagessätzen von jeweils 75 Euro, wie ein Gerichtssprecher sagte. 30 Tagessätze davon gelten bereits als abgegolten. Zudem verfügte das Landgericht eine sogenannte Einziehung von Wertersatz in Höhe von 9520 Euro. Damit hob das Landgericht ein Urteil des Amtsgerichts Leipzig auf, das Petry im Januar 2020 freigesprochen hatte. Das Gericht hatte die Betrugsvorwürfe gegen die Politikerin nicht als zweifelsfrei erwiesen angesehen. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen Berufung eingelegt. (verlinkt auf https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/brennpunkte_nt/article231682959/Frauke-Petry-Erneuter-Prozess-gegen-Ex-AfD-Chefin.html) Sie wirft Petry vor, im Jahr 2014 Fördergelder für eine Krisenberatung ihrer damaligen Firma für ihre Privatinsolvenz zweckentfremdet haben. In erster Instanz hatte die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung zu 30.000 Euro Geldstrafe wegen Subventionsbetrugs, Untreue und Steuerhinterziehung gefordert. Petry reagierte empört auf das Urteil des Landgerichts. Ihr Ehemann Marcus Pretzell, der sie als Verteidiger vertreten hatte, sagte auf die Frage, ob sie Revision einlegen werde: „Davon können Sie ausgehen!“ Gegen das aktuelle Urteil ist eine Revision am Oberlandesgericht in Dresden möglich. Die ehemalige AfD-Politikerin war Geschäftsführerin eines Unternehmens, das eine Mixtur zum Schutz vor platten Reifen vertrieben hatte. Die Firma bekam im hart umkämpften Automobilzulieferermarkt Probleme, musste Insolvenz anmelden und startete dann mit neuen Gesellschaftern erneut. Petry selbst meldete Privatinsolvenz an. Ihr damaliger Berater hatte das Verfahren mit einer Anzeige ins Rollen gebracht. Ursprünglich sollte der Berufungsprozess gegen die 45-Jährige schon im vergangenen November beginnen. Aufgrund der coronabedingten Abstands- und Hygieneregeln hatten am Landgericht jedoch Verfahren Vorrang, bei denen die Angeklagten in Untersuchungshaft saßen. Zudem war kein Saal frei, der ausreichend groß gewesen wäre für die zu erwartende Anzahl von Zuschauern und Pressevertretern. Daher war der Prozess erst Mitte August gestartet. Petry, die auch Partei- und Fraktionschefin bei der AfD in Sachsen war, hatte die Partei 2017 unmittelbar nach der Bundestagswahl nach internen Machtkämpfen verlassen. Mit der Bundestagswahl schied sie aus dem Parlament aus. Hinweis: Die Ursprungsversion dieses Artikels enthielt eine fälschliche Angabe in Bezug auf ein Verfahren aus dem Jahr 2019. Wir haben diesen Fehler korrigiert.
WELT
Im vergangenen Jahr war Frauke Petry noch von den Betrugsvorwürfen gegen sie freigesprochen worden. Im Berufungsprozess hob das Landgericht Leipzig nun das Urteil des Amtsgerichts auf und verurteilte die ehemalige AfD-Chefin zu einer Geldstrafe.
Politik
Deutschland
2021-10-12T15:53:18Z
2021-10-12T15:53:18Z
Ehemalige AfD-Chefin Petry wegen Subventionsbetrugs verurteilt
https://www.welt.de/politik/deutschland/article234374992/Frauke-Petry-Ehemalige-AfD-Chefin-wegen-Betrugs-verurteilt.html
Malu Dreyer: Soli muss in voller Höhe erhalten bleiben
Die Welt: Frau Ministerpräsidentin, welcher europäische Vergleich beschreibt die finanzielle Lage Ihres Landes am besten? Ist Rheinland-Pfalz das deutsche Italien – oder eher das Griechenland der Bundesrepublik? Malu Dreyer: Ich lehne Vergleiche dieser Art ab. Wir stehen nicht schlechter und nicht besser da als die meisten westdeutschen Flächenländer. Die Welt: Ihr Bundesland ist seit Langem auf Überweisungen aus dem Länderfinanzausgleich angewiesen. Jahr für Jahr empfangen Sie einen dreistelligen Millionenbetrag … Dreyer: Das ist falsch. Wenn man den Umsatzsteuer-Vorwegausgleich berücksichtigt, sind wir nicht Empfänger, sondern zahlen in den Finanzausgleich ein. Die Welt: So wird aber nicht gerechnet. Dreyer: Klar ist jedenfalls: Wir sind auf einem guten Konsolidierungsweg. Trotz unserer geringen Steuerkraft werden wir die in unserer Verfassung verankerte Schuldenbremse einhalten. Jetzt geht es darum, den Länderfinanzausgleich solidarisch umzugestalten. Die Welt: Geld gegen Reformen: Lässt sich dieses europäische Prinzip – wie von Bayern gefordert – auf die Bundesländer übertragen? Dreyer: Jedes Land unternimmt Reformanstrengungen – unabhängig vom Länderfinanzausgleich. Rheinland-Pfalz ist eines der reformfreudigsten Bundesländer. Wenn der bayerische Finanzminister Söder eine Verbindung herstellt zwischen Ausgleichszahlungen und Reformen, halte ich das nicht für besonders vorausschauend. Die Welt: Können Sie denn verstehen, dass die Geberländer den Finanzausgleich als ungerecht empfinden? Dreyer: Ich kann grundsätzlich nachvollziehen, dass Länder wie Bayern nicht mehr so viel zahlen wollen. Ich unterstütze den Vorschlag von Olaf Scholz und Wolfgang Schäuble, den Solidaritätszuschlag über das Ende des Solidarpakts 2019 hinaus in voller Höhe zu erheben – und in die Einkommensteuer zu integrieren. Davon würden alle Bundesländer und die Kommunen profitieren. Ich halte diesen Weg nach wie vor für richtig. Die Welt: Finanzminister Schäuble hat sich inzwischen der Haltung von Kanzlerin Merkel und Bayerns Ministerpräsidenten Seehofer angeschlossen. Welche Aussichten hat deren Vorschlag, den Soli nach 2019 schrittweise zu senken? Dreyer: Die Länder hatten im Dezember geschlossen gefordert, dass das Aufkommen erhalten bleiben muss und sie daran beteiligt werden. Ohne diese Mittel werden die Länder nicht auskommen. Wenn die Union den Soli abschaffen will, muss sie einen Vorschlag machen, woher das Geld dann kommen soll. Die Aufgaben der Länder müssen vorausschauend erfüllt und finanziert werden. Die Welt: Freuen Sie sich schon auf die Einnahmen aus der Pkw-Maut für Ausländer? Dreyer: Zunächst einmal würde davon nicht so viel bei uns ankommen. Im Übrigen haben wir in Rheinland-Pfalz mit unseren vielen Grenzregionen massive Einwände gegen den Gesetzentwurf von Verkehrsminister Dobrindt. Grundsätzlich stehe ich zum Koalitionsvertrag, aber ein Mautgesetz, das keine Ausnahmeregelungen für Grenzregionen vorsieht, wird unsere Zustimmung nicht finden. Rheinland-Pfalz lebt von einem freundschaftlichen und ungezwungenen Grenzverkehr. Warum richtet man nicht einen Korridor an den Grenzen ein, in dem keine Maut erhoben wird? Es ist für mich nicht vorstellbar, einem Konzept zuzustimmen, das ignoriert, dass wir ein offenes Europa haben. Die Welt: Rechnen Sie mit einer Einigung im Finanzstreit vor dem Landtagswahljahr 2016? Dreyer: Ich bin da ziemlich gelassen. Klar ist, dass wir eine Lösung finden müssen – ob wir vor Wahlen stehen oder nicht. Natürlich wäre es gut, bis Mitte 2015 eine Einigung zu haben. Die Welt: Und wenn nicht, machen Sie damit Wahlkampf? Dreyer: Ich habe jedenfalls keine Angst davor, das Thema im Landtagswahlkampf anzusprechen. Die Menschen interessieren sich zu Recht dafür, wie es um die Staatsfinanzen bestellt ist. Die Welt: Welches Ziel setzen Sie sich für die Wahl in einem Jahr, bei der Sie von der CDU-Hoffnungsträgerin Julia Klöckner herausgefordert werden? Dreyer: 35 Prozent plus X. Wir wollen stärkste Fraktion werden und die rot-grüne Koalition fortsetzen. Die Welt: Davon kann die SPD im Bund nur träumen. Haben Sie eine Erklärung, warum Ihre Partei nach dem ausgesprochen sozialdemokratischen ersten Jahr der großen Koalition nicht über 25 Prozent (verlinkt auf /debatte/kommentare/article138268097/Warum-die-SPD-in-ihrem-25-Prozent-Turm-gefangen-ist.html) hinauskommt? Dreyer: Natürlich können wir mit den Zahlen nicht zufrieden sein. Ich ermutige meine Partei, weiterhin glaubwürdig und konsequent zu arbeiten – und sich dabei etwas breiter aufzustellen. Wir müssen wirtschaftliche Erfolge und soziale Gerechtigkeit miteinander verbinden. Dann werden wir auch wieder für mehr Menschen interessant. Die Welt: Bei der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung ist SPD-Chef Gabriel auf Unionslinie eingeschwenkt. Verstehen Sie auch das unter breiterer Aufstellung? Dreyer: Ich fand unsere ursprüngliche Haltung gut, abzuwarten, bis die EU-Kommission eine neue Richtlinie vorlegt. Dies wird nun aber nicht geschehen, deswegen soll es eine Einigung auf Bundesebene geben. Das ist ein wirklich sensibles Thema. Wir alle wissen, dass die Daten der Bevölkerung ein absolut schützenswertes Gut sind. Aus meiner Sicht ist eine anlasslose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten problematisch. Fragen des Datenschutzes dürfen nicht zu kurz kommen. Ich werde mir intensiv anschauen, was die Bundesregierung ausarbeitet. Die Welt: Welche Machtperspektive sehen Sie für die SPD (verlinkt auf /politik/deutschland/article138607682/NSU-Ausschussvorsitzende-vertrat-Neonazi.html) im Bund – außer Merkels Juniorpartner zu sein? Dreyer: Die Partei muss zu allererst wieder zu mehr Kraft kommen – durch Glaubwürdigkeit und überzeugende Themen. Als Ministerpräsidentin (verlinkt auf /politik/deutschland/article137730786/Die-SPD-sorgt-sich-um-die-Wahlen-im-Suedwesten.html) einer rot-grünen Regierung kann ich nur für dieses Bündnis werben. Die Welt: Eher kommt es zur Wiederauferstehung der FDP, als dass es zu einer rot-grünen Regierungsmehrheit reicht. Dreyer: Bei der FDP sehe ich gerade nur ihren alten Marktradikalismus wieder auferstehen, der für ihren Untergang verantwortlich war. Was die SPD angeht, bin ich optimistisch, schließlich ist es ja noch recht lange hin bis zur Bundestagswahl (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bundestagswahl/) . Ich bin davon überzeugt: In zweieinhalb Jahren steht die SPD ganz anders da als heute. Die Welt: Kann die Linkspartei im Bund ein Partner sein? Dreyer: Auf Bundesebene ist die Linkspartei, wie sie sich bisher darstellt, für uns kein Koalitionspartner. Dasselbe gilt für Rheinland-Pfalz. Die Welt: Wie wirkt sich die Aufarbeitung der Kinderporno-Affäre um den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy auf die Wahlchancen aus? Dreyer: Das ist eine extrem unangenehme Sache. Was Edathy getan hat, verabscheue ich zutiefst. Die Welt: Der rheinland-pfälzische SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann wird verdächtigt, Edathy über die Ermittlungen informiert zu haben. Glauben Sie Hartmann, wenn er das bestreitet? Dreyer: Ich habe nie einen Grund gehabt, Michael Hartmann für unglaubwürdig zu halten. Den konkreten Sachverhalt kann ich allerdings nicht beurteilen. Die Welt: Machen Sie sich nie Gedanken darüber, wer Edathy (verlinkt auf /debatte/kommentare/article137979961/Welchen-Hintergrund-hat-die-Milde-gegen-Edathy.html) vor den Ermittlern gewarnt haben könnte? Dreyer: Nein. Die Welt: Wie haben Sie von den Vorwürfen gegen Ihren Parteifreund erfahren? Dreyer: Aus der Presse.
Hannelore Crolly, Jochen Gaugele
Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), sperrt sich gegen den Vorschlag der Union, den Soli schrittweise zu senken. Vergleiche mit europäischen Krisenstaaten ärgern sie.
Politik
Deutschland
2015-03-21T00:00:44Z
2015-09-22T12:22:23Z
„Der Soli muss in voller Höhe erhalten bleiben“
https://www.welt.de//politik/deutschland/article138638266/Der-Soli-muss-in-voller-Hoehe-erhalten-bleiben.html
Frankreich-Wahlen: Der Mann, der sich für Emmanuel Macron aufopfert
François Bayrou kommt von weit her. Das Dorf Bordères, aus dem er stammt, liegt im äußersten Süden Frankreichs, im Baskenland, nah an den Bergen, in großer Natur. Die Eltern waren Bauern, der Sohn als Kind zeitweise ein Stotterer, als Jugendlicher ein Büchernarr, als junger Mann ein Lehrer. Als er gerade 23 und schon Altphilologe war, musste er der Mutter nebenbei auf dem Hof helfen, weil der Vater bei einem Unfall gestorben war. Man schrieb das Jahr 1974, Todesjahr von Georges Pompidou, Valéry Giscard d’Estaing wurde Präsident, und François Bayrou stand am Rand, völlig unbekannt, ziemlich weit unten, auf jeden Fall sehr weit weg vom Zentrum der Macht. Sein Aufstieg in die höchsten Pariser Zirkel dauert von hier aus zehn, zwanzig Jahre. Bayrou wird durch fleißige Arbeit ein eminenter Kommunalpolitiker in seiner Heimatregion Béarn, er steigt nebenher auf zum politischen Assistenten in diversen Pariser Kabinetten, wird bald Parteichef, wird Bildungsminister und fortan immer wieder gehandelt für alle möglichen Ämter. Bayrou wurde zuletzt belächelt Bayrou tritt dreimal, 2002, 2007 und 2012, als liberaler Kandidat des Zentrums bei den Präsidentschaftswahlen (verlinkt auf /themen/frankreich-wahl/) an. Aber eigentlich steht er erst seit dieser Woche, seit vergangenem Mittwoch, auf dem Gipfel seiner Karriere: Selten war seine Macht größer als in diesem Moment, als er verzichtet, als er aufgibt. Als er Platz macht. Bayrous Pressekonferenz war vom politischen Betrieb mit einiger Nervosität erwartet worden, nicht, weil irgendwer dem ewigen Kandidaten der liberalen, eher unbedeutenden Partei Mouvement Démocrate (MoDem) auch nur geringste Siegeschancen eingeräumt hätte, nein. Eigentlich wurde Bayrou zuletzt eher ein wenig belächelt, bespöttelt. Aber es ging nach den Tumulten der vergangenen Wochen um hektische Rechenspiele mit Bayrous möglichen Stimmanteilen: Würde der MoDem-Chef eitel und eigensinnig antreten und fünf, sechs Prozent der Stimmen auf sich ziehen – obwohl er dadurch womöglich Emmanuel Macrons Chancen auf den Einzug in die zweite, entscheidende Runde der Präsidentschaftswahl kaputt machen würde? Würde es Bayrou als Kandidat auf eigene Rechnung wirklich gefallen, dem durch seine hässlichen Geldaffären arg gebeutelten Konservativen François Fillon den Weg zu bereiten? Das waren die Fragen bis Mittwoch, 16.30 Uhr. Die Demokratie in Frankreich sei beschädigt Bayrou machte sie in den Minuten danach zur Erleichterung vieler Beobachter schnell gegenstandslos. Die Demokratie in Frankreich, sagte er, und sein Französisch war so makellos und schön wie stets, habe in den vergangenen 50 Jahren nie so beschädigt gewirkt wie heute. Das linke wie das rechte Lager präsentiere zur Wahl höchst fragwürdige Kandidaten. Er, Bayrou, schätze die Lage als so gravierend ein, dass er auf eine eigene Kandidatur verzichten und alles unternehmen werde, um dem Kandidaten des „Weder rechts noch links“, Emmanuel Macron (verlinkt auf /themen/emmanuel-macron/) , auf seinem Weg in den Élysée-Palast zu helfen. Bayrou sah dabei aus und redete wie immer, seriös, ernst, sachlich. Aber der Schritt kann ihm nicht leichtgefallen sein. So einfach und bäuerlich seine Herkunft sein mag, er hat sich doch längst ans glatte Pariser Parkett gewöhnt, und das grelle Licht der Scheinwerfer schreckt ihn nicht, sondern wärmt ihm das Herz. Bayrou sprach von Aufopferung. Schnell kursierten deshalb Mutmaßungen, ihm seien womöglich, als Gegenleistung, Posten versprochen worden für den Fall von Macrons tatsächlicher Wahl, aber das klingt für den Moment eher wie üble Nachrede. Mehr Pluralität und Moral in der Politik Der Ausgang der ersten Wahlrunde am 23. April wird von wenigen Prozentpunkten abhängen. Bayrous Unterstützung könnte für Macron entscheidend sein. Vor allem hat er damit eine Verankerung in der Provinz, im ländlichen Frankreich, für das er selbst nicht steht. Auch tritt Bayrou seit Langem als glaubhafter Verfechter republikanischer Prinzipien auf. Seine einzige Bedingung an Macron: Für mehr Pluralität und mehr Moral in der Politik sorgen. Bayrou in Radiosendungen oder im Fernsehen zuzuhören, kann ein Genuss sein, weil er über klare Gedanken und eine ebensolche Grammatik verfügt. Bayrou ist, ganz ohne Ironie, ein „homme de lettres“, ein Mann des Wortes, preisgekrönter Autor vieler historischer, literarischer und politischer Bücher, darunter ein ausgezeichnetes Werk über den „freien König“ Henri IV., das sich 300.000-mal verkaufte und ihn finanziell unabhängig machte. Umstrittene Bilanz als Bildungsminister Aus denselben Gründen, eben ein Feingeist mit Sinn für öffentliche Auftritte zu sein, erntet Bayrou in Frankreich stets auch milden Spott. Er zählt zu den beliebten Opfern der Satiriker, die ihn als ewigen Verlierer markieren, als chancenlosen Kandidaten, der es – in aussichtsloser Lage – trotzdem immer aufs Neue wissen will. Zumindest diese Spitze ist nun, da sich Bayrou selbst aus dem Rennen genommen hat, nicht mehr möglich. Umstritten ist bis heute seine Bilanz als Bildungsminister – er war in dieser Funktion in den 90er-Jahren Mitglied mehrerer Kabinette. Von nahestehenden Kollegen wird ihm eine erfolgreiche Reform des Abiturs zugeschrieben, seine Gegner werfen ihm dagegen vor, den seit Jahrzehnten währenden Reformstau in der Bildungspolitik ebenso verwaltet zu haben wie das Gros seiner Vorgänger und Nachfolger. Unumstritten ist, dass Bayrou nicht zu der Sorte Machtmensch zählt, die außer Politik kein anderes Leben mehr kennen. Er hat, selbst Jahrgang 1951, sechs Kinder mit seiner Frau Elisabeth und gilt trotz allen Pendelns nach Paris und seiner vielen Verpflichtungen in der Heimatregion dennoch als Familienmensch. Seine Einnahmen als erfolgreicher Buchautor hat er in die Pferdezucht investiert und darf sich heute einen Herren über ein Gestüt von Rennpferden nennen. Eine Quelle für Anekdoten Als öffentliche Figur, die Bayrou ist, dient allerdings auch dieses Privatvergnügen als Quelle für mehr oder minder vielsagende Anekdoten, die die Pariser Klatschpresse gerne in großer Auflage verbreitet. Es heißt, einer von Bayrous Hengsten mit dem Namen „Présidentiable“, auf Deutsch etwa: präsidententauglich, sei bei einem Rennen gestürzt und habe sich so schwer verletzt, dass er nicht mehr zu retten gewesen sei. Wenn das nicht stimmt, ist es eine gute Geschichte, die zu François Bayrou, dem Erzähler, gut passt. Die Geschichte seiner Karriere ist noch nicht zu Ende. Sie hat in diesen Tagen einen späten, dramatischen Höhepunkt erlebt. Weitere könnten folgen.
Martina Meister, Paris
Der liberale François Bayrou verzichtet zugunsten Emmanuel Macrons auf seine Präsidentschaftskandidatur. Damit erhöht er die Wahlchancen des Hoffnungsträgers. Es ist ein später Höhepunkt seiner Karriere.
Politik
Ausland
2017-02-26T12:49:32Z
2017-02-26T12:49:32Z
Der Mann, der sich für Emmanuel Macron aufopfert
https://www.welt.de//politik/ausland/article162390548/Der-Mann-der-sich-fuer-Emmanuel-Macron-aufopfert.html
Wikileaks-Gründer: Julian Assange legt Berufung gegen Auslieferung ein
Wikileaks-Gründer Julian Assange hat am Donnerstag in London Berufung gegen seine Auslieferung an Schweden eingelegt. Ein Gericht hatte die Auslieferung des 39-Jährigen auf der Grundlage eines EU-weiten Haftbefehls vor einer Woche für rechtens erklärt. Das Gericht muss nun in 40 Tagen entscheiden, ob es die Berufung annimmt. Die schwedische Justiz verdächtigt Assange unter anderem der Vergewaltigung, hat aber bisher keine Anklage gegen ihn erhoben. Er soll im August 2010 mit zwei Frauen ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt haben, obwohl beide auf das Benutzen eines Kondoms bestanden. Einer Frau soll er sich genähert haben, als sie schlief. In Schweden kann dies als Vergewaltigung gewertet werden. Der Internetaktivist hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen und sieht diese als Teil eines Komplotts. Er befürchtet, dass Schweden ihn letztlich an die USA ausliefern könnte. Die US-Justiz prüft derzeit rechtliche Schritte gegen Assange wegen der Veröffentlichung geheimer Regierungsdokumente über Wikileaks.
WELT
Assange fürchtet, dass er erst nach Schweden und dann an die USA ausgeliefert werden könnte. Das Gericht hat 40 Tage Zeit für eine Entscheidung.
Politik
Ausland
2011-03-03T10:45:33Z
2015-09-01T10:53:02Z
Julian Assange legt Berufung gegen Auslieferung ein
https://www.welt.de//politik/ausland/article12687854/Julian-Assange-legt-Berufung-gegen-Auslieferung-ein.html
Elbvertiefung: Noch immer sorgt der Schlick in der Elbe für Probleme
Der Bund bekommt das Problem des Elbschlicks offenbar weiterhin nicht in den Griff. Auch nach der Vertiefung und Verbreiterung der Elbfahrrinne (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/elbvertiefung/) , die im Januar offiziell für den Schiffsverkehr freigegeben worden war, können die Solltiefen nach WELT-Information vielfach nicht gehalten werden. Ausgehende Schiffe aus Hamburg sollten durch Vertiefung 13,50 Meter Solltiefe unabhängig von der Tide und 14,50 Meter abhängig von der Tiefe erhalten. Mit diesen Tiefgängen konnten Schiffe in den vergangenen Monaten aber regelmäßig nicht fahren, heißt es aus der maritimen Branche. Am Donnerstag berieten dazu die Hafenwirtschaft und die Schifffahrt bei Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) in Berlin. Das bestätigte eine Sprecherin der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes in Bonn auf WELT-Anfrage. Ergebnisse liegen bislang noch nicht vor. Für die schwierige Situation gibt es mehrere Gründe. Durch die Vergrößerung der Fahrrinne steigt der Zufluss von Sedimenten aus der Nordsee in die Unterelbe. Unter anderem deshalb hatten die Umweltverbände BUND, Nabu und WWF die Elbvertiefung- und -verbreiterung jahrelang politisch und juristisch vehement zu verhindern versucht. Zu geringe Wasserflüsse vom Oberlauf der Elbe und zusätzlicher Eintrag von Schlick durch Sturmfluten haben das Problem in diesem Jahr verstärkt. Zudem mangelt es Bund und Küstenländern eklatant an Ablageflächen für Schlick aus Elbe, Weser und anderen Flüssen. Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) hatte schon Ende 2020 eine zusätzliche Ablagefläche für Sediment aus dem Hamburger Hafen und aus dem Hamburger Abschnitt der Elbe – der sogenannten Delegationsstrecke – vor der zu der Hamburg gehörenden Insel Scharhörn (verlinkt auf https://www.welt.de/regionales/hamburg/article237607395/Umstrittenes-Vorhaben-Hamburg-stoppt-Schlickverklappung-vor-Scharhoern.html) bei Cuxhaven vorgeschlagen. Dafür war er von Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) und den Umweltverbänden scharf kritisiert worden. Der Bund unterstützte Westhagemann in dieser Frage ebenfalls nicht. Die damalige Bundesregierung aus Union und SPD erweckte den Eindruck, eine rasche Linderung voranzutreiben, blieb ein Konzept aber bislang schuldig. Das Thema drängt auch vor anderen Seehäfen wie Bremerhaven oder Wilhelmshaven. Bundesverkehrsminister Wissing forderte am Mittwoch in Wilhelmshaven eine engere Zusammenarbeit der deutschen Seehäfen. In den Häfen werde die Basis für Deutschland als Exportnation gelegt, sagte der FDP-Politiker. In der nationalen Hafenstrategie (verlinkt auf https://www.welt.de/regionales/hamburg/article235053134/Wirtschaft-Neue-Modelle-fuer-die-Zukunft-des-Hamburger-Hafens.html) , die die Ampel-Regierungsparteien im Koalitionsvertrag 2021 vereinbart hatten, sollten die Stärken der einzelnen Hafenstandorte eingebracht werden. „Es geht etwa darum, Häfen zu Knotenpunkten der Energiewende zu entwickeln, Ausbildung und Beschäftigung zukunftsfähig zu gestalten und Chancen der Digitalisierung noch besser zu nutzen.“ Mit der Hafenstrategie sollten auch „offene finanzielle Fragen“ geklärt werden. Wissing sprach auf einer Diskussionsveranstaltung des Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbandes Jade zum zehnjährigen Bestehen des Tiefwasserhafens Jade-Weser-Ports in der Stadt. Auch Niedersachsens Energieminister Olaf Lies (SPD) sagte, gemeinsam seien die deutschen Häfen leistungsfähiger gegenüber anderen Häfen in Europa. „Wir sind doch nicht im Wettbewerb Hamburg gegen Wilhelmshaven, Wilhelmshaven gegen Bremerhaven, sondern wir müssen doch die gemeinsame Stärke entwickeln.“ Die Digitalisierung könne dabei helfen, die Häfen stärker miteinander zu verbinden.
WELT
Ein Ziel der Elbvertiefung war es, die Solltiefen für Schiffe zu erhöhen. Doch diese können aufgrund des Elbschlicks weiterhin oft nicht eingehalten werden. Nun beraten Hafenwirtschaft und Bund in Berlin. Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht.
Regionales
Hamburg
2022-10-06T14:35:31Z
2022-10-06T14:35:31Z
Noch immer sorgt der Schlick in der Elbe für Probleme
https://www.welt.de//regionales/hamburg/article241455825/Elbvertiefung-Noch-immer-sorgt-der-Schlick-in-der-Elbe-fuer-Probleme.html
EM 2016 in Fankreich: Das kostet Paris zur Fußball-EM
Neben den Millionen,die die Spiele zu Hause verfolgen, machen sich Hunderttausende Fans auf den Weg, um den Ball vor Ort rollen zu sehen. Doch wer zur EM nach Paris reist, sollte genügend Kleingeld mitnehmen.
WELT
Neben den Millionen,die die Spiele zu Hause verfolgen, machen sich Hunderttausende Fans auf den Weg, um den Ball vor Ort rollen zu sehen. Doch wer zur EM nach Paris reist, sollte genügend Kleingeld mitnehmen.
Fußball
2016-06-08T05:02:59Z
2016-12-18T09:24:59Z
Das kostet Paris zur Fußball-EM
https://www.welt.de//sport/fussball/em-2016/video156050303/Das-kostet-Paris-zur-Fussball-EM.html
Bombenentschärfung: 20.000 Menschen in Köln evakuiert
Am Rheinufer in Köln ist erneut eine 20-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt worden. Wie die Verwaltung der Stadt mitteilte, war der Kampfmittelbeseitigungsdienst letzte Woche im Bereich des Kuhwegs im Stadtteil Riehl auf den Blindgänger gestoßen. Dort sollte auf den Rheinwiesen der Bau einer Fernwärmeleitung der RheinEnergie vorbereitet werden. Doch diese Arbeiten ruhen nun vorerst. Am Mittwoch wird der Fund in der Stadt so einiges auf den Kopf stellen: Damit die Bombe sicher entschärft werden kann, muss das Gebiet rund um die Mülheimer Brücke in einem Umkreis von 1000 Metern geräumt werden (siehe Grafik). Die Folge: Rund 20.000 Menschen müssen ihre Wohnungen verlassen. Betroffen sind große Bereiche der Stadtteile Riehl und Mülheim (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/muelheim/) auf beiden Seiten des Rheins. Auch Schiffe werden die Stelle während der Entschärfung nicht passieren können. Evakuiert werden ab neun Uhr unter anderem die Sozialbetriebe Köln (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/koeln/) (SBK) mit ihren Alten- und Pflegeeinrichtungen. Feuerwehr und Hilfsorganisationen bringen die Bewohner in anderen Häusern unter. Auch vier Schulen sind betroffen: Die Schulen Garthestraße und Riehler Gürtel sowie im Rechtsrheinischen die Schule Mülheimer Freiheit und das Rheingymnasium bleiben am Mittwoch geschlossen. Die Pfingstferien werden für die betroffenen Schüler also um einen Tag verlängert. Auch der Zoologische Garten kann wegen der geplanten Entschärfung nicht öffnen. Starke Einschränkung im Bahn- und Straßenverkehr Im städtischen Verkehr werden die Auswirkungen der Bombenentschärfung ebenfalls zu spüren sein: Bahn-Linien und weite Teile des Niehler Hafens sind betroffen. Fahrgäste der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) werden gebeten, sich über Fahrplanänderungen zu informieren. Damit der Verkehr auf den Straßen nicht völlig zum Erliegen kommt, sollen zumindest die Hauptverkehrsachsen bis zum Beginn der Entschärfung für den Durchgangsverkehr offen gehalten werden – dazu gehören die Mülheimer Brücke, die Straße „An der Schanz“, die Riehler- und Boltensternstraße sowie das Niederländer Ufer. Die Vorbereitungen für die Entschärfung haben bereits begonnen: Da sich die Bombe – ersten Erkenntnissen zufolge nach amerikanischer Bauart – in rund fünf Meter Tiefe unter der Erde befindet, legt der Kampfmittelbeseitigungsdienst den Sprengkörper am Dienstag zunächst frei. Das Ordnungsamt hat die betroffenen Anwohner am Pfingstwochenende bereits mit Informationsschreiben in Kenntnis gesetzt. Erst im Juli vergangenen Jahres war in den Rheinwiesen eine 20-Zentner-Bombe (verlinkt auf /regionales/koeln/article130499529/Altenheim-wird-zum-zweiten-Mal-evakuiert.html) gefunden worden. Damals mussten 10.000 Menschen in einem Radius von rund 800 Metern ihre Wohnungen verlassen.
Christin Otto
Weil eine 20-Zentner-Bombe in Köln entschärft wird, müssen 20.000 Menschen in Sicherheit gebracht werden. Ein Pflegeheim muss geräumt werden, Schulen bleiben geschlossen, Schiffe müssen anhalten.
Regionales
Nordrhein-Westfalen
2015-05-26T12:40:45Z
2017-08-25T05:00:41Z
20.000 Menschen in Köln müssen Wohnungen verlassen
https://www.welt.de//regionales/nrw/article141494116/20-000-Menschen-in-Koeln-muessen-Wohnungen-verlassen.html
Formel 1: Motorschaden – Vettels WM-Traum ist geplatzt
Feuerwehrmann Sebastian Vettel musste sein in Flammen stehendes Auto löschen, Glückspilz Fernando Alonso fuhr dagegen mit lauten „Avanti“-Rufen ins Ziel und lachte höhnisch: Bei der turbulenten Formel-1-Premiere von Südkorea sind die Titelhoffnungen Vettels buchstäblich in Rauch aufgegangen. Zehn Runden vor dem Ende des von ihm bis dahin klar diktierten Chaos-Rennens stiegen Flammen aus dem Heck seines Red-Bull-Renault, Vettel ergriff direkt nach dem Aussteigen einen Feuerlöscher und erstickte sie. Den Sieg in dem nach starken Regenfällen erst verschobenen und dann unterbrochenen Lauf mit insgesamt 63 Safety-Car-Minuten erbte der Spanier Alonso, dessen schallendes Gelächter über den Boxenfunk klang, als wolle er die Konkurrenten auslachen. Mit 231 Punkten ist der dritte WM-Titel für den Ferrari-Piloten nun greifbar nahe, in den letzten beiden Rennen in Brasilien und Abu Dhabi reichen ein erster und ein dritter Platz, um sich unabhängig vom Abschneiden der Rivalen den Titel zu sichern. Vettel fiel dagegen mit 206 Zählern hinter Webber und dem in Yeongam zweitplatzierten Lewis Hamilton im McLaren (210) auf Rang vier zurück und braucht nun fast schon ein Wunder, um noch jüngster Formel-1-Champion aller Zeiten zu werden. „Im Moment ist man natürlich enttäuscht, aber ich habe alles richtig gemacht und hatte den Rest des Feldes zu jeder Zeit im Griff“, sagte der 23-Jährige und fügte in Anspielung auf seine Serie von Pleiten, Pech und Pannen fast schon mit Galgenhumor hinzu: „Irgendwie ist das die Story des Jahres.“ Den Kampf um den Titel hat er aber noch nicht aufgegeben: „Es ist noch nicht vorbei. Man sieht ja, wie schnell etwas passieren kann. Wir haben immer noch die Chance, Weltmeister zu werden.“ Red-Bull-Teamchef Christian Horner versuchte, den Pech-Piloten zu trösten: „Ein Motorplatzer ist immer ganz großes Pech, der Rennsport kann grausam sein.“ Deutschland wartet schon seit Michael Schumachers Sieg in Shanghai am 1. Oktober 2006 und damit 1484 Tagen auf einen WM-Spitzenreiter. Alonso wollte von einer Vorentscheidung im Titelrennen aber noch nichts wissen. „Es hat sich nichts geändert“, sagte er, nun wieder ganz der faire Sportsmann und gab zu: „Sebastian war ein bisschen schneller war. Ich hatte Glück, dass beide Red Bulls ausgeschieden sind. Aber das Glück gleicht sich innerhalb einer Saison aus.“ Webbers Aus nach einem Fahrfehler bei nahezu irregulären Bedingungen und einem Crash mit dem unschuldigen Nico Rosberg bereits zwei Runden nach dem endgültigen Start nach 17 Safety-Car-Runden war jedoch kein Pech. „Das war ganz klar mein Fehler“, sagte der 34-Jährige, nachdem er sich mit dem Roller hatte zurück ins Paddock fahren lassen und mit gesenktem Kopf in die Box gestapft war. Rekordweltmeister Schumacher nutzte im 300. WM-Rennen von Mercedes das Chaos in Südkorea wie schon in Barcelona und Istanbul zu Rang vier und stellte sein bestes Ergebnis seit dem Comeback ein. Nick Heidfeld wurde Neunter und hat nach drei Rennen im Sauber-Ferrari sechs Punkte auf dem Konto. Nico Hülkenberg holte als Zehnter im Williams einen Punkt. Adrian Sutil im Force-India-Mercedes und der bis dahin gut gefahrene Timo Glock im Virgin schieden wie Vettel und Rosberg aus. Nach den teilweise heftigen Regenfällen in der Nacht und am Morgen begann das Rennen mit zehn Minuten Verspätung, wurde dann nach drei Runden hinter dem Safety Car für 50 Minuten unterbrochen. Alonso sprach von „den schlimmsten Bedingungen, die ich je erlebt habe.“ Für Timo Glock war es ein „Blindflug“, er forderte eine Absage des Rennens. Das wurde aber erneut gestartet, 14 Runden lang führte das Saftey Car das Feld nochmal an. Vor der 18. Runde ging es von der Strecke, einen weiteren Umlauf später war das Rennen für Webber und Rosberg beendet, schon wieder musste das Safety-Car für zehn Minuten auf die Strecke. Rosberg war sichtlich frustriert, er schien auf dem besten Weg zu einer Überraschung. „Das ist schade, das Podium war auf jeden Fall drin“, sagte der 25-Jährige. Derweil nutzte Vettel als Führender den Vorteil der besten Sicht und baute seine Führung kontinuierlich aus. Er schien auf dem besten Weg zum Titel, bei einem Sieg hätten ein erster und vierter Platz in den letzten beiden Rennen gereicht. Um 17.40 Uhr Ortszeit folgte jedoch das mögliche Ende aller Titelträume.
WELT
Nach dem Ausfall beim drittletzten Rennen in Südkorea hat Sebastian Vettel nur noch theoretische Chancen auf den WM-Titel.
Sport
Formel 1
2010-10-24T10:45:53Z
2015-10-03T11:07:27Z
Motorschaden – Vettels WM-Traum ist geplatzt
https://www.welt.de//sport/formel1/article10504631/Motorschaden-Vettels-WM-Traum-ist-geplatzt.html
„MSC Zoe“: Darf man Strandgut behalten – und wenn ja, welches?
Rund 300 Container eines Frachters (verlinkt auf /vermischtes/article186475496/Nordsee-Behoerden-warnen-vor-angeschwemmten-Containern-auf-Borkum.html) sind auf dem Weg vom belgischen Antwerpen nach Bremerhaven bei Sturm über Bord gegangen. Der ungewöhnliche Unfall wirft viele Fragen auf. Wie werden Container an Bord gesichert? Dafür gelten internationale Sicherheitsvorschriften. Damit Container an Bord nicht verrutschen, werden sie am Schiffsboden oder am Lukendeckel fixiert und untereinander verbunden. Unter Deck werden sie in Zellengerüste geschoben, die Container passen genau in die Struktur. Auf Deck werden die Container mit handballgroßen Verriegelungen fixiert – jeder Container hat an seinen vier Ecken eine Vorrichtung, mit der er ans Schiff oder an andere Container angeschlossen wird. Ob die vorgeschriebenen Standards eingehalten werden, wird nach Angaben des Verbands Deutscher Reeder regelmäßig von nationalen Behörden kontrolliert. Welche technischen Möglichkeiten gibt es bei der Suche nach im Meer treibenden Containern? Es ist möglich, Container mit GPS-Technologie zu versehen, Standard ist das aber nicht. Bei der Suche nach im Meer verlorener Ladung werden unter anderem Hubschrauber und Schiffe eingesetzt. Gab es schon ähnliche Vorfälle dieser Größenordnung? Nach Angaben des Verbands Deutscher Reeder kommt es selten vor, dass ein Schiff Hunderte Container verliert. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sieht das ähnlich. „Es kommt sehr, sehr selten vor“, sagt der Transportversicherungsexperte beim GDV, Uwe Schieder. Wer trägt die Konsequenzen? Grundsätzlich ist die Reederei für den Transport verantwortlich. Nach Angaben des Verbands Deutscher Reeder sind Reedereien für solche Fälle versichert. Schieder verweist darauf, dass es unterschiedliche Möglichkeiten der Absicherung gibt: Eine Waren-, eine Container- und eine Haftpflichtversicherung. Letztere kommt zum Zug, wenn Dritten Schäden zugefügt werden. Darf man angespültes Strandgut behalten? In Deutschland nicht, weltweit ist es aber unterschiedlich geregelt. In den Niederlanden ist es nicht strafbar, angespülte Waren mitzunehmen. Nur geschlossene Container dürfen nicht geöffnet werden. Wer hierzulande angespülte Gegenstände mitnimmt, riskiert eine Anzeige wegen Fundunterschlagung. Denn nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch müssen Fundsachen im Wert von mehr als zehn Euro dem Eigentümer oder der zuständigen Behörde gemeldet werden. Wie geht es jetzt weiter? Offenbar wird die niederländische Armee beim Aufräumen der Strände auf den westfriesischen Wattenmeerinseln eingesetzt. Soldaten sollten schnell dorthin geschickt werden, teilte das Verteidigungsministerium am Donnerstag mit. Die Bürgermeister der Inseln Terschelling und Schiermonnikoog hatten um Hilfe gebeten. Strände und Küsten seien mit Verpackungsmüll und Gegenständen aus den Containern übersät. Ehrenamtliche könnten es allein nicht schaffen.
WELT
Nach der Havarie der „MSC Zoe“ suchen Spezialisten im Meer viele Container. Geschehen solche Unfälle oft? Was wird gegen solche Unfälle getan? Und wie lassen sich die Container auftreiben?
Vermischtes
2019-01-03T14:15:38Z
2019-01-03T15:36:58Z
Darf man Strandgut behalten – und wenn ja, welches?
https://www.welt.de//vermischtes/article186511350/MSC-Zoe-Darf-man-Strandgut-behalten-und-wenn-ja-welches.html
"In aller Stille": Die Toten Hosen sind unsere neuen Moralapostel
Um im Gedächtnis der Kulturnation nicht nur als Tote Hose wegsortiert zu werden, hat Andreas Frege einiges unternommen. Ohne zu vergessen, wo er her kam: Er heißt immer noch Campino wie der Düsseldorfer Spaßpunk, der er einmal war. Sogar die Hauptrolle im Film "Palermo Shooting" von Wim Wenders spielt Andreas Frege als Campino. Er ist 46 Jahre alt. Zuletzt war er vom Fernsehtalk- ins Schauspielfach gewechselt. Im Berliner Admiralspalast, in der "Dreigroschenoper", hat Campino noch die Unmoral verkörpern dürfen, den Macheath. Bei Wenders zeigt Campino die Verwandlung eines großspurigen Düsseldorfer Künstlers in einen mit Tod und Liebe konfrontierten, nachdenklichen Reisenden. Nur der Musik der Toten Hosen traut "Palermo Shooting" nicht. Wim Wenders greift auf durchweg ernsthafte Musik zurück, von Get Well Soon, Calexico oder Nick Cave. "In aller Stille" von den Toten Hosen, ihre 14. LP, erscheint womöglich zufällig zum ersten großen Kinoauftritt ihres Sängers. Dass Campinos neue Lieder aber mit dem Film-Campino nichts zu tun hätten, glaubt niemand. In "Palermo Shooting" sieht der Tod wie Dennis Hopper aus. Das Album zeigt den Tod als grinsenden Schädel unter Kopfhörern, als ebenso alltäglichen Gesellen. Philipp Stölzl hat den Videofilm zu "Strom" gedreht, die Band verkohlt darin durch ihre eigenen Kurzschlüsse. "Gedanken, die wie Messer sind", verspricht Campino, skelettiert und rauchend: "Richtig giftig, richtig wichtig". Auch das Dutzend folgender Rocksongs und Balladen sorgt nicht unbedingt für bessere Laune. Es gibt keinen Witz. Es sei denn, man empfindet Verse wie "Ich bin okay, seitdem ich neuerdings zur Bibelstunde geh" als komisch. Es gibt keinen Spaßpunk und kein Sauflied. Und kein englischsprachiges Stück, mit dem Campino sich in seiner lustigeren Zweitheimat verorten könnte und im ursprünglichen Punk der Siebzigerjahre. Es gibt keine Ausflüchte mehr bei den Toten Hosen. Keinen bunten Beethoven wie auf der Hülle des Protestalbums "Ein kleines bisschen Horrorshow". Keine "Zehn Kleinen Jägermeister", um den Zuhörer erleichtert zu entlassen wie aus "Opium fürs Volk". Campino nennt das alles rückblickend "die Angst vor der Courage". Heute spricht er unablässig von der "Dringlichkeit" des aktuellen Albums. An Dringlichkeit herrschte kein Mangel Nun stand einer Rockband wie den Toten Hosen in den frühen Achtzigerjahren mehr im Weg als eigene Courage. Auch an Dringlichkeit herrschte kein Mangel. Während Helmut Kohl die "geistig-moralische Wende" beschwor, konnte ein Kind der Zeit nichts besseres tun, als seine Jugend zu verschwenden, eine Band zu gründen, diese Band zunächst ZK zu nennen und dann resigniert Die Tote Hosen. "Opel-Gang" erzählt nach 25 Jahren noch vom Geist der Zeit im wohlhabenden Westen Deutschlands. So erhellend wie "Die Kleinen und die Bösen" von den Nachbarn DAF und "Monarchie und Alltag" von den Fehlfarben: Wenn überall die Rückkehr zur Moral gepredigt wird, sollte man die Moral den Predigern überlassen, bis sie restlos ruiniert ist. Allein deshalb gingen einem alle Lindenbergs und Niedeckens damals so auf den Wecker. Abgesehen von ästhetischen Problemen. Auch die musikalische Ästhetik dieses ersten völlig ernsten Toten-Hosen-Werks, "In aller Stille", ist Geschmackssache. Aber der unverhandelbare Hardrock passt zur Botschaft: Wiederholt wird lautstark darauf hingewiesen, dass Verfehlungen am Ende nicht umsonst zu haben sind. "Muss man für alles irgendwann bezahlen?" fragt Campino in "Ertrinken", rein rhetorisch. "Leben ist tödlich", eine etwas abgestandene Weisheit aller Hedonisten, gipfelt in der Mahnung: "Man weiß, alles hat seinen Preis. Mach dich zum Zahlen bereit." Das Thema zieht sich durch die Platte, die kaum zufällig betitelt ist wie ein Adventsalbum. Wie dauerhaft ist Glück? Die fetten Jahre sind vorbei. Sind Pessimisten Lügner? Lernen, zu verzichten. Zwischendurch verdammt Campino Oberflächlichkeiten ("Disco"), übernimmt Verantwortung für seinen Nächsten ("Teil von mir") und haucht wie jeder deutsche Sänger sein Duett mit Dame. Mit der Polly der "Dreigroschenoper", Birgit Minichmayr. Wo liegt das Problem? Es geht wieder um "Innen alles neu", so nennt Campino die gesungene Selbstauskunft. Wieder moralisch-geistig. Man erinnert sich unweigerlich an "Warum werde ich nicht satt?", das Video von Wim Wenders für die Toten Hosen vor acht Jahren. Darin trat Campino schon als Abziehbild eines Investment-Bankers auf und grölte: "Jeden Sonntag zähle ich mein Geld, und es tut mir wirklich gut zu wissen, wie viel ich wert bin, und ich bin grad hoch im Kurs." Aus heutiger Sicht war diese engagierte Darstellung der Amoral nicht abwegig. Jetzt gibt Campino alle Rollen auf. Er spielt sich selbst als Moralisten, brüllt einer verkommenen Gesellschaft ins Gewissen und bekennt sich in der "Taz" zum neuen Wertkonservatismus. Er tut das, was jeder heute tut, dem das System nicht mehr geheuer ist. "Wir suchen nach dem Fehler in unserem System", erklärt Campino singend. So als wäre unser Inneres bankrott und nicht die Bank, die unser Geld verwaltet. Der Verdacht von 1980, dass Moral nichts anderes ist als "Opium fürs Volk", um nochmals an die früheren Toten Hosen zu erinnern, ist nicht ausgeräumt. Moral beseitigt nicht die Fehler im System. Campino scheint das selbst zu ahnen, wenn er in "Die letzte Schlacht" die schweigende Armee mobilisiert, um sich den Zumutungen dieser Zeit zu widersetzen. Zugegeben: Rockmusik hat selten herrschende Verhältnisse mit kühler Präzision seziert. Aber sie hat Moral als Anmaßung verspottet. Und sie hat sich dafür adeln lassen dürfen, selbst vom Fußball-Autokraten Uli Hoeneß. Hoeneß sah die Toten Hosen früher als "der Dreck, an dem unsere Gesellschaft irgendwann ersticken wird." Nun kann diese Gesellschaft wieder durchatmen. Trotz allem. Die Toten Hosen auf Tour: 26.11. Hamburg 27. und 28. 11. Leipzig 1.12. Zürich 2.12. Trier 5.12. Stuttgart 8.12. und 9.12. Dortmund 12.12. Wien 13.12. Friedrichshafen 14.12. Freiburg 17.12. Berlin 19.12. und 20. 12. Hannover 22.12. Bremen 23.12. Erfurt 26.12. Frankfurt / Main 27.12. München 29.12. Köln 30.12. Oberhausen
Michael Pilz
Schluss mit lustig: Die Düsseldorfer Band Die Toten Hosen hat auf ihrem neuen Album "In aller Stille" den Ernst der Lage erkannt und verweigert sich dem Spaßpunk der vergangenen Jahre konsequent. Sogar mit ihrem Lieblingsfeind, Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß, haben sie sich versöhnt.
Kultur
2008-11-24T09:43:35Z
2012-11-29T14:47:26Z
Die Toten Hosen sind unsere neuen Moralapostel
https://www.welt.de//kultur/article2772135/Die-Toten-Hosen-sind-unsere-neuen-Moralapostel.html
WM-Eröffnungsspiel: „Weltmeister wird Kroatien nur auf der Playstation“
Selbst der größte Fußball-Held Kroatiens erwartet bei dieser WM keine Wunderdinge von seinen Nachfahren. „Weltmeister kann Kroatien nur auf der Playstation werden“, sagte Davor Suker, WM-Dritter und Torschützenkönig 1998, heute Präsident des kroatischen Verbandes. Bei den Fans kam das verbale Eigentor des 46-Jährigen nicht sonderlich gut an, die Spieler fühlten sich bei Nachfragen nicht gerade wohl in ihrer Haut. „Ich denke, dass es der Präsident nicht so gemeint hat. Vielleicht wollte er bloß einen Scherz machen“, sagte Luka Modric (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/luka-modric/) , der wohl beste Spieler der heutigen kroatischen Generation, der sich in Brasilien mit neuem Kurzhaarschnitt präsentiert und vor dem Eröffnungsspiel gegen Gastgeber Brasilien (verlinkt auf /sport/fussball/wm-2014/article128975412/Die-Fans-werden-nicht-viel-Geduld-mit-uns-haben.html) am Donnerstag (22 Uhr, ZDF und Liveticker auf welt.de) die Wogen zu glätten versuchte. Sorgen hat der in Berlin geborene und jahrelang in der Bundesliga aktive Nationaltrainer Niko Kovac nämlich schon mehr als genug. Abwehrchef Josip Simunic (früher beim Hamburger SV (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/hamburger-sv/) , Hertha BSC (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/hertha-bsc/) und 1899 Hoffenheim (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/1899-hoffenheim/) ) wurde wegen seiner umstrittenen Parole im Qualifikationsspiel von der gesamten WM verbannt, Torjäger Mario Mandzukic (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/article128857364/Mandzukic-verkuendet-Abschied-vom-FC-Bayern.html) (noch Bayern München (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/) ) fehlt wegen einer Rotsperre zumindest gegen die Brasilianer, ebenso wie der verletzte Ex-Bayer Danijel Pranjic. Olic und Perisic in der Startelf Im Sturm seiner 4-2-3-1-Grundordnung wird Kovac wohl auf Wolfsburgs Ivica Olic (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/ivica-olic/) zurückgreifen. Der 34-Jährige hat eine starke Saison gespielt und dürfte sich erneut als hochbeweglicher Unruheherd schon beim Pressing vor der gegnerischen Abwehrreihe betätigen. Gute Chancen auf einen Einsatz werden auch seinem Vereinskollegen Ivan Perisic (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/ivan-perisic/) auf der linken Mittelfeldseite eingeräumt. Ein weiterer Bundesligaspieler wurde am Mittwoch kurzfristig nachnominiert: Mittelfeldspieler Milan (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/ac-mailand/) Badelj (Hamburger SV) rückt für den wegen einer Sprunggelenkverletzung ausfallenden Ivan Mocinic in den 23er-Kader. Kurios ist der Fall von Eduardo Alves da Silva. Er ist Brasilianer, kam als 16-Jähriger 1999 zu Dinamo Zagreb und nahm 2002 die kroatische Staatsbürgerschaft an. Hinter Suker ist er mit 29 Toren in 64 Spielen zweitbester Torschütze der kroatischen Fußballgeschichte. Seit 2010 steht er bei Schachtjor Donezk in der Ukraine unter Vertrag und spielt nun die WM im eigenen Land – gegen das eigene Land. „Ich hätte nie gedacht, dass diese Situation einmal eintreten würde“, sagte er vor seinem WM-Debüt im stolzen Alter von 31 Jahren. Sein Plan vor dem Anpfiff: „Beide Hymnen singen. Man kann sagen, dass ich brasilianisches Blut in mir habe, mein Herz aber inzwischen kroatisch ist.“ Starkes Duo Modric/Rakitic Die Hoffnungen der Kroaten ruhen am Donnerstag aber vor allem auf dem defensiven Mittelfeld. In Modric, in den Halbfinals gegen die Bayern und dem Endspiel gegen Atletico mit überragenden Leistungen für Real Madrid, und dem nach der WM wohl zum FC Barcelona wechselnden Ex-Schalker Ivan Rakitic stellen die „Vatreni“ („Die Feurigen“) eine der besten Doppel-Sechsen des gesamten Turniers. „Fast jedes Spiel wird im Mittelfeld entschieden. Die Mannschaft, die das bessere Mittelfeld hat, gewinnt meistens auch“, sagte denn auch Modric, den der Wolfsburger Ivica Olic als „das Herz unserer Mannschaft“ bezeichnet. „Es wird Zeit, dass wir endlich mal wieder die Gruppenphase überstehen“, sagte Olic weiter. Doch dafür müsste gegen Brasilien, spätestens aber gegen Mexiko oder Kamerun, der erste Sieg bei einer WM-Gruppenphase seit 2002 (2:1 gegen Italien) gelingen. „So lange ist das schon her?“, fragte Olic schmunzelnd. „Ich kann mich noch daran erinnern, als sei es gestern gewesen.“ Das wiederum ist kein Wunder, denn damals traf er kurz nach seiner Einwechslung zum zwischenzeitlichen 1:1.
WELT
Im Eröffnungsspiel gegen Brasilien dürfte Wolfsburgs Ivica Olic den gesperrten Mario Mandzukic ersetzen. Kurios: Der Brasilianer Eduardo spielt für Kroatien. Ärger gibt es um Sprüche von Davor Suker.
Sport
Fußball
2014-06-12T11:09:21Z
2017-08-22T16:12:27Z
„Weltmeister wird Kroatien nur auf der Playstation“
https://www.welt.de//sport/fussball/wm-2014/article128994092/Weltmeister-wird-Kroatien-nur-auf-der-Playstation.html
Tarifkonflikt: Für Pendler kommt es heute bundesweit ganz dick
Kurz vor der zweiten Runde der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst weiten die Gewerkschaften die Warnstreiks stark aus. Allein in Nordrhein-Westfalen hat die Gewerkschaft Ver.di für den heutigen Dienstag mehr als 45.000 Beschäftigte zur Niederlegung der Arbeit aufgerufen, darunter mehr als 10.000 Angestellte im öffentlichen Nahverkehr. Es wird mit massiven Behinderungen gerechnet. Mit den Aktionen will Ver.di Druck in den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen erzeugen. Auch in anderen Ländern soll die Arbeit niedergelegt werden. Ein Sprecher der Gewerkschaft berichtete am frühen Morgen in Nordrhein-Westfalen von einer hohen Beteiligung an den Warnstreiks. Aus bestreikten Verkehrsbetrieben würden keine Busse und Bahnen starten. Nur einige wenige Verkehrsverbindungen, die von privaten Verkehrsunternehmen bedient würden, seien nicht gestört. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) schätzt, das über vier Millionen Fahrgäste in NRW von den Warnstreiks betroffen sein werden. Die Polizei erwartet mehr Autos auf den Straßen. Kitas zu, Müllabfuhr kommt nicht Auch in den S-Bahnen und im Regionalverkehr der Deutschen Bahn könnte es voller werden. Warnstreiks sind unter anderem auch bei der Müllabfuhr und in kommunalen Kindertagesstätten geplant. Weitere Streikschwerpunkte in den anderen Bundesländern sind unter anderem Berlin, Kassel, Kaiserslautern und Worms. In Bremen bleiben Kitas geschlossen, auch in der Uni der Hansestadt kommt es zu Arbeitsniederlegungen. Außerdem wollen nach Angaben der Gewerkschaft Ver.di Beschäftigte in Cuxhaven, Stade, Osterholz und Nienburg stundenweise die Arbeit niederlegen. In Bayern sind Aktion in den Regionen Niederbayern, Bamberg, Würzburg-Aschaffenburg und Oberpfalz geplant, in Baden-Württemberg unter anderem in Ulm, Aalen, Esslingen, Göppingen, Geislingen, Friedrichshafen und Offenburg. Donnerstag wird weiterverhandelt Die Tarifverhandlungen gehen am Donnerstag weiter. Die Gewerkschaften fordern eine Anhebung der Gehälter um 100 Euro und zusätzlich einen Lohnzuwachs von 3,5 Prozent. Die Arbeitgeber lehnen dies ab, haben bisher aber kein eigenes Angebot vorgelegt. Der Deutsche Städtetag kritisierte die Warnstreiks. „Damit ist niemandem geholfen“, sagte Hauptgeschäftsführer Stephan Articus der „Passauer Neuen Presse“. „Keiner will den Beschäftigten angemessene Entgelterhöhungen verwehren.“ Es müsse aber auch der begrenzte finanzielle Spielraum der Kommunen beachtet werden. „Die Haushaltslage vieler Städte ist weiterhin mehr als schwierig.“ DGB will Lohnlücke schließen Der designierte neue Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, sagte dagegen, die Einkommen im öffentlichen Dienst hätten sich in den vergangenen Jahren von der Lohnentwicklung in der Industrie abgekoppelt. „Diese Lohnlücke muss wieder geschlossen werden.“ Es gehe auch darum, die Kaufkraft im Inland und damit die Konjunktur zu stärken. „Da können sich Bund und Kommunen nicht aus der Verantwortung stehlen.“
WELT
Vor den nächsten Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst erhöhen die Gewerkschaften den Druck: Busse und Bahnen bleiben vielerorts in den Depots, viele Einrichtungen und Ämter zu.
Wirtschaft
2014-03-18T06:11:13Z
2017-08-22T19:31:28Z
Für Pendler kommt es heute bundesweit ganz dick
https://www.welt.de//wirtschaft/article125911572/Fuer-Pendler-kommt-es-heute-bundesweit-ganz-dick.html
Nordkorea droht dem Süden mit Krieg
Nordkorea verschärft als Reaktion auf die anhaltenden Propagandadurchsagen Südkoreas die Rhetorik. Die Beschallung sowie Gespräche zwischen Washington und Seoul über eine mögliche Entsendung hochmoderner, atomwaffenfähiger Kampfjets in den Süden hätten die koreanische Halbinsel „an den Rand des Krieges“ gebracht, warnte der Sekretär der kommunistischen Arbeiterpartei, Kim Kim-nam, vor einer großen Menschenmenge auf dem Kim-Il-sung-Platz in Pjöngjang. Das Staatsfernsehen übertrug die Rede. Nordkoreas Gegner seien nur „neidisch“ auf den erfolgreichen Wasserstoffbombentest des Landes, fügte Kim hinzu. Die Darstellung der Zündung einer H-Bombe wird international stark in Zweifel gezogen. Das Nukleararsenal Nordkoreas gilt als begrenzt, die am Mittwoch registrierte Detonation soll zudem für eine solche Bombe nicht stark genug gewesen sein. Seoul reagierte auf den mutmaßlichen vierten Atomtest Pjöngjangs dennoch und nahm die Propaganda-Lautsprecher an der Grenze zum Norden in Betrieb. Außer Botschaften, die die angebliche Unfehlbarkeit der Herrscherfamilie Kim infrage stellen, spielte der Süden koreanische Popmusik ab, sogenannten K-Pop (verlinkt auf /politik/ausland/article150769571/Diese-Boygroup-ist-die-Geheimwaffe-gegen-Nordkorea.html) . Diese Musik ist im Norden offiziell verboten, aber nach Aussagen von Überläufern in der Bevölkerung beliebt. Nordkorea verweist auf das Schicksal Gaddafis Als Südkorea im Sommer zuletzt im Sommer seine Propagandalautsprecher einsetzte, kam es zu Artilleriefeuer, der Norden drohte mit Krieg. Erst nach langen Verhandlungen einigten sich die beiden Länder auf eine Deeskalation. Um auf nordkoreanische Provokationen schnell reagieren zu können, versetzte Seoul seine Frontsoldaten in der Nähe der elf Standorte von Lautsprechern laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Yonhap in höchste Alarmbereitschaft. Zudem habe Südkorea Raketen, Artillerie und andere Waffensysteme unweit der Grenze stationiert. Nordkorea verteidigte den Atomtest als notwendig für die Verteidigung des Landes und verwies auf das Schicksal der langjährigen Machthaber im Irak und in Libyen, Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi. Diese hätten der „Zerstörung“ nicht entkommen können, nachdem ihnen „die Basis für nukleare Entwicklung“ genommen worden sei, hieß es in einem Kommentar der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA am Freitagabend. Die Geschichte habe bewiesen, dass „kraftvolle nukleare Abschreckung als das stärkste … Schwert dient, um Aggression von außen zu verhindern“, schrieb KCNA. Von Pjöngjang zu fordern, seine Atomwaffen aufzugeben, sei genauso sinnlos wie „der Wunsch, den Himmel herunterfallen zu sehen“. Saddam Hussein und Gaddafi hatten beide unter internationalem Druck ihre Atomwaffenprogramme aufgeben müssen. Derweil veröffentlichte Nordkorea Videoauszüge, die angeblich einen neuen Raketentest zeigen. Auf den vom Staatsfernsehen ausgestrahlten undatierten Bildern ist der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un in Wintermantel und Hut auf einem U-Boot zu sehen. Er schaut zu, wie eine Rakete unter Wasser abgeschossen und in der Luft gezündet wird. Südkoreanische Medien vermuteten jedoch, dass es sich um eine Montage aus Aufnahmen eines Raketentests von vergangenem Monat sowie eines Tests von 2014 handelt.
WELT
Nordkorea warnt den Süden: Die Propaganda-Beschallung bringe die koreanische Halbinsel „an den Rand eines Krieges“. Seoul versetzt seine Soldaten an der Grenze in höchste Alarmbereitschaft.
Politik
Ausland
2016-01-09T07:43:28Z
2016-01-09T09:08:11Z
Nordkorea droht dem Süden mit Krieg
https://www.welt.de//politik/ausland/article150797478/Nordkorea-droht-dem-Sueden-mit-Krieg.html
Kinderwunsch: Die „biologische Uhr“ tickt auch für Männer
Frauen in Deutschland bekommen immer später ihr erstes Kind. Laut Statistischem Bundesamt betrug das Durchschnittsalter der Mütter (verlinkt auf https://www.welt.de/iconist/partnerschaft/article238378321/Muetter-Sieben-ueberraschende-Fakten-aus-der-Wissenschaft.html) im Jahr 2020 bei der ersten Geburt 30,2 Jahre. Zehn Jahre zuvor lag der Altersdurchschnitt noch bei 29 Jahren. Die Gründe sind vielfältig: Tendenziell steigen junge Erwachsene später in das Berufsleben ein und Frauen sind häufiger berufstätig als früher. Aber auch die bessere medizinische Versorgung und gewandelte Rollenbilder außerhalb des Jobs spielen eine Rolle. Die Lebensrealität vieler Frauen, die einen Kinderwunsch haben, kollidiert jedoch häufig mit der eigenen Fruchtbarkeit: Ab einem Alter von circa 35 Jahren schwinden laut Experten die Chancen schwanger (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/schwangerschaft/) zu werden und auch eine künstliche Befruchtung werde dann schwieriger. Lange lastete der Druck der biologischen Uhr in den Augen der Gesellschaft alleine auf den Frauen. Männer, so die generelle Annahme, könnten bis ins hohe Alter jederzeit Kinder zeugen. Doch laut einer aktuellen Studie, die der britischen Tageszeitung „ The Observer (verlinkt auf https://www.theguardian.com/society/2022/jul/23/male-biological-clock-age-of-father-can-affect-chances-of-birth-new-research-shows?) “ exklusiv vorliegt, beeinflusst auch das Alter der Herren die Chancen auf den Nachwuchs. Sprich: Die biologische Uhr tickt auch für Männer. Wenn der männliche Partner über 40 ist, schwinden die Chancen auf ein Baby erheblich Zu diesem Ergebnis kommt das Team britischer Reproduktionsmediziner nach der Durchsicht von 18.825 künstlichen Befruchtungszyklen mittels der In-vitro-Fertilisation (verlinkt auf https://www.welt.de/gesundheit/article236833613/Kuenstliche-Befruchtung-Wie-es-den-Wunschkindern-im-spaeteren-Leben-geht.html) (IVF). Dabei werden der Frau befruchtungsfähige Eizellen entnommen, die in eine Nährlösung mit den Samenzellen des Partners befruchtet werden. Danach wird die befruchtete Eizelle in die Gebärmutter der Frau eingesetzt. Die Auswertung der Daten zeigte: Bei Frauen unter 35 Jahren hatte das Alter ihres männlichen Partners wenig Einfluss auf die Chancen, ein Baby (verlinkt auf https://www.welt.de/vergleich/baby-mobile) nach einer IVF auf die Welt zu bringen. Bei Frauen zwischen 35 und 40 Jahren sanken die Chancen jedoch erheblich, wenn der Partner 40 Jahre oder älter war. Das Alter beider Elternteile spielt eine Rolle bei einem Kinderwunsch Die Forscher raten daher in ihrer Studie älteren Paaren (verlinkt auf https://www.welt.de/vermischtes/plus239935247/Beziehung-Manchmal-denke-ich-Reisst-euch-zusammen-Paarberaterin-packt-aus.html) , die einen Kinderwunsch haben, sich diese Tatsache vor Augen zu führen, damit der Druck nicht alleine auf der Frau laste. Die Untersuchungen der Eizellen und Spermien in den fast 19.000 Fällen künstlicher Befruchtung bestätigten zunächst bereits bekanntes Wissen: Die Eizellen von jüngeren Frauen sind eher in der Lage, die DNA-Schäden, die in Spermien älterer Männer vorhanden waren, zu reparieren. Bei Frauen, die älter als 40 waren, gelang das den Eizellen nicht mehr so gut. „Was wirklich interessant ist, ist jedoch, dass das Alter des Mannes einen größeren Einfluss zu haben scheint, wenn die Frau zwischen 35 und 40 ist“, sagt Professorin Geeta Nargund, Reproduktionsmedizinerin und medizinische Leiterin der Befruchtungsklinik Create Fertility in London gegenüber dem „Observer“. Die Lebendgeburtenrate sinke insgesamt, unabhängig vom Alter der Frauen zwischen 35 und 40, von 32,8 Prozent bei Vätern (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/vaeter/) unter 35 auf 27,9 Prozent bei einem väterlichen Alter zwischen 40 und 44 Jahren. Bei männlichen Partnern über 55 betrug die Quote nur noch 25 Prozent. „Zu lange lag die Last bei den Frauen. Dass auch ein Mann zu den kurz- und langfristigen Risiken für die Nachkommen, die mit dem fortgeschrittenen Alter verbunden sind beiträgt, wurde weitgehend ignoriert“, erklärt Studienautorin Professor Geeta Nargund. Wenn Männer und Frauen einen jüngeren Partner haben, gibt es wahrscheinlicher Nachwuchs Kurz gesagt: Die Chancen für eine Frau ab 35 schwanger zu werden und ein Kind auf die Welt zu bringen, erhöhen sich deutlich mit einem jüngeren Partner. Der Grund: Die Spermien enthalten nicht so viele DNA-Fehler. Umgekehrt erhöhen sich für Männer über 40 Jahren die Chancen auf Nachwuchs, wenn sie eine jüngere Partnerin haben, da die Eizellen eher dazu in der Lage sind, die DNA-Schäden in den Erbinformationen der Spermien (verlinkt auf https://www.welt.de/gesundheit/plus231720797/Unfruchtbarkeit-beim-Mann-Wie-haltbar-ist-die-Idee-vom-Spermien-Schwund.html) auszugleichen. Die Reproduktionsmedizinerin wies außerdem darauf hin, dass die Wechselwirkung zwischen der alternden Eizelle und dem Sperma zum Zeitpunkt der Empfängnis komplexer seien als bisher angenommen. Weitere Studien sollen die potenzielle Fähigkeit von Eizelle (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/plus235771026/Eizellen-einfrieren-Vor-allem-eines-sollten-Frauen-bei-Social-Freezing-beachten.html) und Sperma, die „Auswirkungen des Alterungsprozesses zu reparieren“, weiter untersuchen. Worauf sich werdende Eltern einstellen müssen und ob du bereit dazu bist, kannst du in diesem Quiz herausfinden: Dieser Artikel wurde erstmals im Juli 2022 veröffentlicht.
Sabine Winkler
„Die biologische Uhr tickt“ – das hören Frauen mit Kinderwunsch ab 30 öfter. Doch das gilt wohl auch für Männer, wie Forscher herausgefunden haben. Ihr Alter spielt bei der Chance auf Nachwuchs eine größere Rolle als bislang angenommen.
Kmpkt
2023-03-15T16:12:00Z
2022-07-28T04:57:18Z
Die „biologische Uhr“ tickt auch für Männer
https://www.welt.de/kmpkt/article240105649/Kinderwunsch-Die-biologische-Uhr-tickt-auch-fuer-Maenner.html
Zeitarbeit: Telekom setzt Langzeit-Leihkräfte vor die Tür
Für Klaus Ehringer* soll Ende Dezember Schluss sein. Nach elf Jahren im Betrieb, immer an derselben Stelle. Ehringer arbeitet als Systemadministrator bei der T-Systems-Tochter CSS, die IT-Dienstleistungen an Großkunden verkauft, am Standort Düsseldorf. In den elf Jahren hat er sich hochgearbeitet in dem Unternehmen, sich einen Status als Experte auf seinem Sachgebiet erarbeitet und ist wahrscheinlich recht schwer zu ersetzen. Trotzdem will sich der Mutterkonzern Telekom nun von ihm trennen, wie den Betroffenen in der vergangenen Woche mitgeteilt wurde – und das innerhalb weniger Wochen. Ebenso wie von rund 30 der insgesamt 100 Kollegen an seinem Standort. Denn sie alle sind Leiharbeiter, die teilweise seit mehr als einem Jahrzehnt dort arbeiten. Die Deutsche Telekom (verlinkt auf /wirtschaft/article121747654/Telekom-uebernimmt-osteuropaeischen-Dienstleister.html) plant nach Informationen der „Welt“, Leiharbeiter, die seit mehr als einem Jahr im Konzern beschäftigt sind, loszuwerden – und das möglichst schnell. Bis Jahresende sollen demnach so viele dieser Beschäftigungsverhältnisse wie möglich beendet werden. Aus dem internen Mitarbeiterverzeichnis von T-Systems geht hervor, dass allein in dieser Sparte mehr als 1000 Leiharbeiter für den Telekommunikationsriesen arbeiten. Politischer Druck Hintergrund dafür, ausgerechnet jetzt den überwiegenden Teil dieser Beschäftigungsverhältnisse abzubauen, soll politischer Druck sein, heißt es aus dem Management der Sparte T-Systems. Bei den Koalitionsverhandlungen diskutieren SPD und Union derzeit über eine gesetzliche Beschränkung der Laufzeiten für Leiharbeit (verlinkt auf /wirtschaft/article121120812/Wirtschaft-entsetzt-ueber-Plaene-von-Union-und-SPD.html) , wie vergangene Woche aus den Verhandlungen durchsickerte. Bisher ist im sogenannten Arbeitnehmerüberlassungsgesetz lediglich festgelegt, dass Leiharbeit nur „vorübergehend“ sein darf. Die Union will die Überlassungshöchstdauer nun auf 24 Monate beschränken, die SPD dagegen auf lediglich ein Jahr. Die Telekom bestätigt die Pläne auf Anfrage. Zeitarbeit solle künftig möglichst nur noch zum Ausgleich von Spitzenlasten zum Einsatz kommen, zum Beispiel in Callcentern, sagte eine Sprecherin. Leiharbeiter dürfen demnach künftig maximal zwei Jahre an ein und demselben Arbeitsplatz tätig sein. Abbau von Zeitarbeit Die internen Planungen des Konzerns sehen demnach vor, mindestens 500 Leiharbeiter, die seit Jahren im Konzern beschäftigt sind, durch interne Mitarbeiter zu ersetzen – die bislang für diese Aufgaben aber noch nicht geschult sind. „Der Abbau von Zeitarbeit ist Teil unserer Neuausrichtung bei Vivento“, teilt der Konzern mit. Vivento ist die Beschäftigungsgesellschaft der Telekom, in der momentan rund 8100 Mitarbeiter geparkt wurden, weil deren Stellen im Konzern weggefallen waren. Vivento solle künftig stärker als in der Vergangenheit Aufgaben übernehmen, die bisher Leiharbeiter erledigten. „Wir werden uns stärker um die interne Vermittlung und Qualifikation kümmern“, sagte eine Sprecherin. Die Möglichkeit, die Verträge der langjährigen Leiharbeiter in feste Beschäftigungsverhältnisse umzuwandeln, besteht dagegen offenbar nicht. Insgesamt arbeiten in Deutschland etwa 140.000 Menschen für die Telekom. Verlagerung nach Osteuropa Aus dem Betriebsrat des Konzerns heißt es aber, hinter den Plänen stehe eine weitere Verlagerung des Geschäfts ins Ausland – das gelte zumindest für den Bereich T-Systems (verlinkt auf /wirtschaft/article120560997/RWE-verschiebt-IT-Mitarbeiter-zur-Deutschen-Telekom.html) , für den hierzulande insgesamt rund 29.000 Mitarbeiter arbeiten. IT-Beratungsleistungen und Software-Entwicklung sollen demnach deutlich stärker als bisher von verschiedenen Standorten in Osteuropa aus gemacht werden, wo die Personalkosten deutlich niedriger sind. Um dies umzusetzen, wolle der Konzern sich zunächst von den Leiharbeitern trennen, deren Verträge am leichtesten kündbar seien. „Es ist sicher sinnvoll, wenn sich durch solche Maßnahmen Kündigungen der eigenen Beschäftigten verhindern lassen“, sagte Ver.di-Sprecher Jan Jurczyk. Klarheit Ende des Monats Die Betroffenen sehen das anders. Michael Giersch*, ein Kollege von Ehringer und ebenfalls Systemadministrator am Düsseldorfer Standort, erzählt, dass er seit sieben Jahren dort arbeitet und nun innerhalb von etwas mehr als einem Monat an die Luft gesetzt werden solle. „Das geht allein in meinem Team acht von 20 Kollegen so.“ Giersch glaubt, dass unter der Sparaktion auch die Qualität der angebotenen Dienstleistungen spürbar leiden werde. Er sei skeptisch, dass sein Job so einfach von jemand anderem gemacht werden könne, der in ein paar Wochen umgeschult werde: „Wir arbeiten hier so spezialisiert, das dauert bestimmt ein halbes Jahr, einen Nachfolger einzuarbeiten.“ Ende des Monats soll laut den Informationen, die Giersch und seine Kollegen aus dem Management erhielten, endgültig Klarheit darüber bestehen, wann sie die Firma verlassen müssen. Heftige Verschlechterung Aus dem Management von T-Systems verlautet derweil, die Personalverantwortlichen arbeiteten hinter den Kulissen an einem Trick, um trotz der aktuellen Direktive im Konzern möglichst viele der bestehenden Beschäftigungsverhältnisse für Leiharbeiter zu erhalten, die schon länger in dem Konzern arbeiten. Demnach sollen bestimmte „bevorzugte Zulieferer“ – dazu gehöre auch die Zeitarbeitsfirma Randstad – weiterhin Leiharbeiter an die Telekom vermitteln. Randstad könnte demnach mit anderen Verleihfirmen Unterverträge abschließen. Klaus Ehringer etwa ist bei Adecco angestellt. Klappt die Rochade, bekäme er danach sein Gehalt zwar immer noch von Adecco, würde offiziell aber von Randstad an die Telekom entliehen. Für den Düsseldorfer Systemadministrator würde das aber eine heftige Verschlechterung bedeuten: „Ich würde etwa die Hälfte meines Einkommens verlieren und von derzeit 30 wieder auf 24 Urlaubstage zurückfallen.“ Denn mit dem neuen Arbeitsvertrag, den er bekäme, würde er nicht mehr als Angestellter mit elf Jahren Vertragslaufzeit, sondern als Neuling gelten. *Namen geändert
Anette Dowideit, Thomas Heuzeroth
Die Deutsche Telekom plant, langjährig beschäftigte Leiharbeiter im Hauruckverfahren loszuwerden – offenbar als Reaktion auf politischen Druck. Hunderte Mitarbeiter sind von dem Schritt betroffen.
Wirtschaft
2013-11-24T14:09:09Z
2015-09-21T10:52:42Z
Telekom setzt Langzeit-Leihkräfte vor die Tür
https://www.welt.de//wirtschaft/article122212361/Telekom-setzt-Langzeit-Leihkraefte-vor-die-Tuer.html
Jobmarkt August: Neuer Höchstwert bei unbesetzten Stellen
Die Arbeitslosenzahl steigt im August leicht, dennoch bleiben viele Stellen unbesetzt. Firmen und Behörden haben 741.000 Stellen ausgeschrieben - das ist ein neuer Höchstwert.
WELT
Die Arbeitslosenzahl steigt im August leicht, dennoch bleiben viele Stellen unbesetzt. Firmen und Behörden haben 741.000 Stellen ausgeschrieben - das ist ein neuer Höchstwert.
2017-09-01T07:09:28Z
2022-05-12T13:06:53Z
Neuer Höchstwert bei unbesetzten Stellen
https://www.welt.de//wirtschaft/video168199705/Neuer-Hoechstwert-bei-unbesetzten-Stellen.html
Paris St. Germain: Spektakuläre Rückkehr? Neymar offenbar mit dem FC Barcelona einig
Neymar hat offenbar eine mündliche Einigung für eine spektakuläre Rückkehr von Paris St. Germain zum FC Barcelona erzielt. Nach Medienberichten wird der Stürmerstar in einem Fünfjahresvertrag auf größere Teile seines Gehalts verzichten.
WELT
Neymar hat offenbar eine mündliche Einigung für eine spektakuläre Rückkehr von Paris St. Germain zum FC Barcelona erzielt. Nach Medienberichten wird der Stürmerstar in einem Fünfjahresvertrag auf größere Teile seines Gehalts verzichten.
2019-06-25T11:45:54Z
2022-05-14T06:26:03Z
Spektakuläre Rückkehr? Neymar offenbar mit Barça einig
https://www.welt.de//sport/video195857963/Paris-St-Germain-Spektakulaere-Rueckkehr-Neymar-offenbar-mit-dem-FC-Barcelona-einig.html
Erster Prager Fenstersturz: Sie stürzten in die Spieße, wurden zerhackt
Für Examenskandidaten der Geschichtswissenschaft gibt es einen wichtigen Tipp. Wenn du in der Prüfung gefragt wirst, was beim Prager Fenstersturz geschah, antwortest du: Bei welchem? Denn die berühmte Aktion, bei der am 23. Mai 1618 zwei kaiserliche Räte (verlinkt auf /geschichte/kalenderblatt/article155512837/Prager-Fenstersturz-loest-Dreissigjaehrigen-Krieg-aus.html) samt Sekretär von aufgebrachten böhmischen Adligen aus dem Fenster ihres Amtszimmers auf dem Hradschin geworfen wurden, hat einen Vorgänger und einen Nachfolger. Am 10. März 1948 fand man den bürgerlichen Außenminister der Tschechoslowakischen Republik, Jan Masaryk, zerschmettert unter seinen Amtsräumen auf der Prager Burg. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Anschlag der Kommunisten, die sich nach ihrem Februaraufstand (verlinkt auf /geschichte/article173737599/Kommunistischer-Umsturz-in-der-Tschechoslowakei.html) mit dem „dritten Prager Fenstersturz“ eines prominenten Gegners entledigten. Das große Vorbild der „Defenestration“ von 1618 ereignete sich 199 Jahre zuvor auf dem Neustädter Ring und verlief weit weniger glimpflich als der Sturz der Räte, denen bekanntlich ein Misthaufen das Leben rettete. Auch der „erste Prager Fenstersturz“ vom 30. Juli 1419 hatte viel mit Religion zu tun und markierte den Beginn europaweiter Kriege, die in ihrem Namen geführt wurden. Wieder entzündete sich der Konflikt am rechten Glauben und der Frage, wer sein Verwalter sei, das römische Papsttum oder die Gemeinde selbst. Die katholische Kirche hatte das Ihre dazu beigetragen, indem ihr Ansehen und ihre Autorität zwischen Päpsten und Gegenpäpsten (verlinkt auf /kultur/article3315335/Als-die-Paepste-ihre-weltliche-Macht-verprassten.html) zerrieben worden waren, zwischen Rom und Avignon. Dagegen hatte der Magister Jan Hus lautstark seine Stimme erhoben. Der Theologe und Rektor der Universität Prag, der ältesten im Heiligen Römischen Reich (verlinkt auf /geschichte/article175190279/7-April-1348-Erste-Universitaet-Mitteleuropas-wird-gegruendet.html) , sprang damit einem Kollegen bei, der im fernen England zur Zielscheibe der Kurie geworden war. Dort hatte John Wycliff (verlinkt auf /kultur/plus168540867/Wie-Luther-sogar-die-englische-Sprache-praegte.html) die Überzeugung vertreten, dass nur Armut und Keuschheit den Anspruch Roms rechtfertigten, einzige Quelle der Heilsvermittlung zu sein. Die real existierende Amtskirche bot ein groteskes Gegenbild, was sie trotzdem nicht hinderte, gegen den Kritiker und seine wachsende Zahl von Anhängern, die Lollarden, mit aller Strenge vorzugehen. Denn auch mit weiteren Forderungen wie der Predigt in der Volkssprache und der Abschaffung der Heiligen- und Reliquienverehrung, des Zölibats und der Ohrenbeichte hatte Wycliff Rom herausgefordert. Durch eine zufällige dynastische Verbindung – die Kaisertochter Anne von Böhmen hatte Richard II. von England geheiratet – gelangten Wycliffs Lehren nach Böhmen, wo sie von der Kirche und König Wenzel verfolgt wurden. Hus, der inzwischen auch den Ablasshandel verworfen hatte, avancierte zum Wortführer des Widerstandes. Doch es ging nicht nur um Glauben und Gottesdienst. Nach dem Aussterben der Premysliden war Böhmen mit den Luxemburgern einer auswärtigen Dynastie zugefallen, die mit Kaiser Karl IV. das Land zum Zentrum des Heiligen Römischen Reiches machte. Das hatte das deutsche Element deutlich gestärkt, was wiederum zu protonationalen Antagonismen führte. Böhmens Adel fühlte sich zurückgesetzt. Auch die meisten städtischen Eliten waren deutsch geprägt. Indem Hus die Predigt in tschechischer Sprache propagierte, gewann seine Kirchenkritik eine politische Dimension. Aus Protest verließen die deutschen Dozenten und Studenten 1409 die Universität und zogen nach Leipzig (verlinkt auf /welt_print/article3882183/Versoehnung-nach-600-Jahren.html) . Im Herbst 1414 wurde Hus nach Konstanz eingeladen, wo ein großes Konzil endlich den Ausweg aus der Krise finden wollte. In einem Geleitbrief hatte der Sohn Karls IV., Kaiser Sigismund, dem Magister freies Geleit zugesichert. Als aber die Kirchenfürsten am Bodensee Hus in Haft nahmen, rührte der Monarch keinen Finger. Vor die Wahl gesellt, seine Lehren zu widerrufen oder als Ketzer verbrannt zu werden, blieb Hus standhaft und entschied sich für das Martyrium (verlinkt auf /kultur/literarischewelt/article143414507/Hier-brenne-ich-und-kann-nicht-anders.html) . In Böhmen eskalierte daraufhin die Lage. Es kam zu gewalttätigen Unruhen. Den Adel einte die Empörung über den Bruch des kaiserlichen Versprechens und den konziliaren Vorwurf, die Todesstrafe gegen Hus hätte der Ketzerei „böhmischer Zunge“ gegolten. In einem Beschwerdebrief wandten sich 452 böhmische Herren und Ritter in scharfer Weise an das Konzil, um die Schuldlosigkeit ihres „liebsten Nächsten guten Angedenkens“ zu bezeugen. 1417 gaben die vier Prager Artikel der durchaus heterogenen Anhängerschaft von Hus ein tragfähiges Fundament: Armut der Kirche, freie Predigt, das Abendmahl mit Brot und Wein (daher: Utraquisten) und daraus gefolgert der Laienkelch wurden zu Ausweisen der Hussiten. Radikale Prediger heizten die Stimmung an, deren Predigten in tschechischer Sprache die Front gegenüber den Deutschen weiter verhärteten. Als Sigismunds Halbbruder Wenzel IV. (verlinkt auf /geschichte/article173567998/Kaiser-Sigismund-Naerrischer-Greis-Verehrer-liederlicher-Weibspersonen.html) als König von Böhmen schließlich reagierte, die böhmischen Geistlichen vertrieb und durch katholische ersetzte, versammelten sich die Hussiten auf Bergen, wo sie ganz in chiliastischem Geist den Anbruch des Jüngsten Gerichts erwarteten. In einem dieser Berge erkannten sie den alttestamentlichen Tabor, wo ein Heerlager entstand. Dann überschlugen sich die Ereignisse. Auf Wenzels Befehl waren in Prag einige Utraquisten gefangen genommen und im Neustädter Rathaus am Karlsplatz inhaftiert worden. Am 30. Juli 1419, einem Sonntag, rührte der prominente Hussiten-Theologe Jan Zelivsky in seiner Predigt die Gläubigen auf. Anschließend führte er die Menge zu dem Rathaus, wo der – katholische – Bürgermeister, seine Stellvertreter und weitere Schöffen zu Gericht saßen. Nach einem heftigen Wortwechsel stürmte die Menge das Gebäude und warf die anwesenden Richter aus dem Fenster. Doch auf dem Boden fing sie kein weicher Misthaufen auf. Vielmehr stürzten sie in die Spieße und Hiebwaffen, die die Aufrührer mitgebracht hatten. Zehn Menschen fanden einen entsetzlichen Tod. Wer nicht sofort starb, wurde an Ort und Stelle zerhackt. Ein Ratsherr starb in der Folterkammer. Wie sein Nachfolger 1618 hatte auch dieser „erste Prager Fenstersturz“ weitreichende Folgen. Auf die Nachricht soll König Wenzel der Schlag getroffen haben; auf jeden Fall starb er kurz darauf am 16. August. Sein Tod wurde zur Initialzündung eines Aufstandes, in dem die katholischen Kirchen gestürmt und geplündert wurden. Die Katholiken, darunter viele deutschsprachige Bürger, wurden aus der Stadt vertrieben, ihre Güter auf Befehl des utraquistischen Rates beschlagnahmt, schreibt der Historiker Manfred Alexander (verlinkt auf https://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Alexander) . Der Versuch der Königinwitwe Sophie, mit einer Landfriedensordnung die Gemüter zu besänftigen, scheiterte. Stattdessen forderte Sigismund die Krone für sich, die er 1420 tatsächlich erlangte, als er mit einem Heer kurzzeitig Prag einnehmen konnte. In einer Bulle rief Papst Martin V. zum Kreuzzug auf. Doch was ein schneller Sieg über Bürger und Bauern werden sollte, entpuppte sich als ein jahrelanges Ringen, in dem ganze Ritterheere vernichtet und Landschaften verwüstet wurden. Denn die Hussiten entwickelten eine völlig neue Art der Kriegführung. Ihre symbolträchtige Tat hatten die Aufständischen im Mai 1618 vor Augen, als sie auf der Prager Burg den „zweiten Prager Fenstersturz“ vollführten und damit den Dreißigjährigen Krieg auslösten. Doch die Hoffnung auf glänzende Siege sollte sich nicht erfüllen. Drei Jahre später war Böhmen ein unterworfenes Land, in dem die Sieger ein brutales Gericht exekutierten. Sie finden „Weltgeschichte“ auch auf Facebook. Wir freuen uns über ein Like. (verlinkt auf https://www.facebook.com/weltgeschichte/)
Berthold Seewald
Der berühmte Prager Fenstersturz von 1618 hat ein blutiges Vorbild. 1419 stürmten radikale Hussiten das Neustädter Rathaus und warfen elf Menschen in die Tiefe. Sie fielen nicht auf einen Misthaufen.
Geschichte
2019-07-30T05:56:25Z
2022-03-18T14:25:15Z
Die anwesenden Richter wurden in die Spieße gestürzt und zerhackt
https://www.welt.de/geschichte/article197650629/Erster-Prager-Fenstersturz-Sie-stuerzten-in-die-Spiesse-wurden-zerhackt.html
E-Auto: Zitterpartie um die Zukunft der Elektroautos
Die Chefs der großen Automobilhersteller und Zulieferer waren sich in der Vorstandsitzung des Branchenverbandes VDA am Mittwochnachmittag schnell einig: Ohne weitere staatliche Förderung bleibt das Elektroauto (verlinkt auf /themen/elektroautos/) in Deutschland auch in Zukunft wie Blei in den Autohäusern stehen. Kaufprämien für E-Fahrzeuge, mindestens aber Steuererleichterungen für die Halter sind nötig, um die Kauflust zu entfachen. Doch die Bundesregierung ist in der Frage von Anreizen des Staats für die Stromer gespalten. Kommenden Dienstag treffen sich nun die Spitzenvertreter der Autoindustrie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), das Reizthema Elektroautos wird dabei auf der Tagesordnung stehen. Dabei wird wohl eine Entscheidung zur Förderung der E-Autos fallen. Denn beide Seiten, Politik und Industrie, stehen unter Druck. Es fehlt an Käufern für die E-Mobile Die Autobauer, weil sie zwar alles getan haben, was ihnen die Politik ins Stammbuch geschrieben hat: 29 verschiedene E-Modelle bieten die Hersteller inzwischen an. Leitanbieter bei E-Autos wären die Deutschen damit. Vom Ziel, auch Leitmarkt zu werden, ist man aber noch weit entfernt. Kaufen will die Stromer hierzulande kaum einer. 23.500 E-Autos aller Art, also inklusive der Plug-in-Modelle, wurden im vergangenen Jahr in Deutschland neu zugelassen. Zum Vergleich: Allein Porsche (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/porsche/) , Dacia oder Mitsubishi haben 2015 jeweils deutlich mehr Autos verkauft. Die E-Mobile wurden aber mit großem Aufwand der Industrie entwickelt, und nichts ist schlimmer für die Branche als unausgelastete Werke und übervolle Autohäuser. Die Milliarden-Investitionen der Autoindustrie in die Stromer rechnen sich bislang so gut wie nicht. Und da die Nachfrage auf dem Heimatmarkt schon gering ist, fallen die Stromer als Exportschlager völlig aus. Bis 2020 eine Million E-Autos in Deutschland Die Kanzlerin steckt allerdings ebenfalls in der Zwickmühle. Einerseits will sie Deutschland zum Vorreiter beim Umweltschutz machen. Die Bundesregierung hat sich ehrgeizige Klimaschutzziele vorgenommen. Dazu gehört auch, dass 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen unterwegs sein sollen – eine Marke von der man derzeit meilenweit entfernt ist. Kommt die Kanzlerin der Autoindustrie nicht entgegen, muss sie schon bald von der Zielgröße eine Million E-Autos abrücken. Eine ungewöhnliche Allianz von SPD und bayerischer CSU stärkt Merkel zwar den Rücken. Der Freistaat werde sich zusammen mit den bayerischen Autobauern auf Bundesebene für eine Kaufprämie einsetzen, sagt die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU): „Die Hersteller werden einen eigenen Beitrag zu dieser Kaufprämie leisten.“ Das sei mit den Vorstandschefs von BMW (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bmw/) und Audi (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/audi/) , Harald Krüger und Rupert Stadler verabredet. SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (verlinkt auf /wirtschaft/article151560291/Streit-um-Praemie-fuer-Elektroautos.html) hat sogar eine vergleichsweise hohe Prämie von 5000 Euro beim Kauf eines Elektroautos vorgeschlagen. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil schätzt, dass das den Bund zwei bis zweieinhalb Milliarden Euro bis 2020 kosten könnte. Das ließe sich, so Heil, trotz Flüchtlingskrise aus dem normalen Haushalt schultern. Andererseits findet Merkel ausgerechnet im eigenen Lager wenig Freunde für eine staatliche Elektroauto-Förderung. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), immerhin eines der einflussreichsten Kabinettsmitglieder, sperrt sich. „Es ist nicht die Aufgabe des Staates, beim Absatz von Autos behilflich zu sein“, sagte Schäuble der „Stuttgarter Zeitung“. Ohne Förderung des Bundes keine Infrastruktur Mit dieser Haltung steht er in der CDU nicht alleine da. Und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verweist darauf, dass man zunächst die Lade-Infrastruktur ausbauen müsse – wer Angst habe, mit leerem Akku liegen zu bleiben, werde kaum ein E-Auto kaufen. „Ohne Bundesförderung wird das nicht gehen. Und wir brauchen auch ein Programm, um den Markthochlauf der E-Fahrzeuge anzureizen“, so Dobrindt. „Vorschläge sind genug gemacht, jetzt müssen die Entscheidungen getroffen werden.“ Kabinettsmitglieder rechnen damit, dass sich Politik und Industrie kommenden Dienstag auf ein Förderprogramm für die E-Autos einigen werden. Unklar ist dabei, ob die Käufer von Stromern tatsächlich eine Prämie bekommen oder ob es Möglichkeiten zur Sonderabschreibung oder Steuererleichterungen geben wird. Und wenn es eine Prämie gibt, ist die Höhe offen und der Anteil, den die Autobauer wohl dazu erbringen müssen. „Auf 5000 Euro pro Auto wird sich Wolfgang Schäuble sicher nicht einlassen“, sagt ein Regierungsmitglied. Aber man könne ja versuchen, mit dem Finanzminister zu handeln. Schließlich geht es darum, wie sich Deutschland und seine Autoindustrie beim Zukunftsthema Elektromobilität positioniere. Und da steht die Auto-Nation Deutschland bislang erstaunlich schwach da. Briten sind schon viel weiter Inzwischen ist Großbritannien mit 28.000 E-Autos und einem Absatzplus von 70 Prozent 2015 der größte Elektroautomarkt Europas. In Frankreich erhöhen sich die E-Auto-Neuzulassungen im vergangenen Jahr auf 27.000, ein Plus von 67 Prozent in Norwegen auf 25.000 Fahrzeuge (plus 25 Prozent). „Deutschland wird bislang dem Anspruch als Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität nicht gerecht“, urteilt das Center of Automotive Management (CAM) angesichts der hochgesteckten Ziele hierzulande, aber nur 23.500 verkaufter Stromer. „Der Abstand zum Marktführer China ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gewachsen.“ Die Volksrepublik ist inzwischen nicht nur insgesamt der größte Automarkt der Welt, sondern auch die Nummer eins bei Batterieautos (verlinkt auf /motor/article151464724/Warum-Autos-wie-der-Tesla-nachhaltig-sinnlos-sind.html) und Hybriden (verlinkt auf /motor/news/article151473857/Elektroauto-Zulassungen.html) , also Fahrzeugen mit Elektro- und Verbrennungsmotor. Im vergangenen Jahr wurden dort 188.000 E-Autos verkauft, in den USA nur noch 115.000 und damit weniger als 2014 – und das, obwohl es dort Steuererleichterungen beim Kauf von E-Autos von bis zu mehreren Tausend Dollar gibt. Doch die Grenzwerte für den Ausstoß von Schadstoffen und das Klimagas CO 2 werden immer strenger – gerade in den USA, China oder der EU. Egal, wie die Kraftstoffpreise liegen: Die Autobauer müssen auf Elektrofahrzeuge setzen, um die Obergrenzen einzuhalten. Und da ist gerade für die exportorientierte deutsche Autoindustrie die schwache Nachfrage auf dem Heimatmarkt zunehmend eine Belastung. Denn warum sollte man in Amerika oder Asien (verlinkt auf /motor/news/article151552549/Globaler-Elektroauto-Markt.html) einen Typ von Autos made in Germany kaufen, wenn das nicht mal die Deutschen selbst tun? Hohe Zuschüsse für chinesische Modelle Die chinesische Regierung hat die Bredouille der Deutschen längst erkannt und versucht mithilfe gesetzlicher Vorgaben die ausländischen Hersteller wenigstens bei Fahrzeugen mit E-Motoren aus dem Feld zu schlagen. Alle großen einheimischen Autobauer sind in der Volksrepublik inzwischen verpflichtet, auch Elektromodelle anzubieten. Umgerechnet bis zu 13.000 Euro zahlt die Regierung dem Käufer eines Stromers als Prämie. Die Partei- und Staatsführung schafft damit künstlich einen Markt, den es ohne die satte Förderung so nicht geben würde. Gebühren von 5000 bis 7000 Euro für eine Zulassung beispielsweise in Shanghai oder Lotterien für Kennzeichen in Peking – wovon E-Autos jeweils immer ausgenommen sind – sorgen dafür, dass die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen weiter steigt. Für die deutschen Autobauer ist das ein Lichtblick, denn die Beschränkungen für Autos mit Verbrennungsmotoren werden angesichts der drastischen Luftverschmutzung in vielen Metropolen weiter verschärft. Die geringe Nachfrage auf dem Heimatmarkt ist für die Deutschen zwar eine Bremse, aber Pekings Förderung der eigenen Autoindustrie bei den E-Mobilen hat langfristig den gegenteiligen Effekt des Gewollten. „Viele chinesische Automobilhersteller entwickeln und bauen Elektrofahrzeuge nur auf Weisung der Politik. Entsprechend schlecht ist die Qualität vieler Autos“, sagt Clemens Wasner, der für China zuständige Partner der Unternehmensberatung EFS. Und das ist die Chance der deutschen Autobauer.
Nikolaus Doll
Politik und Industrie ringen um Kaufprämien für E-Autos. Denn die Deutschen haben wenig Lust auf die Stromer. Das bremst deren Exportchancen. Ein Spitzentreffen soll den Durchbruch bringen.
Wirtschaft
2016-01-29T06:37:40Z
2019-10-17T12:32:55Z
Zitterpartie um die Zukunft der Elektro-Fahrzeuge
https://www.welt.de//wirtschaft/article151614058/Zitterpartie-um-die-Zukunft-der-Elektro-Fahrzeuge.html
Reisemängel: Die unglaublichen Beschwerden deutscher Urlauber
Frau H. sitzt in einer Badewanne, komplett bekleidet und schaut unglücklich in die Kamera. „Wir bekommen immer wieder Beschwerdeschreiben mit Fotos, die die Mängel des Urlaubs illustrieren sollen“, erklärt Judith Rott, Leiterin der Tui-Beschwerdestelle in Hannover. Einige Tage nach dem Urlaub von Frau H. landet ihr Foto im Postfach von Europas größtem Reisekonzern. Die Badewanne im Hotelzimmer fand sie einfach viel zu klein. Rund 63.000 Beschwerden erhält die Tui pro Jahr, das ist eine Reklamationsquote von zwei Prozent der Gäste. Im Sommer und Frühherbst, in der Hauptreisezeit der Deutschen von Juni bis Oktober, hat auch die Arbeit in der Beschwerdestelle Hochsaison. „Die meisten Beschwerden kommen inzwischen per E-Mail bei uns an“, sagt Rott. Zwei Drittel der Urlauber haben Beanstandungen rund um das Hotel. „Hier verbringen die Gäste schließlich die meiste Zeit“, erklärt Rott. Manchen seien die Hotelmöbel zu alt oder die Zimmerpflanze habe zu wenig Blätter, mal sei das Personal zu unfreundlich, die Küche nicht landestypisch genug oder das Restaurant biete kein deutsches Schnitzel an. So skurril manche Beschwerde auch sein mag, der Reiseveranstalter prüft, ob sie berechtigt ist und fordert gegebenenfalls Stellungnahmen vom Hotel, der Fluglinie oder dem Reisebegleiter an. „Jede Reklamation bedeutet für uns auch eine Chance, das Kundenvertrauen wiederherzustellen“, sagt Rott. Denn: „Fühlt sich der Kunde bei seiner Beschwerde ernst genommen, bucht er auch im nächsten Jahr wieder bei uns.“ Legendär ist inzwischen der Brief zur „Wurstspirale“. Ein Ehepaar beschwerte sich über das Frühstücksbuffet in seinem Hotel auf Madeira: Auf die Wurstplatte sei erwiesenermaßen keine frische Ware gelegt worden. „Meine Frau hat sich das Muster der fünften und neunten Scheibe gemerkt und festgestellt, dass die Scheiben am nächsten Tag immer noch da lagen“, schrieb der Urlauber aufgebracht. In der Mitte der Wurstspirale seien die Wurstscheiben womöglich schon Wochen alt. Bei einer solchen Beschwerde handele es sich maximal um eine „Unannehmlichkeit“, erklärt Rott. Dann muss sich der Tui-Urlauber mit einer Entschuldigung oder einem Geschenk wie einer Weinflasche, einer CD oder einem Kochbuch zufriedengeben. Finanzielle Entschädigung gebe es nur bei erwiesenem Reisemangel. Das seien zum Beispiel mehr als vier Stunden Flugverspätung oder ein Zimmer mit Blick auf eine Bauruine, obwohl eines mit Meerblick gebucht war. Über zwei andere kuriose Fälle muss Rott besonders schmunzeln: In ihrem Cluburlaub habe sich eine Frau in einen Animateur verliebt. Als sie im nächsten Jahr wieder in dasselbe Hotel reiste, hatte ihr Angebeteter eine neue Freundin. Die Schlussfolgerung: „Sie hat von uns verlangt, dass wir den Animateur entlassen.“ In einem anderen Fall gerieten Schuhplattler ins Visier von Hotelgästen. „Für ihre Prellungen an den Oberschenkeln haben die Urlauber von uns Entschädigung verlangt.“ Die blauen Flecke an den Oberschenkeln hatten sie sich bei dem Versuch zugezogen beim Schuhplattlern mitzumachen. „Allgemeines Lebensrisiko“, nennt das Rott. Sind die Deutschen besonders pedantisch? „Zumindest ist der Anteil der lächerlichen Beschwerden bei den Deutschen überproportional hoch“, meint Karl Born, Professor für Tourismusmanagement an der Hochschule Harz (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/harz-urlaub/) . In Sachen abwegiger Reklamationen kämen andere Nationen kaum mit. „Holländer, Engländer und Österreicher versuchen es mehr mit Charme“, sagt Born. Die Deutschen dagegen drohten gern mit dem Anwalt. „Es gibt dieses Klischee: Ein Deutscher geht durchs Hotel und schaut, weshalb er klagen könnte.“ Und an dem sei auch etwas dran.
Anja Mia Neumann
Wenn es um den Urlaub geht, sind die Deutschen besonders pedantisch. Sie mäkeln sogar über verdächtige Wurstspiralen und untreue Animateure.
Reise
2011-07-31T03:46:31Z
2015-10-03T18:57:09Z
Die unglaublichen Beschwerden deutscher Urlauber
https://www.welt.de//reise/article13517443/Die-unglaublichen-Beschwerden-deutscher-Urlauber.html
Schluss mit Ramba Zamba
Es ist eine Zahl, die sich wie ein Schlag in die Magengrube liest. Bilanzverlust: 36,9 Millionen Euro. Das ist der Jahresabschluss, den das einstige Berliner Hype-Start-up Movinga 2016 verbuchen musste. Mit dem Versprechen, Umzüge zu digitalisieren und komplett online zu planen, war das Unternehmen 2015 angetreten, wuchs rasant in den zweistelligen Millionenbereich. Als Finn Hänsel, der zuvor den australischen Zalando-Ableger „The Iconic“ hochzog, die Firma übernimmt, scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis das Unternehmen in den Milliardenbereich aufsteigt. Doch in Wirklichkeit steht der Anbieter kurz vor dem Aus. Die Gründer kommen mit dem schnellen Wachstum nicht mit, stattdessen explodieren Fehlbeträge. Mit einer radikalen Schrumpfkur brachte Hänsel Movinga wieder auf Kurs, verleibte sich sogar den einstigen Wettbewerber Move24 ein. Heute kratzt das Unternehmen erstmals wieder an der Gewinnschwelle und soll expandieren – agil wie ein Startup (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/existenzgruender/) , ohne „Rambazamba“ und stattdessen mit viel Geduld. WELT: Ihr letzter Umzug führte von Australien (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/australien-reisen/) zurück nach Deutschland (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/deutschland-reisen/) . Dort wartete das Hype-Start-up Movinga auf Sie – inklusive einer bösen Überraschung. Sind Sie aus dem Surferparadies direkt in die Krise gezogen? Finn Hänsel: Als ich Movinga übernahm, war es noch das Hype-Start-up des Jahrhunderts. Alle sagten, bis diese Firma eine Milliarde Euro Umsatz macht, kann es maximal vier Jahre dauern. Unter diesen Prämissen habe ich dort angefangen. Doch die Situation hat sich, noch nicht mal wenige Wochen nachdem ich an Bord gekommen war, anders herausgestellt. Mein Grund, dass ich überhaupt an Bord geblieben bin, war das Geschäftsmodell, welches ich nach wie vor genial finde. Jeder einzelne Aspekt unseres Lebens digitalisiert sich zunehmend – vom Schuhkauf bis zur Taxi-Buchung. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Digitalisierung vor keiner Sparte Halt machen wird. Für unsere Branche heißt das, dass unsere Nutzer jederzeit einen Umzug buchen, Kapazitäten zusätzlich erwerben und alle Posten übersichtlich dargestellt sehen können. Wenn Movinga damals gescheitert wäre, dann hätte jemand anders das Geschäftsmodell noch mal gemacht. Doch statt der Milliarden-Marke gab es fast das Aus. Wie führt man ein Unternehmen, das man genau an diesem Punkt übernimmt? Der Glaube an das Unternehmen, Hartnäckigkeit, ständiges Nachhaken – das hat uns geholfen. Wir haben alle an das Geschäftsmodell geglaubt. Am Ende war es also eine kulturelle Frage. Wir mussten den Mitarbeitern vermitteln, warum ein harter Einschnitt nötig war, wir uns aus Ländern zurückziehen und auch Leute entlassen mussten. Aber das Team, das jetzt an Bord ist, kann einen Unterschied machen und die Branche neu erfinden. Natürlich braucht ein junges Start-up auch weiterhin Geld. Für uns war es daher die größte Aufgabe, das Vertrauen existierender und potenzieller Investoren wiederzugewinnen. In der Firma haben wir es geschafft, ein halbes Jahr nach der Krise gute Zahlen zu zeigen. Um das Vertrauen nach außen wiederzugewinnen, haben wir gnadenlose Transparenz an den Tag gelegt – wir haben unsere Zahlen stets veröffentlicht und über unsere Probleme direkt gesprochen. Wenn man mich fragt, ob wir gescheitert sind, würde ich zu einem gewissen Maße ‚Ja’ sagen. Ich bin aber sehr dankbar, dass wir die Firma nicht aufgeben mussten, sondern dass wir weitermachen dürfen. Ich glaube, wir haben diese Chance genutzt – mit viel Durchhaltevermögen und harter Arbeit des gesamten Teams. Das klingt fast so, als sei Scheitern für Start-ups ein reinigender Prozess – eine Pflicht? Ich habe mal eine Hypothese aufgestellt: Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Gründung immer in Phasen verläuft. Du hast immer die Rambazamba-Phase, in der du denkst, du eroberst die Welt. Je nachdem wie enthusiastisch man zu diesem Zeitpunkt ist, desto schlimmer kann Phase Zwei werden. Dann erkennt man, dass man auch aufs Geld achten und ein echtes Unternehmen aufbauen muss. Diese Phase hat jedes Start-up – nur bei Movinga war sie besonders hart. Ich glaube, beim Scheitern besinnt man sich auf das Wichtige und lernt zu priorisieren. Man bekommt ein gutes Gefühl für Zahlen und dafür, wie ein Geschäftsmodell funktioniert. Am Ende hat das etwas Reinigendes – diese Erfahrungen haben uns geholfen, unser Geschäft zu verbessern. Beim Stichwort ‚schonungslose Transparenz’ drängt sich natürlich die Frage auf, wie gut es Movinga heute wirklich geht. Wir haben im Herbst 2017 vom Investment-Vehikel Santo VC der Hexal-Gründer Strüngmann große Unterstützung bekommen, nachdem wir Vertrauen im Markt zurückgewonnen haben. Seit der Finanzierungsrunde haben wir mit dem Unternehmen einen Befreiungsschlag erlebt. Wir haben im August mit 3,3 Millionen Euro den höchsten Umsatz erzielt, den wir je hatten und sind in diesem Monat knapp profitabel. Die Zahlen sind noch nicht final, aber wir werden an der Gewinnschwelle, schnüffeln. Wir haben wieder circa 200 Mitarbeiter, nachdem wir in den letzten Jahren von 500 auf 130 Mitarbeiter geschrumpft waren. Wir haben natürlich Glück gehabt, dass unser Mitbewerber Move24 im Februar Insolvenz anmelden musste und konnten Teile des Unternehmens übernehmen. Zudem haben wir in Schweden (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/schweden-reisen/) wieder einen neuen Markt aufgemacht und werden unseren Umsatz diesen Sommer verdoppeln. Man merkt nach der Krisenphase, dass wir endlich wieder aufblühen – die Champagnerkorken knallen hier nicht wieder so schnell. Wir wollen schnell und agil wie ein Start-up bleiben, aber sehr bescheiden und nachhaltig ein Unternehmen aufbauen.
Florian Gehm
Der Umzugsdienst Movinga galt als Vorzeige-Start-up, stand aber wenig später vor dem Aus. Heute kratzt er an der Gewinnschwelle
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DIE WELT
2018-12-08T05:05:15Z
2018-12-08T00:55:03Z
Schluss mit Ramba Zamba
https://www.welt.de//print/die_welt/finanzen/article181580698/Schluss-mit-Ramba-Zamba.html
Venezuela: Ex-Arzt von Chávez nach Todesprognose auf der Flucht
Ein venezolanischer Arzt ist nach eigenen Angaben wegen einer Äußerung über die Lebenserwartung des krebskranken Präsidenten Hugo Chávez zur Flucht aus dem Land gezwungen worden. Salvador Navarrete schrieb in einem offen Brief in der linken Tageszeitung „Tal Cual“, er habe nach einem Interview mit dem mexikanischen Magazin „Milenio“ am Montag, in dem er Chávez wegen seiner Krebsart nur noch zwei Jahre zu leben gegeben hatte, wegen nicht näher benannter „Ereignisse“ ins Ausland fliehen müssen. In dem Interview hatte Navarrete gesagt, er habe bis 2002 zu Chávez Ärzteteam gehört und behandele derzeit seine Familienmitglieder. Von ihnen habe er erfahren, dass Chávez an einem Sarkom, einer sehr aggressiven Krebsart, leide, bei der ein Patient maximal zwei Jahre zu leben habe. Dem 59-jährigen Präsidenten war im Juni in der kubanischen Hauptstadt Havanna ein Tumor entfernt worden. Seitdem reiste er wiederholt zur Chemotherapie nach Kuba. (verlinkt auf /politik/ausland/article13490265/Chavez-muss-sich-in-Kuba-Chemotherapie-unterziehen.html) Am Donnerstag versicherte Chávez, die Behandlung sei ein Erfolg und er sei von der Krankheit frei.
WELT
Ein ehemaliger Arzt des venezolanischen Präsidenten Chávez gibt ihm nur noch zwei Jahre zu leben. Angeblich muss er deswegen ins Ausland fliehen.
Politik
Ausland
2011-10-22T12:06:12Z
2015-09-01T11:32:01Z
Ex-Arzt von Chávez nach Todesprognose auf der Flucht
https://www.welt.de//politik/ausland/article13675245/Ex-Arzt-von-Chavez-nach-Todesprognose-auf-der-Flucht.html
Arbeitsmarkt: Warum kaum in Weiterbildung investiert wird
Berufliche Weiterbildung im Betrieb oder auch selbstorganisiert ist seit Jahren auf dem Rückzug, ebenso wie das private Lernen. Arbeitslose und Billiglöhner finden nur selten finanzielle Hilfen.
WELT
Berufliche Weiterbildung im Betrieb oder auch selbstorganisiert ist seit Jahren auf dem Rückzug, ebenso wie das private Lernen. Arbeitslose und Billiglöhner finden nur selten finanzielle Hilfen.
2016-07-04T15:13:31Z
2016-12-18T10:18:20Z
Warum kaum in Weiterbildung investiert wird
https://www.welt.de//wirtschaft/video156810784/Warum-kaum-in-Weiterbildung-investiert-wird.html
Fünf Prozent Rabatt an der Zapfsäule beim Bezahlen mit Kreditkarte
Pünktlich zur Reisezeit haben die Benzinpreise Rekordstände erreicht: 1,09 Euro für den Liter Diesel oder 1,24 Euro für Normalbenzin sind keine Seltenheit. Da trifft das jüngste Angebot der CC-Bank den Nerv der Autofahrer: die SuperCard. Denn beim Bezahlen der Tankstellenrechnung mit dieser Karte wird ein Rabatt von fünf Prozent gewährt - gleich ob im In- oder Ausland. Einzige Voraussetzung: Die Tankstelle muß Mastercard akzeptieren. Der Rabatt wird mit der Kartenabrechnung gutgeschrieben. Das Spritschnäppchen gibt es jedoch nicht unbegrenzt. Der Rabatt ist auf einen Tankstellenumsatz von maximal 2000 Euro im Jahr beschränkt. Insgesamt hat der Kunde demnach ein Sparpotential von 100 Euro jährlich. Den vollen Rabatt schöpfen jedoch nur Autofahrer aus, die mindestens jeweils 20 000 Kilometer zurücklegen. Zudem ist die Karte lediglich kostenfrei, wenn auf dem Kartenkonto ein durchschnittliches Guthaben von 2500 Euro liegt. Wird diese Grenze unterschritten, fallen im Monat zwei Euro Gebühren an. Der Jahresgebühr für die SuperCard liegt also bei 24 Euro - und somit geringfügig höher als für alternative Kreditkarten. Hier beträgt der Jahrespreis meist 20 Euro. Die CC-Bank bietet zur Hauptkarte noch eine Partnerkarte. Hier fällt monatlich eine Gebühr von einem Euro an - sofern nicht ein durchschnittliches Guthaben von 2500 Euro vorliegt. Da jedoch beide Karten auf das gleiche Konto zugreifen, gibt es nicht den doppelten Rabatt, sondern zusammen lediglich maximal 100 Euro innerhalb eines Kartenjahres. Insofern sollte man nachrechnen, ob sich die Partnerkarte in diesem Fall lohnt. Wie jede Kreditkarte geht auch die SuperCard ins Geld, sobald Teilzahlung vereinbart wird. Dann schlägt ein anfänglicher effektiver Jahreszins von 12,98 Prozent zu Buche. Wer zusätzlich eine Restschuldversicherung abgeschlossen hat, muß man weitere 0,709 Prozent an Zinsen auf den Soll-Betrag zahlen. Wer jedoch viel Auto fährt und die Finger von der Restschuldversicherung sowie der Teilzahlung läßt, kann mit der SuperCard Geld sparen. Am meisten gewinnt, wer die Kartengebühr zahlt und die 2500 Euro verzinst anlegt. Wer das Geld etwa auf dem Tagesgeldkonto der CC-Bank parkt, streicht derzeit auf den Betrag immerhin 57,50 Euro Zinsen ein. Und selbst abzüglich der 24 Euro Kartengebühr kann der eifrige Autofahrer immer noch 76 Euro herausschlagen.
bbr
Produkt-Check: CC-Bank SuperCard
Print-welt
2005-07-31T22:00:00Z
2011-11-16T14:14:33Z
Fünf Prozent Rabatt an der Zapfsäule beim Bezahlen mit Kreditkarte
https://www.welt.de//print-welt/article686142/Fuenf-Prozent-Rabatt-an-der-Zapfsaeule-beim-Bezahlen-mit-Kreditkarte.html
Fussball-Bundesliga: Werder Bremen ist der sympathischste Klub
Werder Bremen bleibt der sympathischste Verein der Fußball-Bundesliga. Bei 54 Prozent aller Fußball-Interessierten ist der Klub von der Weser laut einer am Freitag veröffentlichten Studie des Sportrechtevermarkters "Sportfive" (2007 Befragte) wie in den Jahren zuvor am beliebtesten. Dabei spielte keine Rolle, dass die Bremer den DFB-Pokal (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/dfb-pokal/) gewannen, in der Bundesliga aber die schlechteste Saison seit 1999 spielten. Aufsteiger und Herbstmeister 1899 Hoffenheim (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/1899-hoffenheim/) schaffte es mit 53 Prozent der Stimmen auf den zweiten Platz. Die höchsten Sympathiezuwächse im Vergleich zu 2007 verbuchten mit jeweils 13 Prozentpunkten Borussia Dortmund (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/) (48 Prozent) und Bayer 04 (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/bayer-leverkusen/) Leverkusen (38 Prozent). Ähnlich wie Hoffenheim zeigten die Leverkusener offensiven und abwechslungsreichen Fußball in der Hinrunde. Die Dortmunder profitieren auch vom Image ihres neuen Trainers Jürgen Klopp (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/juergen-klopp/) . Laut Studie ist Klopp nach Bundestrainer Joachim Löw (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/joachim-loew/) und dem ehemaligen Bayern-Coach Jürgen Klinsmann (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/juergen-klinsmann/) der beliebteste Trainer Deutschlands. Vereinen wie dem FC Bayern München (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/) oder dem FC Schalke 04 nutzt unabhängig von Leistung und Skandalen ihr klares Profil als Traditionsclub. Ihre Sympathiewerte blieben trotz diverser Krisen stabil. Ein weiterer Sympathiefaktor von Rekordmeister Bayern sind seine Stars. Nach Michael Ballack kamen Philipp Lahm, Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger und Miroslav Klose unter die fünf beliebtesten deutschen Spieler. Mit knapp 19 Millionen Sympathisanten schaffte es der FC St. Pauli als einziger Zweitligist wieder bis in die Top Ten des Rankings. Mit dem Aufstieg in die 2. Liga 2007 hatte der hanseatische Kultverein seine Beliebtheit in der Vorsaison nochmals gesteigert. „Ein sportlicher Erfolg kann Auslöser für steigende Sympathiewerte sein. Um dauerhaft oben zu bleiben, braucht es jedoch mehr“, erklärte Sportfive-Geschäftsführer Philipp Hasenbein. „Zu einem positiven Image tragen vor allem Personen und ein trennscharfes, charakteristisches Vereinsprofil bei.“ Das beweist auch der Langzeittrend der Sympathiewerte zum Beispiel beim 1. FC Nürnberg: Nachdem der Club 2007 den DFB-Pokal gewann, stiegen die Sympathiewerte auf 27 Prozent. Sogar nach dem Abstieg in die 2. Liga finden immer noch ein Viertel aller Fußball-Interessierten den fränkischen Traditionsverein sympathisch.
WELT
Wie bereits im vergangenen Jahr ist der neue Pokalsieger Werder Bremen der sympathischste Klub der Fußball-Bundesliga. In der Studie des Sportrechtevermarkters "Sportfive" gab es aber eine Veränderung auf Platz zwei. Sehen Sie hier die Sympathie-Ranglisten der Ersten und der Zweiten Liga.
Sport
Fußball
2009-06-12T13:25:21Z
2015-10-03T07:56:03Z
Werder Bremen ist der sympathischste Klub
https://www.welt.de//sport/fussball/article3912342/Werder-Bremen-ist-der-sympathischste-Klub.html
Wohnungswirtschaft: Experten erwarten steilen Anstieg der Mietpreise
Zusätzlich zu den gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen müssen sich viele deutsche Haushalte auf höhere Kosten für das Wohnen einstellen. Wie die „Bild“-Zeitung unter Berufung den Immobilienverband Deutschland (IVD) vorab berichtet, drohen im kommenden Jahr die kräftigsten Mieterhöhungen der vergangenen zehn Jahre. Die Experten des Verbands gingen davon aus, dass die Kaltmieten in den deutschen Ballungsräumen im bundesweiten Schnitt um zwei bis drei Prozent steigen werden. Das wäre der höchste Wert seit 1997, schrieb das Blatt. In besseren Wohnlagen sei sogar mit Anstiegen um fünf bis acht Prozent zu rechnen. Begründet werde die Prognose mit dem Rückgang der Neubaugenehmigungen auf den tiefsten Stand der Nachkriegsgeschichte. Dadurch schrumpfe das Angebot. Ein weiterer Grund seien die anstehenden wachsenden Ausgaben der Eigentümer für eine Sanierung des Wohnraums nach den aktuell gültigen Klimaschutzbestimmungen. Auch für Autofahrer wird es teuer Auch Autofahrer leiden nach Einschätzung des ADAC derzeit unter extrem hohen Kosten. Der „Bild“-Zeitung sagte Verbandssprecher Andreas Hölzel: „2008 wird für Autofahrer das teuerste Jahr aller Zeiten. Die Pkw-Kosten lagen schon im ersten Quartal 10,4 Prozent höher als 2005.“ Sie stiegen derzeit fast doppelt so schnell wie die sonstige Lebenshaltung. Nach Einschätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) müssen sich die Autobesitzer auf dauerhaft hohe Benzinpreise (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/benzinpreise/) einstellen. Unter 1,30 Euro pro Liter werde der Preis nicht mehr sinken, sagte DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun. „Die Zeiten günstigen Sprits sind wegen der weltweit hohen Ölnachfrage vorbei.“ Der Chef des Hamburger Energie Informationsdienstes (EID), Heino Elfert, hält den Ölpreis durch Spekulationen an den Märkten derzeit für fast ein Drittel zu hoch. „Realistisch wäre derzeit ein Preis von unter 100 Dollar pro Fass“, sagte er dem Blatt zufolge. Steuerzahlerbund will Mittelschicht entlasten Gegenlenken will nun der Bund der Steuerzahler (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bund-der-steuerzahler/) : Angesichts sprudelnder Steuerquellen hat er ein eigenes Modell für eine spürbare Entlastung der Bürger vorgelegt. Die entstehenden Mindereinnahmen in Höhe von 32 Mrd. Euro jährlich sollten durch Subventionskürzungen, geringere Zahlungen Deutschlands an die EU und andere Einsparungen finanziert werden. Das Bundesfinanzministerium bekräftigte, dass es trotz der überraschend stark gestiegenen Steuereinnahmen derzeit keinen Spielraum für eine Entlastung gebe. Konkret fordert der Steuerzahlerbund (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bund-der-steuerzahler/) eine Anhebung des Grundfreibetrags von derzeit 7664 auf 8000 Euro, um weiterhin die Steuerfreiheit des Existenzminimums zu sichern. Zudem sollten die Steuersätze, die im Anfangsbereich steil ansteigen, abflachen. Weiter will der Steuerzahlerbund die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz von aktuell 52.152 auf 60.000 Euro im Jahr anheben. Zur Begründung führte Verbandspräsident Karl Heinz Däke an, dass heute schon beim 1,3-fachen des Durchschnittseinkommens der Spitzensteuersatz greife. "Im Jahr 1958, als der Progressionstarif eingeführt wurde, lag die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz beim zwanzigfachen Durchschnittseinkommen", sagte er. Um künftig "heimliche Steuererhöhungen durch gesetzgeberisches Nichtstun" zu verhindern, sollte der Lohn- und Einkommensteuertarif künftig "auf Rädern" stehen, forderte Däke. Dazu sollten die Einkommensschwellen, ab der bestimmte Steuersätze zum Tragen kommen, regelmäßig an die Inflationsentwicklung angepasst werden. Bislang rutschen die Steuerzahler auch bei gleichbleibender Kaufkraft stetig in eine immer schärfere Besteuerung. Däke forderte, dass Haushaltskonsolidierung und Steuersenkung nicht länger gegeneinander ausgespielt werden sollten. Es sei "nicht nur beides möglich, sondern auch beides nötig". Vor allem die Mittelschicht, die derzeit über Gebühr belastet sei, würde davon profitieren. Allerdings hält der Steuerzahlerbund die Umsetzung einer umfassenden Steuerreform erst in der nächsten Legislaturperiode für realistisch. Das Steuerkonzept der CSU, das eine Entlastung bereits für 2009 vorsieht, weise aber "in die richtige Richtung", sagte Däke. Das Bundesfinanzministerium warnte hingegen in seinem Monatsbericht vor "teuren Wahlgeschenken" an die Bürger. Staatssekretär Thomas Mirow (SPD) unterstrich, dass Deutschland ansonsten den Weg aus der Schuldenfalle nicht schaffen werde. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich diese Woche erneut gegen rasche Steuersenkungen ausgesprochen. In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres sind die Steuereinnahmen deutlich stärker als erwartet gestiegen. Laut Monatsbericht des Finanzministeriums kassierten Bund und Länder zwischen Januar und April insgesamt rund 157,3 Mrd. Euro Steuern (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/steuer/) , 6,9 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Damit liegt das Steueraufkommen bislang deutlich über der Prognose der Steuerschätzer für das Gesamtjahr. Die Experten sagen ein Plus von 3,8 Prozent voraus. Im April legten vor allem die Lohnsteuereinnahmen mit 8,3 Prozent stark zu. Das Ministerium begründet dies mit der guten Entwicklung am Arbeitsmarkt, der vom anhaltenden Konjunkturaufschwung profitiere. Wie sich die wirtschaftliche Lage in den kommenden Monaten auswirke, ist nach Mirows Worten derzeit allerdings schwer einzuschätzen.
WELT
Neue Schockmeldungen für die deutschen Verbraucher: Experten erwarten im kommenden Jahr Mieterhöhen von bis zu acht Prozent – der höchste Wert seit 1997. Gleichzeitig rechnet der ADAC vor, dass 2008 für Autofahrer das teuerste Jahr aller Zeiten ist. Der Steuerzahlerbund fordert nun, dass die Mittelschicht entlastet wird.
Finanzen
2008-05-23T05:06:37Z
2012-03-09T10:56:24Z
Experten erwarten steilen Anstieg der Mietpreise
https://www.welt.de//finanzen/article2025229/Experten-erwarten-steilen-Anstieg-der-Mietpreise.html
Weltkonjunktur bremst: Hamburger Hafen befindet sich nur in einem Zwischenhoch
Die unruhige Weltlage und eine schwächere Konjunktur könnten den aktuellen Aufschwung des Hamburger Hafens (verlinkt auf /regionales/hamburg/article198611487/Hamburger-Hafen-Neue-Linien-nach-Nordamerika.html) schnell wieder zunichtemachen. „Wir können froh sein, wenn wir den Umschlag dieses Jahres wieder erreichen“, sagte Gunther Bonz, der Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hamburg-staedtereise/) (UVHH), in seinem Ausblick auf 2020 am Dienstag in der Hansestadt. Die Präsidentschaftswahlen in den USA und damit eine mögliche Verschärfung der Außenhandelspolitik, der Brexit und die Russland-Sanktionen führten zu einer unsicheren Situation. Vor allem aber wachse die Weltwirtschaft und damit auch der Welthandel nicht mehr im gleichen Tempo wie bisher, sodass schon aus konjunkturellen Gründen weiteres Wachstum schwierig zu erreichen sei. Vollauf zufrieden zeigte sich Bonz dagegen mit dem laufenden Jahr. Erstmals seit fünf Jahren erwartet der Hafen wieder einen Containerumschlag von mehr als neun Millionen Standardcontainern (TEU) sowie ein Wachstum des Gesamtumschlags von gut 3,5 Prozent auf rund 140 Millionen Tonnen. „Der Beginn der Elbvertiefung (verlinkt auf /themen/elbvertiefung/) hat bei den Kunden des Hafens wie ein befreiendes Signal gewirkt“, sagte der Verbandspräsident. „Dazu haben wir auch ein bisschen Glück gehabt.“ Große Reederallianzen verlegten Container-Liniendienste aus anderen Häfen nach Hamburg. Die Hafenwirtschaft sieht im Wettbewerb mit den Häfen Rotterdam und Antwerpen einigen Nachholbedarf auf staatlicher Seite, um Nachteile für den Standort Hamburg zu beseitigen. Das betrifft wesentlich die Verkehrsinfrastruktur mit den Projekten einer neuen Querung des Köhlbrands sowie der Hafenverbindung zwischen den Autobahnen A1 und A7, die mittlerweile den Projektnamen „A26 Ost“ trägt. Damit erhielte Hamburg einen seit Jahrzehnten geplanten Autobahnring im Süden, der den Transport der Container von und zu den Terminals wesentlich verbessern könnte. Doch für die rund zwei Milliarden Euro teure Köhlbrandquerung stehen weder die Planung noch die Finanzierung. Hamburg allein kann den notwendigen Ersatz für die Köhlbrandbrücke nicht bezahlen, Zusagen vom Bund stehen noch aus. Und auch das Projekt „A26 Ost“ wackelt, seitdem die Partei der Grünen sich nicht mehr eindeutig dazu bekennt. Bonz kritisierte Umweltsenator Jens Kerstan, der im Gegensatz zu früheren grünen Senatoren nicht mehr zu dem Projekt stehe. „Das ist nicht gut für die Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit der Politik des Hamburger Senats.“ Daneben sieht sich der Hafen benachteiligt bei der Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer, die für Importwaren über deutsche Häfen sehr viel früher erhoben werde als in Rotterdam (verlinkt auf /regionales/hamburg/article184196338/Innovationskraft-der-Haefen-In-Hamburg-wird-debattiert-in-Rotterdam-gehandelt.html) und Antwerpen. Die Lösung dieses Problems sei zwar zugesagt, ziehe sich aber hin. Ebenso sei es nicht akzeptabel, dass einige Umschlagterminals in den anderen Häfen Steuerprivilegien in Anspruch nehmen könnten, weil sie zu Reedereien gehören. Bonz verwies darauf, dass der Hamburger Hafen mit seinem hohen Eisenbahnanteil und vielen Anstrengungen zu Energie- und CO 2 -Einsparungen zu den umweltfreundlichsten Häfen in Europa gehöre. Im nächsten Jahr werden die ersten großen Containerschiffe den Hafen anlaufen, die mit flüssigem Erdgas (LNG) fahren. Sie werden allerdings in Hamburg nicht tanken, weil es dafür noch keine Infrastruktur gibt.
Eckart Gienke
Nach Jahren der Stagnation geht es im Hamburger Hafen wieder aufwärts. Doch schon für 2020 ist die Hafenwirtschaft wieder skeptisch. Der Weltwirtschaft fehlt Dynamik – und die Infrastruktur weist Mängel auf.
Regionales
Hamburg
2019-10-29T15:54:47Z
2019-10-29T15:54:47Z
Hamburger Hafen befindet sich nur in einem Zwischenhoch
https://www.welt.de//202660686
Kleinwagen: China baut Smart-Kopie für 5800 Euro
Kurz nach dem Verkaufsstart des neuen Smart Fortwo in Amerika muss sich Daimler schon mit fünf Importeuren herumschlagen, die chinesische Kopien des City-Flitzers in die Staaten einführen. Wie die Zeitschrift "Auto Bild" in ihrer am Freitag erscheinenden Ausgabe berichtet, bieten die Chinesen mit dem Jinan Flybo XFD-6000ZK sogar ein elektrobetriebenes Modell an. Der Zwerg sieht dem Smart nicht nur zum Verwechseln ähnlich, sondern ist auch noch unschlagbar günstig: Bei Ebay wechselte der Wagen seinen Besitzer für Summen zwischen 5.800 und 6.500 Euro. Wer will, kann sich die dreiste Kopie für 1.100 Dollar (765 Euro) auch nach Deutschland liefern lassen. Der Preis für einen Smart Fortwo mit einfacher Ausstattung beginnt bei 9490 Euro. „Im Februar startet in den USA der Verkauf über Händler“, erklärt Ben Greene, Chef von Environlive, einem der Importeure. Der maximal 55 km/h schnelle Stromer kommt mit einer Akkuladung 130 Kilometer weit und ist äußerlich identisch mit dem Huoyun HY B-22 des Modelljahres 2006 – dem ersten bekannt gewordenen Smart-Nachbau. An den Kopien sind zum Teil renommierte Unternehmen beteiligt: Jinan gehört beispielsweise zu Shandong Pioneer Motorcycle Co. Ltd. – einem Unternehmen der Qingqi Gruppe. Dieser Konzern gehört zu Chinas bedeutendsten und ältesten Motorradherstellern und kooperierte bereits in den 1980ern mit Suzuki.
WELT
Der Smart wird seit kurzem in Amerika angeboten und findet reißenden Absatz. Wohl ein guter Grund für einen chinesischen Automobilhersteller, eine Kopie des Kleinstwagens zu produzieren. Der Wagen fährt mit Batterien, wurde bei Ebay angeboten und könnte dem Smart gefährlich werden.
Motor
2007-01-02T09:06:08Z
2015-09-01T10:19:13Z
China baut Smart-Kopie für 5800 Euro
https://www.welt.de//motor/article1477766/China-baut-Smart-Kopie-fuer-5800-Euro.html
Bundesdruckerei muss ihr China-Passgeschäft aufgeben
Seit Donald Trump in den Vereinigten Staaten von Amerika die Geschäfte führt, ist das internationale Kräfteverhältnis in Bewegung geraten – eine der Folgen ist, dass etwa im chinesisch-deutschen Verhältnis die enge Zusammenarbeit derzeit umso mehr zelebriert wird. Beim Berlin-Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping vor einigen Wochen beispielsweise mimten dieser und Bundeskanzlerin Angela Merkel große Einigkeit: Die Visite ihres Kollegen aus Fernost, gab Merkel zu Protokoll, sei eine gute Gelegenheit, die Beziehungen zwischen beiden Staaten „zu erweitern und zu verbreitern“. Dass das Bekenntnis zur Harmonie und zur großen gemeinsamen Zukunft bisweilen nur schöner Schein ist und mit der Realität wenig zu tun hat, bekommt dieser Tage ein Unternehmen zu spüren, das nur vier Kilometer vom Kanzleramt entfernt residiert. 16 Jahre lang hatte die staatliche Bundesdruckerei (verlinkt auf /wirtschaft/article160428472/Wenn-der-Koerpergeruch-den-Ausweis-ersetzt.html) in einem deutsch-chinesischen Gemeinschaftsunternehmen Pässe und Ausweisdokumente für die Bevölkerung der Volksrepublik (verlinkt auf /finanzen/article166720469/Diese-Indizien-sprechen-fuer-einen-jahrelangen-China-Boom.html) hergestellt, pro Jahr wurden Millionen von Pässen produziert, für den chinesischen Landarbeiter ebenso wie für den Diplomaten: Das deutsche Staatsunternehmen gilt seit jeher als Garant für Fälschungssicherheit sensibler Dokumente, und so wurde die Zusammenarbeit ehedem auch als Vorzeigeprojekt gefeiert – Zeichen eines neu entstehenden Vertrauensverhältnisses zwischen Berlin und Peking. Ausländer sind in dem Geschäft nicht mehr erwünscht Nach Informationen der WELT AM SONNTAG ist es damit nun vorbei. Bereits im März trennte sich die Bundesdruckerei von ihrem 25-Prozent-Anteil an dem chinesischen Pass-Monopolisten. Zwar wäre der Gesellschaftsvertrag mit dem in China angesiedelten Unternehmen Shanghai Mite Speciality & Precision Printing Co. Ltd. nach Angaben des deutschen Partners ohnehin im Mai 2017 ausgelaufen. Eine Breitseite der Chinesen sorgt aber dafür, dass es keinerlei Hoffnung auf ein Fortführen des mutmaßlich lukrativen Auftrags gibt. Aufgrund geänderter Rechtsvorschriften in China, heißt es bei der Bundesdruckerei zur Erklärung, dürften „Betriebe unter Beteiligung oder Verwaltung von ausländischen Anteilseignern mittlerweile nicht mehr mit der Herstellung von sicherheitsrelevanten Erzeugnissen betraut werden“. Wenn es um die Herstellung sensibler Dokumente geht, heißt das, sind ausländische Partner von nun an raus. Die Aktion ist nur der jüngste Beweis dafür, dass das Misstrauen zwischen Chinesen und Deutschen größer ist, als es die bei Zusammentreffen zelebrierte Einigkeit der Staatschefs glauben macht. Auch hierzulande gibt es spürbare Abschottungstendenzen: Angesichts der Invasion chinesischer Investoren, die zuletzt reihenweise deutsche Hightech-Unternehmen aufkauften, etwa den Roboterhersteller Kuka, setzte man auf deutscher Seite jüngst an zur Gegenwehr. Deutschland wird im Gegenzug ebenfalls vorsichtiger Der chinesische Präsident war nach seinem Besuch gerade erst aus Berlin abgereist, da verabschiedete das Bundeskabinett eine Verordnung, die der Regierung neue Vetorechte beim Verkauf deutscher Firmen an nicht-europäische Unternehmen einräumt. Adressat dieser Aktion war, auch wenn das kein Verantwortungsträger so ausdrücklich sagen würde: China. Das vorzeitige Ende der Beziehungen zwischen der Bundesdruckerei und dem chinesischen Partner zeigt jedoch auch, in welch sensiblen Geschäftsbereichen (verlinkt auf /wirtschaft/article162332510/Die-raffinierten-Sicherheitsmerkmale-im-neuen-Reisepass.html) das deutsche Staatsunternehmen agiert: Das internationale Passgeschäft ist ein lukrativer, allerdings auch extrem schwieriger Markt, bei dem die beteiligten Firmen nicht zuletzt immer auch ein Imagerisiko eingehen. 70 Firmen sind weltweit im Passgeschäft tätig, und je nach politischer Lage in den beteiligten Ländern drohen die Unternehmen in Verruf zu geraten, dass sie mit den falschen Leuten Geschäfte machen. Die Bundesdruckerei etwa wurde 2013 von der Übergangsregierung Libyens mit einem Passprojekt beauftragt. Ein anderer Branchenriese, das Münchener Unternehmen Giesecke & Devrient, erhielt 2013 vom Irak den Auftrag, Reisepässe des Landes für die nächsten Jahre zu liefern. Der Irak beauftragte die Firma im selben Jahr außerdem mit der Herstellung elektronischer Personalausweise. Das Assad-Regime in Syrien indes wird angeblich von einem französischen Konzern mit Dokumenten versorgt. Das Geschäft gilt als sehr lukrativ Wie viel Umsatz diese heiklen Aufträge einbringen, bleibt meist ein Geheimnis. Lukrativ ist das Auslandsgeschäft aber in jedem Fall. Für die Bundesdruckerei, die im vergangenen Jahr einen Umsatz von 457 Millionen Euro erwirtschaftete, war das China-Engagement die größte und ertragreichste Auslandsbeteiligung. 2015 machte das Gemeinschaftsunternehmen knapp 60 Millionen Umsatz – eine willkommene Einnahmequelle, auf die die Berliner von nun an verzichten müssen, auch wenn sie nur mit 25 Prozent beteiligt waren. Der Passmarkt ist wie das Gelddrucken ein Spezialistengeschäft, das die Staaten weltweit nur ungern gänzlich an private Anbieter auslagern. Zwar unternahm man hierzulande im Jahr 2000 den Versuch, die Bundesdruckerei zu privatisieren. Die Episode währte jedoch nur sieben Jahre lang, dann wurde das Unternehmen wieder verstaatlicht. Beim Monopolanbieter von Personalausweisen und Reisepässen in Deutschland, Gelddrucker und Sicherheitstechnikanbieter sollte eben dann doch kein Privater mitreden dürfen. China geht als Gewinner hervor Je nach Regierung und Größe eines Landes werden die Ausweisdokumente qua Auftrag von einem Dienstleister gefertigt, oder es wird selbst gedruckt, wie etwa in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien oder der Türkei. Einige Länder kaufen auch nur die Mikrochips oder das Sicherheitspapier. Andere vergeben Komplettaufträge, etwa Kleinstaaten wie Monaco oder Liechtenstein. Bisweilen geht es um Millionen Datensätze mit persönlichen Angaben, Fotos und immer mehr auch biometrischen Daten wie Fingerabdrücken. Um ihr Auslandsgeschäft mit Pässen auszubauen, bündelte die Bundesdruckerei vor zwei Jahren ihr internationales Geschäft mit dem von Giesecke & Devrient in der neuen Firma Veridos. Das Bündnis stößt allerdings auf mächtige Konkurrenz, wie den französischen Hersteller Morpho oder die niederländische Gemalto-Gruppe, an der auch die BMW-Großaktionäre Quandt-Klatten beteiligt sind. Künftig könnte nun auch China mitmischen. Dank der Zusammenarbeit mit der Bundesdruckerei hat die Volksrepublik wichtige Lehrjahre im Ausweisemarkt hinter sich. Inzwischen stehen in Shanghai modernste Druckanlagen für Pässe und Banknoten.
Gerhard Hegmann
Die Bundesdruckerei muss ihr China-Geschäft aufgeben. Peking übernimmt den lukrativen Druck von Pässen jetzt selbst. Hinter dem Ende der Beziehungen stecken jedoch viel tiefgreifendere Differenzen.
Wirtschaft
2017-07-31T13:07:32Z
2017-07-31T14:29:14Z
Dieses Geschäft offenbart Chinas Misstrauen gegen Deutschland
https://www.welt.de//wirtschaft/article167218941/Dieses-Geschaeft-offenbart-Chinas-Misstrauen-gegen-Deutschland.html
Arbeitskampf: So lässt Ryanair den Warnstreik einfach verpuffen
Es ist der erste Streik in der Geschichte von Ryanair, aber er hat den Flugbetrieb des irischen Billigfliegers in Deutschland kaum beeinträchtigt. An den deutschen Flughäfen kam es lediglich zu Verspätungen.
WELT
Es ist der erste Streik in der Geschichte von Ryanair, aber er hat den Flugbetrieb des irischen Billigfliegers in Deutschland kaum beeinträchtigt. An den deutschen Flughäfen kam es lediglich zu Verspätungen.
2017-12-22T08:23:00Z
2022-05-12T19:56:39Z
So lässt Ryanair den Warnstreik einfach verpuffen
https://www.welt.de//wirtschaft/video171837037/Arbeitskampf-So-laesst-Ryanair-den-Warnstreik-einfach-verpuffen.html
Madrid 1808: „Französisches Blut ist geflossen. Es verlangt Rache“
Das berühmte Gemälde „Die Familie Karls IV. von Spanien“, das Francisco de Goya 1800/1801 (verlinkt auf https://www.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article147441977/Wozu-Schleimen-Der-Koenig-ist-halt-ein-Unsympath.html) malte, hat seit jeher Anlass zu Spekulationen gegeben. Ein Beobachter fand, dass König und Königin „wie ein Bäcker und seine Gemahlin nach einem Lotteriegewinn“ aussähen, was man als kritische Stellungnahme des Künstlers verstand. Andere ergingen sich in Porträtstudien der Kinder, in denen sie Belege für das Gerücht zu erkennen meinten, nicht Karl, sondern Manuel de Godoy sei in Wahrheit ihr leiblicher Vater. Schließlich verlieh das Wissen um die Intrige, in der sich die Familie wenige Jahre später zerfleischen sollte, dem Bild eine Aura boshafter Erwartung. Die drehte sich vor allem um den jungen Mann links im Vordergrund: Infant Ferdinand, den der frühe Tod seiner vier älteren Brüder zum Thronfolger gemacht hatte. Er war nicht unbedingt intelligenter als sein biederer Vater, aber wesentlich beliebter. Denn die allgemeine Misswirtschaft, Korruption und feudale Ausbeutung wurden Karl angelastet. Weniger weil er sie förderte, sondern weil er den vermeintlich Verantwortlichen für Spaniens Niedergang im Amt beließ. Der hieß Manuel de Godoy, war der Erste Minister und zugleich Liebhaber der Königin, die sich umso mehr in die Regierungsgeschäfte einmischte, als ihr Mann seinem Hobby, der Jagd, frönte. Die spanischen Bourbonen waren längst nicht mehr Herren im eigenen Land. Dann hatte sich Karl 1807 auch noch dem Druck Napoleons I. beugen müssen und dessen Armee den Durchmarsch nach Portugal ermöglicht (verlinkt auf https://www.welt.de/geschichte/article199029635/Napoleon-Bonaparte-Diese-Innovation-war-der-Anfang-von-seinem-Ende.html) . Godoy hatte das Geschäft eingefädelt und war dafür reich belohnt worden. Seitdem war Portugal in das System der Kontinentalsperre gegen England eingebunden. Vor allem aber: Truppen sicherten die Verbindungswege durch Spanien nach Frankreich. Die Furcht ging um, dass Godoy nun alle Macht zufallen würde. Daraufhin drängte Kronprinz Ferdinand seinen Vater, ihm weitreichende Vollmachten sowie den Oberbefehl über die Hauptstadt Madrid zu übertragen. Godoy, unterstützt von der Königin, konnte den König jedoch bewegen, vom Thronfolger eine Erklärung zu verlangen, in der dieser – beschränkt wie er war – seine Unterwerfung akzeptierte. Der französische Marschall Joachim Murat (verlinkt auf https://www.welt.de/geschichte/article120881166/Sinnlos-opfert-Napoleons-Marschall-seine-Reserven.html) , Napoleons Schwager und formal bereits Großherzog von Berg, sah nun seinerseits seine Chance, sich durch zupackendes Handeln die Krone Spaniens zu verdienen. Er zog Truppen zusammen und marschierte auf Madrid. Daraufhin bereitete Karl seine Flucht in sein amerikanisches Kolonialreich vor. Das aber führte zu Unruhen, während derer die Machtergreifung Ferdinands gefordert wurde. Von Angst gepeinigt, unterschrieb der König am 19. März 1808 in Aranjuez seine Abdankung, widerrief sie aber kurz darauf. Beide Bourbonen gingen Murat um Unterstützung an, der das Problem gern an Napoleon weiterreichte. Der hatte andere Pläne: In Bayonne zwang er Karl dazu, endgültig auf die Krone zu verzichten, sie aber nicht Ferdinand, sondern ihm, dem Kaiser der Franzosen, anzutragen (verlinkt auf https://www.welt.de/geschichte/article198507807/Grande-Armee-Wie-es-Napoleon-gelang-fast-ganz-Europa-zu-unterwerfen.html) . Dafür erhielt er Schlösser samt fürstlicher Pension. Zähneknirschend folgten Ferdinand und sein jüngerer Bruder Don Carlos dem Beispiel seines Vaters. Um sicherzugehen, gab Napoleon Befehl, auch den jüngsten Bruder Francisco (1794–1865), der noch in Madrid weilte, nach Bayonne zu bringen. Als französische Soldaten am 2. Mai in den Palast stürmten und sich der Infant in seiner Not auf dem Balkon zeigte, ertönte der Ruf „¡Que nos lo llevan!“ (Sie nehmen ihn uns weg!). Der Aufstand begann. Als Murat die Ordnung mit Waffengewalt wiederherstellen wollte, kam es zu Straßenschlachten. Mit Messern, Werkzeugen und Steinen gingen aufgebrachte Madrilenen gegen die Franzosen vor, während die regulären spanischen Truppen in ihren Kasernen blieben. Umgehend zog Murat Verstärkungen heran und gab den Befehl aus: „Der irregeführte Pöbel von Madrid hat sich hinreißen lassen zu Revolte und Mord. Französisches Blut ist geflossen. Es verlangt Rache.“ Hunderte starben bei den Kämpfen, Dutzende Aufständische noch in der Nacht vor dem Erschießungspeloton. In zwei großen Gemälden hat Goya den „Dos de Mayo“, seinen Beginn und seine blutige Niederschlagung, in Szene gesetzt. Zwar hatte Murat die Lage nach wenigen Stunden wieder unter Kontrolle. Aber der erhoffte Lohn blieb ihm verwehrt. Nicht er sollte die Krone Spaniens erhalten, sondern Napoleons Bruder Joseph Bonaparte. Der saß bereits auf dem Thron von Neapel, den er nun immerhin an Murat weiterreichte. Doch Joseph wurde mit der Beförderung nicht glücklich. „Man hat Eurer Majestät nicht die Wahrheit gesagt“, schrieb er konsterniert nach seinem Einzug in Madrid an seinen Bruder. „Es gibt keinen einzigen Spanier, der offen für mich Partei ergreift.“ Ein glatter Euphemismus. Die erhofften Gewinne waren eine Chimäre, und inzwischen befand sich das ganze Land im Aufstand, der zum Vorbild des modernen Guerillakrieges wurde. Gefangenen Franzosen wurden „die Köpfe mit Hacken zertrümmert“, Lazarett-Insassen „bei lebendigem Leib in Kessel mit kochendem Öl geworfen“, wie ein entsetzter Franzose notierte. Auf der anderen Seite vergewaltigten die Besatzer „Frauen, Jungfrauen und Nonnen“. Damit nicht genug: „Aus den Kirchen wurden geweihte Gegenstände gestohlen“, berichtete ein Soldat, „einige Offiziere und sogar Generäle besudelten sich und prägten auf ihre Stirn das Zeichen der Schande.“ Bis 1814 kostete der Guerillakrieg wohl 200.000 bis 300.000 Franzosen das Leben – und mehr als doppelt so viele Spanier. Nach den schweren Niederlagen 1813 trat Napoleon in Verhandlungen mit Ferdinand ein, die in den Vertrag von Valençay mündeten. Als Ferdinand VII. gelangte der ehemalige Kronprinz erneut auf den spanischen Thron. Nach seiner Rückkehr kassierte er die – liberale – Verfassung und errichtete ein reaktionäres Regime, das selbst im Europa der Restauration seinesgleichen suchte. Sie finden „Weltgeschichte“ auch auf Facebook. Wir freuen uns über ein Like. (verlinkt auf https://www.facebook.com/weltgeschichte/)
Berthold Seewald
Während sich Karl IV. von Spanien und sein Sohn Ferdinand um die Krone stritten, besetzten französische Truppen 1808 Madrid. Als Napoleon beide zur Abdankung zwang, kam es am 2. Mai zum Volksaufstand, der in einen Guerillakrieg überging.
Geschichte
2022-05-02T06:06:42Z
2022-05-02T06:06:42Z
„Französisches Blut ist geflossen. Es verlangt Rache“
https://www.welt.de//geschichte/article238495315/Madrid-1808-Franzoesisches-Blut-ist-geflossen-Es-verlangt-Rache.html
Friedhofssatzung: Grab darf auch mit Tomaten bepflanzt werden
Auch Tomaten dürfen auf einem Grab (verlinkt auf www.welt.de/themen/friedhoefe) wachsen. Die oberbayerische Stadt Neuburg an der Donau hat nichts dagegen, dass eine Frau das Grab ihrer Großeltern mit dem Gemüse bepflanzt. Allerdings müssten die Sträucher die Würde der Grabstelle und des gesamten Friedhofes wahren, wie Rathaussprecher Bernhard Mahler am Dienstag sagte. Zuvor hatte die „ Passauer Neue Presse (verlinkt auf http://www.pnp.de/nachrichten/bayern/2529615_Diskussionen-um-Tomaten-Grab-Stadt-Neuburg-erlaubt-Bepflanzung.html) “ über den Stadtratsbeschluss berichtet. Die Frau hatte vorigen Spätsommer die Tomatenpflanzen in Erinnerung an die gemeinsame Zeit mit ihren Großeltern im Garten gepflanzt. Einer CSU-Stadträtin missfiel dies jedoch. „Der Nächste baut Radieschen an“ „Ein Friedhof ist doch kein Schrebergarten“, schimpfte sie. „Der Nächste baut dann Radieschen an.“ Es gab eine bundesweit (verlinkt auf /regionales/bayern/article158000733/Streit-um-Tomatenpflanzen-auf-Grab.html) beachtete Diskussion über den ungewöhnlichen Grabschmuck (verlinkt auf http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayVwV96863-22?AspxAutoDetectCookieSupport=1) , der jetzt für die Enkelin der Tomatenliebhaber glücklich endete. Obst- und Gemüsepflanzen auf einem Grab sind in Neuburg an der Donau laut Friedhofssatzung erlaubt. Allerdings: „Ein Übergreifen der Gemüsepflanzen auf andere Gräber ist nicht akzeptabel“, so Mahler. Vor einigen Jahren sorgte der letzte Wunsch des kleinen Fußball-Fans (verlinkt auf /www.welt.de/regionales/duesseldorf/article111016042/Kirche-erlaubt-BVB-Grabstein-aber-ohne-Fussball.html) Jens Pascal ebenfalls für Aufregung. Der krebskranke Junge aus Dortmund (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/dortmund/) hatte sich kurz vor seinem Tod einen Grabstein mit Fußball und Borussia-Dortmund-Emblem gewünscht. Die Kirche stellte sich erst quer. Doch nach monatelangem Ringen kam ein Kompromiss zustande: Ein Ball mit BVB-Symbolen durfte auf dem Boden montiert werden.
WELT
„Ein Friedhof ist kein Schrebergarten“: Um die Gestaltung eines Grabes mit Tomaten war in Neuburg an der Donau ein Streit entbrannt. Nun hat der Stadtrat entschieden: Obst und Gemüse dürfen angepflanzt werden.
Regionales
Bayern
2017-05-30T13:21:03Z
2017-05-30T13:31:54Z
Grab darf auch mit Tomaten bepflanzt werden
https://www.welt.de//regionales/bayern/article165079516/Grab-darf-auch-mit-Tomaten-bepflanzt-werden.html
Asset Manager rechnen mit Marktkorrektur
Die Börse ist derzeit sprunghaft. Das dokumentiert sich in der vergangenen Woche nicht nur an den hohen positiven und negativen Ausschlägen der deutschen Indizes wie Dax und Nemax, sondern auch im realen Handeln der von firstfive beobachteten Vermögensverwaltern. Während die Kauflaune der Asset Manager in den vergangenen Wochen sukzessive aber moderat anstieg, überwiegen in dieser Woche plötzlich wieder deutlich die Verkaufsaktivitäten. Es scheint, als ob einzelne Vermögensmanager ein Ende der fulminanten Aufwärtsbewegung der vergangenen Wochen vermuten und ihre mühsam erarbeitete Ernte vor Jahresende noch schnell in die Scheune fahren wollen. Auch nach dem 11. September getätigte offensichtlich spekulative Käufe wie etwa die Aktie des Flughafenbetreibers Fraport wurden mit recht ansehnlichen Gewinnen glattgestellt. So sind die fünf besten Vermögensverwalter ausschließlich auf der Verkaufsseite zu finden. Alarmierend dabei ist, dass auch Positionen in Schwergewichten wie Allianz oder Commerzbank deutlich reduziert werden. So führen diese Titel in dieser Woche folgerichtig das Ranking der Top-Verkäufe an. Das kann als klares Signal dafür gewertet werden, dass die Profis zumindest kurzfristig mit einer Korrektur der Märkte rechnen. Wenn überhaupt gekauft wurde, dann deutlich spekulativer als in den vergangenen Wochen. So finden sich mit Aktien wie Amgen, Medimmune, Infosys, Genentech gleich vier - eher spekulative - Investments bei den Käufen wieder. Außerdem stand auf den Orderlisten am häufigsten die Aktie des Energieriesen Eon. Ernüchterndes Fazit: Nach dem Motto "Zu viel Euphorie macht blind" neigen die führenden Vermögensverwalter im Firstfive-Ranking zur Vorsicht und bauen ihre Positionen auch bei Standardtiteln ab. Gleichzeitig steigt der Mut zum Risiko. Steffen Pauls, Vorstandssprecher der firstfive Deutschland AG, schreibt diese Kolumne exklusiv für WELT am SONNTAG
WELT
Starke Verkäufe sind als Signal für einen drehenden Markttrend zu sehen
Print-wams
2001-12-08T23:00:00Z
2011-11-16T12:43:00Z
Asset Manager rechnen mit Marktkorrektur
https://www.welt.de//print-wams/article617877/Asset-Manager-rechnen-mit-Marktkorrektur.html
CO2-Grenzwerte: Audi, BMW und Daimler von EU-Regeln benachteiligt
Als die europäischen Autohersteller Mitte Juni ihre politische Linie zur Neufassung der europäischen Normen zum Schadstoffausstoß besprachen, war Fiat nicht dabei, „vielleicht schon in der Ahnung einer Niederlage“, wie ein Teilnehmer sagt. Dabei hätte Fiat-Chef Sergio Marchionne gute Gründe gehabt, an der Sitzung teilzunehmen: Einerseits ist er Präsident des europäischen Branchenverbandes Acea, andererseits spielt sein Konzern eine Sonderrolle im Streit um die EU-Klimaziele. Die zuständige Kommissarin Connie Hedegaard will die Grenzwerte für den Ausstoß von Kohlendioxid verschärfen – und vor allem die Methode ihrer Berechnung. Der Entwurf, der der „Welt am Sonntag“ vorliegt, enthält einen neuen Schlüssel zur Berücksichtigung des Gewichts der Autos. Nun kämpft die Branche dagegen, dass die Hersteller schwerer Wagen überproportional mehr CO 2 einsparen müssen als die leichter Kleinwagen, wie die Italiener sie bauen. Die Branche wehrt sich gegen den Plan – mit Ausnahme von Fiat. Fiat einziger Profiteur der geplanten Regelung In der Acea-Arbeitsgruppe im Juni sei „unisono ein Unverständnis“ über den neuen Berechnungsschlüssel geäußert worden, heißt es. Die Einigung fiel nicht allzu schwer. Weder Ford noch die beiden französischen Hersteller hätten widersprochen – diejenigen, die der Fiat-Chef auf seiner Seite wähnte. Ihre Weigerung, sich für Marchionne ins Zeug zu legen ist leicht zu verstehen: Die Zahlen der Kommission zeigen, dass Fiat als einziger Hersteller einen erheblichen Vorteil davon hätte, wenn die Verordnung so scharf wird wie der Entwurf. Audi, BMW und Daimler benachteiligt Denn Fiat müsste mit seiner Flotte bis 2020 drei Gramm CO 2 weniger einsparen als nach dem bisher geltenden Wert. Für BMW (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bmw/) , Daimler (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/daimler/) und Audi (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/audi/) hingegen wären es jeweils 1,5 bis 2,5 Gramm mehr. Bei den meisten anderen Herstellern ändern sich die Zielwerte ihrer Neuwagenflotten nur um ein halbes oder höchstens ein Gramm, bei Honda, Hyundai (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hyundai-neuheiten-fahrberichte-tests/) und PSA bleiben sie sogar gleich. Die neuen Werte ergeben sich aus einem komplizierten Berechnungsverfahren, das eine Gleichung mit dem Faktor „a“ enthält – um den es bei dem Streit geht. Dieser Faktor entscheidet, wie weit der CO 2 -Ausstoß schwerer Wagen vom Zielwert 95 Gramm für das Durchschnittsmodell abweichen darf. In der bislang geltenden Verordnung, die bis 2015 die Reduktion des durchschnittlichen CO 2 -Ausstoßes der Neuwagenflotten auf 130 Gramm verlangt, stand für a die Zahl 0,045. Deutsche Hersteller immer noch nicht zufrieden Nach dem Hedegaard-Plan, den die Mitarbeiter der Kommissarin am Donnerstag in die Abstimmung mit den beteiligten Ressorts gaben – darunter die von Günther Oettinger (Energie), Antonio Tajani (Industrie) und Siim Kallas (Verkehr) –, soll der Wert nun auf 0,0333 sinken. Als Basis der verlangten Einsparungen bis 2020 soll nicht mehr das Jahr 2009, sondern das Jahr 2006 dienen. Mit dem a-Wert kommt Hedegaard den deutschen Herstellern bereits entgegen, im vorherigen Entwurf lag er noch niedriger. Zufrieden sind sie aber nicht, bleiben die Ungleichgewichte doch bestehen. Ob die Kommissare den Vorschlag kommende Woche endlich diskutieren, entscheidet die Runde ihrer Kabinettchefs am Montag.
Florian Eder
Europas Autobauer müssen sich bald an strengere Kohlendioxid-Grenzwerte halten. Über Details wird noch gestritten – zumal deutsche Hersteller von den Änderungen am härtesten betroffen sind.
Wirtschaft
2012-07-07T10:32:41Z
2012-10-16T23:06:00Z
Audi, BMW und Daimler von EU-Regeln benachteiligt
https://www.welt.de//wirtschaft/article108095241/Audi-BMW-und-Daimler-von-EU-Regeln-benachteiligt.html
„Kofelgschroa“ : Doku über Volksmusik aus Oberammergau
Als sich Matthias Meichelböck, Martin und Michael von Mücke und Maxi Pongratz 2007 zusammentaten, um zunächst traditionelle Volksmusik zu spielen, da nannten sie sich noch „Kofelmusik“, nach dem Oberammergauer Hausberg, dem Kofel. Ihre Lieder wurden immer eigenständiger, seltsamer, prachtvoller, und so kam das „Gschroa“ dazu, das „Geschrei“. Es ist eine trotzige Ansage. „Kofelgschroa. Frei. Sein. Wollen“ ist einer der zartesten und kraftvollsten Dokumentarfilme dieses Jahres. Statt erzählerischer Überfrachtung setzt die erfahrene BR-„Lebenslinien“-Regisseurin Barbara Weber visuell und akustisch auf Rhythmisierung und Atemholen; und ihr Atem war lang, als sie, anfangs ohne Budget, die vier Jungs auf deren künstlerischem Lebensweg sechs Jahre lang begleitete. Schweigen, Atem holen, Ziegen hüten Das Schweigen und das Atemholen brauchen ja die Zeit. Das Ziegenhüten braucht sie auch. Das allmähliche Verfertigen von Gedanken, Schnitzereien und Eisenbeschlägen sowieso. Solche Tätigkeiten, denen die vier Musiker nebenher oder auch hauptsächlich nachgehen, sind hier vor allem Räume: weite, ausgedehnte, stille Gegenden. Aus denen steigen sie dann auf, die Lieder: von Tuba, Horn, Gitarre und Akkordeon begleitete Gesänge, die ganz simpel dastehen können wie ein Baum, melancholisch nachzittern wie ein Wetterleuchten oder die einen plötzlich anwehen wie eine lustige Windböe. Buddhistisch plätschern Songs vorbei Manche Stücke plätschern so gleichförmig und pointenlos vor sich hin, dass einem ganz buddhistisch zumute wird: „Die Wäsche trocknet in der Sonne, die Wäsche trocknet auch am Wind, die Wäsche trocknet auch am Li-hicht, wie schön ist das eigentlich?“ So schön wie die vielen akustischen Feinst-Aromen, die das Bayerische in seiner ungeheuren Vokal-Vielfalt und seiner Liebe zur sanft erotisierenden Synkope auszeichnet, als wäre es der schratige Verwandte des Englischen im Rock’n’Roll, auch wenn’s hin und wieder einen zweiflerischen Sieben-Achtel-Takt in Moll braucht. Angesichts der öden Allgegenwart des Nena-Silbermond-Helene-Fischer-Idioms hat man den bayerischen Dialekt als feste popkulturelle Größe innerhalb des Deutschen ja beinahe vergessen. Zwei fremde Welten schauen sich an Es gibt auch Tiefschläge in dieser Geschichte. Ein paar denkwürdige Szenen spielen in einer Musikfachschule, wo Pongratz eine zeitlang versucht, sich musiktheoretisch ausbilden zu lassen. Fast schmerzt es zu sehen, wie der Intuitions-Virtuose anfangs bereit ist, sich dem heiligen Ernst dieser Institution zu beugen. Kameramann Johannes Kaltenhauser genügt hier das mitleidlos bedauernde Profil des Professors und das mit sich selbst ringende Aus-dem-Bild-Fallen des jungen Mannes, um zwei einander zutiefst fremde Welten zu offenbaren. Über die Dramatik einer Selbstfindung Im ruhigen Flow entfaltet Weber so ihr Denkstück über die Dramatik einer Selbstfindung, mit genauem Blick für die Fragilität junger Menschen, die aus sehr vernünftig klingenden Gründen keinen Anlass sehen, gut funktionierende Selbstvermarkter, Kleinsparer, Großaktionäre, jedenfalls keine hip auf dilettantisch gestylte Musikprofis zu werden. Es ist diese nie zur Schau gestellte, eher fragend und verwundert vorgebrachte Haltung, die aus dem Film eine leichte, erfrischende Lebensschule macht. Wie viel Kraft und Poesie von den vier Wortkargen ausgeht, wenn sie ihr stetig wachsendes Publikum mitreißen; oder wenn sie sich, noch so eine fremde Welt, von rasend gut funktionierenden Fernsehmenschen zu ihren Plänen und Projekten befragen lassen müssen, oder nach ihrem Lieblingsort, jetzt bitte schnell: Dann entkommen sie sogar noch dieser Enge. Antworten dann, sehr langsam, mit dem Hinweis auf einen Platz in Oberammergau, wo abends die Sonne am längsten scheint.
Cosima Lutz
Die Dokumentarfilmerin Barbara Weber hat den Werdegang einer schrägen Oberammergauer Volksmusik-Combo von vier jungen Musik-Schraten begleitet. Herauskam eine erfrischende Schule des Lebens.
Kultur
Film
2014-08-07T10:26:25Z
2015-10-02T05:47:12Z
Songs wie Windböen, Lieder wie Bäume
https://www.welt.de//kultur/kino/article130976933/Songs-wie-Windboeen-Lieder-wie-Baeume.html
Falcon Heavy: So aufwendig ist der Monsterraketenstart von SpaceX
Es wird auf jeden Fall spektakulär. So viel verspricht der Technikunternehmer Elon Musk kurz vor dem Start seiner Falcon-Heavy-Rakete (verlinkt auf /wirtschaft/article173283373/SpaceX-Riesenrakete-Falcon-Heavy-schreibt-Raumfahrtgeschichte.html) in Florida. Gewaltige 1420 Tonnen ist die 70 Meter hohe Rakete schwer, 27 Triebwerke sollen sie in die Höhe katapultieren. Ungewöhnlich ruhig, sogar „schwindlig und glücklich“ fühle er sich, sagt der 46-jährige Unternehmer. Normalerweise sei er unmittelbar vor einem Raketenstart super gestresst, aber diesmal nicht: „Vielleicht ist das ein schlechtes Zeichen“, orakelt er im Branchendienst spacenews.com (verlinkt auf http://spacenews.com/spacex-set-for-falcon-heavy-debut/) . Es gebe eine 50-zu-50-Chance, dass die Mission klappt. Die besondere Gefühlslage des Unternehmers hat ihren Grund: Der ab 13.30 Uhr Ortszeit (19.30 Uhr MEZ) an diesem Dienstag geplante Raketenstart des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX gilt als spektakulärste Raumfahrtmission seit Jahrzehnten. Die Falcon Heavy ist die schubstärkste Rakete der Welt (verlinkt auf /wissenschaft/article173105056/Falcon-Heavy-Countdown-fuer-die-staerkste-Rakete.html) , seitdem die Saturn V der Amerikaner 1973 zum letzten Mal flog oder die russische Energija Buran 1988 abhob. Noch nie wurde in den USA eine Rakete mit mehr Triebwerken gezündet. Die Falcon Heavy entwickelt beim Start gut fünf Millionen Pfund Schub – in etwa vergleichbar mit der vollen Triebwerksleistung von 18 Jumbojets. Elon Musk hat selbst erklärt, dass er schon froh ist, wenn beim Start der Falcon Heavy vom Weltraumbahnhof in Cape Canaveral nicht die traditionsreiche Raketenstartplattform zerstört wird – von der auch die Apollo-Mondmissionen abhoben. Nach jetzt aufgetauchten Dokumenten musste SpaceX das Gelände mit über 110 Millionen Dollar gegen Schäden bei einer Startkatastrophe versichern. Die Startmannschaft sitzt in einem Bunker, und es gibt eine sehr große Flugverbotszone mit über 900 Kilometer Länge vor dem Startplatz in Flugrichtung zum Atlantik. „Es wäre ein großer Wermutstropfen, wenn sie explodiert“, sagt Musk. Der Erststart der Rakete sei eine Testmission, und da gebe es vieles, was schiefgehen könne. Es ist die Mischung aus etwa 400 Tonnen gekühltem Kerosin sowie 940 Tonnen auf minus 207 Grad Celsius tiefgekühltem Sauerstoff in den Tanks der Rakete, die einen Riesenfeuerball auslösen könnte. SpaceX stellt die Raketenbranche in den Schatten Zu den großen Unbekannten gehört, wie sich die drei gebündelten Startraketenstufen während des Fluges verhalten. Die Falcon Heavy besteht, vereinfacht ausgedrückt, aus drei gekoppelten Falcon-9-Raketen, wie sie bisher genutzt werden. Hinzu kommen eine Oberstufe und ein rot lackierter Tesla-Sportwagen als Nutzlast. Es ist die bislang anspruchsvollste Mission der erst vor 16 Jahren von Elon Musk gegründeten und anfangs belächelten Firma SpaceX. Dabei ist es der Raumfahrtfirma inzwischen gelungen, mit der Falcon 9 eine Recyclingrakete zu entwickeln, bei der die erste Stufe aus dem All zurückfliegt und auf Landebeinen sanft wieder aufsetzt. SpaceX stellt mit dieser Technik und der Anzahl seiner jährlichen Raketenstarts inzwischen die weltweite, meist durch Steuergelder über Jahrzehnte subventionierte Raketenbranche in den Schatten. SpaceX profitiert inzwischen auch von Großaufträgen der Nasa oder von US-Militärs. Beim jetzt geplanten Flug der Falcon Heavy sollen zwei der drei Startraketenstufen nach dem weitgehenden Verbrauch des Treibstoffs von der Zentralstufe abgesprengt werden. Das soll zwei Minuten und 29 Sekunden nach dem Start passieren. Die zwei Raketenstufen sollen im Flug umkehren, parallel in die Nähe des Startplatzes zurückfliegen und mit 15 Sekunden Unterschied und in 150 Meter Entfernung voneinander landen. Das Aufsetzen wird knapp acht Minuten nach dem Start erwartet. Wenn die Manöver klappen, verspricht dies spektakuläre Bilder. Die Flugfiguren könnten fast als ein Raketenballett bezeichnet werden. Entscheidung für Recyclingraketen Die Triebwerke der mittleren Stufe brennen noch ein paar Minuten länger, bevor sich die Oberstufe samt Auto löst. Die mittlere Stufe soll dann in Flugrichtung auf einer Plattform im Atlantik landen, gut 340 Kilometer vor der Küste Floridas. Diese Landemanöver an Land und auf einer Meeresplattform hat SpaceX getrennt bereits über ein Dutzend Mal erfolgreich erprobt – aber eben noch nie in gebündelter Form. Als Beweis, dass seine Recyclingraketen funktionieren, hat Elon Musk entschieden, dass zwei der drei Startstufen der Falcon Heavy nicht neu sind, sondern bereits schon einmal im All gewesen sein sollen. Viele Spekulationen ranken sich um das rote Tesla-Elektroauto, als Nutzlast an der Spitze der Superrakete. Elon Musk verknüpft hier clever seine Rollen (verlinkt auf /wirtschaft/article173175328/Falcon-Heavy-Start-Mit-dieser-Mission-geht-Elon-Musk-in-die-Geschichte-ein.html) als Chef von SpaceX sowie Tesla und macht den Falcon-Heavy-Start auch zu einer Tesla-Werbeaktion – wenn die Mission klappt. Aus offiziellen Unterlagen geht hervor, dass es sich um einen „modifizierten“ Sportwagen handelt – damit er wohl die extremen Temperaturunterschiede, das Vakuum und die Strahlung im Weltall zumindest etwas übersteht. Am Steuer soll wohl eine Versuchspuppe in einem Raumanzug sitzen. Wie jetzt bekannt wurde, soll die Oberstufe sechs Stunden nach dem Start erneut im All gezündet werden. Mit einer Geschwindigkeit von voraussichtlich elf Kilometern pro Sekunde soll der Tesla dann in eine elliptische Umlaufbahn um die Sonne gebracht werden, die auch am Mars vorbeiführt. Experten sprechen von einer hyperbolischen Bahn. Weil Elon Musk bislang noch keine genauen Bahndaten verraten hat, rätseln Raumfahrtexperten noch über den genauen Verlauf. „Wir waren etwas naiv“ Falls das Gesamtvorhaben klappt, sieht Elon Musk eine düstere Zukunft für große, schwere Raketen seiner Wettbewerber, etwa aus Russland oder Europas Ariane-Rakete. Durch die Recyclingtechnik könne SpaceX die Flüge ins All mit Startkosten von 90 Millionen Dollar extrem günstig anbieten. „Wenn wir Erfolg haben, ist das Spiel für alle anderen Heavy-Lift-Raketen vorbei“, sagt der Unternehmer vollmundig. Tatsächlich ist es aber unwahrscheinlich, dass SpaceX eine Monopolstellung erreicht. Wie im Flugzeugbau mit dem Duopol Airbus und Boeing (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/boeing/) wollen die kommerziellen Kunden eine Auswahl haben, um Risiken zu streuen. Außerdem kann es immer wieder Rückschläge geben. Die Falcon Heavy sollte nach der Ursprungsplanung schon vor fünf Jahren abheben, aber die technischen Herausforderungen waren komplexer als vermutet. „Wir waren etwas naiv“, räumte der Unternehmer Musk ein.
Gerhard Hegmann
Es ist die bislang anspruchsvollste Mission der erst vor 16 Jahren gegründeten und anfangs belächelten Firma SpaceX: der Start der schubstärksten Rakete der Welt. Damit stellt Elon Musk die Branche in den Schatten. Aber ihn beschleicht Unbehagen.
Wirtschaft
2018-02-06T14:05:23Z
2018-02-07T09:46:12Z
Die Zweifel vor dem Raketenstart der Falcon Heavy
https://www.welt.de//wirtschaft/article173258612/Falcon-Heavy-So-aufwendig-ist-der-Monsterraketenstart-von-SpaceX.html
Schleswig-Holstein: „Cold Case Unit“ soll ungelöste Fälle aufklären
Das Landeskriminalamt (LKA) macht noch ein Geheimnis daraus, das fast so groß ist wie die Geheimnisse, die gelüftet werden sollen: Eine neue Spezialeinheit der Behörde wird sich künftig mit der Aufklärung von alten, ungelösten Kriminalfällen in Schleswig-Holstein befassen. Aus US-amerikanischen Fernsehfilmen ist diese Abteilung bekannt. Eine "Cold Case Unit" (frei übersetzt: Einheit für alte Kriminalfälle) gibt es in jeder größeren Stadt in den USA. Hierzulande sind sie eher selten. Auch in Hamburg (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hamburg-staedtereise/) gibt es sie nicht. "Alte Mordfälle werden von den Kollegen kontinuierlich wieder aufgegriffen, aber eine eigene Abteilung haben wir dafür nicht", sagt Holger Vehren, der Pressesprecher des Hamburger Landeskriminalamts. Möglicherweise ist genau das der Webfehler. Wie kann ein neuer Ermittlungsansatz entstehen, wenn stets dieselben Beamten derselben Mordkommission hin und wieder mal einen Blick in die alten Akten werfen? Die NSU-Morde (verlinkt auf /themen/nsu/) haben gezeigt, wie sehr eine Ermittlung in die falsche Richtung gehen kann. Jahrelang wurde nach Tätern in der türkischen Community gesucht. Ergebnis: Die Neonazis Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos konnten ungestört weitermorden. Zustimmung der Polizeigewerkschaft Das Landeskriminalamt Schleswig-Holstein hat aus diesem fatalen Fehler offenbar gelernt. "Bei der Cold Case Unit handelt es sich um einen Baustein von Maßnahmen, die das LKA als Konsequenz aus den Empfehlungen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur NSU-Affäre umsetzt", sagt LKA-Pressesprecherin Heike Bredfeldt-Lüth. "Dies ist auf jeden Fall im Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen zu sehen." Was das konkret bedeutet und wann die neue Einheit startet, mochte die Pressesprecherin nicht sagen. Nur so viel: "Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt, den ich noch nicht nennen kann, die vom LKA umzusetzenden Maßnahmen vorstellen." Bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) stößt der Plan einer Spezialabteilung, die aus zwei Mitarbeitern bestehen soll, auf Zustimmung. GdP-Geschäftsführer Karl-Hermann Rehr sagt: "Wir haben natürlich alte, unaufgeklärte Fälle, deren Bearbeitung immer wieder durch neue Fälle überlagert wird." Viele Stellen bei der Kriminalpolizei seien nicht besetzt, die Arbeit nehme überhand. "Da ist es durchaus sinnvoll, eine eigene Abteilung zu schaffen", sagt Rehr. Mittlerweile gebe es auch neue Techniken (verlinkt auf /regionales/hamburg/article138637449/Wie-Fingerabdruecke-besser-zugeordnet-werden-koennen.html) , die zu Erkenntnissen verhelfen könnten, die vor sechs oder zehn Jahren noch nicht möglich gewesen seien. An Arbeit dürfte es der neuen Cold Case Unit nicht mangeln. Allein im Süden Schleswig-Holsteins sorgen zwei ungeklärte Mordfälle immer wieder für Schlagzeilen. Ungeklärte Fälle in Schleswig-Holstein Der Fall Horst Gnegel liegt bereits 20 Jahre zurück. Der Aushilfstaxifahrer aus Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) wurde am 24. Februar 1995 mit mehreren Schüssen getötet. Die Ermittlungen ergaben, dass er an einer Bushaltestelle in Henstedt-Ulzburg zwei Fahrgäste aufgenommen hatte. Die Fahrt endete auf der Bundesstraße 433 in Höhe Kisdorf-Feld. Ein Landwirt hörte Schüsse und sah zwei Personen davonlaufen. Horst Gnegel, 29, war tot. Die Tat blieb rätselhaft. Das Geld in Gnegels Portemonnaie hatten die Täter nicht angerührt, nur seine Gaspistole fehlte. Die Tatwaffe wurde nie gefunden, auch die beiden Fahrgäste blieben verschwunden. Die Mutter des Opfers, Ingeborg Gnegel, hat ihren Frieden mit den Tätern gemacht. Dennoch: Der Tot ihres Sohnes ist eine lebenslange Belastung. "Die Gedanken dürfen nicht kreisen", sagt die heute 75-Jährige. Der Fall Hans-Werner Studt bewegt den Ort Sülfeld (Kreis Segeberg) bis heute. Bis heute ist eine Belohnung ausgesetzt für denjenigen, dessen Hinweise zur Ergreifung des Täters führen. Aber gibt es überhaupt einen Täter? Im Fall des damals 50-jährigen Landwirts ist nicht einmal das klar. Der Fall Hans-Werner Studt Am 18. Oktober 1996 stieg Studt im Hof seines Anwesens auf seinen Trecker und fuhr los. Ziel war ein Getreidefeld, Studt wollte Roggen aussäen. Das Feld erreichte er auch, aber der Roggen blieb in den Säcken auf der Ladefläche des Anhängers. Stunden später wurden Landwirte auf den herrenlosen Trecker aufmerksam. Sie entdeckten zwei große Blutlachen auf dem Ackerboden. Studts Ehefrau dachte an einen Unfall und telefonierte die Krankenhäuser ab. Erst gegen Mitternacht wurde die Polizei alarmiert. Die fand auch im Trecker Blut. Suchhunde und Hubschrauber kamen zum Einsatz, aber die Leiche von Hans-Werner Studt wurde nie gefunden. Im Dorf glauben manche, dass der Bauer, der als Schlitzohr galt, noch am Leben sein könnte. Die Kripo hält den Fall für "ausermittelt". Eine Sonderkommission hatte 260 Zeugen vernommen und war 100 Hinweisen nachgegangen. Das Ergebnis: nichts. Hans-Werner Studt blieb verschwunden. Niemand hat ihn je wiedergesehen, und niemand hat eine Erklärung für diese Tatsache. Der Fall Studt ist, so scheint es, der kälteste aller Cold Cases.
Matthias Popien
Das Landeskriminalamt Kiel zieht Lehren aus der NSU-Mordserie und gründet eine neue Spezialeinheit. Diese soll Licht in ungeklärte Fälle bringen. Zwei Mordfälle könnten die Einheit bald beschäftigen.
Regionales
Hamburg
2015-03-31T11:15:17Z
2017-08-25T23:23:31Z
„Cold Case Unit“ soll ungelöste Fälle aufklären
https://www.welt.de//regionales/hamburg/article138960018/Cold-Case-Unit-soll-ungeloeste-Faelle-aufklaeren.html
Nationalmannschaft: Löw wünscht sich Versöhnung mit Ballack
Bundestrainer Joachim Löw wünscht sich eine Versöhnung mit dem ehemaligen Fußball-Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack vom Bundesligisten Bayer Leverkusen. „Wir alle, die daran beteiligt waren, hätten diese Sache besser lösen müssen, alle Beteiligten. So wie es kam und wie es momentan ist, ist es nicht zufriedenstellend. Alle, die in diesen Gesprächen involviert waren, haben es nicht geschafft“, sagte der 51-jährige Löw bei "Sky" und spricht damit die Umstände des Abschieds des 98-maligen Nationalspielers Ballack aus der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) an. Löw weiter: „Das ist natürlich auch eine gewisse Enttäuschung. Aber man wird sich im Fußball mit Sicherheit mal wieder über den Weg laufen. Und ich hoffe, dass wir die Dinge irgendwann bereinigen.“ Dem mittlerweile 35-jährigen Ballack war im Sommer mitgeteilt worden, dass seine Ära im Team des dreimaligen Welt- und Europameisters beendet sei. Es gab anschließend eine öffentliche Schlammschlacht, in der Ballack den Bundestrainer sogar der Lüge bezichtigte. Ballack verzichtete seinerseits auf eine Berufung und einen offiziellen Abschied im Rahmen des Länderspiel-Klassikers im Spätsommer gegen Rekord-Weltmeister Brasilien in Stuttgart. Der Bayer-Profi war bei den Weltmeisterschaften 2002 (Platz zwei) und 2006 (Platz drei) sowie bei der EURO 2008 (Platz zwei) einer der überragenden deutschen Feldspieler.
WELT
Joachim Löw äußert sich selbstkritisch über den Abschied Michael Ballacks aus der Nationalmannschaft. Er hofft, "dass wir die Dinge irgendwann bereinigen".
Sport
Fußball
2011-12-17T14:47:39Z
2015-10-04T06:52:37Z
Löw wünscht sich Versöhnung mit Ballack
https://www.welt.de//sport/fussball/em-2012/article13772586/Loew-wuenscht-sich-Versoehnung-mit-Ballack.html
Inflation in Deutschland auf höchstem Stand seit Ende 1993
Die Inflationsrate in Deutschland kratzt mit 3,9 Prozent im August erstmals seit knapp 28 Jahren wieder an der Vier-Prozent-Marke. Volkswirte erwarten in den nächsten Monaten weiter steigende Teuerungsraten, werten den Anstieg der Verbraucherpreise in Europas größter Volkswirtschaft aber als vorübergehendes Phänomen. Nach einem Preissprung von 2,3 Prozent im Juni auf 3,8 Prozent im Juli des laufenden Jahres zog die jährliche Teuerungsrate im August moderat weiter an. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Freitag seine vorläufigen Berechnungen von Ende August (verlinkt auf https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/09/PD21_423_611.html;jsessionid=3404CAE7A4909780076EBA1B1ED57826.live722) . Einen höheren Wert für die jährliche Teuerungsrate als im August des laufenden Jahres gab es zuletzt im Dezember 1993 mit 4,3 Prozent. Von Juli auf August 2021 stagnierten die Preise nach Angaben der Wiesbadener Behörde. Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro dann weniger kaufen können als zuvor. Auch für Sparer, die Geld beispielsweise auf mickrig verzinsten Tagesgeldkonten parken, sind steigende Inflationsraten bitter. Ihre Guthaben verlieren unter dem Strich an Wert. Seit Monaten heizen überdurchschnittlich steigende Energiepreise die Teuerung an. Im August mussten Verbraucher in Deutschland fürs Tanken und Heizen nach Berechnungen der Statistiker 12,6 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Merklich teurer wurden demnach Heizöl (plus 57,3 Prozent) und Kraftstoffe (plus 26,7 Prozent). Auch die Preise für Erdgas (plus 4,9 Prozent) und Strom (plus 1,7 Prozent) zogen an. Ohne Berücksichtigung der Energieprodukte hätte die Inflationsrate im August dem Bundesamt zufolge 3,0 Prozent betragen. Nahrungsmittel verteuerten sich im August um 4,6 Prozent Vor einem Jahr waren die Rohölpreise mit Ausbruch der Corona-Krise wegen geringer Nachfrage auf dem Weltmarkt eingebrochen. Seither haben sie sich erholt. Dazu kommt: In Deutschland sind seit Januar 25 Euro je Tonne Kohlendioxid (CO2) fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht. Beides sorgt derzeit für steigende Energiepreise. Zudem schlägt die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung nun voll zu. Um den Konsum in der Corona-Krise anzukurbeln, hatte der Bund die Mehrwertsteuer befristet vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 gesenkt. Seit Januar 2021 gelten wieder die regulären Mehrwertsteuersätze, Waren und Dienstleistungen werden also tendenziell teuer. Die Preise für Waren insgesamt erhöhten sich nach Berechnungen des Bundesamtes im August im Vergleich zum Vorjahresmonat um überdurchschnittliche 5,6 Prozent. Nahrungsmittel verteuerten sich im August um 4,6 Prozent. Dabei mussten Verbraucher vor allem für Gemüse (plus 9,0 Prozent) mehr zahlen als vor Jahresfrist. Bankökonomen und Institutionen wie die Bundesbank rechnen seit Monaten damit, dass die Verbraucherpreise in Deutschland in den nächsten Monaten weiter steigen werden. Vorübergehend gelten Teuerungsraten von an die fünf Prozent als möglich. „Dies wird vielen in Deutschland nicht gefallen, aber der aktuelle Anstieg der Inflation ist zu einem großen Teil Sondereffekten geschuldet und eine willkommene Normalisierung nach einer langen Zeit mit zu niedriger Inflation“, hatte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, am Donnerstag erklärt. Dauerhaft niedrige Preise gelten als Risiko für die Konjunktur Denn vom Ziel stabiler Preise, das die Europäische Zentralbank (EZB) erreichen will, ist der Euroraum seit Jahren weit entfernt. Die Notenbank strebt neuerdings für den Währungsraum der 19 Länder eine jährliche Teuerungsrate von zwei Prozent an. Dauerhaft niedrige Preise gelten als Risiko für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten dann Investitionen aufschieben – in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird. Für den Umgang mit vergleichsweise hohen Inflationsraten hat sich die EZB mehr Flexibilität verschafft: Die Notenbank ist zumindest zeitweise bereit, ein moderates Über- oder Unterschreiten der Zwei-Prozent-Marke zu akzeptieren. In ihrer jüngsten Prognose, die die EZB am Donnerstag veröffentlicht hat, geht die Notenbank davon aus, dass die Teuerung im Euroraum im laufenden Jahr bei 2,2 Prozent liegen wird. Für 2022 rechnen die Währungshüter mit einer Preissteigerung von 1,7 Prozent. Inflation und Wirtschaftsentwicklung seien immer noch nicht stark genug für ein Ende der expansiven Geldpolitik, meint DIW-Präsident Fratzscher. Im August des laufenden Jahres lag der harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI, den die EZB für ihre Geldpolitik heranzieht, in Deutschland um 3,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats und um 0,1 Prozent über dem Stand von Juli 2021. Auch hier bestätigte das Bundesamt seine vorläufigen Berechnungen.
WELT
So hoch wie im August 2021 war die Inflation in Deutschland seit Dezember 1993 nicht mehr. Seit Monaten heizen überdurchschnittlich steigende Energiepreise die Teuerungsrate an.
Wirtschaft
2021-09-10T09:28:56Z
2021-09-10T09:53:40Z
Inflation in Deutschland auf höchstem Stand seit Ende 1993
https://www.welt.de//wirtschaft/article233709448/Inflation-in-Deutschland-auf-hoechstem-Stand-seit-Ende-1993.html
Butter: Nur noch 1,59 Euro – das steckt hinter dem plötzlichen Preissturz
Butter ist in Deutschland ab sofort deutlich billiger. Etliche Supermärkte und Discounter haben die Preise zum Februar-Start massiv gesenkt. Aldi zum Beispiel, aber auch die Konkurrenten Kaufland und Norma verlangen für das klassische 250-Gramm-Päckchen Deutsche Markenbutter ihrer jeweiligen Eigenmarken nur noch 1,59 Euro. Das sind 40 Cent oder umgerechnet 20 Prozent weniger als zuletzt. Und dabei geht es nicht um ein kurzfristiges Angebot, sondern um den neuen Normalpreis – mindestens für die kommenden vier Wochen. Mit Beginn des Monats sind die neuen Verträge mit den Molkereien in Kraft getreten. Deren Laufzeit beträgt allerdings nur einen Monat, meldet der Milchindustrie-Verband (MIV). Im März könnte es also einen neuen Butterpreis geben. Das aktuelle Niveau liegt nun so niedrig wie zuletzt vor fast zwei Jahren. 2022 waren die Preise kräftig gestiegen, teils sogar auf 2,29 Euro je Standard-Päckchen bei den Eigenmarken. Für Butter von Markenherstellern wie Landliebe, Meggle oder Weihenstephan mussten sogar weit mehr als drei Euro bezahlt werden. Molkereien zahlen weniger an die Landwirte Nun dreht sich der Markt. Hintergrund sind sinkende Auszahlungspreise für Milch seitens der Molkereien an die Landwirte. „Aldi hat sich entschieden, die gesunkenen Einkaufspreise weiterzugeben“, heißt es in einer Stellungnahme des Discounters, der sich damit einmal mehr als Preisführer in Deutschland bewähren will. „Durch die deutliche Preissenkung bei einem Artikel des täglichen Bedarfs schaffen wir eine spürbare Entlastung für unsere Kunden.“ Ähnliche Aussagen kommen von Kaufland. „In den vergangenen Monaten waren die Verbraucher (verlinkt auf https://www.welt.de/wirtschaft/plus243503277/Neue-Verordnung-der-EU-Insekten-essen-fuer-den-Klimaschutz.html) von gestiegenen Lebenshaltungskosten sowie einer hohen Inflationsrate betroffen. Kaufland steht für eine große Auswahl zu niedrigen Preisen. Dazu gehört es aus Unternehmenssicht auch, Preisvorteile direkt an seine Kunden weiterzugeben.“ Und zuletzt habe es eben gesunkene Rohwarenpreise gegeben. Das war 2022 noch komplett anders. Infolge des Ukraine-Krieges waren die Auszahlungspreise für die Landwirte auf historische Höchststände geklettert. Durchschnittlich 53 Cent haben die Bauern für ein Kilogramm Rohmilch kassiert, meldet der MIV. Das sind 46 Prozent mehr als im Vorjahr. Im November und Dezember lag das Preisniveau sogar bei über 60 Cent im Bundesmittel. Die Milchbauern haben daraufhin die Produktionsmengen deutlich erhöht. „Viele Landwirte haben die Preisspitzen mitgenommen und ihre Kühe länger als üblich in der Milchproduktion gehalten und erst später zum Schlachthof gebracht“, beschreibt der MIV-Vorsitzende Peter Stahl, der im Hauptberuf Vorstandsvorsitzender der Allgäuer Molkerei Hochland ist. Gleichzeitig ist die Nachfrage in den vergangenen Monaten deutlich eingebrochen. Der Butterabsatz zum Beispiel liegt im Zeitraum Januar bis November knapp zehn Prozent niedriger als noch ein Jahr zuvor, wie aktuelle Zahlen von Marktforscher Nielsen zeigen. „Die Verbraucher sparen beim Lebensmittelkauf (verlinkt auf https://www.welt.de/kultur/stuetzen-der-gesellschaft/plus243534087/Don-Alphonso-Zurueck-zu-Rationierung-von-Essen-und-Wohnraum.html) und verzichten vielfach auf bestimmte Produkte“, beschreibt MIV-Vertreter Stahl. Diese Kombination aus einem vergrößerten Angebot und geringerer Nachfrage hat dann zu prall gefüllten Lagern bei den Molkereien geführt – und sorgt nun für den kräftigen Preisabschlag, den in den kommenden Wochen auch die Bauern deutlich zu spüren bekommen werden, wie es aus der Branche heißt. Gestiegen ist damit auch der Druck auf die Markenhersteller im Butterbereich. In den vergangenen Monaten noch hatten sie zu den Gewinnern der Krise gehört, wie Daten der GfK-Group zeigen. Die Marktanteile waren gestiegen, weil ihre Ware über Monate hinweg stets bei einer der großen Handelsketten (verlinkt auf https://www.welt.de/wirtschaft/article243404135/Lage-ist-dramatisch-das-truegerische-Plus-bei-Schokolade-Chips-und-Co.html) in der Aktion zu bekommen war und dabei preislich in etwa auf dem Niveau der Handelsmarken lag. Dadurch haben die Verbraucher eher zur Markenware gegriffen. Andere Milchprodukte bleiben noch teuer Nachgegeben hatte auch schon der Preis für sogenannte Blockbutter. Gemeint sind Zehn-Kilogramm-Blöcke, die zum Beispiel von Bäckereien oder Süßwarenherstellern gekauft werden. Deren Preis war zuletzt deutlich billiger als bei der geformten Ware. An der Süddeutschen Butter- und Käse-Börse in Kempten lag die Notierung Ende Januar bei 4,18 bis 4,50 Euro pro Kilogramm. Das ist der niedrigste Stand seit Herbst 2021. Dass es auch bei anderen Milchprodukten sofort Preissenkungen geben wird, erwarten Branchenkenner nicht. Grund dafür sind die Laufzeiten bei den Lieferverträgen zwischen Industrie und Handel. Die betragen bei Butter oftmals nur wenigen Monate, mitunter auch nur vier Wochen wie jetzt. Bei Käse, Joghurt, Sahne, Trinkmilch und Co. liegen die Laufzeiten meist bei sechs Monaten oder mehr. Und noch laufen die aktuellen Kontrakte nicht aus. Mittelfristig könnten die Preise aber auch dort ins Rutschen kommen. „Alles auf Aktien“ ist der tägliche Börsen-Shot aus der WELT-Wirtschaftsredaktion. Jeden Morgen ab 7 Uhr mit den Finanzjournalisten von WELT. Für Börsenkenner und -einsteiger. 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Carsten Dierig
Die Nachricht dürfte viele freuen: Nur noch 1,59 Euro verlangen Discounter und Supermärkte für das 250-Gramm-Päckchen ihrer Butter-Eigenmarken. WELT erklärt, was hinter dem überraschenden Preissturz bei Butter steckt – und wie sich das auf andere Produkte auswirken könnte.
Wirtschaft
2023-02-01T14:16:39Z
2023-02-01T14:16:39Z
Preissturz bei Butter – das steckt dahinter
https://www.welt.de/wirtschaft/article243546031/Butter-Nur-noch-1-59-Euro-das-steckt-hinter-dem-ploetzlichen-Preissturz.html
Staatsbesuch in China: Scholz spricht mit Xi über „gerechten Frieden“ für die Ukraine
Bundeskanzler Olaf Scholz hat zu Beginn seines Treffens mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping angekündigt, dass er über Wege zu einem „gerechten Frieden in der Ukraine“ reden will. „Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die Aufrüstung Russland haben ganze erhebliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa. Sie beeinträchtigen unsere Kerninteressen unmittelbar“, sagte Scholz am Dienstag in Peking. „Mittelbar beschädigen sie die gesamte internationale Ordnung. Denn sie verletzen einen Grundsatz der Charta der UN, die Unverletzlichkeit der Staatsgrenzen.“ Sowohl Xi als auch er hätten bereits deutlich gemacht, dass mit dem Einsatz von Nuklearwaffen nicht einmal gedroht werden dürfe. „Gerne möchte ich mit Ihnen heute darüber diskutieren, wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können“, fügte Scholz hinzu. Die USA hatten China im Vorfeld von Scholz‘ Besuch vorgeworfen, den russischen Rüstungssektor massiv zu unterstützen. „Ohne den Beitrag der Volksrepublik China hätte Russland Schwierigkeiten, seine Kriegsanstrengungen aufrecht zu erhalten“, sagte ein hochrangiger US-Vertreter. Nach US-Angaben ist China für Russland der wichtigste Lieferant von Werkzeugmaschinen und Mikroelektronik, die zur Herstellung von Raketen, Drohnen, Panzern und Flugzeugen nötig sind. Xi lobte bei seiner Erklärung vor den gemeinsamen Gesprächen das Verhältnis zu Deutschland. „Im letzten Jahrzehnt gab es ja eine Reihe von großen Veränderungen in der Weltlage, aber das bilaterale Verhältnis hat sich immer stabil gehalten“, sagte Xi. Weiter sagte er: „Solange man an den Prinzipien des gegenseitigen Respekts, der Suche nach Gemeinsamkeiten trotz Differenzen und des gegenseitigen Lernens festhalten, können die bilateralen Beziehungen sich weiterhin stabil entwickeln.“ Xi sagte weiter, die Welt sei in eine „neue Epoche der Turbulenzen und der Umbrüche eingedrungen“, angesichts der „Risiken“ für die gesamte Menschheit sei es „unabdingbar, dass zwischen den Großmächten die Kooperation die Oberhand gewinnt“. China und Deutschland seien „weltweit die Volkswirtschaften Nummer zwei und drei“, eine stabile Entwicklung ihrer Beziehungen werde nicht nur „auf dem gesamten eurasischen Kontinent“, sondern „auch auf die ganze Welt Einfluss ausüben“. Beide Politiker hatten sich am Dienstagmorgen im Staatsgästehaus Diaoyutai in Peking getroffen. Die Begegnung erfolgte am letzten Tag der drei Tage umfassenden China-Reise von Scholz. Vorgesehen ist am Dienstag auch ein Treffen mit Ministerpräsident Li Qiang um 16.15 Uhr Ortszeit. Scholz will in Peking auch Wirtschafts- und Wettbewerbsfragen ansprechen. Weiteres wichtiges Thema dürfte die Lage im Nahen Osten nach dem iranischen Angriff auf Israel sein. Der für Wirtschaftspolitik zuständige Unionsfraktionsvize Jens Spahn warf Scholz (SPD) vor, keine klare Strategie zum Umgang mit China zu haben. „Wir können dieser Ampel und diesem Kanzler die China-Politik nicht guten Gewissens überlassen“, sagte der CDU-Politiker. Spahn hat seinen fünftägigen China-Aufenthalt am Montag begonnen. Er will mit Vertretern von Politik, Wirtschaft, Medien und Zivilgesellschaft sprechen und neben Peking auch die ostchinesische Küstenstadt Qingdao besuchen. „Die deutsche Wirtschaftskrise wird in China genau beobachtet. China nimmt uns ernst, weil wir wirtschaftlich stark sind“, sagte Spahn und fügte hinzu: „Die Stimme eines Kanzlers im Abschwung verliert Gewicht.“ Nie seien die Bedingungen für den Industriestandort Deutschland so schlecht wie aktuell gewesen. Deswegen sei dringend eine Wirtschaftswende nötig. „Souveränität entsteht aus eigener Stärke, nicht aus Abgrenzung und Abkopplung“, kritisierte der CDU-Politiker mit Blick auf Scholz. Während die deutsche Wirtschaft weiter schwächelt (verlinkt auf /wirtschaft/article250483796/China-plant-die-Europa-Offensive-und-die-ersten-Verlierer-stehen-schon-fest.html) , meldete das chinesische Statistikamt ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,3 Prozent im ersten Quartal dieses Jahres – verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Damit ist die Wirtschaft Chinas im ersten Quartal deutlich stärker gewachsen als erwartet. Ökonomen hatten hingegen mit einem Plus von 4,6 Prozent gerechnet. Die Regierung versucht seit Längerem, angesichts einer anhaltenden Immobilienkrise die Nachfrage und das Vertrauen zu stärken. Kurz vor dem Treffen von Kanzler Scholz mit der chinesischen Führung haben sich BMW und Mercedes gegen einen Handelsstreit der EU mit China ausgesprochen. „Was wir nicht gebrauchen können als Exportnation, sind steigende Handelshindernisse“, sagte Mercedes-Chef Ole Källenius der ARD-Tagesschau zu der EU-Prüfung, ob es einen unfairen Wettbewerb durch chinesische E-Autos gibt. „Der beste Schutz ist, wettbewerbsfähig zu sein. Und wenn man anfängt, Handelshindernisse aufzubauen, erst der eine und dann der andere, dann führt das in die falsche Richtung“, fügte er hinzu. Källenius bezeichnete China eher als Chance denn als Risiko. Mit Blick den Scholz-Besuch sagte er, die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen müssten nicht nur gepflegt, sondern auch ausgebaut werden. „Sich von so einem großen Markt zurückzuziehen, ist keine Alternative, sondern wir bauen eher unsere Position heraus“, sagte er zur Strategie seines Unternehmens in China. Ähnlich äußerte sich der Vorstandsvorsitzende von BMW (verlinkt auf /wirtschaft/plus250679798/E-Auto-Dieses-Unternehmen-ist-der-wahre-deutsche-Elektro-Auto-Champion.html) , Oliver Zipse. „Wir sehen eigentlich eher Chancen als Risiken“, sagte er der ARD-Tagesschau. Auch er äußerte sich skeptisch zu EU-Prüfungen bei chinesischen E-Autos. „Wir fühlen uns nicht bedroht. Auch diesmal sollten wir es nicht übertreiben mit der Angst vor ausländischen Herstellern. Wir sind zuversichtlich, dass wir wettbewerbsfähig sind“, sagte er. Beide Premium-Auto-Hersteller sind breit auf dem chinesischen Markt vertreten. Sie spüren den Konkurrenzdruck weniger als die Hersteller kleinerer Autos, bei denen die Margen geringer und die Zahl der chinesischen Konkurrenten gerade bei E-Autos höher sind.
WELT
Zum Ende seiner China-Reise haben Bundeskanzler Scholz und Staatschef Xi Jinping in Peking über die Ukraine und Russland gesprochen. Zeitgleich befindet sich auch CDU-Politiker Jens Spahn in China – und fordert eine Wirtschaftswende.
Politik
Ausland
2024-04-16T12:49:04Z
2024-04-16T12:49:05Z
Scholz spricht mit Xi über „gerechten Frieden“ für die Ukraine
https://www.welt.de//politik/ausland/article251050376/Staatsbesuch-in-China-Scholz-spricht-mit-Xi-ueber-gerechten-Frieden-fuer-die-Ukraine.html
Jahrhundertalbum: Die Stones und "Exile" – Steuerflucht, Drogen, Sex
Cannes. Mick Jagger und mich trennen 60 Zentimeter. Ich sitze neben ihm, schaue ihm ins Gesicht und denke: Er sieht aus wie ein Torwarthandschuh. Nicht wie einer von diesen modernen, knuffigen aus Kunststoff, sondern wie einer, den Sepp Maier beim Aufräumen im Keller finden würde. Nur der Körper scheint unverschrumpelt und knabenhaft geblieben zu sein. Fettfrei und elastisch, die Beine locker übereinandergeschlagen, wie es die wenigsten 66-Jährigen hinbekämen, ohne sich dabei die künstliche Hüfte auszukugeln. Das Haar dicht und noch immer vokuhila, bloß ein paar grausträhnige Einzelgänger. Wie macht der das bloß? Vitamin-B-12-Spritzen? Blutwäsche? Mick Jagger trägt Jeans, eine G-Shock-Uhr mit kariertem Armband zum karierten Designerhemd, grün-weiße Ringelsocken und New-Balance-Sneakers. Bei jedem anderen Mann in diesem Alter würde man solch ein Outfit berufsjugendlich nennen, doch im Fall Jagger ergibt das keinen Sinn, der Mann hat Jugend als Beruf erfunden. Wir sitzen in Cannes auf der Dachterrasse des Hotels „Palais Stéphanie“, und Jagger muss Interviews geben zu „Stones In Exile“, jenem Dokumentarfilm, den er auf dem Festival mit Regisseur Stephen Kijak vorstellt. Der Film erzählt die Entstehung von „Exile On Main Street“, einem der mythischen Alben der Rockgeschichte, das die Stones zu großen Teilen im drogenumnebelten Sommer 1971 in der Villa Nellcôte in Villefranche-sur-Mer an der Côte d’Azur aufnahmen – nachdem sie wegen astronomischer Steuerschulden aus England geflohen waren. 39 Jahre später wird das Doppelalbum neu veröffentlicht, wie in solchen Fällen üblich mit „Bonusmaterial“ – zehn Titeln, die auf dem Original-Vinylalbum nicht zu finden waren. Das Produkt kommt all den Stones-Fans entgegen, die seit 40 Jahren die Klage führen, die Stones seien „nicht mehr das, was sie mal waren“. Zur Absatzförderung kam die Plattenfirma zudem auf die Idee, einen Dokumentarfilm über die rauschende Produktionsphase drehen zu lassen. Stephen Kijak durfte dazu in Archiven Hunderte Stunden von Super-8-Film sichten und auf das reichhaltige Fotomaterial aus der Villa Nellcôte zurückgreifen, das vor allem von dem französischen Fotografen Dominique Tarlé stammt. Als begleitende Werbemaßnahme soll Mick Jagger nun in Cannes der Welt noch einmal erzählen, wie das damals so war, in dem Sommer, als sie „jung, schön und dumm“ waren. Heute, so witzelte Mick Jagger bei der Premiere des Films auf Französisch, seien sie leider „nur noch dumm“. „He hates that kind of thing“, sagte Kijak wenige Minuten vor Jaggers Ankunft. „Naja, er hasst Interviews, und dann aber auch wieder nicht“, tröstete Victoria Pearman, die Produzentin. Sehr ermunternd. Mick Jagger hat in seinem Leben geschätzte 2,4 Millionen Interviews gegeben und auf jede erdenkliche Frage zu den Stones geantwortet. Und auf all diese Fragen hat Keith Richards in der Zwischenzeit mindestens genauso oft die in etwa gegenteilige Antwort gegeben. Der Mythos ist derart groß, dass längst egal ist, was einer von beiden erzählt. Könnte stimmen, könnte aber auch nicht. Zur Verfestigung der Legende trägt all das in jedem Falle bei. Jagger weiß das, deswegen möchte er die Pflichtübung zügig hinter sich bringen. Die eifrigen jungen Leute aus der PR-Abteilung haben ihm drei Interviewgrüppchen zusammengestellt, die er im 20-Minuten-Takt abfertigt. Circa acht Journalisten aus zwölf Ländern mit stark variierenden Englischkenntnissen dürfen sich gegenseitig ins Wort fallen, und wir schnattern unsere Fragen in den Raum wie aufgeregte Drittklässlerinnen, die ein Date mit Justin Bieber gewonnen haben: „Keith Richards sagt in dem Film den Satz: ‚Ich bin eher Roll, und Mick ist eher Rock (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/rock/) .‘ Was meint er damit?“, möchte ein italienischer Kollege wissen. „Keine Ahnung“, sagt Jagger. „Das müssten Sie Keith fragen.“ Sein diamantbesetzter oberer Eckzahn funkelt. „Hat er gesagt, er ist Rock und ich bin Roll, oder bin ich Rock und er Roll? Egal, es ist in jedem Fall ein guter Satz.“ Darum geht es bestenfalls – noch den ein oder anderen guten One-Liner zu liefern, der die Legende verfestigt. Wie wirkungsmächtig diese Stones-Legende ist, daran lässt der Auftritt in Cannes keinen Zweifel. All den Russell Crowes, Cate Blanchetts, Michael Douglasses, Johnny Depps und Juliette Binoches und wer da sonst noch über den roten Teppich huschte – all denen hat Mick Jagger in Cannes mal eben gezeigt, was der Unterschied zwischen einem mittleren Normalo-Star und einer lebenden Legende ist. Um Jaggers Auftritt bei der Premiere erleben zu können, balgten sich Journalisten und akkreditierte Festivalbesucher um die Plätze. In der Schlange sah man zahllose kurz vor der Ohnmacht stehende Träger von Stones-Zungen auf T-Shirts, Jacken oder Broschen. Als Jagger aus dem Auto steigt, wird gekreischt. Am Ende der Pressekonferenz, so viel zur professionellen Distanz, hechten zwei Dutzend Journalisten mit ihrem „Exile“-Album hinter Mick Jagger her, um ein Autogramm zu erhaschen. In dem Trubel geht ein wenig unter, dass Kijaks Film „Stones In Exile“ nicht besonders gut ist und ein weit weniger facettenreiches Bild des famosen Sommers in Villefranche-sur-Mer liefert als das großartige Buch von Robert Greenfield („Exile on Main Street – A Season in Hell with the Rolling Stones“). In Kijaks Film geht die Geschichte ungefähr so: Greatest Rock-’n’-Roll-Band of the World bezieht mit großem Gefolge eine Traumvilla an der Côte, man trägt coole Klamotten, wirft ein paar kreativitätsfördernde Drogen ein – fertig ist das epochale Album. Greenfield dagegen erzählt die Nachtseite dieser Geschichte: die Drogenexzesse und Psychodramen. Der Dealer ‚Spanish Tony‘ wohnte praktischerweise gleich mit im Haus und organisierte für Keith und Anita den Heroinnachschub aus Marseille. Das chronisch gespannte Verhältnis zwischen Jagger und Richards, das nicht zuletzt daher rührte, dass Jagger mit Richards Lebensgefährtin Anita Pallenberg – die vor Richards wiederum mit Brian Jones zusammen war – kurz zuvor noch eine Affäre hatte. Jagger selbst heiratete in diesem Sommer Bianca Pérez Morena de Macias in Saint-Tropez, kam mit den neuen Anforderungen und seiner Gattin aber nur schlecht zurecht. „Meine Ehe endete am Hochzeitstag“, fasste Bianca Jagger ihre Erfahrung später zusammen. Noch so ein guter One-Liner. In Kijaks Feel-good-Movie bekommt man indes nie den Eindruck, dass das Leben in der Villa Nellcôte für viele der Hausgäste ein Ritt auf der Rasierklinge war. Kijak feiert den Sommer 1971 als Apotheose der Gegenkultur, als Triumph der Boheme. Er übersieht die Opfer der Bewegung: Als die Stones mit der Arbeit an „Exile“ beginnen, sind der Bandmitbegründer Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison bereits an Drogen gestorben. „Doch, das war natürlich auch eine düstere Zeit“, sagt Jagger, „aber irgendwie waren wir von alldem ein wenig abgeschnitten.“ Die Drogen halfen da wohl. „Wir waren in diesem schönen Haus in Frankreich, in der Sonne, hatten eine gute Zeit. Der Vietnam-Krieg war weit weg. Man sah ja keine Proteste oder Veteranen auf der Straße. Und trotzdem war es eine Zeit, in der die Gesellschaft aus den Fugen war.“ Jagger erzählt dann, wie er 1972 als Zuschauer bei den Olympischen Spielen war und das Attentat eines palästinensischen Kommandos auf das israelische Team miterlebte. „Das war ja einer der ersten größeren Terrorakte, und man hatte das Gefühl, die ganze Gesellschaft ist wie auf einem Sägeblatt, sie kann in die eine oder andere Richtung kippen.“ Das war der Moment, wo man gern ein richtig interessantes Gespräch mit Mick Jagger begonnen hätte. Aber stattdessen fragt der schwedische Journalist, welches Stones-Album denn sein Lieblingsalbum sei (er hat keins), die Japanerin, wie er heute zu Drogen stehe (nimmt er nicht mehr) und der Holländer, ob die Stones „Exile“ nicht mal vollständig im Konzert spielen wollten (würden sie gern, machen sie aber nicht). Warum Keith, Bill und Charlie eigentlich nicht zur Premiere nach Cannes gekommen seien, möchte dann jemand wissen, und Jagger antwortet, das hätte terminlich nicht so gepasst. Man habe gerade gemeinsam in den USA zwei Wochen lang Werbung gemacht. Jetzt hätten die anderen offenbar keine Lust mehr auf Interviews. Und dann korrigiert er sich, Mick Jagger ist nämlich wohlerzogen: „Das meine ich natürlich nicht so, ich bin sicher, sie hätten es sehr genossen, mit Ihnen zu plaudern, Gentlemen.“ Er grinst leicht, als er dies sagt. Dann dreht er sich zu seinem Bodyguard um. „Ich glaube, wir wären dann durch.“ Mick Jagger hat nicht auf die Uhr geschaut. Es waren genau 19 Minuten und 28 Sekunden. Der schwedische Kollege bekommt sein Erinnerungsfoto. Dann erhebt sich Jagger und schaltet eine Art starren Fernblick ein. So guckt er immer, wenn er einen Raum durchquert, wo ihn natürlich alle anstarren. Wahrscheinlich wird man so, wenn man ein Leben lang überall von allen angestarrt wird. 30 Kilometer weiter östlich, dort, wo Villefranche-sur-Mer in die Halbinsel Cap Ferrat übergeht, liegt die Villa Nellcôte im Abendlicht, und ja, man kann sich das schon vorstellen, den jungen Keith Richards, wie er high auf der Veranda sitzt und auf der Gitarre herumgezupft. Das schmiedeeiserne Tor mit den vergoldeten Zinnen ist verschlossen. Stones-Pilger müssen draußen bleiben. Ein Russe – na klar, wer sonst? – soll die Villa vor einer Weile für 100 Millionen Euro gekauft haben. Das passt irgendwie. Wo früher Rock '’n’' Roll war, sind nun die Russen. Die neuen Songs kann man bei laut.de anhören. (hier) (verlinkt auf http://www.laut.de/Rolling-Stones/Exile-On-Main-Street-Remastered-%28Album%29) Die ganze Entstehungsgeschichte von "Exile on Main Street" lesen Sie in der Juni-Ausgabe des "Rolling Stone". (hier geht es zur Homepage) (verlinkt auf http://www.rollingstone.de/)
Sascha Lehnartz
Mit "Exile On Main Street" veröffentlichten die Rolling Stones 1972 eins der besten Alben der Rockgeschichte. Jetzt wird das Werk neu aufgelegt. Bei den Filmfestspielen in Cannes stellte Sänger Mick Jagger zudem den Dokumentarfilm "Stones In Exile" vor, der einen etwas verklärenden Blick auf die damalige Zeit bietet.
Kultur
Musik
2010-05-23T14:51:14Z
2015-10-03T04:35:00Z
Die Stones und "Exile" – Steuerflucht, Drogen, Sex
https://www.welt.de//kultur/musik/article7746656/Die-Stones-und-Exile-Steuerflucht-Drogen-Sex.html
Wert der Arbeit: Wie die Deutschen arbeiten und wie sie bezahlt werden
Technik bestimmt den Arbeitsalltag der Deutschen, dabei nehmen für viele die Arbeitsbelastung und der Stress zu. Die meisten Arbeitsverträge sind befristet. Wichtiger wird deshalb das Gesundheitsmanagement.
WELT
Technik bestimmt den Arbeitsalltag der Deutschen, dabei nehmen für viele die Arbeitsbelastung und der Stress zu. Die meisten Arbeitsverträge sind befristet. Wichtiger wird deshalb das Gesundheitsmanagement.
2017-09-06T16:07:23Z
2022-05-12T13:24:20Z
Wie die Deutschen arbeiten und wie sie bezahlt werden
https://www.welt.de//wirtschaft/video168388994/Wie-die-Deutschen-arbeiten-und-wie-sie-bezahlt-werden.html
Paris Fashion Week: Haute Couture für Partygirls und ältere Damen
Soll das wirklich Haute Couture sein? Lange Fransen an heißen Minikleidern, die zudem noch eine Schulter freilegen und mit Goldstäben in Patronengürtelform durchwirkt sind? Oder schwarze Lederjacken und Bondage-Hosen, die Einblicke bis zum Hüftknochen gewähren? Die Entwürfe von Modemacher Alexandre Vauthier zeigten bei den Pariser Couture-Schauen am Dienstag, wo die „hohe Schneiderkunst“ inzwischen hinsteuern kann. In alle möglichen Richtungen – auch in solche, die früher kaum vorstellbar waren. Für Partygirls mit Sex-Appeal muss genau so etwas dabei sein wie für ältere Damen à la Lee Radziwill. Die 82-jährige Schwester von Jacqueline Kennedy-Onassis wurde bei dem direkt vor Vauthier zeigenden Giorgio Armani vorsichtig von den Ordnern an ihren Platz geleitet. Sie repräsentiert die klassische Couture-Kundin: hochelegant, anspruchsvoll und diskret. Radziwill gilt auch im hohen Alter als Stilikone. Das Magazin der „New York Times“ widmete ihr vor über einem Jahr sogar eine Titelgeschichte. Klassischer Chic mit einem Twist Das, was Armani da für Herbst/Winter 2015/16 über den Laufsteg rauschen ließ, entspricht genau ihrem Stil: klassischer Chic mit einem Twist. Der lag diesmal in einer Verbeugung vor der Modemacherin Elsa Schiaparelli (1890–1973), deren Lieblingsfarbe Pink und ihrer Liebe zum Surrealen. Zur schmalen schwarzen Hose kombinierte Armani eine in Fuchsia leuchtende Schößchenjacke. Lange Abendroben schimmerten wie der Sternenhimmel, und es gab üppige Marabumäntel in Regenbogenfarben. Neben Lee Radziwill und der Schauspielerin Naomi Watts („Birdman“) saß auch ihre Stiefgroßnichte, die erst 30-jährige Milliardenerbin Athina Onassis in der Schau. An Onassis wurde deutlich: Die Haute-Couture-Kundschaft hat sich enorm verjüngt. „Unter unseren Käuferinnen sind zum Beispiel wunderschöne 20-jährige Libanesinnen“, sagt zum Beispiel der deutsche Pressevertreter vom Modehaus Versace. Donatella Versace ginge in die gleiche Richtung wie Alexandre Vauthier: Rockstar-Glam mit Hippie-Attitüde vom Feinsten. Für die Töchter aus gutem Hause, die es braver lieben, ist Giambattista Valli da, der schon am Montag zeigte. Seine wehenden Tüllröcke und Blütenstickereien erinnerten an Ballettstunde und Abschlussball, allerdings auf höchstem Niveau. Auf den Mix kommt es an Vallis Kollegin Bouchra Jarrar wurde vor ein paar Saisons als mögliche Nachfolgerin Karl Lagerfelds bei Chanel gehandelt. Auch wenn dieses Thema schon wieder ad acta gelegt scheint – Lagerfeld zeigte sich in seiner Chanel-Schau am Dienstag in Hochform –, sind ihre Schauen begehrt. Sportlich und raffiniert zugleich wirken die Entwürfe der Französin für die kommende Saison: Fließende „Pyjama“-Hosen, mehrlagige Tüllröcke in Meergrün, Trikots in pudrigem Rosé und Schwarz sowie gegürtete Oberteile aus Steinen und Federn. „Die Kunst liegt in der Mischung“, erklärte Jarrar nach der Schau. „Es darf nie zu viel von einer Sache sein.“ Die richtige Mischung fand auch Raf Simons bei Dior. Er hatte sich von flämischer Malerei und dem französischen Impressionismus inspirieren lassen. Heraus kam dabei kein Historienschinken, sondern zeitgemäße Romantik. Gotisch anmutende Mäntel aus langen Samtbahnen, mehrlagige Kleider aus weißem Musselin zwischen Bauerntochter und Prinzessin sowie wadenlange Tanzkleider mit Blütenmustern ließen kaum Wünsche offen. „Paris in Bloom at Couture-Week“ titelte das Branchenblatt „Women’s Wear Daily“ am Mittwoch. Paris blüht bei der Couture – die Dior-Schau bewies es. Folgen Sie uns auch auf Instagram (verlinkt auf https://instagram.com/welt_icon/) , Facebook (verlinkt auf https://www.facebook.com/pages/ICON-Der-Lifestyle-der-Welt/296958754574) und Twitter (verlinkt auf https://twitter.com/Welt_ICON) , um live dabei zu sein. Auf Periscope (verlinkt auf https://www.periscope.tv/) streamen wir die Shows in Echtzeit – als Welt_ICON.
WELT
In Paris blüht die Haute Couture auf. Dior, Chanel und Bouchra Jarrar zeigen sich in Hochform. Und bei Armani sitzt die Milliardenerbin Athina Onassis – das Haute-Couture-Publikum verjüngt sich.
Iconist
2015-07-08T16:48:52Z
2017-08-25T05:23:28Z
Hippe Haute Couture für eine jüngere Zielgruppe
https://www.welt.de//icon/article143752269/Hippe-Haute-Couture-fuer-eine-juengere-Zielgruppe.html
René Polleschs „Stadion der Weltjugend“: Das Theaterstück im Autokino
Also, was man im Kino wirklich auf keinen Fall machen sollte, ist labern. Natürlich hält sich René Pollesch (verlinkt auf /themen/rene-pollesch/) nicht daran. Lange hat er verlabertes postdramatisches Theater gemacht, neuerdings macht er verlabertes postcinematisches Kino. Und zwar in Stuttgart. Beziehungsweise in Kornwestheim. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: René Pollesch und Martin Wuttke (verlinkt auf /themen/martin-wuttke/) in Kornwestheim. In Kornwestheim – was schon vom Namen her nach einem Hollywoodtraum klingt: halb Wilder Westen, halb Popcorn – steht ein Autokino. Es hätte auch eines in Gravenbruch gegeben, bei Frankfurt, sogar das älteste Deutschlands, 1960 eröffnet, als in Amerika die große Ära des Autokinos schon wieder zu Ende ging. Hätten Pollesch und Wuttke da Station gemacht mit ihrem Stück namens „Stadion der Weltjugend“, hätte das die Anreise erheblich erleichtert. Doch weil sie das Ganze unbedingt in Kornwestheim inszenieren mussten, musste ich nicht nur von Berlin nach Frankfurt fliegen, weil die Flüge nach Stuttgart so teuer waren, sondern mir in Frankfurt auch noch ein Auto leihen und 250 Kilometer fahren, A5, A6, A81. Irgendwann also Kornwestheim (verlinkt auf /themen/kornwestheim/) . Ich war auch noch allein unterwegs, vielleicht verständlich angesichts der Anreisestrapazen, aber trotzdem schon wieder ein Kardinalfehler im Kino, besonders im Autokino: Man darf auf keinen Fall allein kommen und man darf auf keinen Fall labern. Denn es geht doch hier alles ums Gucken und Knutschen, das haben uns, wenn nicht das Autokino selbst, doch unzählige Autokinofilme eingeimpft, auch wenn mir gerade nur „Grease“ einfällt. Es war jedenfalls alles falsch, ein einziger Anschlussfehler, um den es an diesem Abend noch viel gehen würde. „Ich bin einfach nur noch ein horrormäßiger Anschlussfehler“, würde Wuttke nachher zetern. Ich fühlte mich schon so, als ich auf dem von vorwitzigen Grasbüscheln gesprenkelten Asphaltboden einparkte, an der Stelle, an der mich die Ordner mit ihrer orangen Plastikmontur haben wollten, in der Mitte, direkt vor dem Technikhäuschen, wo später der Projektor lossirren würde, in eine sternenklare Kornwestheimer Nacht hinein, in der die Motten, wenn sie durch den Lichtstrahl tanzten, zu Glühwürmchen wurden. Ich ging mir erst mal Popcorn kaufen, in einem amerikanischen Diner in der Mitte zwischen den beiden Leinwänden, dazu ein Radler, denn ich würde ja später wieder zurückfahren müssen durch eine endlose Dunkelheit, nur einen Markierungsstreifen im Scheinwerferkegel wie der Anfang von David Lynchs (verlinkt auf /kultur/medien/article139415436/Wie-verrueckt-ist-David-Lynch-wirklich.html) „Lost Highway“. Die Sterne als Notbeleuchtung Dann holte ich mir einen der blauen Plastikstühle, die überall herumstanden, auf das Angebot eines Transistorradios verzichtete ich und stellte die Frequenz in meinem Auto auf 91,3. „Autokino“ lief da über den LCD-Schirm. Tolle Idee, so den Sound zu übertragen, im Autokinouniversum wahrscheinlich eine Selbstverständlichkeit, aber für Theatergänger doch eher ungewöhnlich. Überhaupt diese Situation: Sommer, sternenklare Nacht, Glühwürmchenmotten, Bier, Popcorn, Plastikstuhl. Da kann auch das Theater nicht mehr groß stören. Das Saallicht ging mit einiger Verspätung aus, das Notlicht, also die Sterne, blieb an, was ja Claus Peymann (verlinkt auf /themen/claus-peymann/) und Thomas Bernhard in Salzburg einmal in den Wahnsinn getrieben hat, aber hier in der freien Asphaltnatur schien es nur folgerichtig. „Alles“, würde Martin Wuttke gleich sagen, in einem bizarren Anzug, mit schmalem Oberlippenbärtchen und zurückgekämmten Haaren, ganz wie ein Gangster aus den Dreißiger- bis Fünfzigerjahren, „alles, was ich tue, ist von diesem Moment an von einem grundlegenden Gedanken gefärbt, und wahrscheinlich dem, dass ich dem Wahnsinn der Kontinuität anheimgefallen bin.“ Das war der Einbruch von Pollesch in die Romantik des Anfangs, so wie eine Gang Punks oder Soziologiestudenten in einen Juwelier einbricht. Ein Autokino ist auch nur ein Parkplatz mit Leinwand Kontinuität beziehungsweise Continuity gibt es ja auch in einem Text. Darunter versteht man nicht das bloße chronologische Aufeinanderfolgen von Ereignissen, ohne dass es einen nennenswerten Bruch gäbe, sondern ihre Anschlussfähigkeit. Auch wenn man in der Zeit hin- und herspringt, was vollkommen okay ist, sollte man bloß darauf achten, dass die Anschlüsse stimmen. So kann man Wuttke locker vom Wahnsinn der Kontinuität berichten lassen und den romantischen Anfang, der diesem Wuttke-Wahnsinnsbericht vorausgegangen ist, hinterherschieben. Nur muss man darauf achten, dass dabei keine Kaffeetasse in einem unbedachten Moment von der linken in die rechte Hand wechselt. Also, der romantische Anfang: Wuttke, Julischka Eichel, Abak Safaei-Rad, Christian Schneeweiß und Manuel Harder – alle in hübschen Kostümchen, die irgendwas mit der amerikanischen Filmgeschichte zu tun haben, Eichel zum Beispiel in einem einwandfreien „Kill Bill“-Outfit, das ja selbst schon ein Bruce-Lee-Zitat war – laufen über den Parkplatz, der so ein Autokino ja auch ist: ein Parkplatz mit Leinwand. Aus dem eigenen Autoradio dringt dazu schwülstig-verheißungsvolle Musik, ein Soundtrack, der großen Wert darauf legt, genau zu klingen wie ein Soundtrack. Die fünf Knallchargen in ihren Leopardblousons, Gangsterwesten und Overalls steigen in ein Auto und fahren auf dem Parkplatz herum, bis sie – die tollste Idee des ganzen Abends – auf eine kleinere Leinwand einbiegen. Dort läuft eine Verfolgungsjagd durch die Straßen von San Francisco. Die Kamera filmt von hinten, die Schauspieler hoppeln herum, wenn eine Bodenwelle kommt, und lassen sich in den Kurven in die entsprechende Richtung fallen. War das jetzt schon gut genug beschrieben, diese Green-Screenisierung des Theaters? Ein Filmklassiker vorn auf kleiner Leinwand, davor das echte Auto mit den echten Schauspielern, das da tatsächlich herumsteht, das wiederum gefilmt von Stuttgarter Theatertechnikern und übertragen auf die große Leinwand, die wir in unseren Autos und Plastikstühlen betrachten. Wenn man aufsteht, um sich das Popcorn vom T-Shirt zu klopfen, erhascht man einen Blick auf den echten Wuttke ein paar Autoreihen weiter, auch wenn der viel kleiner und unscheinbarer aussieht als sein Pendant auf der Großleinwand. „Was für ein Horror“, ruft er am Steuer sitzend, „dass es immer nur um die geht.“ Er deutet nach oben, auf sein eigenes Abbild. „Warum geht’s denn immer nur um die? Wie die sich angucken! Was soll denn das für ein Film sein? Warum geht’s denn immer nur darum, was in den Leuten los ist? Das ist doch nicht interessant! Da ist doch gar nichts los da oben! Spiel endlich, du Ding!“ In die Muschi kriecht keiner Er und die anderen palavern über die üblichen Pollesch-Themen: Liebe, Identität, Genderkram etc. Es lohnt nicht, das hier ausführlich zu beschreiben. Lesen Sie einfach die Kritik zu irgendeinem anderen Pollesch-Stück. Zurzeit läuft seine Textmaschine sowieso nicht so rund, die letzten zwei, drei Stücke waren ein bisschen mau. Vom Autokino hat er sich womöglich eine gute Starthilfe versprochen. Klappt nur halb, meist bleibt der Wagen liegen, mit zwei Schauspielern vorn und drei hinten. Wie Christian Schneeweiß einmal sehr richtig bemerkt: „Ich hab’s langsam satt, hier rumzusitzen, ich bin eine dramatische Figur, ich brauch ein bisschen Bewegung.“ Zum Finale wird eine weiße Riesenpuppe mit Brüsten aufgeblasen, eine Schöpfung vom verstorbenen Volksbühnenbildner Bert Neumann. Darauf hopsen alle halb motiviert herum wie in diesem Almodóvar-Film. Nur in die Muschi kriecht hier keiner. Egal, dafür ist die Luft gut, und zum Applaus ertönt ein gigantisches Hupkonzert. Termine (verlinkt auf http://autokino-kornwestheim.de/index.php?show=week&target=news&eventid=49360) : 7. Juli bis 23. Juli jeweils Donnerstag bis Sonntag
Jan Küveler
Regisseur René Pollesch fährt mit Martin Wuttke ins Autokino nach Kornwestheim und dreht ein Theaterstück. Das ist absurd und ganz schön meta, doch Sternenhimmel und Popcorn entschädigen für vieles.
Kultur
Theater
2016-07-03T14:47:50Z
2016-07-04T11:46:21Z
„Was soll denn das für ein Film sein?“
https://www.welt.de//kultur/theater/article156781577/Was-soll-denn-das-fuer-ein-Film-sein.html
Islamkritik: Unionspolitiker für Verbot des Mohammed-Videos
In der deutschen Politik ist ein heftiger Streit darüber entbrannt, ob die Weiterverbreitung und Aufführung des Schmähvideos über den Propheten Mohammed verboten werden soll. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach plädierte für ein Verbot und warf der rechtspopulistischen Splitterpartei Pro Deutschland, die den Film im Internet verbreitet und in Berlin öffentlich zeigen will, geistige Brandstiftung vor. „Kunstfreiheit gilt nicht grenzenlos“ „Wir haben es hier nicht mit einer Rechtslücke zu tun, denn sowohl die Meinungsfreiheit als auch die Kunstfreiheit gelten nicht schrankenlos“, sagte Bosbach im Bayerischen Rundfunk. Das Video habe eine völlig andere Qualität als die Mohammed-Karikaturen, die sich kritisch mit religiösem Fanatismus auseinandergesetzt hätten. „In dem Film ... geht es um gezielte Provokation in der Hoffnung, dass es dann zu Unruhen kommt.“ Das Schmähvideo hat eine Welle der Gewalt gegen westliche Einrichtungen in islamischen Staaten ausgelöst. Am Freitag brannte ein wütender Mob die deutsche Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum nieder. Auch US-Botschaften wurden angegriffen. Deutschland und die USA zogen daraufhin einen Teil ihrer Mitarbeiter aus dem Land ab und verstärkten die Sicherheitsvorkehrungen andernorts. Missfelder verlangt Überprüfung der Außenpolitik In das gleiche Horn bläst der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder. Er stimmte wie Bosbach den Forderungen von Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) nach einem Aufführungsverbot für das Anti-Islam-Video zu. Er habe seine Zweifel, ob Blasphemie grundsätzlich von der Meinungsfreiheit gedeckt sein könne, so der CDU-Politiker. „Ich finde, dass Gotteslästerung natürlich mehr ist als nur eine reine Verletzung von Gefühlen, sondern ich glaube, das ist etwas, was in unserer Gesellschaft gebannt werden sollte“, sagte der JU-Vorsitzende im Deutschlandfunk. Darüber hinaus plädiert Mißfelder nach dem Angriff auf die deutsche Botschaft im Sudan für eine Überprüfung der deutschen Außenpolitik. Er unterstützte Forderungen nach einem Aufführungsverbot für das Anti-Islam-Video in Deutschland. Vielleicht habe man zu sehr auf Dialog gesetzt und die ein oder andere radikale Position unterschätzt, sagte der außenpolitische Sprecher der Bundestags-Unionsfraktion mit Blick auf die Ereignisse im Sudan. Man müsse feststellen, dass das Instrument der Religion in der islamischen Welt zur Radikalisierung genutzt werde und Teile des Islam ein Aggressionspotenzial in sich trügen, das offenbar auch keine Rücksicht auf die Unversehrtheit von Botschaften nehme. Mißfelder betonte, dies sei für das friedliche Miteinander eine gefährliche Entwicklung und müsse für die außenpolitische Ausrichtung zu denken geben. Für SPD ist Verbot nur „letztes Mittel“ Trotz der massiven Ausschreitungen lehnte die SPD ein Verbot des Mohammed-Films ab. Er teile zwar die Sicherheitsbedenken und Straftatbestände sollten geprüft werden, sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz. Ein Verbot könne aber nur das letzte Mittel sein. „Eine bloße außenpolitische Rücksichtnahme reicht nicht aus, die Grundrechte zu beeinträchtigen“, sagte er der „taz“. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Becker sieht keine Grundlage für ein Verbot. „Nach dem, was ich gesehen habe, ist der Film eine geschmacklose Dämlichkeit, aber kein strafbarer Inhalt“, sagte er der gleichen Zeitung. In der Union gibt es aber auch andere Stimmen. So warnt Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann vor einem Eingriff in die Grundrechte. Der Staat dürfe niemals auf Extremisten reagieren, indem er Grundrechte wie die Meinungs- oder Religionsfreiheit antaste. „Das ist ja genau das, was die Extremisten wollen“, sagte der CDU-Politiker dem NDR. „Insofern sehe ich da keine Notwendigkeit, Gesetze zu ändern – das wäre absolut falsch“. Dennoch lasse sich die Ausstrahlung des Schmähfilms in Deutschland stoppen. „Wenn so etwas öffentlich gezeigt wird und davon Gefahren ausgehen, dann haben wir im Polizeirecht die Möglichkeit, das zu verhindern“, sagte Schünemann. „Aber das geht dann auf der Grundlage von Gefahrenabwehr.“ Polizeigewerkschaft verweist auf Strafgesetzbuch Zurückhaltender äußerte sich die Gewerkschaft der Polizei zu einem Ausstrahlungsverbot. „Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, ist möglicherweise ein Verfahren nach Paragraf 166 Strafgesetzbuch einzuleiten, nämlich Störung des öffentlichen Friedens“, sagte ihr Vorsitzender Bernhard Witthaut dem rbb. „Wir haben in Deutschland ein sehr hohes Recht auf freie Meinungsäußerung“. Gerade bei religiösen Themen lasse sich ein Ausstrahlungsverbot umso schwieriger erwirken. Diese Provokation sei von Pro Deutschland sicherlich bewusst in Richtung Berlin geschoben worden, weil man dadurch das größtmögliche Maß an Aufmerksamkeit erregen könne.
WELT
In der Union mehren sich die Stimmen für ein Aufführungsverbot des Films. Der Junge-Union-Chef verlangt sogar eine Überprüfung der Außenpolitik. Die Opposition warnt vor Schnellschüssen
Politik
Deutschland
2012-09-17T09:45:53Z
2015-10-05T11:53:15Z
Unionspolitiker für Verbot des Mohammed-Videos
https://www.welt.de//politik/deutschland/article109269710/Unionspolitiker-fuer-Verbot-des-Mohammed-Videos.html
Bezahlfernsehen: Premiere schiebt Abo-Schwund auf Hacker
„Schwarzseher“ haben nach Angaben von Premiere dem Bezahlfernsehsender nach dem Weihnachtsgeschäft auch das erste Quartal des neuen Jahres vermiest. Der Bezahlfernsehsender verlor zwischen Januar und März 36.000 Abonnenten und hatte per Ende März insgesamt 4,24 Millionen Kunden. Unter dem Strich stand ein Verlust von 28,1 Millionen Euro. Vor Jahresfrist hatte Premiere noch einen kleinen Gewinn von 4,5 Millionen Euro erwirtschaftet. Das operative Ergebnis (Ebitda) brach dem Zwischenbericht vom Donnerstag zufolge auf 2,8 Millionen Euro ein, ein Jahr zuvor waren es noch 37,8 Millionen Euro. Bis Ende September will Premiere die Sicherheitslücke schließen, durch die sich die Abonnementgebühren für Spielfilme und Sportereignisse umgehen lassen. Dazu nutzt Premiere neuerdings auch Technik aus dem Haus seines Großaktionärs Rupert Murdoch, News Corp. „Ich gehe davon aus, dass wir mit einem neuen, sicheren Verschlüsselungssystem ein starkes Wachstum sehen werden“, sagte Premiere-Chef Michael Börnicke. Das zweite Quartal werde von den Problemen noch überschattet. „Wachstum können wir da nicht erwarten“, räumte er ein. In der zweiten Jahreshälfte sollte sich das Ebitda aber verbessern. Eine konkrete Prognose für 2008 wagte der Senderchef nicht. Dazu müssten das Piraterieproblem erst gelöst sein und die Ausschreibung der Übertragungsrechte an der Fußball-Bundesliga über die Bühne gehen. Mit dem Beginn sei frühestens Mitte Juni zu rechnen. „Realistischer ist Mitte Juli“, sagte Börnicke. Das Bundeskartellamt prüft noch die Zentralvermarktung der Bundesliga. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) durfte die Ausschreibung aber schon ankündigen. „Wir haben uns registrieren lassen und werden ein Angebot abgeben“, sagte Börnicke. Neues altes Preissystem soll Umsatz beflügeln Premiere hatte die Rechte Ende 2005 verloren und kämpfte anschließend mit Abonnentenschwund. Ein neues Preissystem sollte ihn bremsen. In der Zwischenzeit erhielt Premiere die Rechte bis zur nächsten Saison vom Konkurrenten Arena zurück. Nun will Börnicke – auch um wieder mehr Abonnenten anzulocken – die alte Preisstruktur aufleben lassen. Sowohl der Umsatz pro Kunde als auch die Anreize, Pakete aufzustocken würden dadurch steigen, verspricht sich Premiere. Analysten gehen davon aus, dass es Premiere in den nächsten zwölf Monaten gelingen könnte, die desolate wirtschaftliche Lage zu verbessern. Die Premiere-Aktie holte Kursverluste im Handelsverlauf teilweise wieder wett und notierte bei 12,73 Euro nur noch 0,5 Prozent im Minus.
WELT
Der Bezahl-Sender Premiere hat in den ersten drei Monaten des Jahres rund 36.000 Abonnenten verloren. Das Unternehmen schiebt den Kundenschwund auf die Schwarzseher, die auch schon das Weihnachtsgeschäft vermiest hätten. Jetzt setzt der Sender auf neue Technik, um seine miserable Wirtschaftslage zu verbessern.
Wirtschaft
2008-05-15T10:01:37Z
2015-10-03T11:24:29Z
Premiere schiebt Abo-Schwund auf Hacker
https://www.welt.de//wirtschaft/article1998023/Premiere-schiebt-Abo-Schwund-auf-Hacker.html
Internationales Polarjahr: Schüler werden „Botschafter der Arktis"
In Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg wird der Bad Bramstedter Polarforscher Arved Fuchs erstmals eine Schülerexpedition zum Thema Klimawandel organisieren. Mitte Juli werden sich 14 ausgewählte Schülerinnen und Schüler aus Deutschland, China, Norwegen, Dänemark und Tschechien auf Spitzbergen treffen – in einer Region, in der die Jahresmitteltemperaturen im Winter bei minus 20 Grad und im Sommer bei plus fünf Grad liegen. Wo nur Moose, Flechten, kleine Polarweiden und Zwergbirken gedeihen, sollen die Teilnehmer vom 16. bis 21.Juli die Folgen der globalen Erwärmung vor Ort beobachten können. Vorträge, Seminare und eine Exkursion mit der „Dagmar Aaen“ komplettieren das weltweit einzigartige Jugendcamp im Rahmen des Internationalen Polarjahres 2007/08. „Unser Ziel ist es, dass die Schüler als Botschafter der Arktis in ihre Heimat und in ihre Schulen zurückkehren, um auf die Gefährdung der Umwelt in dieser Region aufmerksam zu machen“, sagt Arved Fuchs. Arved Fuchs kennt die Polarregionen dieser Welt wie kaum ein anderer Ausgewählt wurden die Schulen und Schüler durch einen Wettbewerb, bei dem Wissen und Ideen angesichts des Klimawandels in der Arktis zusammengetragen werden sollten. Die deutschen Gewinner kommen unter anderem aus der Erich-Kästner-Gesamtschule Hamburg (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hamburg-staedtereise/) , aus Wittstock, Rathenow und dem Johanneum Lübeck (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/luebeck/) . Das Mindestalter der Teilnehmer beträgt 16 Jahre. Zudem müssen sie sehr gut Englisch sprechen können, denn es sind auch Vorlesungen an der Polar-Uni in Longyearbyen geplant. Die Schirmherrschaft für das gesamte Projekt hat das Unternehmen Jack Wolfskin übernommen. Übernachten werden sie in einem Gästehaus auf Spitzbergen, das politisch zu Norwegen gehört. Arved Fuchs kennt die Polarregionen dieser Welt wie kaum ein anderer. 1983 zum Beispiel fuhr er per Hundeschlitten durch Grönland. 1989 durchquerte er als erster Deutscher in einem Jahr die Eiswüsten am Nord- und Südpol; in der Antarktis begleitete ihn Reinhold Messner. Als erster Mensch überhaupt hat Fuchs den gesamten Nordpol umsegelt. Erst vor wenigen Tagen publizierte der schleswig-holsteinische Expeditionsleiter im Bielefelder Delius Klasing Verlag den Bildband „Die Spur der weißen Wölfe. Mit dem Hundeschlitten in die hohe Arktis“. Darin beschreibt der Autor, wie sein Team vor einem Jahr zwei Monate lang mit elf Hunden auf Ellesmere Island unterwegs war – bei minus 40 Grad Celsius. Zu den wohl nachhaltigsten Höhepunkten zählte die Begegnung mit einem Rudel weißer Wölfe, wobei eines dieser Tiere acht Tage lang immer in der Nähe des Expeditionsteams blieb. Fuchs bemerkt in seinem Buch, dass der Wolf in der ganzen Zeit keine Nahrung zu sich nahm.
Edgar S. Hasse
Zusammen mit dem Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie plant Polarforscher Arved Fuchs eineuropäisches Jugendcamp auf Spitzbergen. Dort sollen die Schüler den Klimawandel hautnah erleben und als Fürsprecher der Arktis in ihre Heimat und ihre Schule zurückkehren.
Regionales
Hamburg
2007-05-09T14:26:11Z
2011-11-15T22:30:23Z
Schüler werden „Botschafter der Arktis"
https://www.welt.de//regionales/hamburg/article862161/Schueler-werden-Botschafter-der-Arktis.html
Gesellschaft: Sind wir nicht alle ein bisschen Porno?
Das Verfahren „Jacobellis versus Ohio“ vor dem Obersten Gericht der Vereinigten Staaten von Amerika begann am 26. März 1963, zog sich über 15 Monate hin und endete am 22. Juni 1964 mit einem Urteil, das in die Geschichte einging. Die Entscheidung fiel zwar zugunsten des Klägers, eines Kinomanagers aus Ohio, aus, die neun Richter unter dem Vorsitz des Oberrichters Earl Warren konnten sich aber nicht auf eine gemeinsame Begründung einigen. So kam es zu nicht weniger als sechs verschiedenen Begründungen. Die ehrlichste und originellste stammte aus der Feder des Richters Potter Stewart. Er wolle nicht den Versuch unternehmen, das dem Gericht vorliegende „Material“ zu definieren, das wäre eine Aufgabe, die ihn überfordern würde, aber: „I know it when I see it.“ Diese sieben Worte stehen seitdem für den gesunden Menschenverstand, der auf das Offensichtliche baut, statt Paragrafen zu folgen. Das Leben soll die Rechtsprechung bestimmen, nicht die Rechtsprechung das Leben. Worum ging es in dem Verfahren „Jacobellis versus Ohio“? Natürlich um „obszönes Material“, besser bekannt unter dem Sammelbegriff „Pornografie“. Nico Jacobellis hatte in seinem Kino in Cleveland Heights den französischen Film „Les Amants“ (Die Liebenden) von Louis Malle mit Jeanne Moreau in der Hauptrolle gezeigt, ein cineastisches Werk, in dem es um Ehe, Liebe und Untreue geht. In Frankreich war der Film ein großer Erfolg, in den USA blieb er eher unbeachtet. Bis ein Richter am Cuyahoga County (verlinkt auf http://en.wikipedia.org/wiki/Cuyahoga_County,_Ohio) Court (verlinkt auf http://en.wikipedia.org/wiki/Ohio_Courts_of_Common_Pleas) den Kinomanager zu einer Geldstrafe von 2500 Dollar wegen Verbreitung obszönen Materials verurteilte. Das Urteil wurde 1962 vom Obersten Gericht des Staates Ohio bestätigt, bevor es zwei Jahre später vom Obersten Gericht der USA aufgehoben wurde. Die Tabubrüche der „Sünderin“ Wer nun meint, sich aufgrund dieses Verfahrens über die dummen, prüden und verklemmten Amerikaner lustig machen zu müssen, der sei an den Fall der „Sünderin“ erinnert, eines deutschen Films aus dem Jahr 1951 mit Hildegard Knef in der Hauptrolle. Sie spielte eine ehemalige Prostituierte namens Marina, die sich in einen Maler verliebt, der an einem Hirntumor erkrankt ist. Um Geld für eine Operation zu verdienen, kehrt sie in ihren Beruf zurück. Aber das Schicksal ist gnadenlos. Die Operation geht schief, der Maler erblindet, Marina erlöst ihn von seinem Leiden mit Schlaftabletten und begeht anschließend Selbstmord. Mehr Tabubrüche ließen sich in eine 100 Minuten lange Handlung einfach nicht packen. Was den Film zu einem öffentlichen Ärgernis machte, war zum einen der Plot, in dem Marina auch noch von ihrem Stiefbruder verführt und Zeugin eines Mordes wird, zum anderen eine sekundenkurze Szene, in der sie von der Seite nackt zu sehen ist. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) verweigerte die Freigabe des Films mit der Begründung, es sei nicht hinnehmbar, dass die Protagonistin „die Prostituierung als einen selbstverständlichen Ausweg aus ihrer menschlichen und wirtschaftlichen Notlage wählt“; die Darstellung von Selbstmord und Tötung auf Verlangen werde „als Selbstverständlichkeit und einzig richtiger Ausweg hingestellt“ und könne so „als Ideal erscheinen und zur Nachahmung anreizen“. Hurerei und Selbstmord Aber das war nur das Vorspiel zur großen Entrüstung. Nachdem der Hauptausschuss der Spitzenorganisation der deutschen Filmwirtschaft die Entscheidung der FSK aufgehoben und den Film mit minimalen Änderungen freigegeben hatte, brach das aus, was man heute einen „Shitstorm“ nennen würde. Der katholische „Film-Dienst“ rief alle Katholiken zum Boykott des Films auf, der Erzbischof von Köln verfasste einen zornigen Hirtenbrief, der in allen Gemeinden seiner Diözese verlesen wurde; in den Kinos explodierten Stinkbomben und vor den Lichtspielhäusern wurden Flugblätter mit kämpferischen Parolen verteilt: „Die Sünderin – Ein Faustschlag ins Gesicht jeder anständigen deutschen Frau! Hurerei und Selbstmord! Sollen das die Ideale eines Volkes sein?“ Aus über 60 Jahren Abstand erscheinen solche Reaktionen auf einen Film aus der Abteilung „Leid und Leidenschaft“ so unverhältnismäßig wie der Einsatz einer Artillerieeinheit gegen eine Handvoll vorlauter Spatzen. Keine zehn Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches wurde die Moral nicht von den im öffentlichen Dienst gelassenen und verbliebenen Altnazis bedroht, sondern von Büchern, Filmen und Magazinen, in denen der „Verfall der Sitten“ propagiert wurde. Das konnten Werke der Filmkunst sein wie „Die Sünderin“, harmlose Nudistenmagazine („Licht und Schönheit“) oder literarische Klassiker wie „Josefine Mutzenbacher – Die Lebensgeschichte einer wienerischen Dirne, von ihr selbst erzählt“. Sittenstrenge Staatsanwälte wachten darüber, was in den Kinos gezeigt, in den Buchhandlungen offen ausgestellt und in den Zeitungsläden diskret angeboten wurde. Durchsuchungen und Beschlagnahmen waren an der Tagesordnung. Wer „erotische Literatur“ feilbot, stand mit einem Bein im Gefängnis. Weil aber die beamteten Fahnder nicht überall zugleich sein konnten, halfen ihnen freiwillige Helfer aus. In Köln zum Beispiel wirkte eine Organisation namens „Volkswartbund“, deren Mitglieder wie Kammerjäger unterwegs waren, nur dass sie nicht Ungeziefer, sondern Unzucht verfolgten beziehungsweise das, was sie darunter verstanden. Dazu gehörte auch die erste Ausgabe der satirischen Monatszeitschrift „pardon“ vom August 1962, in deren Mitte auf einer Doppelseite eine „Straßenbahn namens Sehnsucht“ zu sehen war – ineinander verknäulte nackte Menschen, die eine wilde Party feiern, während der Leibhaftige die Tram steuert. Diesen Cartoon fanden die Volkswarte so anstößig und dermaßen „offensichtlich jugendgefährdend“, dass sie den Kölner Grossisten mit Anzeigen drohten, worauf der Verlag die Notbremse zog und in den für die Domstadt bestimmten „pardon“-Exemplaren die Doppelseite mit der „Straßenbahn namens Sehnsucht“ schwärzen ließ. Der Kampf gegen die Unmoral Es gehört zu den subtilen Pointen der Geschichte, dass die Einführung der „Elektrischen“ in Köln mit der Gründung des Volkswartbundes zeitlich zusammenfiel. Im Jahr 1896 wurde der „Kölner Männerverein zur Bekämpfung öffentlicher Unsittlichkeit (verlinkt auf http://de.wikipedia.org/wiki/Sittlichkeit) “ gegründet, die Keimzelle und Speerspitze der Bewegung für ein sauberes Rheinland. Anfang der 1950er-Jahre bekam der Verein einen neuen Namen: „Bischöfliche Arbeitsstelle für Fragen der Volkssittlichkeit“, später wurde daraus die „Zentralstelle für Fragen der Sozialethik und Sozialhygiene e.V.“; aktuell firmiert er als „Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendschutz e.V.“. Wer die Sittengeschichte der Bundesrepublik schreiben will, kommt am Volkswartbund und seinen Ablegern nicht vorbei. Dabei wird auch dem naivsten Beobachter bewusst, wie viel die Freunde der gedruckten Unsittlichkeit und deren Bekämpfer gemeinsam haben. Die einen nähern sich den Objekten ihrer Lust mit affirmativer Neugierde, die anderen mit einem zielgerichteten Ekel, ganz so wie Karl Kraus es einmal über die Teilnehmer eines Kongresses zur Bekämpfung der Prostitution geschrieben hat, die „das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, zugleich der Prostitution und der Prostituierten an den Leib rücken“ wollten. Im Kampf gegen die Unmoral ist die Befriedigung der eigenen Unlust die Vorstufe zum Dienst an der Gesellschaft. Obwohl es Pornografie im Sinne einer „direkten Darstellung der menschlichen Sexualität (verlinkt auf http://de.wikipedia.org/wiki/Sexualit%C3%A4t_des_Menschen) oder des Sexualakts (verlinkt auf http://de.wikipedia.org/wiki/Geschlechtsverkehr) , in der Regel mit dem Ziel, den Betrachter sexuell zu erregen“ (Wikipedia), schon in der Antike gab und bei den Ausgrabungen von Pompeji ausgesprochen eindeutige Wandmalereien freigelegt wurden, existiert keine allgemein verbindliche Definition des Begriffes bzw. des Tatbestandes. Nicht einmal die regelungswütigen Brüsseler Bürokraten haben es versucht. Die Feststellung des amerikanischen Bundesrichters Potter Stewart „I know it when I see it“ kommt der Sache noch am nächsten, aktualisiert durch den Satz von Bill Clinton: „It depends how you define sex.“ Es gibt für Pornografie keinen Speichel- und keinen Lackmustest. Was den einen sexuell erregt, findet der andere langweilig bis abtörnend. Und dann ist da noch der „Kunstvorbehalt“, der das Obszöne relativiert. Masturbation mit einem Kruzifix Die 2100 Jahre alte und barbusige Venus von Milo ist Kunst; als aber die Künstlerin Cicciolina 1988 in Venedig auf ein Denkmal stieg und ihre Brüste entblößte, wurde sie wegen „obszöner Akte in der Öffentlichkeit“ zu fünf Monaten auf Bewährung verurteilt. Ein Vierteljahrhundert später, 2012, wurde am gleichen Ort, beim Filmfestival von Venedig, ein Film preisgekrönt, dessen Hauptdarstellerin mit einem Kruzifix masturbiert. 2008 hing im Bozener „Museion“ wochenlang ein „gekreuzigter Frosch“ an der Wand; und obwohl der Papst persönlich gegen die Verletzung der „religiösen Gefühle vieler Menschen“ protestierte, „die im Kreuz ein Symbol der Liebe Gottes und unserer Rettung sehen“, blieb er bis zum Ende der Ausstellung hängen. Solche gotteslästerlichen Inszenierungen wären noch heute weder im katholischen Polen noch im sittenstrengen Bayern denkbar. Denn: Was die religiösen Gefühle der Menschen verletzt, ist ebenso von der jeweiligen Zeit und der jeweiligen Kultur abhängig wie das, was die Menschen sexuell erregt. „Jeder Jeck ist anders“, sagen die Rheinländer; „One size fits all“ gilt nur für Socken bei KiK. Man kann nicht einmal mit letzter Gewissheit behaupten, die Gesellschaft sei toleranter und permissiver geworden. Bei sexuellen Äußerungen und Darstellungen scheint das der Fall zu sein. Es gibt kaum einen „Tatort“, in dem nicht wenigstens einmal der Satz fällt „Isch fick disch, du Fotze!“, er steht für Authentizität und Diversität. Wenn aber ein in die Herrenjahre gekommener Minister gegenüber einer jungen Journalistin Anspielungen über ihre Dirndltauglichkeit macht, dann kriegt sich die Republik wochenlang über einen solchen Akt der Frauenverachtung nicht mehr ein. So viel Heuchelei gab es zuletzt im viktorianischen England, wo die Beine von Klavieren als so anstößig galten, dass sie verhüllt wurden, während nebenan der Bordellbetrieb weiterging. Die Auswüchse der Political Correctness Der Zugewinn an Toleranz und Permissivität geht vermutlich in jeder Gesellschaft mit der Erweiterung einer Verbotszone einher. Als vor zehn Jahren im Hamburger Verlag Hoffmann und Campe eine Doppel-CD („Aufklärung für Kinder“) mit Texten von Walter Benjamin erschien, dauerte es nicht lange, bis die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration auf das Werk aufmerksam und beim Verlag brieflich vorstellig wurde. Vor allem der Beitrag über „Die Zigeuner“ müsse als „problematisch“ eingestuft werden. Der Text enthalte eine „quasi mythische Darstellung der Situation von sogenannten ‚Zigeunern‘ in der Zeit Benjamins“ und sei geeignet, „Stereotype und Vorurteile ... eher zu betonen als zu hinterfragen“. Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration empfahl, von einer weiteren Veröffentlichung der Benjamin-CD „abzusehen“, und bat um Vollzugsmeldung. „Bitte informieren Sie die Beauftragte über Ihre Entscheidung.“ Vor zehn Jahren löste ein solches Ansinnen eine allgemeine Heiterkeit in den Feuilletons aus, verbunden mit dem sachdienlichen Hinweis an die Adresse der Absenderin, zur Zeit von Walter Benjamin habe es eben keine Sinti und Roma, sondern nur Zigeuner gegeben; man könne den Autor auch nicht bitten, die erwünschten Änderungen vorzunehmen, weil er im Jahr 1940 auf der Flucht vor den Nazis Selbstmord begangen habe. Eine Tatsache, die der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration entweder unbekannt war oder von ihr souverän ignoriert wurde. Heute hätte ihr Vorschlag gute Chancen, ernst genommen und umgesetzt zu werden. Denn inzwischen wurden der „Negerkuss“ und der „Mohrenkopf“ aus den Konditoreien verbannt. Der berühmte Sarotti-Mohr, 1918 eingeführt, heißt jetzt „Magier der Sinne“ und hat eine goldene Hautfarbe. Märchen wie „Pippi Langstrumpf“ und „Hotzenplotz“ werden auf den letzten Stand der Political Correctness gebracht. Die „Mohrenstraße“ in Berlin soll in „Nelson-Mandela-Straße“ umbenannt werden. Alles unter dem Vorzeichen eines praktizierten Antirassismus, der in seinem Kern so rassistisch und voller Ressentiments ist wie ein Ku-Klux-Klan-Mann, der sich von den Strapazen einer Kundgebung gegen „Mischehen“ in einem Puff mit schwarzen Frauen erholt. „Mutti“ – eine grausame Wortwahl Es wird immer wieder behauptet, Sexismus sei eine Variante des Rassismus, der sich gegen Frauen richtet. Pornografie demütige die Frauen und mache sie zu Objekten männlicher Begierde. Da ist was dran. Wenn aber Frauen den Spieß umdrehen und Männer zu Objekten ihrer Begierde machen, dann heißt es gleich, sie würden männliche Rollenmuster übernehmen, oben zu liegen sei noch kein Akt der Befreiung. Margarete Mitscherlich hat die Mär von der „friedfertigen Frau“ in die Welt gesetzt, die vom Nationalsozialismus missbraucht und verführt wurde. Ohne zu bedenken, dass jeder Despot, jeder Krieger, jeder Vergewaltiger und jeder SS-Mann eine Mutter hatte, die bei seiner Erziehung eine maßgeblichere Rolle spielte als der dazugehörige Vater, wobei Pornografie als pädagogisches Instrument vermutlich nicht zum Einsatz kam. Nun, da die Bundesrepublik seit acht Jahren von einer Frau regiert wird, ist tatsächlich eine gewisse Pazifizierung festzustellen. Nicht unbedingt bei den Aufzügen des militanten Teils der Friedensbewegung, den sogenannten Autonomen, sondern in einer Wortwahl, die an Grausamkeit nicht zu übertreffen ist: „Mutti“. Wenn aber in einer von Männern beherrschten, sexistischen Gesellschaft eine Frau so weit kommen konnte, dann kann es mit der Macht der Männer nicht weit her sein. Jedenfalls waren sie nicht in der Lage, „Mutti“ auf dem Weg nach ganz oben aufzuhalten. Und wenn dann noch immer behauptet wird, Pornografie brutalisiere die Gesellschaft, dann ist diese Behauptung so falsch, dass nicht einmal das Gegenteil wahr ist, denn dann müssten offiziell pornofreie Gesellschaften wie Afghanistan, Nordkorea, Russland und der Jemen extrem friedfertige Sozietäten sein. Es ist viel einfacher zu erklären, was Pornografie nicht ist, als zu sagen, was sie ist: weder Opium fürs Volk noch Beschleuniger gesellschaftlichen Wandels; weder die Voraussetzung für eine sexuell befreite Gesellschaft noch der Beweis, dass die sexuelle Revolution gescheitert ist. Pornografie ist, wie alles in der Konsumgesellschaft, ein Marktplatz, auf dem Produzenten und Verbraucher einander suchen und finden, genauer: Exhibitionisten und Voyeure. Eine „Erotik-Messe“, auf der Stimulanzien, mechanische Erektionshilfen, Sex-Spielzeuge und Kondome mit Ananas-, Pfefferminz- und Vanille-Geschmack angeboten werden, unterscheidet sich kaum von der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt oder der Allgemeinen Nahrungs- und Genussmittel-Ausstellung (Anuga) in Köln. Billiger geht’s immer Dennoch dominiert der Eindruck, die Gesellschaft sei vollkommen „versext“. Feministinnen, linke Kulturkritiker und konservative Untergangspropheten sprechen gern von einer „Pornografisierung“ des Alltags. Einmal mehr steht die Zukunft auf dem Spiel. Die sexuelle Aufladung des öffentlichen Raumes ist aber nicht das Ergebnis der „Pornografisierung“, sondern der Digitalisierung der Gesellschaft. Wenn man Brillen, Bücher, Kameras, Kleider, Kosmetika, Reisen, Schuhe, Tierfutter und Unterwäsche online kaufen kann, dann kann man auch, ohne vom Sofa aufstehen zu müssen, „verruchte“ und „versiffte“ Orte besuchen, an denen man lieber nicht gesehen werden möchte. Die Nachfrage nach Polaroidkameras in den 60er- und 70er-Jahren rührte vor allem daher, dass man mit ihnen zu Hause Fotos machen konnte, die man nicht zum Entwickeln bringen musste. Das Internet ist noch praktischer. Einerseits ein Tummelplatz für Exhibitionisten und Voyeure, andererseits ein Raum der Diskretion. Man kann alles mit allen teilen, ohne sich zu kennen. Man kann am Leben der anderen teilnehmen und sich jederzeit verabschieden, ohne „Auf Wiedersehen“ zu sagen. Schon melden Sex-Shops einen Rückgang der Besucherzahlen. Warum soll jemand eine DVD leihen oder kaufen, wenn es das Gleiche im Netz gibt? Billiger, immer und von überall aus. Wer in Wasserburg am Inn per Mausklick kalifornischen Wein kauft, kann auch im australischen Adelaide italienische Sex-Clips schauen. Oder beim Urbi-et-orbi-Segen des Papstes live dabei sein. Josefine Mutzenbacher war vorgestern. Die Sünderin gestern. Lady Gaga ist heute. Morgen wird es etwas sein, was noch erfunden werden muss. Natürlich wieder etwas Obszönes, Pornografisches, Unsittliches. We know it when we see it.
Henryk M. Broder
Niemand schaut so viele Pornos im Internet wie die Deutschen. Ist unsere Gesellschaft zu „versext“? Verfallen deshalb die Sitten? Ein Essay zum letzten Stand dieser uralten Debatte.
Vermischtes
2013-12-31T06:15:57Z
2015-10-15T16:48:31Z
Sind wir nicht alle ein bisschen Porno?
https://www.welt.de//vermischtes/article123396519.ece
Top Ten: Die zehn meistverkauften Autos der Geschichte
Wenn demnächst die Hülle vom neuen VW Golf gezogen wird, gehen bei einigen Händlern sicherlich schon die ersten Bestellungen ein. Und wahrscheinlich wird die siebte Generation des Klassikers wieder schnell zum meistverkauften Auto Europas werden – das meistverkaufte Fahrzeug der Welt wird er aber eher nicht werden. Auch wenn seit 1974 schon über 29 Millionen Einheiten die Bänder verließen, die Spitze der Topseller hat der Golf noch nicht erreicht, obwohl vor allem Kompaktfahrzeuge weltweit sehr beliebt sind. Aber dafür befinden sich gleich drei Modelle von Volkswagen unter den Top Ten der meistverkauften Autos. Preis-Leistungsverhältnis muss stimmen Ein Bestseller-Modell ist für einen Autohersteller der Hauptgewinn. Einmal auf dem Markt und mit gemachtem Namen, wird die Produktion auf ewig laufen und laufen und laufen. Nur wenige haben es je geschafft die perfekte Mischung zu finden, die Generationen von Kunden überzeugt sich immer wieder für dieses eine Auto zu entscheiden. Und die Liste der zehn erfolgreichsten Modelle der Geschichte veranschaulicht, dass sich die Zutaten für den Erfolg auf eine ziemlich einfache Formel reduzieren lassen: das beste Preis-Leistungsverhältnis.
WELT
Die erfolgreichsten Modelle der Autohersteller beweisen, dass die Mehrheit der Autofahrer bewährte Zuverlässigkeit einem tollen Image und Design vorzieht. Der VW Golf ist nicht mal das beste Beispiel.
Motor
2012-08-30T06:44:31Z
2015-10-05T10:45:18Z
Die zehn meistverkauften Autos der Geschichte
https://www.welt.de//motor/article108868147/Die-zehn-meistverkauften-Autos-der-Geschichte.html
Care-Pakete: 40.000 Kalorien gegen den Hunger in Deutschland
Rindfleisch, Corned Beef, Speck, Margarine, Zucker, Milchpulver und Kaffee: Begehrt wie ein Schatz ist der Inhalt der legendären Care-Pakete im hungernden Nachkriegsdeutschland. 15 Dollar kostet jede Hilfslieferung, die eine Familie für einen Monat mit dem Notwendigsten versorgt. Hinter der Aktion steht die „Cooperative for American Remittances to Europe“, kurz Care, der 22 Organisationen (verlinkt auf https://www.care.de/) in den USA angehören. Vor 70 Jahren, am 15. Juli 1946 (verlinkt auf /regionales/berlin/article156147124/Aktionstag-auf-dem-Potsdamer-Platz.html) , erreichten die ersten Lebensmittellieferungen Bremerhaven. Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) sprach 1949 von einem „greifbaren Beweis, dass der Geist christlicher Barmherzigkeit in den Herzen der Amerikaner lebendig ist.“ Er bedankte sich im Namen aller Bürger: „Jedes der fünf Millionen Care-Pakete, die bis jetzt in Deutschland abgeliefert worden sind, hat mit dazu beigetragen, ein Band der Freundschaft zu schaffen.“ General Lucius D. Clay, der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, unterstützte die Kampagne – aus politischen Motiven im aufziehenden Ost-West-Konflikt. „Da die Russen gleich nebenan 1500 Kalorien als Tagesration bereitstellen, sage ich ohne Vorbehalt: Ich kann nicht helfen, den Glauben an die Demokratie gegenüber dem Kommunismus aufrechtzuerhalten“, hatte der General vor dem Start der Care-Aktion geklagt. „Man liefert Deutschland dem Kommunismus aus.“ Zuerst war es die amerikanische Armee, die die deutsche Bevölkerung mit 2,8 Millionen Essensrationen aus ihrem Fundus unterstützte. Ab März 1947 stellte Care die Pakete selbst zusammen, die nicht nur nach Deutschland, sondern auch in andere europäische Staaten geschickt wurden. Der Inhalt mit seinen rund 40.000 Kalorien war speziell auf Familien zugeschnitten: Die Pakete wurden fleisch- und kalorienhaltiger und angepasst auf die individuellen Ess- und Kochgewohnheiten in den verschiedenen Empfängerländern. Und es kamen weitere spezielle Hilfsangebote dazu: Schulpakete für Volksschulen, Baby-Pakete für Waisenheime oder Erste-Hilfe- und Medikamenten-Pakete. In Zeiten bitterer Armut, wo Tausende bei Hamsterfahrten (verlinkt auf /wirtschaft/article153910055/Als-Camels-Sex-und-Suessstoff-unsere-Waehrung-waren.html) auf dem Land Lebensmittel eintauschten, galten die Pakete wie ein Sechser im Lotto. Doch längst nicht jede Familie kam in den Genuss, zumal zu Beginn der Kampagne nur Verwandte oder Bekannte von US-Bürgern in Europa beschickt werden konnten. Die, die ein Paket erhielten, konnten ihr Glück kaum fassen, wie auch der spätere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU): „Den Inhalt sehe und schmecke ich noch heute: Erdnussbutter. Milchpulver. Kakao, ein Getränk, das ich bis dahin nicht kannte. Eipulver, aus dem meine Mutter Omeletts briet. Und eine Tafel Schokolade. Sie wurde planvoll bewirtschaftet, und nur in festlichen Stunden gab es für jeden ein kleines Stück.“ „In zwei Waggons trafen gestern die ersten Liebesgabenpakete aus Amerika auf dem Güterbahnhof Steglitz ein“, berichtete der Berliner „Telegraf“ am 11. August 1946. Die Waggons enthielten 1480 Care-Pakete und kamen direkt aus Bremerhaven. Aus der ersten Sendung seien 150 Pakete direkt an Berliner Familien adressiert gewesen. Als „glücklichen Empfänger Nr. 1“ nannte das Blatt W. Starick in Charlottenburg, Dahlmannnstraße 5. Das Prinzip der Aktion funktioniert bis heute: Die Bürger spenden Geld für die Pakete – Care bringt sie auf die Reise in alle Welt. Dank der Empfangsquittung war recht sicher gewährleistet, dass die Lebensmittel ihren Empfänger erreichten und nicht auf dem blühenden Schwarzmarkt landeten. Anfangs war das Verteilen schwierig, weil die Reichsbahn nicht mehr existierte, die Post stark behindert war und den Spediteuren Fahrzeuge und Lagerräume fehlten. Besserung trat erst ein, als der Deutsche Caritasverband, die Innere Mission und die Arbeiterwohlfahrt die Verteilung der Lieferungen übernahmen. Auf die amerikanische Zone folgte die britische und zum Schluss auch die französische Zone. Ostdeutschland, das von der Sowjetunion besetzt war, blieb jedoch außen vor, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Auch Griechenland, Österreich, Großbritannien, Frankreich und viele andere Staaten im zerstörten Europa erhielten diese Hilfen. Die Aktion lief bis zum Jahr 1960 und umfasste rund 100 Millionen Pakete, 9,5 Millionen Lebensmittelrationen gingen allein nach Westdeutschland. Es gab außer Care noch viele andere Organisationen, die nach dem Krieg Waren und Geld spendeten. So zum Beispiel die „Schweizer Spende“: Von Februar 1945 bis März 1946 wurden 46 Millionen Franken gesammelt, hinzu kamen noch mehr als 150 Millionen Franken Bundesmittel. Insgesamt leistete die „Schweizer Spende“ bis 1948 in 18 Ländern, darunter auch Deutschland, Hilfe. Dieselben amerikanischen Verbände, die 1945 Care ins Leben gerufen hatten, gründeten im Februar 1946 eine zweite Organisation, den Rat der für Deutschland zugelassenen Hilfsorganisationen (Cralog). Der sammelte in US-Gebieten mit hohem deutschstämmigem Bevölkerungsanteil Lebensmittel. Abgegeben werden konnte alles, sofern es in Dosen verpackt oder in Gläsern eingemacht war. Experten schätzen, dass Cralog rund 323.000 Tonnen Hilfsgüter über den Atlantik geschafft hat – und somit die Menge der Carepakete um das Vierfache übertraf. Insgesamt erhielt Deutschland nach 1945 etwa 600.000 Tonnen Sachgüter im Wert von sechs Milliarden Euro aus dem Ausland. Care ist inzwischen eine global agierende nichtstaatliche Organisation (verlinkt auf https://www.care.de/fileadmin/user_upload/Presse/CARE_Jubil%C3%A4umsbrosch%C3%BCre.pdf) , die weltweit rund 880 Projekte in 90 Ländern betreut. Hilfe zur Selbsthilfe steht dabei im Mittelpunkt, wie Ex-Bundesministerin Rita Süßmuth (CDU), Schirmherrin von Care Deutschland-Luxemburg erläutert. Das Hilfswerk gebe „Menschen in ihrer Heimat Perspektiven und macht die von Not und Armut Betroffenen zu aktiven Mitgestaltern von Entwicklung“. Sie finden „Weltgeschichte“ auch auf Facebook. Wir freuen uns über ein Like. (verlinkt auf https://www.facebook.com/weltgeschichte/)
Dirk Baas
Um die Not in Europa nach Ende des Zweiten Weltkriegs zu lindern, gründete sich in den USA 1945 Care. Erdnussbutter, Milchpulver, Kakao und Schokolade machten ihre Pakete zu Sechsern im Lotto.
Geschichte
Zweiter Weltkrieg
2016-07-15T07:25:32Z
2016-07-15T08:09:34Z
40.000 Kalorien gegen den Hunger in Deutschland
https://www.welt.de//geschichte/zweiter-weltkrieg/article157064165/40-000-Kalorien-gegen-den-Hunger-in-Deutschland.html
Ukraine: Zwei ukrainische Fußballer und ein Biathlet sterben im Krieg
Bei Gefechten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew sind zwei Fußballprofis ums Leben gekommen. Nachwuchstorwart Vitalii Sapylo von Drittligaklub Karpaty Lviv und Dmytro Martynenko, der zuletzt für den FC Gostomel in der Zweiten Liga aktiv war, sind nach Angaben der Spielervereinigung Fifpro gestorben. „Unsere Gedanken sind bei den Familien, Freunden und Teamkollegen der jungen ukrainischen Fußballer Vitalii Sapylo (21) und Dmytro Martynenko (25), die ersten gemeldeten Verluste des Fußballs in diesem Krieg“, (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/article237249981/Roettgen-bei-Lanz-Putin-hat-Phase-des-Vernichtungskrieges-eingelaeutet.html) teilte die Fifpro am Dienstagnachmittag mit. „Mögen beide in Frieden ruhen.“ >>> Alle Entwicklungen in der Ukraine im Liveticker >>> (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/ausland/article237268327/Ukraine-News-im-Liveticker-Strafgerichtshof-ermittelt-gegen-Russland-wegen-Kriegsverbrechen.html) Sapylo soll Berichten zufolge als Panzer-Kommandant bei der Verteidigung der ukrainischen Hauptstadt ums Leben gekommen sein, Martynenko soll mit seiner Mutter einen russischen Bombenangriff in deren eigenem Haus am Stadtrand von Kiew nicht überlebt haben. „Er war ein so fröhlicher Junge“ Sapylos Vater Roman (44) erklärte zum Tod seines Sohnes im Gespräch mit BILD: (verlinkt auf https://www.bild.de/) „Er war ein so fröhlicher, lebensfroher Junge. Es war ein Luftangriff von diesem verfluchten Putin. Er hat mir mein Kind genommen.“ Vitali sei am 25. Februar bei der Verteidigung Kiews gefallen. „Er wollte unbedingt kämpfen“, erzählte sein Vater, „erst ging ein Panzer kaputt, dann der zweite. Aber er wollte auf keinen Fall die Front verlassen. Er verlangte einen dritten. Dieser Panzer hat ihm den ewigen Schlaf gebracht.“ Sein Klub Karpaty Lviv versprach dem gefallenen Fußballer „ewige Erinnerung als unser Held“. Seit dem vergangenen Donnerstag führt Russland gegen den Nachbarstaat Krieg und nimmt nun vermehrt Großstädte ins Visier. (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/ausland/article237249357/Ukraine-Krieg-Zivilisten-in-Cherson-kaempfen-vergeblich-mit-Molotow-Cocktails-gegen-russ-Truppen.html) Tausende Ukrainer, darunter auch viele Sportler, greifen nun selbst zur Waffe, um ihre Heimat zu verteidigen. Neben den beiden Fußballern kam auch ein Biathlet bei den Gefechten ums Leben: Yevhen Malyshev sei im Militärdienst im Einsatz gefallen, teilte der ukrainische Biathlonverband in Kiew mit. „Helden sterben nicht,” schrieb er auf Twitter.
WELT
Die Krieg zwischen Russland und der Ukraine hat nun auch den Sport erreicht. Die Fußballprofis Vitalii Sapylo und Dmytro Martynenko sowie Biathlet Yevhen Malyshev kommen in Kiew bei Kämpfen ums Leben.
Sport
2022-03-02T09:41:02Z
2022-03-02T09:41:02Z
Zwei ukrainische Fußballer und ein Biathlet sterben im Krieg
https://www.welt.de//sport/article67dcd56bec5ee4297a9863d2/Zwei-ukrainische-Fussballer-und-ein-Biathlet-sterben-im-Krieg.html
Die Leica T im Test: Design, Anmut und ein stolzer Preis
Auf einem Hügel am Stadtrand von Wetzlar steht der neue Firmensitz (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article128276031/Zum-Jubilaeum-goennt-sich-Leica-eine-neue-Zentrale.html) des Kameraherstellers Leica. Es handelt sich um einen unterkühlt-enthusiastischen Entwurf der Architekten Grube & Kleine-Kraneburg, in dem man die Farbe noch riechen kann. Draußen vor dem Kaffeehaus, einem Pavillon aus Glas und weißem Beton, sitzt Stefan Daniel, so um die fünfzig, ein gutmütiger Mann mit schnellen Augen. Er ist seit 1984 im Unternehmen. Seine Visitenkarte weist ihn als „Director Product Management Photo“ aus. Das macht ihn zum Herrn über die Kameras (verlinkt auf /icon/article127821159/Im-Spiegel-sah-Kubrick-die-Wahrheit.html) , die Leica baut oder nicht baut. Er lacht und wiegelt ab. „Ich mache Vorschläge“, sagt er. Einen seiner Vorschläge legt er jetzt auf den Tisch. Er heißt Leica T und geht an diesem Montag in den Handel. Die Leica T blitzt in der Maisonne, und Daniel sagt einen erschütternden Satz: „Wir wollten uns ganz bewusst von dem absetzen, was wir bisher gemacht haben.“ Warum das so erschütternd ist? In jeder Kunst trifft, was man Magie nennen könnte, auf technisches Know-how. Allerdings muss der Sänger nicht wissen, welchen Härtegrad sein Zwerchfell aufweist, wenn er das hohe C ansteuert; die Technik ist ihm zweite Natur. Eine Ikone des 20. Jahrhunderts Auch der Maler hat kein Auge für die Pigmentzusammensetzung seiner Farben. Dagegen ist die Fotografie einzigartig darin, dass sie nur beherrscht, wer sich mit ISO-Werten, Blendenöffnungen und Verschlusszeiten auskennt. Früher musste man die Belichtung messen, heute immerhin die Entscheidung treffen, ob man Bilder im Jpg- oder Raw-Format machen will. Die Fotografie ist für viele so faszinierend, weil sie die passende Kunstform für das Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit ist. Dieses Zeitalter ist uns längst selbst historisch, wir leben in seiner Verlängerung. Über seinen Startpunkt kann man streiten. Es gibt aber einige Gründe anzunehmen, er sei rot, mit einem weißen Schriftzug drin: Leica. Das ist ein Logo, fast so berühmt wie das von Coca-Cola, dem es ziemlich ähnelt – zwei in die Jahre gekommene Ikonen des 20. Jahrhunderts, deren freundliche Schwungschrift sich rasant in den letzten Winkel der Erde ausbreitete. Und wenn mal irgendwo die eine fehlte, wie die zuckersüße Marke des Kapitalismus im Kuba der Revolution, dann war die andere zur Stelle. Das berühmte Foto (verlinkt auf /themen/fotografie/) von Che Guevara mit Baskenmütze und prophetisch-soldatischem Blick machte Alberto Korda 1960 in Havanna mit einer Leica. Teuer wegen Technik und Mythos In Wetzlar prangt das berühmte Bild hinter Glas, ein früher Abzug vom Originalnegativ aus den späten Sechzigern. Im neuen Firmengebäude wird eine große Auktion vorbereitet. Celebrities der Fotogeschichte wie Henri Cartier-Bressons „Hinter dem Gare Saint-Lazare“ – der Leica-Schnappschuss mit dem Mann, der über eine Pfütze springt, im Hintergrund ein Plakat mit einer ebenfalls springenden Tänzerin – hängen neben Bizarrerien wie der „Leitz New York Leica Gun Rifle“, einem halben Scharfschützengewehr von 1937, an das direkt hinter dem Stutzen ein Fernrohr und eine Kamera mit enormem Teleobjektiv montiert sind. Schätzpreis: 220.000 bis 260.000 Euro. Alte Leicas aus den Fünfzigerjahren sind auf 50.000 Euro taxiert. Sie sind aus zwei Gründen so teuer: Technik und Mythos. Seit 1925 die erste Leica, der Großvater der heutigen M-Serie-, auf der Leipziger Frühjahrsmesse vorgestellt wurde, setzt man in Wetzlar auf deutsche Wertarbeit, ganz ohne Gänsefüßchen und Ironie. Die Gehäuse sind zum zweckmäßigen Oval geschliffene Blöcke aus Aluminium, in sie hineingeschraubt, mit einem Bajonett, das sich seit 1954 nicht geändert hat, die schönsten Objektive, die man sich vorstellen kann, klein und leicht und erhaben blitzend wie die begehrtesten Murmeln der Kindheit. So viel Anmut ist nicht billig. Die aktuelle Leica M kostet knapp 6000 Euro, jedes einzelne Objektiv noch mal locker dasselbe. Abkehr vom Altbekannten Das ist vor allem was für Profis. Amateure greifen zur Konkurrenz, weil die erschwinglicher ist und Autofokus hat. Ja, richtig, Leicas haben keinen Autofokus, hatten sie noch nie. Es sind auch keine Spiegelreflexkameras. Sie nutzen ein einzigartiges System namens Messsucher. Man stellt das Bild scharf, indem man ein Doppelbild allmählich übereinanderlegt, ähnlich einem Betrunkenen, der sich müht, die Bordsteinkante in den Blick zu kriegen. Das macht alles sehr viel Spaß, und ein echter Vorteil ist, dass der Fotograf durch den Sucher einer Leica M einen größeren Ausschnitt sieht als den, den er aufnehmen wird. In der Komposition ist man so viel freier und bewusster. Die neue Leica T bricht mit alldem. Sie ist im Prinzip eine Kamera unter anderen, eine teure Alternative zu den Systemen von Nikon, Fuji, Olympus und Sony – kleinere, leichte Apparate mit Wechselobjektiven und dem Potenzial für tolle Bilder. Ihre Steuerung läuft über zwei Drehräder und einen großen Touchscreen. Knöpfe gibt es bloß zwei: einen zum Anschalten und einen zum Filmen. In den Augen vieler Leica-Fans, die ihrer Skepsis im Internet Luft machen, besteht das größte Sakrileg der T in der Abkehr vom Kleinbildformat 24 mm × 36 mm. Ernst Leitz etablierte es mit der ersten Leica, und noch heute findet es sich in der M sowie in den Spiegelreflexkameras fast aller Hersteller. Stattdessen setzt die T auf den kleineren APS-C-Sensor, etwas größer als das Micro-Four-Third-Format der spiegellosen Systemkameras von Olympus oder Samsung. Sonys Alpha-Serie verbaut ebenfalls APS-C-Sensoren. Und tatsächlich steckt in der Leica T ein Sony-Sensor, laut Daniel „ein großer Wurf“, dessen 16 Megapixel ein guter Kompromiss seien und dem man auf Jahre die Treue halten werde. Werbung braucht Leica nicht Man könnte sich jetzt über die Datenblätter in die Haare geraten, Autofokussekunden zählen, nachbohren, wo in Japan die beiden bislang erhältlichen Objektive gefertigt werden. Daniel und seine für die T verantwortliche Kollegin Maike Harberts werden es nicht verraten. Sie sagen: „Es sind echte Leica-Objektive mit Leica-Qualität.“ Gleichzeitig muss man auch nicht über das schelmisch als „langweiligstes Werbevideo der Welt“ annoncierte 45-Minuten-Geschmirgel eines Leica-T-Gehäuses durch einen deutschen Wertarbeiter in weißen Handschuhen in übermäßige Verzückung geraten. „Mit den Ms machen wir das ehrlich gesagt immer schon“, sagt Daniel. Bisher hielt man es nur nicht für nötig, das an die große Glocke zu hängen. Die Leica M, eine Mischung aus Rolls-Royce und Maserati unter den Fotoapparaten, hatte solche Vermarktung nicht nötig. Die Leica T – deren Gehäuse bei rund 1500 Euro liegt, genau wie die beiden Objektive, das eine ein Zoom, das andere mit der klassischen Reportagebrennweite von umgerechnet 35 Millimeter – ist nach Leica-Maßstäben so etwas wie ein Audi TT. Vielleicht kein Zufall, dass man das Audi-Design-Team für die Gehäusegestaltung ins Boot holte. Zurück zu den Wurzeln Das Ergebnis ist ein Muster an Minimalismus, die Aufnahme in die Sammlung des New Yorker MoMA scheint unvermeidlich. Seine schraubenlose Fräsung aus einem einzelnen Block Aluminium könnte man als von Apple inspiriert ansehen – wenn man nicht wüsste, dass dessen Chefdesigner Jonathan Ive fast alles der Ulmer Schuler um Otl Aicher, Max Bill und Dieter Rams verdankt. Schon die Ur-Leica, die sich Leitz-Ingenieur Oskar Barnack baute, weil er es praktisch fand, auf Wanderausflügen eine Kamera dabeizuhaben, bestand aus Aluminium – und sah in ihrem schmucklosen Oval der Leica T zum Verwechseln ähnlich. Die Leica T die schönste Kamera der Welt zu nennen ist keine Schwärmerei, sondern eine Feststellung. Beziehungsweise eine Schwärmerei, die von einer Feststellung nicht zu unterscheiden ist. So liebt man es in Wetzlar. Zum Abschied sagt Daniel: „Wir versuchen, Werkzeuge zu schaffen, die für den jeweiligen Anwendungszweck das optimale Bild liefern.“
Jan Küveler
Obgleich die legendäre Kameramarke für die Leica T mit der eigenen Tradition bricht: Das neue Modell lässt Fotografie-Liebhaber ins Schwärmen geraten. Doch so viel Anmut ist nicht billig.
Iconist
2014-05-27T13:03:54Z
2015-10-15T19:15:32Z
Die Leica T ist der Audi TT der Fotografie
https://www.welt.de//icon/article128346564/Die-Leica-T-ist-der-Audi-TT-der-Fotografie.html
Leserfrage: Wie privat ist mein Diensthandy wirklich?
Frage: Ich habe vor kurzem ein Diensthandy bekommen. Mein Chef hat mir versichert, dass ich es auch privat nutzen darf – das finde ich gut, weil ich so Kosten sparen kann. Ein Freund hat mir jetzt jedoch gesagt, dass ich aufpassen muss: Er meint, dass mein Arbeitgeber unter Umständen (langer Urlaub, Krankheit, Tod) auf mein Telefon zugreifen darf. Stimmt das? Wie sieht es mit Datenschutz aus (verlinkt auf /politik/deutschland/article121716600/Westerwelle-rechnet-damit-abgehoert-zu-werden.html) ? Erlauben würde ich ihm das nicht, unterschrieben habe ich auch nichts diesbezüglich. Antwort: Ihre Frage zielt offenkundig in zwei Richtungen. Die Pflicht, das Diensthandy auf Verlangen Ihres Chefs herauszugeben, besteht jederzeit und unabhängig davon, ob Sie krank oder im Urlaub sind. Dies folgt daraus, dass es sich bei einem Diensthandy, auch im Fall erlaubter Privatnutzung, um ein Arbeitsmittel handelt, also um einen zur Dienstausführung überlassenen Gegenstand. Im Gegensatz zu einem zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagen stellt die Privatnutzung eines Diensthandys aber keinen geldwerten Vorteil in Form eines Sachbezugs (verlinkt auf /wirtschaft/karriere/article120812338/Mit-geldwerten-Goodies-moebeln-Firmen-ihr-Image-auf.html) dar und ist folglich kein zu versteuernder Vergütungsbestandteil. Während Sie als Arbeitnehmer also die Herausgabe eines zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagens während des laufenden Arbeitsverhältnisses grundsätzlich verweigern dürfen, besteht dieses Recht bei einem Diensthandy mit erlaubter Privatnutzung nicht. Daten darf der Chef nicht einsehen Anders sieht es vorliegend in Bezug auf die Zugriffsmöglichkeit Ihres Chefs auf die mit der Nutzung Ihres Diensthandys verbundenen Kommunikationsdaten aus. Indem Ihr Chef Ihnen auch die Privatnutzung eingeräumt hat, gilt er als „geschäftsmäßiger Anbieter von Telekommunikationsdiensten“ im Sinne des Telekommunikationsgesetzes und ist dementsprechend zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet. Die Folge ist, dass Ihr Chef sich grundsätzlich keine Kenntnisse vom Inhalt eines Telekommunikationsvorgangs verschaffen darf, etwa indem er Ihre Verbindungsdaten einsieht und überprüft oder vom Inhalt der E-Mails Kenntnis nimmt, die Sie mit Ihrem Diensthandy versendet oder empfangen haben. Ein Zugriff auf Ihre Kommunikationsdaten ist Ihrem Chef also nicht erlaubt. Sollte also Ihr Chef Ihr Diensthandy einmal herausverlangen, müssen Sie dem nachkommen, können aber Ihre privaten Daten (beispielsweise gespeicherte E-Mails, gespeicherte private Telefonnummern) zuvor löschen. Es antwortet Michael Eckert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei EDK - Eckert, Klette & Kollegen (verlinkt auf http://www.edk.de/anwalte/michael-eckert/) .
WELT
Viele Arbeitnehmer dürfen ihr geschäftliches Handy privat nutzen – und speichern munter Bilder, E-Mails, SMS. Was sie nicht wissen: Der Chef darf das Telefon zurückverlangen. Datenschutz hin oder her.
Finanzen
Verbraucher
2013-11-10T10:54:03Z
2015-10-15T15:22:17Z
Wie privat ist mein Diensthandy wirklich?
https://www.welt.de//finanzen/verbraucher/article121733321/Wie-privat-ist-mein-Diensthandy-wirklich.html
So planen Apple, Facebook und Co. die digitale Zukunft
2020 sollen laut Plänen der internationalen Fernmeldeunion ITU 4,5 Milliarden Menschen mit dem Internet verbunden sein, die Mehrzahl davon in Schwellen- und Entwicklungsländern. Wie die Nutzer das Internet in ihrem Alltag erleben werden, planen die amerikanischen IT-Riesen Amazon (verlinkt auf https://www.welt.de/finanzen/verbraucher/article183439860/Black-Friday-2019-Die-Deals-im-Ueberblick-was-sich-jetzt-lohnt.html) , Apple (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/apple/) , Google (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/google/) , Facebook (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/facebook/) und Microsoft (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/microsoft/) bereits jetzt. Dabei stehen die Konzernvisionen teils im Widerspruch zueinander: Apple will mehr Privatsphäre, Google und Facebook wollen mehr Nutzerdaten. Facebook und Google konkurrieren untereinander um die Aufmerksamkeit der Nutzer, Microsoft mit Amazon um die Firmenkunden in der Cloud. Welche Zukunftsvision sich durchsetzt, hängt von der Gunst der Nutzer ab. Microsoft: Auf dem Weg zum allgegenwärtigen Dienstleister Microsoft hat lange gut davon gelebt, dass PC-Nutzer rund um die Welt auf Software des Konzern angewiesen waren – erst mit MS-DOS, dann mit Windows und Office. Windows wurde verwendet, weil es die meiste Software dafür gab – und die Software wurde für Windows geschrieben, weil es die meisten Anwender hatte. Hinzu kam Office, das Microsoft als De-facto-Standard der Bürowelt etablieren konnte. Doch mit der Smartphone-Revolution war es vorbei mit der Gemütlichkeit bei Microsoft: Das Quasi-Monopol des Windows-Zeitalters ließ sich nicht in die mobile Ära hinüberretten. Der damalige Microsoft-CEO Steve Ballmer lachte 2007 noch öffentlich über das iPhone – dann teilten Apple und Google mit seinem Android-System den Markt schnell unter sich auf, und Ballmer verlor erst die gute Laune und dann den Job. Die mobile Welt musste Microsoft für verloren erklären – die komplette Abschreibung der Nokia-Übernahme kann als Eingeständnis gewertet werden. Der seit Anfang 2014 amtierende Microsoft-CEO Satya Nadella machte nach seinem Antritt schnell deutlich, dass Microsoft sich nicht mehr als Windows-Konzern sieht. Microsoft setzt für die Zukunft auf die Cloud. Statt Windows auf alle Geräte zu bringen, sollen alle Microsoft-Programme auf alle Geräte gebracht werden – und zwar bevorzugt als Mietsoftware aus dem Internet. Microsoft deckt dafür jeden Aspekt der Cloud-Infrastruktur ab – vom Server über die Programmierumgebung bis zum fertigen Programm wie Office 365 aus der Cloud. Microsoft will aber nicht nur Software auf alle Plattformen bringen, sondern auch Windows auf alle Geräte. Das neue Windows 10 läuft auf PCs ebenso wie auf Smartphones, Tablets, der Spielekonsole Xbox One oder Geräten aus dem Internet der Dinge. Künftig soll Windows den Alltag der Nutzer nahtlos ergänzen: Windows 10 (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article144652565/Die-neun-groessten-Probleme-bei-Windows-10.html) blendet mit seiner Funktion HoloLens mit passender Augmented-Reality-Brille Programmfenster ins Wohnzimmer ein. Microsoft baut darauf, dass der Nutzer der Zukunft unabhängig vom physischen Gerät weiter Microsoft-Software wie Office 365 verwendet. Dokumente lassen sich von überall aus bearbeiten, auch mit mehreren Nutzern zusammen. Und zu Hause steuert Windows mit Hilfsmitteln wie Cortana, dem neuen digitalen Assistenten, und HoloLens den Haushalt. Google: Der Konzern baut sein eigenes Netz „Das Ziel von Google ist es, die Informationen der Welt (verlinkt auf /kultur/article144639990/Wir-machen-den-Menschen-zum-Opfer-seiner-Daten.html) zu organisieren und für alle zu jeder Zeit zugänglich und nutzbar zu machen“, lautet das offizielle Unternehmenscredo. Wie Google damit Geld verdient, blendet diese Zielvorgabe aus: Der Konzern lebt von Werbung, die aufgrund der Auswertung der Nutzerdaten gezielt individualisiert wird. Je mehr Menschen mit dem Internet verbunden sind, je mehr Menschen Google-Dienste wie Websuche, YouTube, Google Mail oder Karten nutzen, desto mehr weiß Google über seine Nutzer, und desto mehr Aufmerksamkeit kann der Konzern für sich und seine Werbekunden verbuchen. Google hat deswegen zwei Zukunftsziele: Möglichst viele weitere Menschen mit dem Internet zu verbinden – die von Google viel beschworene „nächste Milliarde“. Und diejenigen, die bereits Zugang zum Internet haben, dazu zu bringen, einen möglichst großen Teil ihrer Zeit mit Google-Diensten zu verbringen. Um das zu erreichen, wird Google selbst zunehmend als Internetinfrastrukturanbieter aktiv: In mehreren US-Städten betreibt der Konzern bereits eigene Glasfaserleitungen, mit dem Project Fi bietet er sogar Mobilfunkverträge zum weltweiten Surfen in den USA an. Googles Project Loon (verlinkt auf /wirtschaft/article132266408/Das-Internet-der-Zukunft-kommt-aus-der-Luft.html) bringt das Internet mittels WLAN-Antennen in Dritte-Welt-Länder. Ein anderer Plan kann als vorerst gescheitert gelten: Über Googles Datenbrille Google Glass wollte das Unternehmen ein Gerät schaffen, um das Internet allgegenwärtig mit der realen Welt zu verbinden. Doch die in Kleinserie an Pioniernutzer verkaufte erste Glass-Version offenbarte zu viele Probleme – nun soll Google Glass zu einem Produkt für Unternehmenskunden werden. Das kann durchaus klappen: In den Lagern von Volkswagen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/vw/) werden Google Glass und ein ähnliches Produkt schon getestet. VW-Logistiker wollen herausfinden, ob die Datenbrille das Finden der richtigen Bauteile erleichtern kann. In Googles Zukunftsvision ist alles vernetzt. Das Internet zieht sich allgegenwärtig durch den Alltag der Menschen – und zwar weltweit auf Basis von Google-Infrastruktur. Mit dem Internetzugang selbst will Google kein Geld verdienen, er ist zu einem billigen oder gar kostenlosen Grundversorgungsgut geworden. Der Onlinezugang wird zu einer Selbstverständlichkeit, über die die Nutzer ebenso wenig nachdenken wie über die Strom- oder Wasserversorgung. Über seine allgegenwärtigen Dienste liest Google aus den riesigen Datenmengen der Nutzer, was diese sich wünschen. Die Informationen nutzt Google für die Platzierung von Werbung. Die App Google Now zeigt bereits jetzt, wie gut Google seine Nutzer kennt: Sie erkennt anhand von Positionsdaten, E-Mails, Suchhistorie oder Social-Media-Nutzung, was der Nutzer als nächstes tun oder wissen möchte – und kann ihm nützliche Informationen samt passender Werbung liefern, bevor er danach überhaupt gefragt hat. Amazon: Das Alles-Kaufhaus Amazon-Chef Jeff Bezos schrieb bereits 1997 in einem Brief anlässlich des Börsengangs: „Wir werden mutige Investitionen tätigen, wo immer wir es als wahrscheinlich einschätzen, Marktführer zu werden.“ Diese Vorhersage hat Bezos umgesetzt wie kaum ein anderer Manager: Vom Onlinebuchhändler entwickelte sich Amazon (verlinkt auf /wirtschaft/article144571525/Amazon-will-eigene-Luft-Autobahn-fuer-Lieferdrohnen.html) zum Alles-Kaufhaus im Netz. 2007 entdeckte Bezos den Handel mit digitalen Gütern, und schuf im Alleingang eine Handelsplattform für E-Books samt Lesegeräten sowie die Onlinevideothek Amazon Instant Video. Zeitgleich überlegte er sich mit seinem Technik-Vize Werner Vogels, dass der Konzern ein zweites Standbein neben dem margenschwachen Geschäft mit realen Gütern benötigt. Heraus kam Amazon Web Services (AWS), ein Online-Hostingdienst für Unternehmen. Heute hat Branchenneuling Amazon (verlinkt auf /wirtschaft/article144068894/Die-Kampfmaschine-pfluegt-deutschen-Markt-um.html) mit AWS die Konkurrenz völlig distanziert und ist weltweit Marktführer beim Vermieten von Serverplatz en gros. Zusammengefasst erfindet Jeff Bezos sein Unternehmen immer wieder neu, um die Konkurrenz auf Abstand zu halten. Die nächste Branche in seinem Visier sind die lokalen Lebensmittelhändler und Supermärkte: In ausgewählten Städten liefert Amazon bereits jetzt frische Lebensmittel und Alltagsgüter an die Haustür. Da das per Lieferwagen nicht sonderlich effizient ist, will Bezos auf Drohnen setzen: Der Konzern hat bereits den Vorschlag gemacht, den Luftraum in Großstädten in einer Höhe von 60 bis 150 Metern für Roboterlieferdrohnen zu reservieren, die Auslieferungen dann völlig selbstständig machen. Auch der Bestellvorgang soll noch einfacher gemacht werden: Amazon Echo heißt eine schwarze Lautsprechersäule für das Wohnzimmer, die immer zuhört und auf Zuruf bei Amazon Bestellungen einreicht. Je einfacher und nahtloser Order und Lieferungen funktionieren, desto mehr wird Amazon den Einzelhandel (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/einzelhandel/) dominieren – in der Konsumwelt der Zukunft will Bezos, dass der einzige Vermittler zwischen den Produzenten und den Kunden online wie offline Amazon heißt. Dabei versichert Bezos immer wieder, dass allein das Kundenwohl bestimmend für alle Innovationen sei – ob er dieses Versprechen auch dann einhält, wenn er seinen Marktanteil in einzelnen Marktsegmenten gegen 100 Prozent steigert, bleibt abzuwarten. Facebook: Jeder soll hier kommunizieren Mark Zuckerberg hat eine klare Vision für die Zukunft seines Unternehmens: Alle Kommunikation, überall, von jedem Internetnutzer soll über seine Netzwerke laufen. Um das zu erreichen, gibt er auch schon einmal 19 Milliarden Dollar aus, um ein empor kommendes Kurznachrichten-Start-up wie WhatsApp vom Markt zu kaufen. Das Ergebnis seiner Strategie: Was einst als eine Netzwerkseite für US-College-Studenten startete, ist heute der dominierende Endnutzerkommunikationskonzern der Welt. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Erfolgs: Facebook (verlinkt auf /wirtschaft/article144659028/Was-Facebook-mit-dieser-gigantischen-Drohne-vorhat.html) filtert ohne Nutzervorgaben, welche Kommunikationsinhalte im sozialen Netz für Nutzer relevant sind – und welche nicht. Um diese Inhalte und damit die Nutzer und ihre Beziehungen untereinander in der Zukunft noch besser zu analysieren, setzt Zuckerberg auf künstliche Intelligenz. Erst vor wenigen Wochen eröffnete Facebook ein neues Forschungslabor unter Führung des Spezialisten Yann LeCun. Zu Zuckerbergs Strategie gehört auch der Ausbau des Internets: Da in Schwellen- und Entwicklungsländern noch wesentlich weniger Menschen Facebook nutzen als in den Industriestaaten, förderte er mit der Initiative Internet.org Umsonst-Internetzugänge in diversen afrikanischen Staaten und in Indien. Dass viele Kritiker Facebook (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article143413264/Facebook-der-Zukunft-soll-auf-Telepathie-basieren.html) vorwerfen, in diesem Umsonst-Internet die eigene Seite zu bevorzugen, stört den Konzern nicht. Eine Umfrage unter den Nutzern des Umsonst-Zugangs zeigt: Viele setzen Facebook mit dem Internet gleich. Sie leben bereits jetzt Zuckerbergs Vision. Apple: Perfektion für eine privilegierte Minderheit Apple-Nutzer können bereits jetzt ihr gesamtes digitales Leben den stromlinienförmigen Geräten des Konzerns anvertrauen: Sie nutzen ein perfekt ineinander greifendes Ökosystem aus iPhone, Apple MacBook, Apple Watch (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article144444105/So-teuer-ist-der-Werbefeldzug-fuer-die-Apple-Watch.html) und Apple TV. Ihre Autos sind über den Apple-Standard Carplay ebenso angebunden wie ihre vernetzten Häuser über Apples Home Kit. Ihre digitalen Medien konsumieren die Nutzer via iTunes, ihre Photos liegen in der iCloud, und sogar ihre Gesundheitsdaten speichert Apple via Health-App. Den Alltag organisiert Siri, Apples digitaler Assistent. Künftig will Apple noch mehr Aspekte des Alltags für seine Nutzer erobern: Der Konzern arbeitet an selbstfahrenden Autos und verhandelt mit BMW (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bmw/) über eine Kooperation. Siri wird bei jedem neuen Gerät integriert und hört überall zu. Doch da Apple (verlinkt auf /wirtschaft/article144486531/Das-ist-Apples-geheime-Tischlerei-im-Muensterland.html) sein Geld mit dem Verkauf von Hardware und dazu passenden digitalen Medien verdient, müssen die Nutzer nicht fürchten, dass ihre Privatsphäre an Werbekunden verkauft wird – im Gegenteil: Apple-Chef Tim Cook positioniert seinen Konzern aktuell als Wächter der Daten seiner Kunden. Für die Health-App etwa legt er strenge Datenschutzbestimmungen fest, und in seinem Safari-Internetbrowser blockiert er Tracking-Werkzeuge der Onlinewerbenetzwerke. „Wir glauben, dass die Menschen ein fundamentales Recht auf Privatsphäre haben“, sagte Cook Anfang Juni auf einer IT-Konferenz in Washington. Seine Botschaft: Wer auf Apple-Geräte setzt, dessen Daten sind vor dem Ausverkauf geschützt. Der Haken: Cooks Vision ist eine Vision nur für die Nutzer, die es sich leisten können, ihr digitales Leben komplett Apple anzuvertrauen und dafür Premiumpreise zu bezahlen. Sie gilt nur für eine privilegierte Minderheit – die weltweite Mehrheit dagegen zahlt mit ihren Nutzerdaten und ihrer Privatsphäre für die schöne neue Welt.
Stephan Dörner, Benedikt Fuest
Sie haben uns schon fest im Griff, aber sie haben noch lange nicht genug. Amazon, Apple, Google, Facebook und Microsoft wollen unseren gesamten Alltag bestimmen. Das sind die Visionen ihrer Strategen.
Wirtschaft
2015-08-03T17:59:04Z
2015-08-04T06:48:49Z
So planen die IT-Riesen unsere digitale Zukunft
https://www.welt.de//wirtschaft/article144767414/So-planen-die-IT-Riesen-unsere-digitale-Zukunft.html
Rissiges Gefängnis Billwerder wird jetzt repariert
Die baulichen Mängel der Justizvollzugsanstalt Billwerder (JVA) sollen jetzt beseitigt werden. Wie die Justizbehörde der WELT erläuterte, werden die Arbeiten in den kommenden Wochen beginnen. Die Kosten werde der Generalunternehmer, der das Gefängnis errichtet hat, übernehmen. In der JVA hatten sich an den Wänden des Haupthauses und der Hafthäuser Risse gezeigt. Auch an den Fensteröffnungen gab es solche Rißbildungen. Diese werden jetzt mit Spezialmasse gefüllt. Die SPD hatte das Thema über eine kleine Anfrage an den Senat aufgebracht, woraufhin die Justizbehörde ankündigte, man werde die Mängel durch Gutachten untersuchen lassen. Diese liegen jetzt vor. Danach sei ein Zusammenhang zwischen der kurzen Bauzeit des Gefängnisses und den Rissen nicht herstellbar. Justiz-Sprecher Carsten Grote strich heraus, daß es durch die Reparaturarbeiten keine Beeinträchtigungen gebe: "Die Gefangenen werden nicht über Gebühr durch Lärm belästigt, und die Sicherheit wird nicht beeinträchtigt." Weil klar sei, daß der Generalunternehmer Müller-Altvater die Reparaturkosten trage, sollen auch die Gesamtkosten für die beiden Bauabschnitte von Billwerder im Rahmen von 92 Millionen Euro bleiben. Grote: "Dann haben wir ein modernes Hochsicherheitsgefängnis mit 800 Haftplätzen, das sich sehen lassen kann."
flo
Rissiges Gefängnis Billwerder wird jetzt repariert
Print-welt
2005-09-16T22:00:00Z
2011-11-15T21:04:26Z
Rissiges Gefängnis Billwerder wird jetzt repariert
https://www.welt.de//print-welt/article165514/Rissiges-Gefaengnis-Billwerder-wird-jetzt-repariert.html
Schwimmen: Steffens ultimativer Kick ist das perfekte Rennen
Das Gefühl, besiegt zu werden, kennt Britta Steffen nur aus verblassten Erinnerungen. Bei den Weltmeisterschaften 2007 schlug sie mal als Dritte an, seither hat die blonde Schwimmerin der SG Neukölln bei wichtigen Wettkämpfen die Konkurrentinnen zuverlässig abgehängt. Bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften, Deutschen Meisterschaften schwamm sie zu Goldmedaillen und Weltrekorden. Beim Kurzbahnweltcup Samstag und Sonntag in Berlin würde die 26 Jahre alte Freistilspezialistin über 50 und 100 Meter schon eine Finalteilnahme als Erfolg verbuchen. Steffen sagt: „Es wird wohl ernüchternd werden.“ Nach einer Auszeit musste sie die Ansprüche an sich selbst korrigieren. Seit 15 Monaten hat sie keinen internationalen Wettkampf bestritten, stand hüstelnd Anfang Juli bei den nationalen Titelkämpfen in der Hauptstadt mit Strohhut statt Badekappe am Beckenrand. Sie schaute bei den Kollegen nur vorbei, um ihren Freund, Weltmeister Paul Biedermann, anzuspornen. Der Körper hatte sich krank gemeldet, nach Schulterproblemen, einer Nasennebenhöhlenentzündung und mehreren Infekten zwang sie schließlich eine Bronchitis, auf die gesamte Langbahnsaison zu verzichten. Krankheiten machen sie nicht mehr krank Früher hätte sie sich von diesen Krankheiten wahrscheinlich schwer beeindrucken lassen. Da haderte das zarte Gemüt mit jedem Schnupfen, mit dem Schicksal und mit dem Leistungsdruck, weil vor einem Wettkampf jeder mit einem Sieg und viele zugleich mit einem Weltrekord rechneten. Bei den Olympischen Spielen vor zwei Jahren nahm sie mit gesenktem Kopf Kurs auf die Startblöcke im olympischen Wasserwürfel, um zu ihrer großen Verblüffung zweimal als Siegerin aus dem Becken zu krabbeln. Zuvor hatte sie noch sinniert: „Selbst wenn ich Gold gewinnen würde, wüsste ich nicht, ob ich mich richtig darüber freuen könnte.“ Der Grund für die Irrungen: „Weil es nur ein Ergebnis wäre, das die Erwartungen erfüllt.“ Denn beeindrucken ließ sich Steffen von fast allem: der aufgeheizten Debatte über die Wirkung der supermodernen Schwimmanzüge oder den Spitzenzeiten ihrer größten Widersacherinnen. Die Ergebnisse der schnellen Frauen hatten ihr „inneres Ego angekratzt“. Mit dem Trauermarsch am Pool ist es vorbei. „Ich bin ausgeglichen geworden“, sagt Steffen und hat nicht nur gelernt, ihre Psyche zu beherrschen, sondern auch ihren Körper zu hegen. Ausgiebige Erholungsphasen im Gymnastikraum gehören inzwischen genauso zum Trainingprogramm wie kraftraubende Tempoeinheiten im Wasser. Als sie Anfang des Monats im Höhentrainingslager in Flagstaff/Arizona mit dem intensiven Pensum startete, standen ungewohnt viele Massagen und stabilisierende Übungen auf dem Programm. In einem Jahr ist Britta wieder in Topform Vom Untertan ihres Heimtrainers Norbert Warnatzsch stieg sie zu einem gleichberechtigten Partner des Berliners auf. „Früher hab ich Britta den Trainingsplan bis ins letzte Detail vorgegeben, heute diskutieren wir viel, was der richtige Weg zu Höchstleistungen sein könnte“, sagt Warnatzsch. „Das tut uns beiden gut.“ Von Schnellschüssen hält er nicht viel „Sie muss behutsam aufgebaut werden. In Topform ist sie zum Weltcup sicher nicht.“ Frühestens in einem halben Jahr wird Britta Steffen nach eigener Einschätzung in gewohnter Form sein. Noch hat sich die Olympiasiegerin, Weltmeisterin und Weltrekordhalterin nicht jeden Wunsch erfüllt. Bis zu den Olympischen Spielen in London zwei weitere Jahre noch im Becken, das ist ihr nächstes Ziel. Und wenn sie in der britischen Kapitale nicht baden geht, wird sie bis zu den Weltmeisterschaften in Barcelona im Jahr darauf weitermachen. Denn nun ist der ultimative Kick die letzte Herausforderung: „Nach all den Triumphen will ich jetzt das perfekte Rennen liefern.“ Wie Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher sucht sie immer neue Motivationsquellen und hat den Spaß am Wettbewerb als Inspiration ausgemacht. Bei den Europameisterschaften in Budapest, die sie als Tribünengast verfolgte, habe sie gemerkt, wie sie ein Kribbeln überkam. Sie habe ein Kämpferherz. „Mir geht es einfach schlecht ohne das Schwimmen, da bin ich nur ein halber Mensch“. Wie sehr ihr diese Leidenschaft abging, bemerkte sie gerade in Ungarn. „Das wird dir besonders bewusst, wenn du jemandem zusiehst, der dir wahnsinnig viel bedeutet.“ Sie wollte sich wie Freund Paul Biedermann mit der Konkurrenz vergleichen und „Gewissheit haben, wer besser ist als ich“. Van Almsicks Kommentare sind ein Reizthema Auch ein altes Reizthema dürfte sie nicht ganz unbeantwortet lassen. Kurz vor den Spielen in Peking meldete sich in Franziska van Almsick eine frühere Kollegin zu Wort, die selbst schon erfolglos gegen den Druck angekämpft hat, Deutschland mit einer olympischen Goldmedaille zu beglücken. „Eine hochtalentierte Schwimmerin wie Britta“, sagt van Almsick, „muss lernen, sich selbst zu lieben.“ Steffen konnte die ehemalige Vereinskollegin sportlich widerlegen, aber die persönlichen Kommentare haben sie verletzt, genauso wie van Almsicks spitze Bemerkung, Steffen könne nur im Wunderanzug schnell schwimmen. „Ich bin in textilen Anzügen so schnell geschwommen wie manch andere Weltklasseschwimmerin noch nicht“, entgegnet die Blondine. Ohnehin wird Steffens erstem Wettkampfauftritt in neuen textilen Bademoden besondere Bedeutung beigemessen. Abseits der 25-Meter-Bahn in Berlin kann sie den Rummel locker sehen, weil zum ersten Mal seit langem niemand Leistung erwartet. Sogar einen wohldosierten Einblick in die Beziehung zu ihrem Freund Paul Biedermann hat sie vor ihrem Comeback gewährt: „Es ist sehr beruhigend und schön zu wissen, dass es in Paul jemanden gibt, der mich unterstützt und mit dem ich mich seelenverwandt fühle.“
Robert Dunker
15 Monate fehlte Olympiasiegerin Britta Steffen bei internationalen Wettbewerben. Am Wochenende startet sie beim Weltcup in Berlin ihr Comeback.
Sport
2010-10-29T10:04:09Z
2015-10-03T11:21:23Z
Steffens ultimativer Kick ist das perfekte Rennen
https://www.welt.de//sport/article10597517/Steffens-ultimativer-Kick-ist-das-perfekte-Rennen.html
Trump zur „New York Times“: „Das wäre ein guter Exklusivbericht“
US-Präsident Donald Trump hat mit neuen wütenden Äußerungen auf den anonymen Gastbeitrag eines ranghohen Regierungsmitarbeiters in der „New York Times“ reagiert. „Keiner weiß, wer zur Hölle er oder sie ist“, sagte Trump am Donnerstagabend bei einem Auftritt vor Anhängern in Billings im Bundesstaat Montana. „Anonyme Staatsbedienstete, die sich den Wählern wiedersetzen, um ihr eigenes geheimes Programm zu befördern, sind in Wahrheit eine Gefahr für die Demokratie selbst“, sagte Trump. Im Namen der nationalen Sicherheit solle die Zeitung den Namen des Beamten nennen, bekräftigte Trump. Anschließend forderte er die Journalisten auf, in der Sache zu recherchieren: „Das wäre ein guter Exklusivbericht!“ Ähnlich hatte sich der Präsident bereits vor dem Auftritt in Montana bei Twitter geäußert: „Werden die Investigativ-‚Journalisten‘ der ‚New York Times‘ selbst recherchieren, wer der anonyme Briefeschreiber ist?“, twitterte Trump. Auch First Lady Melania Trump verurteilte am Donnerstag die Entscheidung der „New York Times“, den Artikel zu veröffentlichen, und warf dem anonymen Autor vor, das Land zu „sabotieren“. „An den Autor des Leitartikels: Sie schützen dieses Land nicht, Sie sabotieren es mit Ihrem eigenen feigen Verhalten“, erklärte Melania Trump. In dem am Mittwoch veröffentlichten „New York Times“-Artikel wird das Bild einer Regierung gezeichnet, in der hochrangige Vertreter den Präsidenten als Gefahr für die USA betrachten. Trumps Politik werde durch die eigenen Mitarbeiter torpediert, schreibt der anonyme Autor, der nach eigenen Angaben ein „hochrangiges Regierungsmitglied“ ist. In Washington setzten nach der Veröffentlichung hitzige Spekulationen über die Identität des Autors ein. Nahezu alle ranghohen Regierungsbeamten sahen sich veranlasst, eine Verantwortung für den Beitrag zurückzuweisen, darunter Vizepräsident Mike Pence, Außenminister Mike Pompeo, Verteidigungsminister James Mattis, der Nationale Geheimdienstdirektor Dan Coats und die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley. Die „Washington Post“ berichtete am Donnerstag, die Verunsicherung im Weißen Haus nach der Veröffentlichung sei enorm. Dort werde der Text auf bestimmte Sprachmuster untersucht, um dem Urheber auf die Spur zu kommen. Dass die „New York Times“ einen Gastbeitrag ohne Namen veröffentlicht, ist ungewöhnlich. Dass ein Mitarbeiter der US-Regierung sich an eine (von Trump noch dazu verachtete) Zeitung wendet, um zu verkünden, dass es aktiven „Widerstand“ gegen den Präsidenten gibt, ist es mindestens ebenso. Der „NYT“-Redakteur James Dao, der für die Veröffentlichung des Meinungsbeitrags zuständig war, bestätigte indes, nur wenigen Leuten der Zeitung sei die Identität des Schreibers bekannt. Ihm fiele zudem kein Grund ein, warum bekannt gemacht werden sollte, um wen es sich handele. Trump hatte gesagt, Name und Funktion im Weißen Haus müssten aus Gründen der nationalen Sicherheit offengelegt werden. „In dem Text ist nichts, das meiner Ansicht nach relevant für die nationale Sicherheit ist oder sie untergräbt“, sagte Dao. Nicht nur Trump ist auf der Jagd Innerhalb der Zeitung sind die Abteilungen für Nachrichten und für Meinungsbeiträge streng getrennt. Daher heißt es in dem Nachrichtenartikel der „Times“ über den Meinungsbeitrag auch, die üblicherweise für Nachrichten aus dem Weißen Haus zuständigen Reporter wüssten nicht, wer der Verfasser sei. Wie Hunderte andere Nachrichtenreporter in Washington versuchen die Nachrichtenleute der „NYT“ nun, den Namen des Autors oder der Autorin herauszufinden. Falls ihnen dies gelingt, könnte die medienrechtliche Frage aufkommen, inwiefern die Zeitung in der Lage ist, vertrauliche Quellen zu schützen. Der Informationsdienst „Axios“ berichtete am Donnerstag, nach der Veröffentlichung in der „New York Times“ hätten sich bei ihnen zwei weitere Regierungsmitarbeiter gemeldet und gesagt, der Autor des Beitrags spreche ihnen aus der Seele. „Viele von uns hätten sich gewünscht, wir hätten das geschrieben“, zitierte „Axios“ einen von ihnen. „Es gibt Dutzende und Dutzende von uns.“ Die „New York Times“ bezeichnet den anonymen Autor als „senior official“, womit viele Regierungsmitarbeiter gemeint sein können. Unklar ist also, wie hochrangig der Autor tatsächlich ist. „Diese Person könnte ganz leicht eine sein, von der wir noch nie gehört haben“ Die frühere Kommunikationsdirektorin der Präsidentschaftskampagne von Hillary Clinton, Jennifer Palmieri, stellte indes die Qualität der Quellen der „Times“ infrage. „Diese Person könnte ganz leicht eine sein, von der wir noch nie gehört haben, und auf einem nachrangigeren Posten sein, als man erwartet“, twitterte sie. Klar ist aber, dass er ein verheerendes Bild von Trumps Weißem Haus zeichnet – wie am Tag zuvor schon der Pulitzer-Preisträger Bob Woodward. Am Dienstag waren erste Auszüge von Woodwards neuem Buch (verlinkt auf /181424058) über die Trump-Präsidentschaft veröffentlicht worden, das am kommenden Dienstag erscheint – und das Trump eine „erfundene Geschichte“ nennt. Auch in dem Buch werden Zweifel daran geweckt, ob der Präsident eigentlich die Kontrolle im Weißen Haus hat.
WELT
Das Weiße Haus hat eine undichte Stelle und sucht fieberhaft nach dem anonymen Urheber. Trump selbst verlangt nun von der Zeitung, sofort die Identität des Autors bekannt zu geben. Und nicht nur er ist auf der „Jagd“.
Politik
Ausland
2018-09-07T07:43:55Z
2018-09-07T12:40:01Z
„Das wäre ein guter Exklusivbericht“
https://www.welt.de//politik/ausland/article181450660/Trump-zur-New-York-Times-Das-waere-ein-guter-Exklusivbericht.html
Materialkunde: Mona Lisa hatte Wimpern und eine Decke
Leonardo da Vincis „Mona Lisa“ hatte laut einem französischen Forscher ursprünglich klar sichtbare Augenbrauen und Wimpern, ein „deutlicheres Lächeln“ und eine Decke auf den Knien. Dies hätten Scans mit einer hochauslösenden Spektralkamera gezeigt, sagte der Ingenieur Pascal Cotte, der das Bild vor drei Jahren nach einer Ausstellung in San Francisco untersuchen konnte. Damals habe er Bilder mit einer Auflösung von 240 Millionen Pixel gemacht, bei denen die Kamera „das Lichtspekrtum auf drei Tiefenebenen der Malschicht in 13 Schritten von UV- bis Infrarotlicht analysierte“. Dabei habe das Gemälde „24 Geheimnisse“ offenbart, sagte Cotte, auch wenn einige davon schon lange in der Wissenschaft diskutiert würden. Bisher hätten aber meist eindeutige Beweise gefehlt. Bei den Wimpern und Augenbrauen seien die Pigmente möglicherweise durch das Altern des Ölbildes verblasst, sagte er. Auf seinen Scans sei aber „die Spur der unteren Wimpern“ zu erkennen. Auch die Kleidung sei gegenüber dem ursprünglichen Gemälde verändert. So sei Mona Lisas Kleid unterhalb des Halses mit weißer Spitze verziert gewesen. Als eigene Entdeckung bezeichnet Cotte die Decke auf den Knien. Darauf weise schon die abgewinkelte Haltung des Handgelenks hin, sagte er. Scans der Pigmente hätten dies bestätigt. Cottes Firma Lumière Technology arbeitet inzwischen an einem weiteren Da-Vinci-Gemälde, der Dame mit Hermelin, das in Krakau ausgestellt ist. Die Ergebnisse sollen am 12. November veröffentlicht werden.
WELT
Einst waren bei da Vincis "Mona Lisa" Augenbrauen und Wimpern zu sehen. Außerdem hatte die Maid eine Decke auf den Knien. Das zumindest behauptet ein französischer Forscher, der das Gemälde mit neuer Technik gescannt hat.
Wissenschaft
2007-10-25T07:34:25Z
2015-09-01T09:47:13Z
Mona Lisa hatte Wimpern und eine Decke
https://www.welt.de//wissenschaft/article1296577/Mona-Lisa-hatte-Wimpern-und-eine-Decke.html
Geschlossene Fitness-Studios: Regierung setzt auf Gartenarbeit
Auf dem Sofa liegen, Dosenravioli essen und nichts tun – wer das macht, der werde zum Helden der Corona-Krise. So jedenfalls lautete die Botschaft einer Video-Kampagne der Bundesregierung, die Bürger im Winter zum Daheimbleiben animieren sollte. Sport machen? Das wäre auch kaum möglich gewesen, sind Fitnessstudios (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/article229337957/Nach-Anne-Will-Merkel-bekommt-Gegenwind-aus-NRW.html?cid=onsite.onsitesearch) und Sportvereine doch seit Monaten fast überall geschlossen. Glaubt man der Bundesregierung, scheinen baldige Öffnungen auch nicht nötig zu sein. Die Menschen bekämen offenbar auch so genügend Bewegung, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervorgeht, die WELT vorliegt. „Nach derzeitiger Datenlage besteht in Folge dieser Beschränkungen kein signifikanter Rückgang der körperlichen Aktivität“, heißt es darin. Grund dafür könnten die Alternativen sein, mutmaßt die Bundesregierung und nennt allen voran die digitalen Ersatzangebote vieler Vereine und Fitnessstudios. Konkrete Erkenntnisse dazu lägen der Bundesregierung allerdings nicht vor. Sind Fitnessstudios plötzlich entbehrlich? Ihre Existenzberechtigung will die Bundesregierung den Betrieben zwar nicht absprechen: „Sportvereine und Fitnessstudios unterstützen mit ihren Angeboten die Bevölkerung dabei, regelmäßig und ausreichend körperlich aktiv zu sein und somit dem Risiko verschiedener physischer Erkrankungen und psychischer Beschwerden vorzubeugen“, heißt es in der Antwort. Diesem Ziel würden aber auch Aktivitäten im Alltag wie Fahrradfahren, längere Spaziergänge und Gartenarbeit dienen. Dabei hat schätzungsweise nur jeder zweite Deutsche überhaupt einen eigenen Garten. Die Studiobetreiber sind entsetzt, zeigen ihre Daten zur sportlichen Betätigung doch etwas ganz anderes. „Die Antwort ist bodenlos“, sagt Birgit Schwarze, Präsidentin des Arbeitgeberverbandes deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV), WELT. Die Branche widerspricht den Aussagen der Bundesregierung scharf und verweist auf die vorläufigen Ergebnisse einer aktuellen Studie der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG). Präventiver Nutzen des Sports Demnach sinke die Motivation der Menschen, sich sportlich zu betätigen, mit zunehmender Dauer des Lockdowns immer weiter. „Alternative Trainingsformen wie Radfahren werden aktuell nur von knapp einem Viertel der Trainierenden tatsächlich praktiziert“, heißt es darin. Die Folge: eine Verschlechterung des körperlichen Befindens. Unterstützung erhält die Branche aus der Opposition. „Sinn und Wirkung von Sportvereinen und Fitnessstudios sind niemals vergleichbar mit Gartenarbeit und Spazierengehen“, sagt die sportpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Britta Dassler. Die Antwort mache fassungslos und sei die Spitze vieler Respektlosigkeiten der Bundesregierung gegenüber der Leistung Tausender Ehrenamtlicher und Sportunternehmer in der Pandemie. Wissenschaftler betonen immer wieder den präventiven Nutzen von Sport in Einrichtungen oder Vereinen. Das Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfälle kann gesenkt, das Immunsystem gestärkt werden. Ob die monatelangen Schließungen (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/plus229309275/Spahn-Scholz-Karliczek-Gebrochene-Versprechen-der-Corona-Manager.html) gesundheitliche Folgen bezüglich verschiedener Erkrankungen haben, wisse die Bundesregierung aber nicht, wie aus der Antwort hervorgeht. Es sei nicht akzeptabel, dass das Krisenmanagement keinerlei Kenntnis über die gesundheitlichen Folgen hat, fügt Dasslers Abgeordnetenkollege Pascal Kober hinzu. „Sport sollte vielmehr als Teil der Pandemiebekämpfung betrachtet und in die Corona-Strategie miteinbezogen werden“, fordert der FDP-Sozialpolitiker. Der Bund müsse Regelungen treffen, die eine echte und differenzierte Risiko-Nutzen-Abwägung zulassen. Aus Sicht der Grünen kommen Öffnungsdebatte (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/article229337957/Nach-Anne-Will-Merkel-bekommt-Gegenwind-aus-NRW.html) n jedoch zum falschen Zeitpunkt. „Auch Fitnessstudios tragen zur Gesundheitsprävention bei, sie sind ein wichtiger Teil der Sportlandschaft“, sagt Monika Lazar, sportpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „In der aktuellen Lage, zu Beginn der dritten Welle, halte ich Öffnungen von Fitnessstudios für nicht vertretbar.“ Derzeit müsse alles darangesetzt werden, das exponentielle Wachstum bei den Neuinfektionen zu stoppen. Laut einer aktuellen Erhebung des Hermann-Rietschel-Instituts der Technischen Universität Berlin ist die Infektionsgefahr in Fitnessstudios bei starker Auslastung tatsächlich hoch. Demnach liegt der sogenannte R-Wert in Fitnessstudios bei halber Belegung und ohne Maskentragen bei 3,4. Der Wert gibt an, wie viele weitere Menschen eine infizierte Person im Mittel ansteckt. Sind die Klubs nur zu 30 Prozent ausgelastet, liegt der R-Wert laut Wissenschaftler immerhin noch bei 1,4. Zum Vergleich: Ein Kino komme bei gleicher Auslastung nur auf einen Wert von eins. Deutlich höher sei das Risiko aber im Großraumbüro. Bei einer Belegung von 50 Prozent und ohne Maskentragen steckt eine infizierte Person hier im Schnitt acht weitere an. Zwölf Millionen Mitglieder „Die Branche verfügt über funktionierende Sicherheits- und Hygienekonzepte“, heißt es dazu vom DSSV. Diese müssten in die Beurteilung des Ansteckungsrisikos einbezogen werden. Zwischen dem ersten und dem zweiten Lockdown haben die Unternehmen reagiert: Mehr Platz wurde zwischen den Geräten geschaffen, außerhalb des Trainings galt Maskenpflicht. Werden diese Maßnahmen eingehalten, reduziere sich die Infektionsrate stark, argumentiert die Branche. Zuspruch kommt selbst von Politikern der Regierungsparteien: „Fakt ist doch: vernünftige Hygienekonzepte liegen auf dem Tisch“, sagt Mahmut Özdemir, sportpolitischer Sprecher der SPD. Ihm sei es ein großes Anliegen, dass Sportvereine und Fitnessstudios wieder durchstarten können, sobald es die Infektionslage erlaube. „Hier wünsche ich mir den nötigen Pragmatismus, um Sport wieder möglich zu machen.“ Den Klubbetreibern dürfte es nicht allein um die Fitness ihrer Kunden gehen, sondern auch ums Geld. In Deutschland gibt es rund 10.000 Fitnessstudios mit knapp zwölf Millionen Mitgliedern. Bereits jetzt ist das diesjährige Neukundengeschäft um 45 Prozent eingebrochen. Hinzu kommen Kündigungen aus dem vergangenen Jahr. „Die Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Verbandspräsidentin Schwarze. Die finanzielle Not scheint jedenfalls groß zu sein: So haben die privaten Fitnessbetriebe über die verschiedenen Programme hinweg bislang mehr als 15.000 Hilfsanträge gestellt, wie aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht. Die bewilligte Fördersumme beläuft sich auf fast 285 Millionen Euro. Und noch immer warten einige Betriebe auf ihr Geld. Selbst bei der Überbrückungshilfe I, die für die Monate Juni bis August 2020 gewährt wurde, stehen Zahlungen aus. Auch bei den sogenannten November- und Dezemberhilfen sind noch Beträge in einstelliger Millionenhöhe offen. Dabei schöpften die Betriebe zuletzt wieder Hoffnung. Bund und Länder hatten in ihren jüngsten Beschlüssen den Studios Perspektiven in Aussicht gestellt. Ein vierter Öffnungsschritt sollte den kontaktfreien Sport im Innenbereich ermöglichen. Und zwar dann, wenn sich die Sieben-Tage-Inzidenz nach dem dritten Öffnungsschritt zwei Wochen lang nicht verschlechtert hat und der Wert in dem jeweiligen Land oder der Region unter 50 liegt. Mittlerweile wurde diese Perspektive aber von der Realität eingeholt. Zu Wochenbeginn lag die Sieben-Tage-Inzidenz in 396 von insgesamt 412 deutschen Landkreisen bei über 50 – Tendenz vielerorts steigend. Hoffnungen gibt es zumindest in manchen Regionen. Im Saarland sollen nach Ostern die Fitnessstudios wieder öffnen dürfen, wie etwa auch Kinos oder die Außengastronomie. Voraussetzung ist ein tagesaktueller negativer Schnelltest. Auch in Hessen und Schleswig-Holstein bleiben Einrichtungen weiter offen – allerdings unter strengsten Bedingungen und bei vorheriger Anmeldung. Die Plätze dürften rar sein. So darf in Hessen auf einer Fläche von 40 Quadratmetern maximal eine Person trainieren, in Schleswig-Holstein müssen es gar 80 Quadratmeter sein. „Alles auf Aktien “ ist der tägliche Börsen-Shot aus der WELT-Wirtschaftsredaktion. Jeden Morgen ab 7 Uhr mit Finanzjournalisten aus der WELT-Redaktion. Für Börsen-Kenner und Einsteiger. Abonnieren Sie den Podcast bei Spotify (verlinkt auf https://eur01.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fopen.spotify.com%2Fepisode%2F4q4vQu3aepCjQaRoE4wLQL&data=04%7C01%7Cflorian.gehm%40welt.de%7Cdd89e76701264c16a38e08d8c0fb2eec%7Ca1e7a36c6a4847689d653f679c0f3b12%7C0%7C0%7C637471532339663181%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C1000&sdata=F6m7bNZ%2FDWvjQ8AkXQ95r9izmWniVSaNEIv28Y5wCfQ%3D&reserved=0) , Apple Podcast (verlinkt auf https://eur01.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fpodcasts.apple.com%2Fde%2Fpodcast%2Falles-auf-aktien%2Fid1549709271&data=04%7C01%7Cflorian.gehm%40welt.de%7Cdd89e76701264c16a38e08d8c0fb2eec%7Ca1e7a36c6a4847689d653f679c0f3b12%7C0%7C0%7C637471532339663181%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C1000&sdata=T8mvdv9j%2BE7nsTzL2NMC89P4oDvXhEdkwHKqPtTIB9Q%3D&reserved=0) , Amazon Music (verlinkt auf https://eur01.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fmusic.amazon.de%2Fpodcasts%2Fdf7f5b86-fe30-4754-bca8-ded5c7b904a3%2FAlles-auf-Aktien&data=04%7C01%7Cflorian.gehm%40welt.de%7Cdd89e76701264c16a38e08d8c0fb2eec%7Ca1e7a36c6a4847689d653f679c0f3b12%7C0%7C0%7C637471532339673173%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C1000&sdata=Q4A%2FgxK53NRHzadUak20F3SL5oriIsjO%2FtbA%2Bfh3BgU%3D&reserved=0) und Deezer (verlinkt auf https://eur01.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fwww.deezer.com%2Fus%2Fshow%2F2196062&data=04%7C01%7Cflorian.gehm%40welt.de%7Cdd89e76701264c16a38e08d8c0fb2eec%7Ca1e7a36c6a4847689d653f679c0f3b12%7C0%7C0%7C637471532339673173%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C1000&sdata=EF1RagHx5qUFlOZMU9DwXrDTyVLbMXc03c62ELQ5e2s%3D&reserved=0) . 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Laurin Meyer
Seit Monaten sind die Fitnessstudios dicht. Glaubt man der Regierung, kann das so bleiben – als Alternative kommen schließlich Radfahren oder Gartenarbeit infrage. Die Branche ist außer sich. Und es gibt noch ein Problem: Die Zahl der Gartenbesitzer hält sich in Grenzen.
Wirtschaft
2021-03-30T03:23:46Z
2021-03-30T03:23:46Z
Sie vermissen Ihr Fitnessstudio? Die Bundesregierung rät Ihnen zur Gartenarbeit
https://www.welt.de/wirtschaft/article229380107/Geschlossene-Fitness-Studios-Regierung-setzt-auf-Gartenarbeit.html
Kalifornien: Eine Stadt zieht in den Kampf gegen Millionäre
Benito Santiago war nie ein großer Kämpfer. Als Kind philippinischer Einwanderer in San Francisco gehörte er immer zu den Schmächtigsten in seinem Freundeskreis, gern ließ er sich von anderen verteidigen. Später als Erwachsener sei er Konflikten auch gern aus dem Weg gegangen, sagt er. Dieses Mal ist es anders. Mit 63 Jahren ist Santiago plötzlich zum Rebellen geworden. Heiß knallt die kalifornische Mittagssonne auf den betonierten Google-Campus (verlinkt auf http://www.google.com/about/careers/locations/mountain-view/) in Mountain View herunter. Trotzdem ist Santiago mit rund 50 anderen Demonstranten von San Francisco zur Google-Zentrale ins Silicon Valley gereist, um gegen den Technologiekonzern zu demonstrieren. Er schlägt wütend auf die Bongotrommel ein, die er sich um den Hals gehängt hat. Neben ihm springt eine kleine Frau mit wilden Locken, Tattoos und Piercings wie ein Rumpelstilzchen auf und ab. Erin McElroy (verlinkt auf http://www.antievictionmappingproject.net/) ist die Organisatorin des Protests. Google ist jetzt auch böse Sie schreit in ein Megafon: „Hey, Google (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/google/) , du kannst dich nicht verstecken, wir sehen deine dunkle Seite.“ Google müsse Verantwortung übernehmen, brüllt sie. Der Konzern sei mit daran schuld, dass Menschen wie Santiago ihr Zuhause verlieren. Googles Produktversprechen „Don’t be evil“ gelte längst nicht mehr. Google sei jetzt selbst „evil“: böse. Santiago ist einer von Hunderten Einwohnern in San Francisco, die in den vergangenen Monaten einen Räumungsbefehl bekommen haben. Sein Vermieter will die Mietwohnungen im Gebäude renovieren und verkaufen. 500.000 Dollar (370.000 Euro) soll jedes der 55-Quadratmeter-Apartments einbringen. In Innenstadtnähe kostet der Quadratmeter Eigenheim (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/eigenheime/) mittlerweile 10.000 Dollar – im Durchschnitt. Für eine Mietwohnung mit 100 Quadratmetern zahlt man 4500 Dollar monatlich, allein seit 2009 sind die Preise um 80 Prozent gestiegen. Die Demonstranten machen die IT-Branche für die Preisexplosion verantwortlich. Fast keine Woche vergeht, in der nicht irgendwo in der Bay Area gegen die Konzerne und ihre Mitarbeiter demonstriert wird. Ausgerechnet in der Geburtsstätte der Love-&-Peace-Bewegung kommt es zu einem offen ausgetragenen Kampf zwischen Arm und Reich, zwischen Alt-Hippies und Computer-Nerds. 2000 Technologiefirmen gibt es in der Stadt Es geht um Sozialneid und echte soziale Not. Bis auf ein paar eingeschlagene Scheiben und zertrümmerte Google-Brillen verliefen die Proteste bislang friedlich, aber die Stimmung wird aggressiver. Im Januar belagerten Aktivisten das Privathaus des Google-Entwicklers Anthony Levandowski, im April verteilten sie Flugblätter bei den Nachbarn des Google-Managers Kevin Rose, der als „Parasit“ beschimpft wurde. Google-Mitarbeiter berichten, sie trauten sich nicht mehr, Firmen-T-Shirts anzuziehen. Angezogen von Steuervorteilen, verlagerten in den vergangenen Jahren viele große und kleine Internetfirmen ihren Sitz nach San Francisco. 2000 Technologiefirmen gibt es in der Stadt insgesamt, sie beschäftigten acht Prozent aller Erwerbstätigen. Dazu kommen all die Angestellten aus dem Silicon Valley, die weiter südlich in Palo Alto, Mountain View oder Menlo Park arbeiten, aber in San Francisco leben. 18.000 von ihnen kutschieren Konzerne wie Apple (verlinkt auf http://www.apple.com/de/) oder Facebook (verlinkt auf http://content.time.com/time/photogallery/0,29307,1990443_2140548,00.html) jeden Tag mit Shuttle-Bussen zur Arbeit ins Valley und wieder zurück. Die meisten Mitarbeiter sind jung, weiß, männlich, ungebunden und verdienen viel Geld. Allein der Twitter-Börsengang 2013 hat 1600 neue Millionäre hervorgebracht. Nicht wenigen von ihnen scheint es egal zu sein, wie viel sie für eine Wohnung in guter Lage zahlen müssen. Alte Wohnungen sind mietgebunden Das Geschrei der Demonstranten vor der Google-Zentrale geht ins Leere. Es ist der Tag der Hauptversammlung des Konzerns, die Cafés und bunten Liegestühle auf dem Gelände sind bis auf den letzten Platz mit Aktionären und Mitarbeitern besetzt. Doch kaum jemand nimmt Notiz von dem Protestzug, der von Sicherheitskräften am Rand des Campus aufgehalten wird. Vielleicht ist es nur zu heiß, vielleicht interessiert sich aber auch einfach niemand für Santiago und seine Probleme. Am nächsten Tag sitzt Santiago in seiner Wohnung in San Franciscos South of Market District, kurz SoMa. Das Zwei-Zimmer-Apartment liegt im zweiten Stock einer dieser mehrfarbig gestrichenen, viktorianischen Häuser, die die Einwohner der Stadt „Painted Ladies“ nennen. Die meisten Möbel hat Santiago schon verkauft, in den Zimmern und auf dem Flur stapeln sich Kisten mit Schallplatten, Videos, Büchern, Hüten, Musikinstrumenten, vergilbten Fotos und alten Postern. „Erinnerungen aus 37 Jahren“, sagt Santiago. 1977 ist der Musiklehrer in die Wohnung eingezogen, seitdem hat sich einiges angesammelt. 480 Dollar kostete die Wohnung damals, in 37 Jahren ist die Miete nur auf 573 Dollar angestiegen. Grund für diesen Schnäppchenpreis ist eine Besonderheit des Immobilienmarktes von San Francisco: Alle Wohnungen, die vor 1979 gebaut wurden, sind mietgebunden. In San Francisco fehlen Wohnungen Solange ein Mieter in einer solchen Wohnung bleibt, kann seine Miete nur marginal steigen. Erst wenn jemand auszieht oder stirbt, darf die Miete dem aktuellen Marktpreis angepasst werden. Anschließend kann sie aber wieder nur um wenige Prozentpunkte pro Jahr angehoben werden. Unnötig zu sagen, dass aus solchen Wohnungen selten jemand freiwillig auszieht. Problematisch wird das Ganze, weil die Preisbindung für 75 Prozent aller Mietwohnungen der Stadt gilt, egal ob darin ein arbeitsunfähiger Krebskranker oder ein vor Gesundheit strotzender IT-Millionär wohnt. Bei den restlichen 25 Prozent gehen die Mieten aus Mangel an Angebot durch die Decke. Ein solches Apartment könnte sich Santiago niemals leisten. „Ich hatte vor, in dieser Wohnung zu sterben“, sagt er. Daraus wird nichts, denn sein Vermieter hat beschlossen, sich nicht länger mit den niedrigen Mieteinnahmen abzufinden. Erhöhen darf er die Mieten zwar nicht, aber ein kalifornisches Gesetz, der Ellis Act, erlaubt ihm, die Apartments in Eigentumswohnungen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/eigentumswohnungen/) umzuwandeln. Die Zahl der Ellis-Kündigungen ist allein 2013 um 115 Prozent gestiegen. Die Wartelisten für Sozialwohnungen sind lang Santiago bekam den Brief im Dezember. Eigentlich sollte er die Wohnung schon im April verlassen. Weil er mit 63 Jahren als Senior gilt, hat er Aufschub bis zum Ende des Jahres bekommen. Gesetzlich stehen ihm 8769 Dollar Abfindung zu. „Das ist mehr ein schlechter Witz als eine Entschädigung“, sagt Santiago traurig. Als Musiklehrer für behinderte Kinder verdient er 1630 Dollar Nettogehalt. Selbst für ein WG-Zimmer in der Gegend müsste er aber zu Marktpreisen 1500 Dollar oder mehr bezahlen. Santiago hat sich auf eine Warteliste für eine Sozialwohnung setzen lassen. Für die 60 Apartments in dem jüngsten Sozialbau der Stadt bewarben sich vor Kurzem 2800 Menschen. Seine größte Hoffnung ist nun ein kirchlich finanziertes Altersheim für mittellose Rentner, in dem er regelmäßig ehrenamtlich mit den Bewohnern musiziert: „Vielleicht nehmen die mich auf.“ Santiago kommen die Tränen: „Ich bin in San Francisco geboren, das ist meine Heimat, ich will hier nicht weg.“ Besuch bei der Mieteraktivistin McElroy, dem Rumpelstilzchen von der Google-Demo. Die 31-jährige Künstlerin hat 2013 das „Anti-Eviction Mapping Project“ gestartet, das sie von einem kleinen Büro des Mieterverbands aus leitet, nur einige Straßen von Santiagos Wohnung entfernt. Mieter wehren sich mit einem Online-Pranger McElroy sammelt auf einer Internetseite Daten über Immobilienpreise, porträtiert Menschen, die ihre Wohnungen verlieren, und stellt Immobilienspekulanten an den Online-Pranger. Die vermeintlich schlimmsten hat sie das „Dreckige Dutzend“ genannt, sie hat deren Adressen und Privatnummern ins Netz gestellt. „Wir rufen dazu auf, die Immobilienhaie mit Anrufen und Protestbriefen zu überhäufen“, sagt sie. Im Kampf um die Gerechtigkeit seien solche Mittel erlaubt. „Die Spekulanten haben schließlich auch kein Mitleid, wenn sie Alte, Kranke und Familien aus ihrer Heimat vertreiben.“ Die Vermieter sind für McElroy aber nicht die einzigen Bösewichter. Mitschuldig seien die Tech-Konzerne und ihre Mitarbeiter: McElroy zeigt eine Karte von San Francisco, die sie ins Internet gestellt hat. Dort sieht man die Haltestellen der Shuttle-Busse ins Silicon Valley, um die sich konzentrische Kreise ziehen. „69 Prozent aller von Zwangsräumungen betroffenen Wohnungen liegen innerhalb von vier Blocks von einer Haltestelle entfernt. In diesen Gebieten sind die Mieten durchschnittlich um 20 Prozent höher.“ Daher sind es vor allem die Busse, auf die sich die Proteste der Demonstranten zurzeit konzentrieren. Das Feld der Tech-Gegner ist eher unübersichtlich, rund zehn verschiedene Gruppierungen gebe es, vermutet McElroy. „Wir alle wollen im Prinzip das Gleiche: dass die Tech-Konzerne Verantwortung übernehmen für den Schaden, den sie angerichtet haben.“ Gehirnwäsche für Mitarbeiter Jeden Morgen und jeden Abend schieben sich Hunderte weißer Busse durch die Innenstadt von San Francisco. Sie benutzen die regulären Haltestellen der Linienbusse und führen so zu erheblichen Verspätungen im öffentlichen Nahverkehr. Würde eine Privatperson in einer der Haltestellen parken, wäre jedes Mal eine Strafe von 271 Dollar fällig. Die Shuttle-Bus-Betreiber zahlen dagegen nur einen Dollar. Mehr geht nicht, sagt die Stadt, ein Gesetz verbiete ihr, Gewinn mit der Untervermietung von Haltestellen zu machen. „Es geht nicht um Gewinn, sondern um die Kompensation des Schadens“, sagt McElroy. Würden die Bus-Betreiber jedes Mal das Bußgeld von 271 Dollar zahlen, kämen ihrer Schätzung nach 600 Millionen bis eine Milliarde Dollar pro Jahr zusammen: „Das wäre eine echte Hilfe, bezahlbaren Wohnraum in San Francisco zu schaffen.“ Die betroffenen Konzerne könnten sich das locker leisten, sagt McElroy. Apple (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/apple/) machte 7,5 Milliarden Dollar Gewinn, Google drei Milliarden Dollar, Facebook (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/facebook/) 1,5 Milliarden, Yahoo (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/yahoo/) 590 Millionen und LinkedIn 111 Millionen. Mit ihren Forderungen sei sie dennoch auf taube Ohren bei den Konzernen gestoßen, sagt McElroy. Schlimmer noch, die Unternehmen würden ihre Mitarbeiter einer Art Gehirnwäsche unterziehen, damit diese ja nichts Falsches in der Öffentlichkeit sagen. Traumhochzeit für 2,5 Millionen Dollar Es ist mehr eine moralische als eine rechtliche Frage, ob die Tech-Branche Menschen wie Santiago helfen sollte. Vermutlich gibt es keine abschließende Antwort darauf. Fakt ist aber, dass viele Bewohner des Silicon Valley in letzter Zeit eher mit Ignoranz und Rücksichtslosigkeit als mit Sozialkompetenz auf sich aufmerksam gemacht haben. Da ist zum Beispiel Sean Parker (verlinkt auf http://www.forbes.com/profile/sean-parker/) , erster Facebook-Präsident und Napster-Gründer, der seine Traumhochzeit im vergangenen Sommer im Naturschutzgebiet Big Sur feierte. Der Verstoß gegen das Umweltrecht kostete ihn 2,5 Millionen Dollar – Kleingeld für den Milliardär. Oder der Start-up-Unternehmer Peter Shih, der auf Twitter eine Liste veröffentlichte mit zehn Dingen, die er an San Francisco hasst. Auf Platz sechs landeten die Obdachlosen der Stadt, von denen sich Shih belästigt fühlt: „Hört auf, denen Geld zu geben. Ihr wisst, dass sie damit ohnehin nur Alkohol und Drogen kaufen.“ Entrüstung löste auch Tech-Milliardär Tom Perkins aus, der sich selbst gern als „König des Silicon Valley“ bezeichnet. Im Januar veröffentlichte er im „Wall Street Journal“ einen Gastbeitrag, in dem er den Klassenkampf im Valley mit dem Dritten Reich verglich. Die Übergriffe auf die Shuttle-Busse erinnerten ihn „an die Kristallnacht“. Man würde gern mit den Tech-Konzernen direkt reden und ihre Meinung hören. Leider zieht die Industrie eine Mauer des Schweigens um sich. Die „Welt am Sonntag“ stellte Anfragen bei Apple, Dropbox, Facebook, Google, LinkedIn, Twitter und Yahoo. Alle Unternehmen lehnten eine Stellungnahme zu dem Thema ab. Tech-Firmen organisieren den Alltag Facebook bot als einziger Konzern immerhin ein Gespräch mit einer Personalmanagerin an. Zu den Bussen und den Wohnungsräumungen durfte sich Janelle Gale nicht äußern, wohl aber zu den Vorwürfen, die Tech-Konzerne würden ihre Mitarbeiter von der Öffentlichkeit abschotten. Denn auch das ist oft gehörte Kritik an der Tech-Branche. Die jungen Programmierer würden oft bei Mama aus- und bei Facebook, Google und Co. einziehen. Ihre Arbeitgeber nehmen ihnen beinahe alle Tätigkeiten ab, bei denen man sonst auf fremde Menschen trifft: Sie holen sie morgens ab, bringen sie abends heim, helfen bei der Wohnungssuche, organisieren die Putzfrau, reinigen kostenlos die Wäsche. Während des Tages gibt es keinen Grund, den Campus der Firma zu verlassen. Facebook hat mehrere Restaurants und Cafés mit kostenloser Verpflegung, einen Garten, eine Spielhalle, einen Fahrradshop, ein Ärztezentrum und Tischtennisplatten. Für neue Mitarbeiter veranstaltet der Konzern einmal im Monat Abendessen, damit sie sich mit anderen Mitarbeitern anfreunden können. Es gibt gemeinsame A-capella-Singkreise, Buchklubs und Schwulen- und Lesbenzirkel. Die anderen Konzerne haben Ähnliches im Angebot. Gewollt oder ungewollt entsteht so eine Parallelwelt, die Tech-Mitarbeiter bleiben unter ihresgleichen. Facebook-Personalmanagerin Gale sagt, der Vorwurf sei ungerecht: „Der Wettbewerb um die besten Talente ist im Valley sehr hart.“ Mauer des Schweigens Man müsse den Mitarbeitern einiges bieten, um sie zu halten. „Wir wollen, dass sich unsere Angestellten so wohl wie möglich fühlen und lange bei uns bleiben.“ Natürlich sei es ihnen in ihrer Freizeit freigestellt, Nicht-Tech-Mitarbeiter zu treffen. „Wir ermutigen unsere Mitarbeiter, sich für lokale Projekte zu engagieren, und unterstützen ihr soziales Engagement finanziell.“ Nicht ermutigt werden die Mitarbeiter dagegen, ihre Meinung zu sagen. Jeder auf dem Facebook-Parkplatz angesprochene Angestellte winkte ab. Er sei nicht befugt, mit der Presse zu reden. Ähnlich war die Resonanz vor der Twitter-Zentrale in San Francisco. Eine Stunde lang sprach die „Welt am Sonntag“ in der Mittagszeit jeden Twitter-Mitarbeiter an, der aus dem Gebäude kam. Manche hatten bei Wort Presse regelrecht Panik in den Augen, alle wiederholten fast wortwörtlich den gleichen Satz: „Unsere Pressestelle kann Ihnen da viel kompetenter Auskunft geben als ich.“ Schließlich findet sich doch noch jemand, der bereit ist zu reden. Jennifer Lauren sitzt mit einem Feierabendbier in einer Punk-Kneipe im Mission District. Die 32-Jährige arbeitet für eine Internetfirma. Eine Branche voller „Arschlöcher“ Den Namen des Unternehmens nennt sie zwar, er soll aber nicht in der Zeitung stehen. Lauren lacht, als sie von den verschüchterten Twitter-Mitarbeitern hört. „Die werden so mit Geld und Annehmlichkeiten überhäuft, da wollen sie ihren Arbeitgeber natürlich nicht verärgern.“ Tech-Firmen funktionierten ähnlich wie große Familien: Solange du loyal und brav bist, wird es dir an nichts fehlen. „Es laufen in unserer Branche viele Arschlöcher rum, keine Frage“, sagt sie. Aber die Proteste gingen trotzdem am Problem vorbei. „Als ich 2005 nach San Francisco zog, bin ich in eine mietgebundene Wohnung eingezogen.“ Nur 500 Dollar im Monat habe sie gezahlt, obwohl sie damals auch schon ziemlich gut verdiente. „Mit der gesparten Miete habe ich mir 2009 eine Eigentumswohnung (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/eigentumswohnungen/) auf der Mission Street gekauft, die sich seitdem im Wert verdoppelt hat.“ Für sie sei alles wunderbar gelaufen, aber fest stehe: „Solange dieser Irrsinn mit den mietgebundenen Wohnungen nicht aufhört, kann den wirklich Bedürftigen nicht geholfen werden.“ Sergio Iantorno hat zwei Wochen lang überlegt, ob er ein Interview geben soll. Die „Welt am Sonntag“ hatte alle Vermieter auf McElroys „Dreckiges Dutzend“-Liste angefragt, Iantorno antwortete schließlich – als Einziger. Baugenehmigungen sind kaum zu bekommen Er ist ein freundlicher, dicklicher Herr, 71 Jahre alt, der noch immer mit einem italienischen Akzent spricht. In den 60er-Jahren kam er als Gastarbeiter nach Deutschland, einige Jahre später zog er nach San Francisco. „Mein Startkapital waren 50 Dollar, ich habe im Rotlichtviertel gewohnt und hatte kaum etwas zu essen“, sagt er. Doch mit harter Arbeit sei der amerikanische Traum für ihn wahr geworden. Dem Immobilieninvestor gehören heute 220 Wohnungen in der Stadt. Das eigentliche Problem in San Francisco sei, dass nicht genug gebaut wird. „Einen Bauantrag durch alle Genehmigungsverfahren zu bekommen, dauert fünf bis sechs Jahre und verschlingt oft eine halbe Million Dollar“, sagt Iantorno. Anwohner könnten gegen so ziemlich alles im Bauplan Einspruch erheben, selbst ob ein Haus eher zitronengelb oder kanariengelb gestrichen werden sollte. „Die Wohnungsnot ist akut, aber es werden die falschen Konsequenzen daraus gezogen.“ Statt mehr oder höhere Gebäude zu erlauben, hat die Stadt auf Druck der Demonstranten nun gedroht, die Ellis-Kündigungen zu verbieten oder zumindest deutlich teurer für Vermieter zu machen. Iantorno hat reagiert wie viele andere Vermieter auch: Er hat seinen Mietern reihenweise die Kündigung geschickt, solange es noch geht. Über die „Hetzjagd“ auf ihn ist er noch immer schockiert. Politik soll Mietpreisbindung abschaffen „Es sind haufenweise Horrorgeschichten über mich verbreitet worden, zum Beispiel, dass ich Mieter bedroht oder ihnen die Kündigung in einer Weihnachtskarte geschickt hätte.“ Das sei alles gelogen. Mit vielen der mietgebundenen Häuser habe er seit mehr als zehn Jahren Verlust gemacht, da die Betriebskosten höher seien als die Mieteinnahmen. Würden die Ellis-Kündigungen verboten, würden seine Immobilien mit einem Schlag Millionen an Wert verlieren, sagt Iantorno. Der Italiener flucht ein paar italienische Kraftausdrücke. Die ganze Lage sei einfach vollkommen verkorkst. Leuten wie Santiago könne man nicht vorwerfen, dass sie wütend sind. Den Tech-Arbeitern könne man nicht vorwerfen, dass sie gern eine schöne Wohnung in guter Lage haben wollen. Und ihm könne man nicht vorwerfen, dass er „das Erbe meiner Kinder schützen“ wolle. „Die einzige wirkliche Lösung wäre, die Mietbindung komplett abzuschaffen und gleichzeitig mehr Sozialwohnungen zu bauen“, glaubt Iantorno. Dann würden sich die Mieten auf einem gemäßigten Niveau einpendeln. Das sei politisch aber nicht durchsetzbar, sagt er und verweist auf seine alte Heimat. „Das ist ungefähr so wahrscheinlich wie, dass Silvio Berlusconi doch noch im Gefängnis landet.“
Tina Kaiser, San Francisco
Die Börsengänge von Facebook, Twitter und Co. haben das Silicon Valley zu einem Tal voller junger Millionäre gemacht. Jetzt kommt es zum Klassenkampf. Es geht um Sozialneid – und soziale Not.
Wirtschaft
2014-06-02T09:34:11Z
2015-09-21T13:52:48Z
Eine Stadt zieht in den Kampf gegen Millionäre
https://www.welt.de//wirtschaft/article128628404/Eine-Stadt-zieht-in-den-Kampf-gegen-Millionaere.html
Atom-Gipfel: Die Angst vor der „dreckigen Bombe“
Der Atomgipfel in Washington beschäftigte sich mit der Bedrohung durch Terroristen mit „dreckigen Bomben“ - konventionelle Sprengsätze, bei deren Explosion nukleares Material freigesetzt wird.
WELT
Der Atomgipfel in Washington beschäftigte sich mit der Bedrohung durch Terroristen mit „dreckigen Bomben“ - konventionelle Sprengsätze, bei deren Explosion nukleares Material freigesetzt wird.
2016-04-01T05:09:41Z
2016-12-17T17:52:45Z
Die Angst vor der „dreckigen Bombe“
https://www.welt.de//politik/video153870834/Die-Angst-vor-der-dreckigen-Bombe.html
„Hamburger Bahnhof“ in Berlin: 100-stündige Hannah-Arendt-Lesung nach propalästinensischem Protest abgebrochen
Nach propalästinensischen Protesten ist die 100-stündige Performance-Lesung eines Textes der jüdischen Publizistin Hannah Arendt im Berliner Kunstmuseum „Hamburger Bahnhof“ abgebrochen worden. Jetzt ermittelt die Polizei.
WELT
Nach propalästinensischen Protesten ist die 100-stündige Performance-Lesung eines Textes der jüdischen Publizistin Hannah Arendt im Berliner Kunstmuseum „Hamburger Bahnhof“ abgebrochen worden. Jetzt ermittelt die Polizei.
2024-02-13T07:04:20Z
2024-02-13T13:17:53Z
100-stündige Hannah-Arendt-Lesung nach propalästinensischem Protest abgebrochen
https://www.welt.de//kultur/video250056480/Hamburger-Bahnhof-in-Berlin-100-stuendige-Hannah-Arendt-Lesung-nach-propalaestinensischem-Protest-abgebrochen.html
Staatsschulden: Die Euro-Zone rutscht immer stärker in die Miesen
Auf den ersten Blick ist die Entwicklung hervorragend: Die Staatsschulden in der Euro-Zone sinken. Standen die Mitglieder der Währungsunion im Jahr 2017 noch mit 87,8 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in der Kreide, sank die Schuldenlast bis Ende des vergangenen Jahres auf nur noch 85,9 Prozent. Das zeigen aktualisierte Berechnungen der Europäischen Statistikbehörde Eurostat. Gerade einige Mitgliedsländer, die in der Staatsschuldenkrise zu Beginn des Jahrzehnts ins Schleudern geraten waren, haben eine beeindruckende Entwicklung hinter sich: Irland, wo nach dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise (verlinkt auf /themen/finanzkrise/) eine platzende Immobilienblase für schwere Verwerfungen sorgte, hat seine Staatsschulden in den vergangenen Jahren so stark abgebaut, dass sie nur noch 63,6 Prozent der Wirtschaftsleistung entsprechen. Auch die Staatsschuldenquoten von Spanien und Portugal sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken, auch wenn sie mit knapp 98 Prozent und gut 122 Prozent immer noch Werte erreichen, die als nicht nachhaltig solide gelten. In Griechenland und Zypern hingegen sind die Schuldenquoten trotz robusten Wirtschaftswachstums in beiden Volkswirtschaften im vergangenen Jahr sogar angestiegen. 100 Milliarden zusätzliche Schulden in nur einem Jahr Tatsächlich ist die Entwicklung in der gesamten Euro-Zone weniger rosig, als es ein erster Blick auf die Schuldenquote suggeriert. Gemessen an der Wirtschaftsleistung mögen die Verbindlichkeiten der Staaten zwar sinken; absolut wachsen die Schulden (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/schulden/) allerdings. Allein im vergangenen Jahr haben die Euro-Staaten zusammen rund 100,5 Milliarden Euro an zusätzlichen Schulden gemacht. Insgesamt haben die 19 Mitglieder der Währungsunion Verbindlichkeiten von 9,930 Billionen Euro angehäuft. Die steigenden Schulden wurden in den vergangenen Jahren allerdings von der guten wirtschaftlichen Entwicklung verdeckt. Die Finanzminister haben zwar neue Kredite (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/kredit/) aufgenommen, die Wirtschaftsleistung jedoch ist im gleichen Zeitraum stärker gestiegen, so dass die Verschuldung gemessen am Bruttoinlandsprodukt sogar gesunken ist. Statistiker, Politik und Ratingagenturen beobachten vor allem die Staatsschuldenquote, weil sie verrät, wie leicht oder schwer es der jeweiligen Volkswirtschaft fällt, die eigene Schuldenlast zu tragen. Das Problem mit dieser Zahl: Sie ist nur eine Momentaufnahme und in einer Rezession kann sich das Bild schnell wandeln. Wenn die Wirtschaft stagniert oder sogar schrumpft und gleichzeitig viele eingeplante oder qua Gesetz definierte Ausgaben weiterlaufen, steigen das Haushaltsdefizit und die Schuldenquote schnell. Eine Schuldenlast, die zuvor akzeptabel schien, kann dann plötzlich prohibitiv hoch wirken. Dieser Effekt wird noch verstärkt dadurch, dass in einer Rezession (verlinkt auf /wirtschaft/article201833208/Konjunktur-Hier-ist-die-Rezession-bereits-real.html) in der Regel die Einnahmen des Staates sinken und seine Ausgaben steigen: Wenn die Geschäfte der Unternehmen schlechter laufen, die Verbraucher weniger einkaufen und die Löhne stagnieren, sinken die Steuereinnahmen. Gleichzeitig muss die öffentliche Hand in einer Rezession mehr ausgeben, etwa für Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/kurzarbeit/) sowie Konjunkturprogramme. Ökonomen debattieren derzeit, wie gefährlich solche Schuldenberge werden können. Immer mehr argumentieren inzwischen, dass Staaten in Zeiten von sehr niedrigen und teilweise negativen Zinsen sogar zusätzliche Schulden machen sollten. In einer Situation, in der Finanzminister Geld dafür bekommen, dass sie Kredite aufnehmen, lohne es sich, viele Milliarden neue Schulden zu machen, um nötige Investitionen in Infrastruktur, Bildung oder Technologie zu finanzieren und so langfristig die Konjunktur zu stützen. In der französischen Politik hat diese Doktrin viele Freunde und das lässt sich auch an den Zahlen ablesen: Unter Präsident Emmanuel Macron (verlinkt auf www.welt.de/themen/emmanuel-macron) hat das Land allein 2018 fast 56,6 Milliarden Euro zusätzliche Schulden gemacht – und ist damit verantwortlich für mehr als die Hälfte der Neuverschuldung der gesamten Euro-Zone. Tatsächlich hat die öffentliche Hand dort so viele neue Kredite aufgenommen, dass die Verschuldung dem Wirtschaftswachstum enteilt ist: Frankreich gehört zu den wenigen Ländern der Euro-Zone, in denen die Schulden sogar gemessen an der Wirtschaftsleistung in den vergangenen Jahren gestiegen sind. Ende 2018 entsprach der Schuldenberg 98,4 Prozent der Wirtschaftsleistung. Damit gehört Frankreich zu den am höchsten verschuldeten Ländern des Währungsraums und trägt eine nur unwesentlich geringere Schuldenlast als Belgien oder Zypern, die mit 100 Prozent, beziehungsweise 100,6 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung in der Kreide stehen.
Tobias Kaiser, Brüssel
Die steigenden Verbindlichkeiten der Euro-Zone wurden zuletzt von der guten wirtschaftlichen Entwicklung verdeckt. Doch im Abschwung wird die Schuldenlast zur Gefahr. In einem Land ist die Verschuldung der Wirtschaftsleistung sogar enteilt.
Wirtschaft
2019-10-22T14:57:39Z
2019-10-22T16:18:33Z
Die Rezession enttarnt Europas Zehn-Billionen-Euro-Problem
https://www.welt.de//wirtschaft/article202279150/Staatsschulden-Die-Euro-Zone-rutscht-immer-staerker-in-die-Miesen.html
Steffen Baumgart: BL-Auftakt? "Freue mir den Arsch wund"
Paderborn-Trainer Steffen Baumgart blickt mit großer Vorfreude auf das erste Bundesliga-Spiel bei Bayer Leverkusen am Samstag. Für den 48-Jährigen, der den SCP von der dritten in die erste Liga geführt hatte, sei der Auftakt ein pures Glücksgefühl.
WELT
Paderborn-Trainer Steffen Baumgart blickt mit großer Vorfreude auf das erste Bundesliga-Spiel bei Bayer Leverkusen am Samstag. Für den 48-Jährigen, der den SCP von der dritten in die erste Liga geführt hatte, sei der Auftakt ein pures Glücksgefühl.
2019-08-15T12:57:33Z
2022-05-14T09:42:04Z
BL-Auftakt? "Freue mir den Arsch wund"
https://www.welt.de//sport/video198593193/Steffen-Baumgart-BL-Auftakt-Freue-mir-den-Arsch-wund.html
Merkel bei Obama: Ein Herz und eine Seele - aber ohne einen Plan
Barack Obama hat im Sommer vor einem Jahr ziemlich zerknirscht versprochen, das Handy von Angela Merkel künftig nicht mehr abzuhören zu lassen. Er hat augenscheinlich Wort gehalten. Über die persönlichen Vorlieben der deutschen Kanzlerin war der amerikanische Präsident nämlich nicht informiert. Zwar wussten die Mitarbeiter des Weißen Hauses noch, dass Merkel, die nicht zufällig schlanker geworden ist, einen Teller schlichtes Obst bevorzugte, als beim Mittagessen zum Dessert eine raffinierte Limonenpanacotta gereicht wurde. Ein anderer Wunsch Merkels aber überraschte den Gastgeber: Die Kanzlerin wollte den Gemüsegarten im Weißen Haus besichtigen. Dabei handelt es sich nicht einfach nur um ein paar Beete. Vielmehr hat Michelle Obama sie selbst angelegt – und ein Buch darüber geschrieben. Das hat die Kanzlerin nicht nur gelesen, sondern in kleinen und nicht ganz so kleinen Runden immer wieder mal zitiert. In einer Mischung aus Belustigung und Faszination spricht Merkel sogar Szenen aus dem beigefügten Video nach. Wer die Kanzlerin abhört, müsste die Geschichte kennen. Obama kannte sie nicht. Und so wurde zwar der Garten spontan nach dem Mittagessen besichtigt, aber die Gärtnerin konnte nicht mehr aufgetrieben werden - die First Lady ist nämlich nicht First Hausfrau und hatte eigene Termine jenseits des Weißen Hauses. Wo die Erbsen wachsen Also gab der mächtigste Mann der Erde selbst den Fremdenführer und zeigte der Kanzlerin, wo die Erbsen wachsen, wo der Hopfen rankt, aus dem tatsächlich Bier gebraut wird und wo die Bienenhäuschen für den White-House-Honig stehen. Urban Gardening ist nicht nur in Washington, sondern auch in Berlin gerade schwer angesagt. Das Foto von Staatsmann und Staatsfrau, das Merkels Regierungssprecher sofort glücklich in die Welt twitterte, wurde das Bild dieses Besuches (verlinkt auf https://twitter.com/RegSprecher/status/462316312539066368/photo/1) . Ein Werk der Propaganda, selbstverständlich. Aber doch eines mit einer inneren Wahrheit. Merkel und Obama haben in der Ukraine-Krise zueinander gefunden. Das war alles andere als selbstverständlich. Denn eigentlich sind die Beiden – tausendmal bestritten, aber dennoch wahr – zwei sehr unterschiedliche politische Charaktere. Die Pragmatikerin und der Visionär waren außerdem – ebenfalls tausendmal dementiert, ebenfalls dennoch wahr – in den zentralen Fragen ihrer parallel laufenden Amtszeiten meist genau gegenteiliger Ansicht. Merkel war ein Fan vom Vorgänger George W. Bush, Obama inszenierte sich als Antipode. Merkel setzte in der Eurokrise auf Sparsamkeit, Obama druckte in der Finanzkrise einfach noch mehr Geld. Obama ließ in Libyen bombardieren, um ein Massaker zu verhindern. Merkel verweigerte ihm die Zustimmung im Weltsicherheitsrat. Als dann, im Zuge der NSA-Affäre, herauskam, dass die Amerikaner in Deutschland nicht nur Millionen von Verbindungsdaten abgeschöpft, sondern auch ein Handy der Kanzlerin abgehört hatten, brachte Merkels Biografin Evelyn Roll die Beziehung in einem bissigen Bonmot auf den Punkt: „Wenn die NSA nicht nur Merkels Metadaten abgegriffen hat, sondern alles, dann weiß Obama zur Strafe wenigstens, was sie von ihm hält.“ Zwei, die viel gemeinsam haben Für Merkel war Obama ein Schaumschläger, der nur gut aussieht und redet, aber politisch Anfängerfehler an Anfängerfehler reihte. Für Obama war Merkel hingegen eine spröde Zauderin, die fantasielos die Zeichen der Zeit nicht erkannte und aus Angst, Fehler zu machen, am liebsten gar nichts tat. Aber das war einmal. An diesem Freitag in Washington saßen plötzlich zwei zusammen, die wirklich viel gemeinsam haben. Fast viereinhalb Stunden berieten Merkel und Obama im Kreise ihrer allerengsten Berater – 80 Prozent ihrer Zeit sprachen sie über die Ukraine und Wladimir Putin. Ausgerechnet der Autokrat aus dem Osten hat die neue politische Ehe der Führer der westlichen Welt gestiftet. Der Präsident und die Kanzlerin wollen das Gleiche: Die Völkerrechtsverletzung der Krim-Annexion nicht ungesühnt lassen und ein Auseinanderbrechen der Ukraine verhindern – aber gleichzeitig eine militärische Auseinandersetzung um jeder Preis verhindern. Deshalb setzten beide auf das komplizierte System der abgestuften Sanktionen bei permanenten Dialog. Obama und Merkel koordinieren so eng, dass sie mittlerweile jeden einzelnen Tag vorplanen. Am Mittwoch etwa wird der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter, der zurzeit die OSZE führt, nach Moskau reisen und Putin ein Papier übergeben, das Berlin und Washington gemeinsam verfassen werden. „Es liegt an Russland“ „Ohne Zweifel fördert Russland die transatlantische Entschlossenheit und Geschlossenheit“, hat Merkel in Washington in der amerikanischen Handelskammer Unternehmern erklärt. Und im Rosengarten des Weißen Hauses sagte sie Journalisten aus beiden Ländern: „Es liegt an Russland, welchen Weg wir gehen, aber wir gehen ihn in jedem Fall gemeinsam.“ Obama sagte etwas amerikanisch-pathetischer: „Unsere Nationen stehen vereint für die Unterstützung der Ukraine.“ Er forderte die Freilassung der von pro-russischen Separatisten gefangen gehaltenen deutschen Geiseln („Colonel Schneider und seine Kameraden“). Obama, der noch in der Euro-Krise die komplizierten Erklärungen Merkels oft einfach abtat, hat jetzt zuhören gelernt. So nahm er ihr Argument, die Unterstützung der demokratischen Ukraine dürfte nicht von einer amerikanisch-russischen Machtprobe überlagert werden, ernst und sagte schon auf der anschließenden Pressekonferenz: „Das Ziel ist nicht, Russland zu bestrafen.“ Die Einigkeit der Beiden ist frappierend, bedenkt man, dass die öffentliche Meinung in ihren Ländern in der Ukraine-Frage unterschiedlicher kaum sein kann. Merkel muss sich zu Hause Ratschläge von Ex-Kanzlern und Publizisten anhören, die die russische Aggression gegen Nachbarn für natürlich oder gerechtfertigt halten und sich mit dem Machtmenschen Putin identifizieren. Amerika tickt anders. So wurde Merkel gleich nach der Landung mit einer heftigen Kritik überzogen (verlinkt auf /politik/ausland/article127528026/US-Senator-McCain-nennt-Merkels-Politik-peinlich.html) : „Peinlich“ sei ihre Politik, polterte der republikanische Transatlantiker John McCain. Die russlandfreundliche „Industrielobby“ habe in Deutschland Macht, als sei sie in der Regierung: „Eine Schande!“ Obama ist dergleichen gewohnt, aber er versucht auch, sich in Merkels Position und sogar die seltsame teutonische Psyche hineinzudenken: „Dem deutschen Publikum, das russisches Fernsehen schaut, sage ich: Konzentriert Euch auf die Fakten.“ Einander so nah wie lange nicht Das neue Verständnis für einander geht sogar über die Ukraine-Politik hinaus. Staunend hörten die Mitarbeiter der Kanzlerin, dass Obama die Sorgen der Deutschen wegen der NSA-Spionage nicht mehr als teutonische Schrulle abtut. Der Präsident hat den schleichenden Schaden, den fein orchestrierte Enthüllungen des ehemaligen Spions Edward Snowden am deutsch-amerikanischen Verhältnis anrichten, wohl verstanden. Die Kanzlerin ihrerseits hat mehr Verständnis dafür, dass die Amerikaner auch in Hamburg oder München mit Geheimdienstmethoden nach möglichen Terroristen suchen, als sie in der hypersensiblen deutschen Öffentlichkeit zugeben mag. Auch beim transatlantischen Freihandelsabkommen ticken die Beiden ähnlich: Sie glauben fest an seinen Nutzen, zögern aber, sich öffentlich dafür stark zu machen. Immerhin, Merkel pries das „TTIP“ jetzt in einer Rede - in Washington. Politisch so nah wie in diesen Tagen waren sich Merkel und Obama wohl noch nie. Der Feind meines Feindes ist mein Freund – lautet eine banale politische Weisheit. Sie gilt auch, wenn man gar nicht kämpfen will. Denn auch wenn Obama Putin etwas schärfer warnt, will er genauso eine diplomatische Lösung wie Merkel. Was aber, wenn diese nicht kommt? Echte, statt symbolische Sanktionen wird es geben, wenn die ukrainische Wahl am 25. Mai an Russland scheitert. Weiter gehen die Planungen bisher weder in Washington noch in Berlin. So geschlossen war der Westen schon lange nicht mehr – so ratlos aber auch nicht.
Robin Alexander, Washington
Die Ukraine-Krise hat Angela Merkel und Barack Obama politisch wieder zusammengebracht. Sie sind sich einig, dass Putin gestoppt werden muss. Aber auch in ihrer Ratlosigkeit, wie das gehen soll.
Politik
Ausland
2014-05-03T07:51:38Z
2015-10-15T19:03:09Z
Ein Herz und eine Seele - aber ohne einen Plan
https://www.welt.de//politik/ausland/article127577228/Ein-Herz-und-eine-Seele-aber-ohne-einen-Plan.html
Flughafen Berlin Brandenburg: Eröffnungstermin 2017 wackelt wieder
Die Insolvenz der Baufirma Imtech bringt den Zeitplan für den neuen Hauptstadtflughafen aus Sicht des Vorsitzenden des Berliner Flughafen-Untersuchungsausschusses ins Wanken. "Ich halte den Eröffnungstermin für stark gefährdet", sagte Martin Delius von der Piratenpartei (verlinkt auf /themen/piratenpartei/) . Er stützte sich auf Aussagen des früheren Flughafenchefs Hartmut Mehdorn (verlinkt auf /themen/hartmut-mehdorn/) im Ausschuss, der die Firma als extrem wichtig für das Milliardenprojekt bezeichnet habe. In Aufsichtsratskreisen hieß es, die Insolvenz werde "mit Besorgnis" gesehen. Die Gremien des Aufsichtsrats würden die Lage in Kürze erörtern. Imtech ist bei dem mehrfach verzögerten Großprojekt für wichtige Elektro-, Sanitär- und Lüftungsarbeiten zuständig. Die deutsche Tochter des niederländischen Konzerns hatte am Donnerstag (verlinkt auf /wirtschaft/article144915677/BER-Brandschutzfirma-Imtech-Deutschland-ist-pleite.html) den Insolvenzantrag gestellt. Delius warf dem Flughafen-Management Versagen vor. Das Unternehmen hätte sich aus seiner Sicht längst von Imtech trennen sollen. Er verwies auf eine millionenschweren Vorschuss, den die Firma Ende 2012 bekam. "Da hätte klar sein müssen, dass die Firma nicht ganz koscher ist", sagte Delius. Der Flughafen in Schönefeld bei Berlin soll nach mehreren Terminabsagen im zweiten Halbjahr 2017 in Betrieb gehen.
WELT
Die Brandschutzfirma Imtech Deutschland ist insolvent, die Eröffnung des Hauptstadtflughafens 2017 könnte sich erneut verzögern. Der Vorsitzende des BER-Ausschusses wirft dem Management Versagen vor.
Wirtschaft
2015-08-07T09:28:04Z
2015-08-07T22:23:54Z
Und wieder wackelt der BER-Eröffnungstermin
https://www.welt.de//wirtschaft/article144926948/Und-wieder-wackelt-der-BER-Eroeffnungstermin.html
Türkei: Tote und Verletzte nach Explosion in Istanbul
Bei der Explosion in der türkischen Metropole Istanbul hat es Tote und Verletzte gegeben. Angaben zur Ursache der Explosion vor der Blauen Moschee im Viertel Sultanahmet gibt es noch nicht.
WELT
Bei der Explosion in der türkischen Metropole Istanbul hat es Tote und Verletzte gegeben. Angaben zur Ursache der Explosion vor der Blauen Moschee im Viertel Sultanahmet gibt es noch nicht.
Ausland
2016-01-12T09:32:54Z
2016-12-17T12:01:01Z
Tote und Verletzte nach Explosion in Istanbul
https://www.welt.de//politik/ausland/video150899198/Tote-und-Verletzte-nach-Explosion-in-Istanbul.html
Ukraine-Krise: Steinmeier skeptisch über Erfolg neuer Gespräche
Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich zum Start der neuen Ukraine-Gespräche eher skeptisch. Die Situation in der Ukraine sei nach wie vor angespannt, sagte er in Berlin.
WELT
Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich zum Start der neuen Ukraine-Gespräche eher skeptisch. Die Situation in der Ukraine sei nach wie vor angespannt, sagte er in Berlin.
2015-01-12T19:13:25Z
2016-12-16T14:06:18Z
Steinmeier skeptisch über Erfolg neuer Gespräche
https://www.welt.de//videos/video136302298/Steinmeier-skeptisch-ueber-Erfolg-neuer-Gespraeche.html
Ein Weißbier auf den leistungswütigen FC Allmacht
Die Beliebtheit des FC Bayern ist letztmals anläßlich einer Niederlage zuverlässig ermittelt worden. Die Frage hieß: Empfinden Sie Schadenfreude? 67,3 Prozent antworteten glaubhaft mit Ja, begleitet oft von einem wiehernden Schenkelklopfen. Statistisch betrachtet kommen also auf jedes wohlwollende Wort, das den Deutschen zu diesem Klub einfällt, zwei deftige Beleidigungen - weil die Bayern sich für etwas Besseres halten. Doch das Schlimmste: Sie sind es. Timo Hildebrand sieht es ähnlich. Stuttgarts Torwart ist am Samstag gefragt worden, ob er die Kaltschnäuzigkeit der Bayern mit seinem VfB auch gern hätte. "Ja, klar", hat er geantwortet, mit einem blitzschnellen Reflex der nackten Verzweiflung und zerfressen vom Neid auf seinen Extrainer Magath, der letztes Jahr fast fahnenflüchtig die Fronten gewechselt hat und jetzt Felix der Glückliche ist. Die Bayern sind Meister. Zum 19. Mal. Für das durchschnittliche deutsche Neidgefühl ist es auf Dauer zuviel verlangt, soviel Glück und Erfolg zu ertragen - vor allem: Diese leistungswütigen Nimmersatts bitten nie um Entschuldigung. Das geht auf Dauer nicht gut. Jedenfalls haben wieder Millionen bekennender Bayern-Hasser und sonstiger Neidhammel den Rüssel hängen lassen, als sich Uli Hoeneß am Abend grinsend aus dem "Sportstudio" des ZDF meldete - und erwartungsgemäß nicht als stiller Genießer grüßte, sondern ohne falsche Bescheidenheit etwa sagte: Wir haben uns den Neid und Erfolg hart erarbeitet. "Was braucht man dazu?", hat der Sportskamerad Kerner gebohrt. "Vernünftige Manager", verriet ihm Hoeneß. Vor allem zwischen Dortmund und Schalke soll sich in diesem Moment der Protest in Form eines Aufschreis geregt haben, flankiert von der Wut auf diesen Manager, der seit 25 Jahren vor lauter Vernunft nur das Geld ausgibt, das er hat - mit der für die Konkurrenz unerträglichen Folge, daß die Kasse der Bayern voller denn je ist und ihre Machterhaltung fast zum Kinderspiel wird. Kurz: Sie sind zu gut, zu reich und zu clever. Udo Lattek bewundert seinen Altkumpel Hoeneß noch heute, wie er in Sachen Rosicky gegen die Dortmunder einst mitgeboten hat, nur um die Ablöse hochzutreiben - so hat schon Ronald Reagan die Russen zu Tode gerüstet. Jedenfalls sitzen die Bayern entspannt in ihrem bequemen Ohrensessel und verfolgen seelenruhig die waghalsigen Aufholversuche der Konkurrenz und diese unabänderliche Abneigung in den Volksumfragen, die sich schon in ihren frühen Blüte entwickelt hat, als sich der deutsche Fußball um die Achse Maier-Beckenbauer-Müller zu drehen begann und der damalige Bayern-Manager Robert Schwan bekanntgab, daß es nur zwei intelligente Menschen gibt: Schwan am Vormittag und Schwan am Nachmittag. Für den Mittag ist jetzt vollends der Hoeneß zuständig, und für den Abend der Rummenigge. Plausibel hat Letzterer neulich erklärt, daß sich die Lage für die Konkurrenz nicht entspannen wird, "solange wir in der Bank in die Festgeldabteilung gehen und die Schalker in die Kreditabteilung." Der Trend zum Neid ist jedenfalls gerechtfertigter denn je. Die Bayern haben Glück, aber noch mehr Verstand. Sie haben außerdem ein Selbstvertrauen, das mittlerweile so prall ist wie das Dekollete der Kellnerinnen, die auf dem Oktoberfest einhändig acht Maßkrüge stemmen, sowie die besten Spieler, das meiste Geld und das fähigste Management. Und der Papst ist jetzt auch noch ein Bayer. Wenn das jüngste Gerücht halbwegs zutrifft, will Hoeneß den Mitgliedsausweis mit der Nummer 100 000 ehrenhalber für Benedikt XVI. reservieren - damit er, wie bisher die Schalker, künftig auch noch den Papst in der Tasche hat. Wer soll die Bayern noch bremsen, wenn ihnen neben dem Franz, ihrem Kaiser und Fußballgott, auch noch der Stellvertreter Gottes im Basislager des Vatikans seinen Beistand leistet? Jedenfalls muß sich keiner wundern, daß zwei von drei Deutschen diesem mit einer fast schon kriminell unverschämtem Energie und Selbstverständlichkeit einsam seine Kreise ziehenden FC Allmacht Halsbruch und Beinschuß wünschen - so groß ist mittlerweile die Sorge, daß die am Samstag von den tanzenden Bayern-Stars ("Deutscher Meister wird nur der F-C-B!") aufgeführten Freudengesänge langfristig gelten und die besten Interviews von Waldemar Hartmann weiter so aussehen, daß ihn Ballack mit einem Regenfaß Weißbier zuschüttet und "Waldi' dasteht wie ein begossener Pudel. Also wie der Rest der Liga. Im Namen der belemmerten Konkurrenz und allen Feinden und sonstigen Fans ziehen wir vor dem frischgebackenen Meister hiermit neidisch den Hut.
Oskar Beck
Zu gut, zu reich und für die Konkurrenz viel zu clever: Warum ein Fußballfan den FC Bayern hassen und trotzdem lieben muß
Print-welt
2005-05-01T22:00:00Z
2011-11-16T13:08:40Z
Ein Weißbier auf den leistungswütigen FC Allmacht
https://www.welt.de//print-welt/article668582/Ein-Weissbier-auf-den-leistungswuetigen-FC-Allmacht.html
EU-Kommissarin Kyriakides: Jetzt Vorbereitung für Impfen beginnen
Im Kampf gegen das Coronavirus macht die EU-Kommission jetzt Druck. „Während wir den Abschluss klinischer Studien erwarten und weiterhin Evaluierungen und strenge Kontrollen durchführen, ist es dringend erforderlich, dass die Mitgliedstaaten vorbereitet sind und sich um die nötige Infrastruktur und das notwendige Personal für Impfungen kümmern“, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides WELT. „Wenn ein Impfstoff gefunden ist, müssen wir schnell mit dem Impfen beginnen. Jeder muss sich jetzt vorbereiten, damit wir dann sofort voll einsatzfähig sind.“ Impfstoffe allein würden keine Leben retten, sondern nur die Impfungen von Menschen. „Covid-19 ist die größte Gesundheitskrise seit Menschengedenken. Wir kämpfen gegen ein tödliches Virus und gegen unsere Corona-Müdigkeit“, sagte die konservative Politikerin aus Zypern. Die Menschen müssten weiterhin wachsam sein: „Wir müssen weiterkämpfen und den wissenschaftlichen Empfehlungen folgen. Der einzige Weg, die Pandemie zu besiegen, sind kollektive Geduld und Solidarität“, betonte Kyriakides. Die EU-Kommission hat im Namen der Mitgliedsländer Rahmenverträge mit aussichtsreichen Impfstoffherstellern abgeschlossen. „Im besten Fall können wir mehr als 1,3 Milliarden Dosen aus einem breiten Portfolio von sicheren und effektiven Impfstoffen erwerben. Und wenn ein sicherer Impfstoff gefunden ist, kann ich garantieren, dass alle Mitgliedstaaten zur gleichen Zeit Zugang dazu haben werden“, sagte die Kommissarin weiter. Aber wann werden die Corona-Impfungen (verlinkt auf https://www.welt.de/debatte/kommentare/article217831774/Corona-Impfstoff-Ein-Testabbruch-ist-ein-gutes-Zeichen.html) endlich starten? Kyriakides: „Ich kann kein Datum nennen, das sicher wäre. Anfang nächsten Jahres dürften wir im besten Fall mit den Impfungen beginnen. Dabei ist es wichtig, zuerst jene Bevölkerungsgruppen zu schützen, die am stärksten exponiert und anfällig sind, wie etwa ältere Menschen und Mitarbeiter des Gesundheitssystems.“ Zu den Gruppen, die zuerst geimpft werden sollten, gehören aber auch Mitarbeiter von lebenswichtigen Versorgungseinrichtungen, behinderte Menschen, chronisch Kranke und sozial und wirtschaftlich benachteiligte Gruppen, die allerdings nicht näher von der EU-Kommission (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/ausland/article217474334/Pandemie-Massnahmen-EU-Kommission-dringt-auf-Einfuehrung-von-Corona-Ampel-fuer-Reiseverkehr-in-Europa.html) spezifiziert werden. Es sei jedenfalls „unerlässlich“, so Kyrikades, dass alle 27 EU-Mitgliedsländer einer gemeinsamen Impfstrategie folgen. In einem neuen Dokument macht die Brüsseler Kommissionsbehörde deutlich, was sie zur Vorbereitung der groß angelegten Impfprogramme von den EU-Ländern erwartet. So sollen sie schon jetzt „neue Rekrutierungen und Trainingsprogramme erwägen, wobei auch Studenten und bereits pensioniertes Krankenhauspersonal mit einbezogen werden kann“. Klar ist: Es wird unterschiedliche Corona-Impfstoffe (verlinkt auf https://www.welt.de/wissenschaft/article217736114/RKI-Auch-mit-einem-Impfstoff-bleibt-der-Alltag-zunaechst-eingeschraenkt.html) geben, die je nach Bedarf einzelnen Bevölkerungsgruppen verabreicht werden. Die EU-Kommission warnt darum die nationalen Gesundheitsbehörden: „Die Planungen bei der Infrastruktur sollten berücksichtigen, dass Covid-19-Impfstoffe unterschiedliche Charakteristika haben, ebenso wie unterschiedliche Aufbewahrungs- und Transporterfordernisse, und damit eine einheitliche Lösung, die in jedem Fall passt, in der Praxis wahrscheinlich nicht funktionieren wird.“ Bestimmte Covid-19-Impfstoffe (verlinkt auf https://www.welt.de/wissenschaft/article215641692/Corona-Virus-Wer-sollte-zuerst-einen-COVID-19-Impfstoff-bekommen.html) könnten eine Kühlung von bis minus 70 Grad benötigen. Entsprechende Kühlketten müssten aber rechtzeitig vorbereitet werden. Außerdem müssten die Mitgliedstaaten sich um aktuelle Impfregister kümmern, die auch den Erfordernissen des Datenschutzes entsprechen. Genauso wichtig sei auch durch ein funktionsfähiges System sicherzustellen, dass Menschen zu Folgebehandlungen kommen werden. Grund: Einige Covid-19-Impfstoffe müssen zweimal injiziert werden. Zudem sollten die EU-Länder bereits jetzt mit Aufklärungskampagnen zur Notwendigkeit der Impfungen beginnen.
Christoph B. Schiltz
Die EU-Kommission ermahnt die europäischen Regierungen eindringlich, schon jetzt ausreichende Vorbereitungen für Covid-19-Impfungen im kommenden Jahr zu treffen. Da nicht alle gleichzeitig geimpft werden können, gibt es eine klare Reihenfolge.
Politik
Ausland
2020-11-02T23:03:00Z
2020-11-02T23:03:00Z
Brüssel drängt EU-Länder, zügig Impfungen vorzubereiten
https://www.welt.de//politik/ausland/article219190514/EU-Kommissarin-Kyriakides-Jetzt-Vorbereitung-fuer-Impfen-beginnen.html
SPD verschärft Attacken gegen Gregor Gysi
Im Berliner Wahlkampf verschärft die SPD ihre Angriffe gegen PDS-Spitzenkandidat Gregor Gysi. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, warf dem PDS-Politiker am Montag Unehrlichkeit in Bezug auf seine DDR-Vergangenheit vor. Mit Blick auf Gysis Erklärung, er habe nie für die DDR-Staatssicherheit gearbeitet, sagte Wiefelspütz im Deutschlandradio Berlin: "Er hat den wichtigsten Prozess, den er diesbezüglich geführt hat, in Karlsruhe, vor unserem höchsten deutschen Gericht, voll und ganz verloren." Gysis Äußerungen seien "ein typischer Beleg dafür, dass er mit vielen Worten um die Wahrheit herumredet". Seine Vergangenheit dürfe Gysi nicht leugnen, was aber nicht bedeute, dass er für ein öffentliches Amt ungeeignet sei. Wenn sich jemand mit seiner Vergangenheit auseinander setze, dürfe ihm nicht noch nach Jahrzehnten ein Strick gedreht werden. Mit Blick auf die im Herbst anstehenden Neuwahlen in Berlin sprach sich Wiefelspütz gegen ein Bündnis der SPD mit der PDS aus. Die Entscheidung liege aber bei den Wählern: "Die müssen wissen, was sie tun, und allein die Wähler und Wählerinnen haben die Verantwortung dafür." Der brandenburgische SPD-Landesvorsitzende Matthias Platzeck sieht ebenfalls keine gemeinsame Basis für SPD und PDS in Berlin. "Die Aufgaben, vor denen Berlin steht, um wieder zukunftsfähig zu werden, sind harte Aufgaben, sind unpopuläre Aufgaben. Da kann ich überhaupt nicht erkennen, wer das in der PDS wirklich schultern will", sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen". Platzeck wandte sich zugleich aber auch gegen eine generelle Abgrenzung von der PDS. Es müssten Neuanfänge zugelassen werden. Berlins Justizsenator Wolfgang Wieland (Grüne) hat sich inzwischen gegen eine Überwachung der PDS durch den Verfassungsschutz ausgesprochen. "Die PDS stellt keine akute Bedrohung für die Demokratie dar", sagte Wieland im Radio F.A.Z. 93.6 Berlin. Es gebe in der Partei zwar Minderheiten, die "ihrem Vergesellschaftungstraum von Banken anhängen". Dies sei aber nicht die Führungsspitze der PDS, die in Berlin Politik macht. Insofern sei es nicht erforderlich, die PDS zu beobachten, fügte Wieland hinzu. Die gesamte Angelegenheit müsse "entdämonisiert" werden. Die Verfassungsschutzbeobachtung einzelner "sektiererischer Strömungen innerhalb der PDS" sei ein Stück Vergangenheit. Wieland sagte: "Ich wage einmal die Prognose, dass die Beobachtung der PDS durch den Verfassungsschutz aufhören wird, wenn die Partei an der Regierung beteiligt ist." Die PDS selbst sieht bei der Berlin-Wahl Chancen, ihr Ergebnis im Westteil der Stadt auf deutlich mehr als fünf Prozent zu steigern. 1999 hatte sie 4,4 im Westen und insgesamt 17,7 Prozent erzielt. Bei der Neuwahl im Herbst strebe die PDS ein Gesamtergebnis von "20 Prozent plus X" an, sagte Parteivize Petra Pau am Montag in Berlin. Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch erklärte, Ziel für die Bundestagswahl im nächsten Jahr seien mehr als sechs Prozent (1998: 5,1 Prozent). Der CDU-Spitzenkandidat für Berlin, Frank Steffel, versicherte erneut, seine Partei werde keine "Rote-Socken-Kampagne" gegen die PDS starten. Doch lasse sich die CDU eine Auseinandersetzung über den Sozialismus und die PDS nicht verbieten, sagte Steffel ebenfalls in "Sabine Christiansen". Er hob auch die Bedeutung der Unterstützung durch die Bundespartei in dem Wahlkampf hervor. Er nannte dabei CDU-Chefin Angela Merkel, den CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber sowie die früheren CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble.
DW
Grüne: PDS ist keine Bedrohung für Demokratie
Print-welt
2001-06-25T22:00:00Z
2011-11-16T19:20:24Z
SPD verschärft Attacken gegen Gregor Gysi
https://www.welt.de//print-welt/article459330/SPD-verschaerft-Attacken-gegen-Gregor-Gysi.html
Gas: Sorge vor Streik in Australien – Europäischer Gaspreis zieht an
Angebotssorgen haben den Preis für europäisches Erdgas zum Handelsbeginn am Montag in die Höhe getrieben. Am Morgen wurde der richtungweisende Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat an der Börse in Amsterdam zu 40,41 Euro je Megawattstunde (MWh) gehandelt. Das sind 11 Prozent mehr als am Freitag. Zwischenzeitlich war der Preis um fast 18 Prozent in die Höhe geschnellt – auf den höchsten Stand seit knapp zwei Wochen. Als Grund für den Preissprung gilt die Nachricht, dass sich die Beschäftigten einer Anlage für Flüssiggas (LNG) (verlinkt auf https://www.welt.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/article246983020/LNG-Gegner-fordern-Ausschluss-von-Behoerden-von-Verfahren.html) in Australien auf einen Streik vorbereiten, falls bei Lohnverhandlungen am Mittwoch keine Einigung erzielt wird. Der Arbeitskampf könnte am 2. September beginnen. Die Möglichkeit von Versorgungsunterbrechungen in Australien, die zehn Prozent der weltweiten LNG-Exporte betreffen könnten, hat die europäischen Händler bereits in Atem gehalten. Zuletzt hatte Analyst Carsten Fritsch von der Commerzbank darauf hingewiesen, dass kurzfristig auch aus Norwegen weniger Erdgas an den Markt gelangen könnte. Dort seien Ende des Monats weitere Wartungsarbeiten in einem wichtigen Gasfeld erforderlich. Die Schwankungen am europäischen Gasmarkt dürften daher trotz gut gefüllter Erdgasspeicher vorerst hoch bleiben. Der Füllstand in allen deutschen Speichern betrug laut jüngsten Daten des europäischen Speicherverbandes GIE am 19. August 92,74 Prozent. Die Gasreserven (verlinkt auf https://www.welt.de/regionales/hamburg/article246911478/Energie-Eine-Mangellage-ist-noch-nicht-auszuschliessen.html) werden seit Monaten aufgefüllt und liegen deutlich über dem Vergleichswert des Vorjahres. Ursachen für den höheren Stand sind unter anderem Importe von Flüssiggas. Derweil liegt der Preis für europäisches Erdgas deutlich unter dem Niveau, das er kurz vor Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar 2022 hatte. In der Spitze wurde im vergangenen Sommer ein Rekordpreis von mehr als 300 Euro je MWh gezahlt.
WELT
Weil sich die Beschäftigten einer Anlage für Flüssiggas in Australien auf einen Streik vorbereiten, drohen in Europa steigende Erdgas-Preise. Zwischenzeitlich war der Preis um fast 18 Prozent gestiegen. Die deutschen Speicher sind mit rund 92 Prozent gut gefüllt.
Wirtschaft
2023-08-22T15:57:36Z
2023-08-21T10:16:42Z
Sorge vor Streik in Australien – Europäischer Gaspreis zieht an
https://www.welt.de/wirtschaft/article247008596/Gas-Sorge-vor-Streik-in-Australien-Europaeischer-Gaspreis-zieht-an.html
Midterm Elections 2018: Was ist das? Was bedeuten sie für Trump?
Zwischenwahlen zwei Jahre nach den Präsidentschaftswahlen gelten in den USA als wichtiger Test. In ihnen können die Bürger zeigen, was sie von der Politik des Präsidenten halten. Das gilt für Donald Trump noch mehr als für frühere Präsidenten, schließlich hat er das Land weiter polarisiert hat und ist äußerst umstritten. Tatsächlich steht Trump nicht selbst auf dem Stimmzettel. Vielmehr stimmen die US-Bürger am Dienstag über alle Sitze des Abgeordnetenhauses in Washington ab und über ein Drittel der Sitze im Senat. Der Unterschied ergibt sich aus den unterschiedlich langen Mandatszeiten in beiden Kammern des US-Kongresses. Im Kern geht es darum, ob die Republikaner weiter beide Häuser des Parlaments kontrollieren werden wie in den vergangenen zwei Jahren. Neben diesen nationalen Wahlen (verlinkt auf https://welt.de/176065276/) finden am selben Tag, dem 6. November 2018, Wahlen in vielen Bundesstaaten statt. Das betrifft die dortigen Parlamente genauso wie manche Gouverneursposten. Aber auch über die Besetzung anderer Wahlämter wie etwa Oberstaatsanwälte oder Sheriffs können die Bürger an den Urnen entscheiden. Hier ein Überblick über die Entscheidungen, die Anfang November anstehen. Midterm Elections 2018: Was wird eigentlich gewählt? Im US-Kongress geht es vor allem darum, ob die Republikaner nach den Wahlen noch die Mehrheit (verlinkt auf https://welt.de/176065276/) in beiden Kammern, dem Senat und dem Repräsentantenhaus, haben werden. Im Senat haben die Republikaner derzeit nur eine kleine Mehrheit von 51 zu 49 Stimmen. Allerdings dürfte es den Demokraten im Senat schwerer fallen als im Abgeordnetenhaus, die Machtverhältnisse umzudrehen. Das liegt daran, dass von den 35 Sitzen, die in diesem Jahr neu gewählt werden, die überwiegende Mehrheit ohnehin schon in demokratischer Hand ist, nämlich 26. Nur neun hingegen werden von Republikanern gehalten und könnten von den Demokraten gekippt werden. Andererseits müssten die Demokraten natürlich gleichzeitig alle Sitze halten, die derzeit in demokratischer Hand sind, um das Gleichgewicht zu drehen. Dazu müssten sie zwei Sitze mehr bekommen als zuvor. Denn falls es zu einem Patt von 50 zu 50 Sitzen kommen sollte, ist es das Vorrecht des Vizepräsidenten, mit seiner Stimme den Ausschlag zu geben. Es gehört zu den Besonderheiten des amerikanischen Systems (verlinkt auf https://welt.de/180585408/) , dass jeder Bundesstaat im Senat mit zwei Sitzen vertreten ist, egal wie hoch die Bevölkerungszahl ist. Das benachteiligt die Demokraten, die in den bevölkerungsreichen Staaten mit großen urbanen Zentren am meisten Stimmen bekommen. Solche Staaten zählen aber genauso viel wie ländliche und nur dünn besiedelte Staaten, die oft republikanisch (verlinkt auf https://welt.de/181038248/) wählen. Die Webseite RealClearPolitics, die alle aktuellen Umfrageergebnisse auswertet, geht derzeit davon aus, dass sieben Rennen um Senatssitze offen sind. Fünf der Sitze sind von Demokraten gehalten, nur zwei davon waren bisher in republikanischer Hand. Die Demokraten müssten diese sieben Sitze gewinnen, um im Senat zumindest einen Gleichstand herzustellen und sie müssen zusätzlich noch mindestens ein Mandat drehen, das in den Umfragen leicht zu den Republikanern tendiert, wenn sie eine Mehrheit im Senat erreichen wollen. Die Datenjournalisten der Webseite FiveThrirtyEight geben den Republikanern eine Chance von 85 Prozent, die Kontrolle über den Senat zu behalten. Im Repräsentantenhaus hatten die Republikaner nach den Wahlen 2016 eine Mehrheit von 240 zu 195 Stimmen. Da im Abgeordnetenhaus alle Sitze neu gewählt werden, stehen die Chancen der Demokraten hier besser, die Mehrheitsverhältnisse zu ihren Gunsten zu kippen. Dazu müssten sie mindestens 24 zusätzliche Sitze holen. Normalerweise ist es schwierig, einen Amtsinhaber zu schlagen. Deshalb profitieren die Demokraten davon, dass auf republikanischer Seite eine Rekordzahl von 39 Abgeordneten nicht mehr zur Wahl antritt – oft handelt es sich dabei um frustrierte konservative Trump-Kritiker (verlinkt auf https://welt.de/181391466/) . Manche dieser Wahlbezirke liegen in „Swing States“ wie Pennsylvania oder Florida, wo keine der beiden Parteien über gesicherte Mehrheiten verfügt. Anders als im Senat hängt die Zahl der Abgeordnetenmandate, die jeder Staat erhält, von dessen Bevölkerungszahl ab. Das ist in diesem Fall ein Plus für die Demokraten, die besonders stark in bevölkerungsreichen urbanen Zentren sind. In Umfragen liegen die Demokraten in der Wählergunst deutlich vorn, der Abstand in jüngsten Umfragen beträgt im Schnitt sieben Prozentpunkte. Die Mandate werden aber lokal gewählt und vergeben und nicht national, und das zu gewichten ist etwas schwieriger. Der Umfrageaggregator von RealClearPolitics zeigt an, dass die Wähler bei derzeit 202 Mandaten zu den Demokraten tendieren, bei 195 zu den Republikanern und dass 38 Rennen noch gänzlich offen sind. Gesundheit, Migration, Steuern – die wichtigsten Themen der Wahl Donald Trump und sein Auftreten ist ein wichtiges Thema, weil der Präsident so polarisiert. Die Demokraten haben aber versucht, andere Themen zu setzen. Lange Zeit waren das Gesundheitssystem und die Wirtschaft die zentralen Themen des Wahlkampfes. Den Demokraten war es gelungen, die Angst vor einem weiteren Abbau von Obamacare durch die Republikaner zu schüren. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob die Versicherer in Zukunft weiter gezwungen werden, Menschen mit Vorerkrankungen aufzunehmen. Sie attackierten auch die Steuerkürzungen, die vor allem den Superreichen zugute gekommen seien, und die enormen Defizite, die die Republikaner damit anhäufen. Die Republikaner hingegen haben versucht, die florierende Wirtschaft und die enorm niedrige Arbeitslosigkeit zu thematisieren und als Beleg anzuführen, dass ihrer Wirtschaftspolitik funktioniert. In den vergangenen Wochen ist es ihnen zudem gelungen, dass Thema Einwanderung ins Zentrum der Debatte zu stellen. Die sogenannte „Flüchtlingskarawane“, die aus Mittelamerika in Richtung USA aufgebrochen sind, waren ein willkommenes Fressen für Trump, der damit die Angst vor Überfremdung und vor Kriminalität schürte. Er warf zudem den Demokraten vor, für offene Grenzen zu stehen. In Umfragen hat das Thema Einwanderung, das lange Zeit auf unbedeutenden hinteren Plätzen rangierte, damit eine zentrale Bedeutung gewonnen. Besonders in den umkämpften Distrikten, in denen die Rennen noch offen sind, wird der Begriff von den Bürgern inzwischen häufiger im Internet gesucht als Fragen zu Gesundheit. Was die Midterm Elections für Donald Trump bedeuten Donald Trump (verlinkt auf https://welt.de/181745774/) steht am 6. November nicht zur Wahl. Und dennoch werden die Zwischenwahlen als wichtiges Referendum gesehen über seine Präsidentschaft. Trump ist einer der umstrittensten und polarisierendsten Präsidenten (verlinkt auf https://welt.de/181794868/) der amerikanischen Geschichte. Aber der von den Republikanern beherrschte US-Kongress hat bisher kaum etwas getan, um seiner verfassungsrechtlichen Funktion als Kontrollorgan der Exekutive nachzukommen. Nun müssen die US-Bürger entscheiden, ob sie es für wichtig halten, dass der Kongress Trump kontrolliert (verlinkt auf https://welt.de/178659828/) . Dieser Aufgabe wird er nur nachkommen können, wenn wenigstens in einer Kammer – laut Umfragen am ehesten das Abgeordnetenhaus – die Demokraten die Mehrheit der Sitze gewinnen. Unter den Republikanern kursieren schon Listen all der Untersuchungen über die Trump-Regierung (verlinkt auf https://welt.de/7182258196/) , die sie bisher blockiert haben und die ein demokratisch beherrschtes Abgeordnetenhaus nach den Zwischenwahlen anstrengen könnte. Traditionell bekommen Präsidenten bei ihrer ersten Zwischenwahl vom Wähler einen Dämpfer verpasst. Dazu kommt, dass Trump seit seinem Amtsantritt historisch niedrige Zustimmungswerte verzeichnet. Gleichzeitig boomt jedoch die Wirtschaft (verlinkt auf https://welt.de/180692896/) in den USA, eine Tatsache, die normalerweise nicht für die Bestrafung eines Präsidenten durch den Wähler spricht. Es gibt also Faktoren, die in unterschiedliche Richtungen zu weisen scheinen. Umfragen zufolge liegen die Demokraten (verlinkt auf https://welt.de/176899307/) in der Wählergunst seit Monaten deutlich vorn. Aber bei den Präsidentschaftswahlen 2016 hat sich gezeigt, wie schnell sich das ändern kann. Zeitgleich zu den Midterms: Gouverneurswahlen in 36 Staaten In 36 Bundesstaaten werden am 6. November neue Gouverneure gewählt. Hier haben die Republikaner mehr zu verlieren, weil sie davon eine Mehrheit von 26 Sitzen halten und die Demokraten nur 19. Diese Wahlen sind auch deshalb sehr wichtig, weil die neuen Gouverneure vier Jahre im Amt sein werden und deshalb eine entscheidende Rolle spielen, wenn nach der Volkszählung im Jahr 2020 die Wahlkreise neu zugeschnitten werden. Das sogenannte Gerrymandering (verlinkt auf https://welt.de/173212037/) , also der Zuschnitt von Wahlkreisen zum Vorteil der Partei, die in einem Bundesstaat das Sagen hat, ist ein wichtiges Instrument der beiden Parteien, um ihre Machtbasis abzusichern. Diese Praxis hat dazu geführt, dass viele Wahlkreise tatsächlich nicht mehr umkämpft sind und dass die eigentlichen Wahlen in der Vorwahl der vorherrschenden Partei entschieden werden. Das ist ein wichtiges technisches Element, welches zur politischen Polarisierung in den USA beigetragen hat. Auch Landesparlamente und Bürgermeister stehen zur Wahl In der Regel verfügen die Bundesstaaten wie der Föderalstaat über Zweikammerparlamente. Von den 99 bundesstaatlichen Kammern stehen 87 ganz oder teilweise zur Wahl. In den Obama-Jahren hatten die Demokraten in der Fläche so viele Mehrheiten in legislativen Bundeskammern verloren wie seit 100 Jahren nicht. Da die Landesparlamente allerdings zusammen mit den Gouverneuren über den Zuschnitt von Wahlkreisen entscheiden (siehe oben), ist es wichtig für die Demokraten, einige Kammern zurückzugewinnen, bevor im Jahr 2020 neu über den Zuschnitt der Wahlkreise entschieden wird. Da die landesweite politische Stimmung (verlinkt auf https://welt.de/180616016/) auch oft auf die Bundesstaaten durchschlägt, werden den Demokraten Chancen eingeräumt, einige Landesparlamente ganz oder teilweise zurückzugewinnen. In einigen wichtigen Großstädten der USA stehen zudem die Bürgermeister zur Disposition. Dazu zählen Newark (New Jersey), Phoenix (Arizona), San Francisco (Kalifornien), Washington DC und Nashville (Tennessee).
Clemens Wergin
Am 6. November 2018 finden in den USA „Midterm Elections“ statt. Bei diesen Halbzeitwahlen werden auch das Repräsentantenhaus sowie ein Drittel des Senats neu gewählt. Doch was genau steht zur Wahl? Und was bedeuten die Midterms für Präsident Trump?
Politik
Ausland
2018-11-05T10:39:00Z
2018-11-28T14:17:26Z
Das macht die US-Zwischenwahlen für Trump entscheidend
https://www.welt.de//politik/ausland/article182338790/Midterm-Elections-2018-Was-ist-das-Was-bedeuten-sie-fuer-Trump.html
Yachten und Boote: Keine Preisgrenze – Markt wird immer verrückter
Platz ist ein Problem für Yachtbesitzer. Allerdings gilt das nicht unbedingt unter Deck, wie man meinen könnte, denn der Trend beim Boot geht klar zu mehr Länge. Doch viele Yachthäfen in Deutschland sind überfüllt, es gibt nicht genügend Liegeplätze. Und auch in so manchen Mittelmeerbuchten muss man zwischen all den Segel- und Motorbooten erst einmal einen Ort zum Ankern finden. Unabhängig von der Art des Antriebs und der Länge wird in der Branche als Yacht meist ein Boot mit mindestens einer Schlafkabine verstanden. Wobei eine einfache Übernachtungsgelegenheit vielen Besitzern längst nicht mehr ausreicht. Im Mittelmeer gehe unter 40 Fuß – gut zwölf Meter – fast nichts mehr, schreibt der ADAC auf seinem Skipper-Portal, das der Verkehrsclub betreibt. Zum Teil lohne sich für Hersteller das Geschäft mit kleinen Modellen kaum noch, weshalb das Augenmerk oft auf Yachten mit mehr als 40 oder gar 50 Fuß (über 15 Meter) Länge (verlinkt auf https://www.welt.de/regionales/hamburg/article189611601/German-Superyacht-Conference-Wo-Super-Luxus-Yachten-Normalitaet-sind.html) liege. Vor allem bei Segelbooten gehe der Trend in diese Richtung. „Die Boote werden immer größer“, sagt auch Claus-Ehlert Meyer, Geschäftsführer des Deutschen Boots- und Schiffbauerverbands. „Und wenn die Boote tatsächlich nicht länger werden, holen die Bootsbauer durch das Design mehr Raum heraus.“ Das Vorschiff werde breiter, was es dem Hersteller ermögliche, das Bett an dieser Stelle – wo sich meistens die Eignerkabine befindet – einen halben Meter weiter nach vorn zu verlegen. Entsprechend könne die Hauptkabine wachsen. „Die Leute legen Wert auf Komfort an Bord“, sagt Meyer. Das hat seinen Preis. Die Bavaria Cruiser 34 zum Beispiel ist das Einstiegsmodell des gleichnamigen bayerischen Bootsbauers, einer der größten Hersteller von Freizeitbooten hierzulande. Das 9,75 Meter lange Segelboot kostet ab 130.000 Euro. Die Bavaria C46, die in diesem Jahr vorgestellt wurde, ist 14 Meter lang. Sie ist mit bis zu fünf Kabinen und ebenso vielen Bädern, einer großen Küche – die auf Booten Pantry heißt – sowie Platz fürs Homeoffice ausgestattet. Sie kostet ab 236.000 Euro. Motorboote sind noch kostspieliger. Eine zwölf Meter lange Bavaria R40, mit Salon, zwei Schlafkabinen und zwei Bädern, kostet rund eine halbe Million Euro. Nach oben gibt es bei den Motor-Yachten keine Grenze. Die weltweit teuerste ist aktuell mit einem Preis von 850 Millionen Euro die „Eclipse“, die dem russischen Oligarchen Roman Abramowitsch gehört. Um die Yacht vor der Beschlagnahmung im Zuge der Sanktionen gegen Russland zu bewahren, schickte Abramowitsch die „Eclipse“ (verlinkt auf https://www.welt.de/vermischtes/article13560018/Mega-Yacht-von-Abramowitsch-zu-gross-fuer-Hafen.html) im vergangenen Jahr in türkische Gewässer.  Die „Dilbar“ (verlinkt auf https://www.welt.de/regionales/hamburg/article241174981/Russland-Sanktionen-Oligarchen-Luxusjacht-als-totes-Schiff-auf-dem-Weg-von-Hamburg-nach-Bremen.html) hingegen, im Besitz eines Trusts, dessen früherer Begünstigter Alischer Usmanow war, wurde in Hamburg eingefroren. Die Segelyacht „A“ , die dem Milliardär Andrej Melnitschenko zugerechnet wurde, die aber nach Informationen eines Vertreters des Russen gegenüber WELT einer sogenannten Ermessenstreuhandgesellschaft (Discretionary Trust) gehört, an der Melnitschenko keine Anteile halte, wurde in Triest beschlagnahmt.  Für die Behörden ist der Unterhalt der Boote teuer, aber auch ohne derartige Vorfälle ist eine Yacht ein kostspieliges Hobby, besonders weil es in den Häfen so eng ist. „Viele Bootseigner sind schon froh, wenn sie in Dänemark oder den Niederlanden noch eine Box finden“, sagt Verbandschef Meyer. Ob der Liegeplatz von der Kommune oder einem privaten Betreiber vermietet wird, schlägt sich im Preis nieder. So kostet einer für ein Zwölf-Meter-Boot in der Marina Heiligenhafen an der Ostsee, die der Stadt gehört, rund 1500 Euro pro Jahr. Bei privaten Yachthäfen können es bis zu 4000 Euro jährlich sein. „Wenn man sich die Marinas in Kiel oder Maasholm ansieht, könnte man den Eindruck bekommen, dass es fast nur Segelschiffe gibt“, sagt Meyer. Tatsächlich aber seien Motorboote weltweit mit einem Anteil von 90 Prozent in der Mehrheit.
Stephan Maaß
Größer, breiter und luxuriöser: Die Yachten werden nicht nur immer mehr, sondern immer opulenter. Inzwischen werden überall die Liegeplätze knapp und teuer. Das merken auch die Staaten, die die beschlagnahmten Yachten russischer Oligarchen unterhalten müssen.
Wirtschaft
2023-08-11T10:54:47Z
2023-08-11T10:54:47Z
Nach oben keine Preisgrenze – der Markt für Yachten wird immer verrückter
https://www.welt.de//wirtschaft/article246766316/Yachten-und-Boote-Keine-Preisgrenze-Markt-wird-immer-verrueckter.html
Netflix-Serie „Dark“: Treffen mit den Schauspielern der 2. Staffel
Sie haben eine intensive Zeit verbracht: Die Schauspieler der Netflix (verlinkt auf /themen/netflix/) -Serie „Dark“ (Start der zweiten Staffel ist am 21. Juni) leuchteten die düsteren Seiten der Welt zwischen Leben und Tod aus. Hell und kontrastreich war dagegen der Tag am Wannsee beim Modeshooting. Wir trafen die Protagonisten Andreas Pietschmann, Jördis Triebel, Karoline Eichhorn, Lea van Acken, Lisa Vicari und Louis Hofmann zum Gespräch. Louis Hofmann Er kommt in einem blauen Hoodie mit dem Sternen-Kreis der EU (verlinkt auf /icon/mode/article194056601/EU-Hoodie-und-mehr-Accessoires-zur-Europawahl.html) auf der Brust – aber ein Stern fehlt. Obwohl Louis Hofmann für ein Modeshooting im Strandbad Wannsee ist, muss man sein privates Outfit weniger als modische denn als politische Botschaft verstehen. Der 21-Jährige trägt den EUnify- Hoodie, der fehlende Stern findet sich auf dem Rücken, er steht für Großbritannien und den Brexit. „Ich bin Europäer“, sagt Hofmann. Oft finde er es schwer, sich politisch zu positionieren, bei Europa falle es ihm leicht. Sein Oberteil tauscht der Jungschauspieler später gegen eine knappe, orangefarbene Badehose. Hofmann protestiert nicht, obwohl es frisch ist. Er ist ein bisschen so, wie man ihn aus der Serie „Dark“ kennt: ein ruhiger, besonnener junger Mann. Seine Generation sei verweichlicht, habe ihm neulich jemand gesagt. „Fast hätte ich geantwortet: Ihr wolltet doch, dass wir gut erzogen sind!“ Vielleicht weiß Hofmann auch einfach nur, wofür es sich wirklich zu kämpfen lohnt, für Europa zum Beispiel. Das Foto mit der Badehose hat es dann ohnehin nicht ins ICON-Magazin (verlinkt auf http://static.apps.welt.de/MEINE_WELT/2019/ICON_Juni2019_BlaetterPdf/mobile/index.html#p=1) geschafft. Lea van Acken Jeder, der die erste Staffel von „Dark“ gesehen hat, erinnert sich an eine der letzten Szenen, die zugleich eine der ersten von Lea van Acken sind: Man sieht ihr Gesicht und dann nur noch einen Gewehrkolben, mit dem sie gerade zuschlägt. Wahrscheinlich ein Blick in eine düstere Zukunft, so genau weiß man das bei den vielen Zeitsprüngen der Serie nicht. „Am Tag nach dem Dreh hatte ich Muskelkater (verlinkt auf /themen/muskelkater/) , weil das Gewehr so schwer war“, sagt van Acken. Sie spielt das gut, man nimmt ihr den Schlag ab. Was schon eine Leistung ist, die 20-Jährige ist eher der Typ Ballerina. So bewegt sie sich auch vor der Kamera von Kristian Schuller – ziemlich leicht. Es ist schwer, sich an einem sonnigen Tag am Wannsee eine Zukunft wie in „Dark“ vorzustellen, auch für van Acken. „Ich versuche, immer positiv zu sein. Ich hoffe, wir kriegen das alles gemeinsam hin, das wünsche ich mir.“ Ihre Pläne jedenfalls klingen vielversprechend, sie will sich vorerst ganz auf die Schauspielerei konzentrieren. Und wird in der zweiten Staffel von „Dark“ ganz sicher mehr Szenen bekommen. Andreas Pietschmann Was wohl in Andreas Pietschmanns Rollenbeschreibung stand? Vielleicht etwas wie: „Großes Geheimnis – Identität unklar“? Als „Stranger“, der Unbekannte, reist er durch die Zeit. „Ich liebe die Figur, weil man lange nicht weiß, was es mit ihr auf sich hat“, sagt der Schauspieler. Pietschmann ist auf angenehme Weise anders als die Person, die er darstellt, viel offener und freimütiger. Über seine Karriere sagt er etwa: „Früher wurde ich oft als hübscher Junge gecastet. Je älter ich werde, desto freier werde ich in den Möglichkeiten meiner Entfaltung.“ Beim Dreh zu „Dark“ sei er zum ersten Mal einer der älteren Kollegen gewesen. Den Altersunterschied – Pietschmann ist 50, viele andere Darsteller erst Anfang 20 – spürt man beim Shooting kaum. Es ist, als träfe da einfach eine sehr gemischte Clique aufeinander. Gute Freunde, die zufällig in derselben Serie mitspielen. Zumal Pietschmann auch niemand ist, der über die Jugend von heute lästert. Die Schülerproteste „Fridays for Future“ (verlinkt auf /themen/fridays-for-future/) findet er großartig: „Meine Große macht da auch mit, ich finde das gut! Die jungen Menschen nehmen nicht alles hin, was passiert, sie klopfen den Erwachsenen auf die Finger.“ Lisa Vicari Für Lisa Vicari ist der Tag im Strandbad eine schöne Abwechslung. „Für den ‚Dark‘-Dreh werden wir immer heruntergerockt, man schmiert uns Dreck ins Gesicht, wir bekommen Narben. Heute dürfen wir gut aussehen, das gefällt mir.“ Vicari fühlt sich in großen Roben und schönen Hosenanzügen wohl, sie posiert darin, als würde sie so jeden Tag herumlaufen. Sie hat aber auch kein Problem damit, sich für ein kurzes Interview auf eine sandige Steinbrüstung zu setzen. Uneitel – das Wort passt zu ihr. Die 22-Jährige spielt in der Serie Martha, die Schwester des kleinen Mikkel, der zu Beginn auf mysteriöse Weise verschwindet. Vicari schauspielert aber nicht nur, sie studiert auch Medienwissenschaften. „Das hält mich im Gleichgewicht. Wenn ich nicht drehe, habe ich einen Alltag, bin beschäftigt. Das fühlt sich gesund an“, sagt sie. Ob sie da auch etwas lerne, das wiederum beim Schauspielern hilft? „Was mir dabei hilft, ist einfach zu leben.“ Manchmal mit Dreck im Gesicht, manchmal in einem Spitzenkleid von Self-Portrait. Jördis Triebel Eine Mutter zu spielen, deren Kind verschwindet, ist für Jördis Triebel keine einfache Aufgabe. Sie hat selbst zwei Söhne. „Wenn ich so eine Rolle spiele, geht es nicht um mich, aber ich weiß um die Angst. Kommen zu viele düstere Rollenangebote, lehne ich auch schon mal aus diesem Grund ab. Ich kann ja nicht immer im Dunkeln wühlen“, erzählt die 41-Jährige. Und schiebt lachend hinterher: „Ich hätte jetzt gerade total Lust auf eine Komödie (verlinkt auf /themen/komoedien/) !“ Tatsächlich kann man sich Triebel sehr gut in einer lustigen Rolle vorstellen. Sie macht gackernde Geräusche, als man ihr für ein Foto ein orangefarbenes Rüschenkleid anzieht. „Das erinnert mich an ein aufgescheuchtes Huhn“, sagt sie mit einem Schmunzeln im Gesicht. Sie nimmt vieles mit Humor, strahlt trotzdem Ernsthaftigkeit aus – eine gute Kombination für ein Modeshooting. An denen Triebel eh große Freude hat. „Ich mag das!“, sagt sie. „Wir können expressiv sein, das erinnert mich ans Theaterspielen – und ich komme ja vom Theater (verlinkt auf /themen/theater/) .“ Karoline Eichhorn Die Eltern von Karoline Eichhorn kommen aus Berlin (verlinkt auf /themen/berlin-staedtereise/) und verbrachten viele ihrer Sommer am Wannsee. „Ich habe viele Fotos aus den 50er-Jahren davon“, erzählt die Schauspielerin. Sie selbst ist darauf nicht zu sehen, wurde erst 1965 geboren. Auch sie wollte immer in Berlin leben, blieb aber in Hamburg hängen – dort ist ihre Tochter geboren. Übrigens einer der Menschen, mit denen Eichhorn intensiv über „Dark“ diskutiert hat. „Alle, mit denen ich über die Serie gesprochen habe, waren angetan davon, dass es so etwas in Deutschland gibt“, erinnert sie sich. Die Serie ist eine der seltenen Gelegenheiten, die 53-Jährige als Polizistin zu erleben. Eine Rolle, die sie eigentlich gar nicht sucht, mehrmals schon soll sie es abgelehnt haben, Kommissarin im „Tatort“ (verlinkt auf /themen/ard-tatort/) zu werden. „Ich spiele lieber Täter, das sind die interessanteren Figuren“, sagt sie. Für „Dark“ hat sie es trotzdem mal als Ermittlerin probiert. Neben dieser Erfahrung hat die Serie ihr noch etwas anderes beschert: die ersten eigenen Erinnerungsfotos vom Wannsee. Schon allein dafür hat es sich gelohnt. Credits: Fotos: Kristian Schuller; Foto-Assistenz: Jochen Müller; 2. Foto-Assistenz: Jonathan Carl; Styling: Nina Petters/ ballsaal.com (verlinkt auf https://ballsaal.com) ; 1. Stylingassistenz: Marlene Wilkens; 2. Stylingassistenz: Luise Zücker; Creative Direction: Peggy Schuller; Make-up: Gabrielle Theurer/ Basics; Make-up-Assistenz: Mischka Hart; Haare: Hauke Krause/ ballsaal.com (verlinkt auf https://ballsaal.com) ; Haareassistenz: Wataru Suzuki; Production Coordinator: Jette Beese; Video Operation Magician: Rianne Wieman; Runner: Mitch Stöhring; Location: Vielen Dank an das Strandbad Wannsee in Berlin Folgen Sie uns unter dem Namen ICONISTbyicon auch auf Facebook (verlinkt auf https://www.facebook.com/ICONISTbyicon/) , Instagram (verlinkt auf https://www.instagram.com/iconistbyicon/) und Twitter (verlinkt auf https://twitter.com/iconistbyicon) .
Anna Eube
Jetzt beginnt die zweite Staffel der düsteren Netflix-Serie „Dark“. Wir trafen die Protagonisten zum Modeshooting im Strandbad Wannsee - und sprachen mit ihnen über den Sommer, die Serie, die Zukunft und Europa.
Iconist
Mode
2019-06-20T05:17:32Z
2019-06-21T05:38:21Z
Ein Strand-Treffen mit den Schauspielern der besten deutschen Netflix-Serie
https://www.welt.de//iconist/mode/article194333449/Netflix-Serie-Dark-Treffen-mit-den-Schauspielern-der-2-Staffel.html
Architektur-Oscar für Bürohaus Doppel-XX
Man muss nicht unbedingt in New Yorker Höhendimensionen bauen, um internationale Aufmerksamkeit zu erregen. Mit dieser Erfahrung kann die Hansestadt jetzt der Mainmetropole Frankfurt helfen. Das Bürohaus Doppel-XX am Heidenkampsweg 58, von den Architekten Bothe Richter Teherani für den Investor Dieter Becken errichtet und nur zwölf Stockwerke hoch, ist diese Woche in Oslo mit dem "Prix d'Excellence 2001" ausgezeichnet worden, einer Art "Oscar" für Gebäude. Auslober ist die in Paris ansässige Organisation Fiabci, ein Zusammenschluss von Berufsangehörigen aller Immobiliensparten. Die Auszeichnung wird seit 50 Jahren vergeben und berücksichtigt nicht nur die Architektur, sondern auch Verwaltung, Marketing und den Einfluss auf die Umwelt. Der Preis wird in sechs Kategorien verliehen, vom Bürohaus über das öffentliche Gebäude bis zur Freizeitimmobilie. Zusammen mit dem Doppel-XX wurde das Guggenheim-Museum in Bilbao von Frank O. Gehry prämiert. Dabei geht der Preis zum ersten Mal überhaupt nach Deutschland. Die Jury begründete ihre Entscheidung: "Mit diesem Haus im Haus wurde eine einzigartige Arbeitsatmosphäre an einer der Haupteinfahrtsstraßen in Hamburg geschaffen." Zur Feier waren 1500 Gäste geladen. Die Bedeutung des Preises lässt sich daran ermessen, dass die Stadt Bilbao eigens ihren Bürgermeister nach Norwegen entsandt hatte, dessen Staatspräsident Lennart Meri wiederum zur Feier erschien. Das Doppel-XX wurde 1996 bis 1998 errichtet. Das Haus ist 42 Meter hoch. Es entwickelt sich über einem Grundriss aus einem doppelten X. Der Komplex wird eingefasst von einer hängenden Glasfassade, mit über 9000 Quadratmetern die höchste und größte in Europa. Der Clou der Architektur: Das doppelt x-förmige Kontorhaus liegt hinter der Glasfassade gegen Straßenlärm und Auspuffgase geschützt; die Mitarbeiter können bei geöffneten Fenstern tätig sein. Und in den Winkeln des Doppel-XX sind sechs gebäudehohe Wintergärten entstanden, mit Wasserbecken oder tropischer Vegetation, mit Bambus und Zitronenbäumen. Das sind Pausen-Oasen für die Beschäftigten. Zugleich dient die Glashülle aber auch einem Energiesparprogramm. Das Glas hält Kälte und Hitze ab und die Höfe fördern den Luftaustausch in den Räumen, "ohne dass man einen Schalter betätigt", sagte Architekt Hadi Teherani. Die Nebenkosten in dem Gebäude belaufen sich auf 4,50 Mark pro Quadratmeter. Normal sind Aufwendungen von acht bis zwölf Mark. "Bei einem herkömmlichen Bürohaus berechnet man die Heizkosten mit 1,20 Mark pro Quadratmeter, hier liegen sie bei 60 Pfennig", fügte Bauherr Becken hinzu. Dabei kletterten die Baukosten für das Haus mit 2280 Mark pro Quadratmeter nur unwesentlich über die von konventionellen Bauten. Das Konzept vom Bauwerk mit der Energiesparhaut hat das Team aus Architekten und Investor unterdessen schräg gegenüber am Anckelmannplatz und beim Deichtorcenter in anderer Form wiederholt. Es kommt offenbar an. "Ein angenehmes Arbeitsklima", bestätigte Dankwart von Schultzendorf von dem Versicherungsmakler Aon Jauch & Hübener, die hier mit 650 Mitarbeitern residieren. Becken ist "sehr stolz", dass er den Preis nach Deutschland und in seine Heimatstadt holen konnte. Für Teherani, der Becken für dessen Risikobereitschaft mit unkonventionellen Baukonzepten dankte, ist es die erste internationale Auszeichnung. Das Architekturbüro, das in Hamburg startete, inzwischen bundesweit aktiv ist, wird aller Voraussicht nach jetzt auch international bauen. Denn in Oslo meldeten sich schon die ersten Interessenten, unter anderem aus Asien. Der Architekt, der mit seinen Kollegen in einem winzigen Büro startete, beschäftigt unterdessen 150 Mitarbeiter.
Gisela Schütte
Glaspalast von BRT am Heidenkampsweg 58 in Oslo mit angesehenem "Prix d'Excellence" ausgezeichnet
Print-welt
2001-05-25T22:00:00Z
2011-11-16T19:00:10Z
Architektur-Oscar für Bürohaus Doppel-XX
https://www.welt.de//print-welt/article453408/Architektur-Oscar-fuer-Buerohaus-Doppel-XX.html
Wirtschaftsministerin Reiche beharrt auf weiterer Zulassung alter Gasthermen
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) beharrt trotz Kritik darauf, wieder den Betrieb von Erdgasthermen in Wohnhäusern zu erlauben, die vor 1991 eingebaut wurden. „Das bisherige Heizungsgesetz rekurriert mehr oder weniger auf eine Technologie. Es gibt de facto ein Betriebsverbot für Gasthermen, die vor 1991 eingebaut wurden“, sagte die CDU-Politikerin im Podcast „Table.Today“ (verlinkt auf https://table.media/podcast/table-today) . „Zunächst müssen wir dieses Betriebsverbot abschaffen, um wieder Ruhe in den Markt zu bekommen.“ In einem neuen Gebäude-Energie-Gesetz müsse der gesamte CO₂-Ausstoß des Gebäudes berücksichtigt werden. Reiche sagte, dass man es Hausbesitzern künftig überlassen solle, in welche Technologie sie investierten. „Wir müssen lernen, die Energiewende zu hybridisieren“, so Reiche. Ein entsprechendes neues Gesetz solle noch in diesem Jahr ins Kabinett kommen, sagte sie. Die CDU-Politikerin hatte dies bereits in ihrer Rede im Bundestag vergangene Woche erklärt. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag steht nur die Formulierung: „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen. Das neue GEG machen wir technologieoffener, flexibler und einfacher. Die erreichbare CO₂-Vermeidung soll zur zentralen Steuerungsgröße werden.“ Gesetz zur Senkung der Stromsteuer soll kommen Reiche kündigte zudem an, einen Gesetzentwurf zur Absenkung der Stromsteuer auf das EU-Minimum noch vor der Sommerpause ins Kabinett einzubringen. Dies hatte CSU-Chef Markus Söder am Montag gefordert. Wie im Koalitionsvertrag (verlinkt auf /politik/deutschland/article255905146/Koalitionsvertrag-Migration-Steuern-Wehrdienst-Die-wichtigsten-Punkte-im-Ueberblick.html) festgeschrieben prüfe das Wirtschaftsministerium zudem eine Senkung der Netzentgelte, erklärte Reiche. Man werde auch einen Industriestrompreis von fünf Cent pro Kilowattstunde prüfen. Die CDU-Politikerin war vor ihrer Berufung zur neuen Wirtschaftsministerin Vorsitzende der Geschäftsführung der E.ON-Tochter Westenergie AG. Die Wirtschaftsministerin will zudem Tempo beim Bau neuer Gaskraftwerke machen. Sie wolle bei der EU-Kommission die Ausschreibungen beantragen. „Bis 2030 bis zu 20 GW Kraftwerke installiert zu haben, ist mehr als optimistisch“, sagte sie zu der Planung der früheren Regierung. „Wir müssen aber jetzt die erste Welle hinbekommen. Wir setzen neben Klimaschutz auch auf Versorgungssicherheit.“
WELT
Katherina Reiche will den Betrieb von Gasthermen erlauben, die vor 1991 eingebaut wurden. Das Heizungsgesetz komme einem Betriebsverbot gleich, sagt sie. Die neue Wirtschaftsministerin will bei der Energiepolitik weitere Akzente setzen.
Wirtschaft
2025-05-20T15:01:42Z
2025-05-20T15:02:09Z
Trotz Kritik – Reiche beharrt auf weiterer Zulassung alter Gasthermen
https://www.welt.de//wirtschaft/article256144796/Wirtschaftsministerin-Reiche-beharrt-auf-weiterer-Zulassung-alter-Gasthermen.html
Kurden-Konflikt: Öcalan ruft PKK-Anhänger zu Frieden auf
Der inhaftierte PKK-Führer Abdullah Öcalan (verlinkt auf /themen/abdullah-oecalan/) hat seine Anhänger erneut zu einer Beilegung des Konflikt mit der türkischen Regierung aufgefordert. In einer Botschaft zum kurdischen Neujahrsfest Newroz, die am Samstag in Diyarbakir im kurdisch geprägten Südosten der Türkei verlesenen wurde, rief Öcalan seine Bewegung auf, einen Kongress zu organisieren, „um den 40 Jahre langen Kampf gegen die Türkische Republik zu beenden“. Der Kongress solle dafür „eine gesellschaftliche und politische Strategie“ festlegen. Damit werde eine „neue Ära“ im Verhältnis der Kurden zur Türkei beginnen. Es sei an der Zeit, die „grausame“ und „zerstörerische“ Geschichte zu beenden und eine Ära des „Friedens“, der „Brüderlichkeit“ und der „Demokratie“ zu beginnen, teilte Öcalan mit. Verhandlungen stehen still Die Friedensverhandlungen zwischen der türkischen Regierung und dem Chef der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (verlinkt auf /themen/pkk/) (PKK) liegen seit Monaten auf Eis. Ankara hatte im Herbst 2012 Verhandlungen mit dem zu lebenslanger Haft verurteilten Öcalan aufgenommen. Dies nährte die Hoffnung auf ein Ende des Kurden-Konflikts, in dem seit 1984 etwa 40.000 Menschen starben. Im März 2013 verordnete Öcalan seinen Anhängern, ebenfalls in einer Botschaft zum Newroz-Fest, einen Waffenstillstand, der auch weitgehend eingehalten wird. Allerdings stoppte die PKK wenige Monate später den Abzug ihrer Kämpfer aus der Türkei, weil sie der Regierung in Ankara vorwarf, ihre Versprechen gegenüber den Kurden gebrochen zu haben. Seitdem standen die Verhandlungen still. Der von Öcalan vorgeschlagene Kongress soll vermutlich alle politischen Vertreter der Kurden in der Türkei an einen Tisch bringen. Dabei müsste auch über besonders heikle Themen wie den Rückzug der PKK-Kämpfer und deren Entwaffnung entschieden werden.
WELT
Der Konflikt zwischen der türkischen Regierung und der PKK währt seit 30 Jahren. Bis jetzt kamen 40.000 Menschen ums Leben. Nun fordert der inhaftierte PKK-Chef Öcalan das Ende des bewaffneten Kampfes.
Politik
Ausland
2015-03-21T14:27:06Z
2017-08-22T05:30:26Z
Öcalan ruft PKK-Anhänger zu Frieden auf
https://www.welt.de//politik/ausland/article138650651/Oecalan-ruft-PKK-Anhaenger-zu-Frieden-auf.html
Umweltministerium: Für die Umwelt – Deutsche sollen Leitungswasser trinken
Wenn die Bio-Gurke im Supermarkt nur mit Plastikfolie umhüllt zu kaufen ist, dann regt das viele Menschen auf, und das durchaus zu Recht. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat dem Plastikmüll nun dem Kampf angesagt und dafür einen Fünf-Punkte-Plan vorgestellt. Dazu gehört in erster Linie die Vermeidung, „notfalls“ auch ein Verbot überflüssiger Produkte und Verpackungen, wie die Ministerin am Montag erklärte. Auf der Abschussliste stehen unter anderem Einwegartikel aus Plastikmüll wie etwa Plastikgeschirr oder -strohhalme. Die Bundesregierung werde ein europaweites Verbot dieser Produkte unterstützen, das noch in diesem Jahr beschlossen werden soll. Auf nationaler Ebene setzt Schulze auf eine freiwillige Selbstverpflichtung des Handels. Vorbild könnte hier die Vereinbarung zu Plastiktüten sein. Sie habe innerhalb von zwei Jahren zu einem Rückgang des Verbrauchs um zwei Drittel geführt habe. Im Visier stehen nun überflüssige Verpackungen von Obst und Gemüse, wie etwa die Gurkenfolie, die fortan möglichst vermieden werden soll. Ebenfalls im Visier des Umweltschutzes: Wasser in Plastikflaschen. Das Ministerium will dazu aufrufen, mehr Leitungswasser zu trinken, und dies auch mit einem konkreten Angebot fördern. Geplant seien Nachfüllstationen für Wasserflaschen an öffentlichen Plätzen. Schon beim Bau soll ans Recycling gedacht werden Als vierter Punkt soll das Recycling gefördert werden. Von Januar ab sollen die Lizenzentgelte, die Hersteller an die dualen Systeme zahlen, ökologische Kriterien stärker berücksichtigen. Wer also fortan eine Verpackung verwendet, die sich gut recyceln lässt oder aus recyceltem Material besteht, zahlt weniger. Produkte sollten ferner so gebaut werden, dass man sie leicht auseinanderbauen und reparieren oder recyceln kann. Ebenfalls ab Januar soll die Recyclingquote für Kunststoffverpackungen von derzeit 36 Prozent zunächst auf 58,5 Prozent erhöht werden, hieß es. Und ab Anfang 2022 werde es dann – wie im Verpackungsgesetz beschlossen – einen Anstieg auf 63 Prozent geben. Ebenfalls ins Visier gerät die Biotonne. Beim Kompostmüll wird es künftig strengere Anforderungen geben. Als fünften Punkt nannte Schulze das internationale Engagement gegen Müll in den Meeren. Die Entwicklung von neuen Technologien gegen Meeresmüll soll gefördert werden. Zudem wird eine Öffentlichkeitskampagne mit dem Titel „Nein zur Wegwerfgesellschaft“ die Maßnahmen flankieren. „Mit diesen Maßnahmen leiten wir eine Trendwende im Umgang mit Plastik ein“, fasste Schulze ihr Programm zusammen. „Wir produzieren in unserer Konsum- und Wegwerfgesellschaft bislang viel zu viel Plastik.“ Dieses Konsummuster werde in Entwicklungs- und Schwellenländer exportiert – mit „gravierenden Folgen für die Meeresumwelt“.
WELT
Der Verkauf von Gurken ohne Folie, Trinkwasserspender im öffentlichen Raum, mehr Aufklärung für die Biotonne: So will Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) den Plastikmüll in Deutschland reduzieren.
Wirtschaft
2018-11-26T12:35:09Z
2018-11-27T07:55:50Z
Für die Umwelt – Deutsche sollen Leitungswasser trinken
https://www.welt.de//wirtschaft/article184475834/Umweltministerium-Fuer-die-Umwelt-Deutsche-sollen-Leitungswasser-trinken.html
SPD-Vize Nahles: Flächendeckender Mindestlohn ist SPD-Ziel 2008
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat die Einführung flächendeckender Mindestlöhne als das entscheidende arbeitsmarktpolitische Ziel ihrer Partei für das Jahr 2008 angekündigt. „Die SPD will flächendeckende Mindestlöhne, da bleiben wir zäh“, sagte Nahles der „Thüringer Allgemeinen“. Sie glaube nicht, dass die Union noch lange Argumente finden werde, Arbeitnehmern einen Mindestlohn vorzuenthalten, den es für Briefzusteller und Gebäudereiniger inzwischen gebe. „Der Zug rollt.“ Außerdem sprach sich die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für die Einführung eines Ausbildungsbonus aus, um Betriebe zur Schaffung von Lehrstellen zu bewegen. „Es gibt einen Tiefstand in der Zahl der Betriebe, die überhaupt noch ausbilden. Hier müssen wir mit Geld zusätzliche Anreize bieten„, sagte Nahles. Einen Inflationsausgleich beim Hartz-IV-Regelsatz lehnt Nahles unter Verweis auf eine Benachteiligung der Rentner ab. Eine Kopplung an die Teuerung würde zwar die Regelsätze steigen lassen, die Renten aber nicht. „Wir prüfen derzeit, ob die Intervalle, nach denen die Neuberechnung der Regelsätze erfolgt, verkürzt werden sollten. Dann könnte man schneller auf aktuelle Preisentwicklungen reagieren.“ Nahles sprach sich auch gegen die Einführung eines speziellen Hartz-IV-Regelsatzes für Kinder aus. Vielmehr sollten direkte Hilfen, wie kostenloses warmes Mittagessen in Ganztagseinrichtungen, finanziert werden. Zur Bekämpfung der Kinderarmut zieht sie den Ausbau des Kinderzuschlages einer Anhebung des Kindergeldes vor. „Eine pauschale Kindergelderhöhung käme genau nicht bei den Leuten an, die es wirklich nötig haben. Es kann ja sein, dass wir beides machen. Aber der Kinderzuschlag hat eindeutig Priorität.“ Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat vor der Einführung eines flächendeckenden staatlichen Mindestlohnes gewarnt. „Die Gefahr eines allgemeinen Mindestlohnes liegt in einer völlig undifferenzierten Anwendung“, sagte Glos der Wochenzeitung „Die Zeit“. Viele Arbeitnehmer würden dadurch in die Illegalität getrieben, weil bei gesetzlich verordneten Löhnen viele Beschäftigungen nicht mehr möglich wären. „Vor allen Dingen würde dies auch die nicht sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze treffen. Es käme zu einem Abwandern von Produktionen und Dienstleistungen.“ Glos erwartet ein geringeres Wachstum im kommenden Jahr. „Wir werden unsere Wachstumsschätzung für 2008 etwas zurücknehmen müssen“, sagte er. Allerdings werde sich für die Menschen positiv auswirken, dass die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sinken und höhere Tarifabschlüsse zu erwarten seien. Der CSU-Politiker kritisierte: „Den Wirtschaftsaufschwung und seine Wirkung auf den Arbeitsmarkt und die soziale Sicherheit nehmen viele als selbstverständlich hin. Es gibt keine Dankbarkeit für die erreichten Erfolge.“
WELT
Die Debatte um Mindestlöhne geht weiter. Die SPD-Spitzenpolitikerin Andrea Nahles hat flächendeckende Mindestlöhne als eines der wichtigsten Ziele ihrer Partei für 2008 ausgegeben. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hält dagegen und warnt vor den Folgen einer solchen Entscheidung.
Politik
2007-12-26T12:14:17Z
2012-02-23T12:18:23Z
Flächendeckender Mindestlohn ist SPD-Ziel 2008
https://www.welt.de//politik/article1493834/Flaechendeckender-Mindestlohn-ist-SPD-Ziel-2008.html
Ericsson und Sony planen neuen Namen für Handys
Die Mobilfunk-Allianz des Telekom-Ausrüsters Ericsson und des Elektronikkonzerns Sony hat auch Folgen für die Handy-Markenstrategie. Die beiden Handy-Marken der Konzerne sollen nicht mehr weiter geführt werden. "Es wird im Zuge des Starts der Gemeinschaftsfirma weltweit auch eine neue, einheitliche Marke entstehen", sagte ein Sony-Europa-Sprecher. Das gemeinsame Unternehmen mit dem Namen Sony Ericsson Mobile Communications soll am 1. Oktober dieses Jahres starten. Dann sollen auch das Management, die Struktur und der neue Markenname bekannt gegeben werden, sagte der Sprecher. Die Zeitung "Financial Times Deutschland" hatte berichtet, dass die Mobilfunk-Geräte bis zum dritten Quartal des kommenden Jahres noch mit beiden Namen vermarktet werden. Noch unklar sei, ob sich der neue Markenname aus den Elementen Sony und Ericsson zusammen setzen wird, oder ob eine völlig unabhängige Marke entwickelt wird. Am vergangenen Dienstag hatten die Unternehmen aus Schweden und Japan die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens vereinbart. Die Gemeinschaftsfirma der gleichberechtigten Partner ist mit einem Kapital von 500 Mio. Dollar ausgestattet. Mit Sony Ericsson Mobile Communications solle die Rückkehr der Sparte in die Gewinnzone erreicht werden.
bur
Folgen für die Handy-Markenstrategie
Print-welt
2001-08-30T22:00:00Z
2011-11-16T19:59:16Z
Ericsson und Sony planen neuen Namen für Handys
https://www.welt.de//print-welt/article471319/Ericsson-und-Sony-planen-neuen-Namen-fuer-Handys.html
„Schwarze Liste“: China sagt korrupten Pharmariesen den Kampf an
China will im Kampf gegen die weit verbreitete Korruption Pharmakonzerne und Medizingerätehersteller künftig mit einer „schwarzen Liste“ unter Druck setzen. Darauf sollen Unternehmen aufgeführt werden, die Bestechungsgelder gezahlt hätten, kündigte eine für Gesundheitsfragen zuständige Kommission am Freitag an. Die Liste soll erstmals im März aufgestellt und dann im Internet veröffentlicht werden. Den Angaben zufolge dürfen die genannten Firmen zwei Jahre lang keine Produkte in der betroffenen Region verkaufen. Unternehmen, die zwei Mal in fünf Jahren auf der Liste auftauchen, würden für zwei Jahre vom Handel in China ausgeschlossen. Korruption im Gesundheitssektor ist in China weit verbreitet. Behörden ermitteln gegen internationale wie auch einheimische Pharma- und Milchpulver-Firmen wegen Bestechung. Vor allem der britische Anbieter GlaxoSmithKline (verlinkt auf /wirtschaft/article119450412/China-noetigt-Pharma-Spion-zu-Gestaendnis-im-TV.html) geriet in die Schlagzeilen. Glaxo wird vorgeworfen, mit Hilfe von Reisebüros und Beratungsfirmen Ärzte und Behördenvertreter geschmiert zu haben, um Umsätze anzukurbeln. Angesichts des rasant wachsenden Gesundheitsmarktes in der Volksrepublik tummeln sich dort immer mehr Firmen. Nach Berechnungen der Beratungsfirma McKinsey werden sich die Gesundheitsausgaben in China bis 2020 auf eine Billion Dollar verdreifachen von 357 Milliarden im Jahr 2011.
WELT
Wer sich nicht an die Regeln hält, darf nicht mehr handeln: China will in der Pharmabranche knallhart gegen Bestechung vorgehen. Korrupte Unternehmen kommen in Zukunft auf eine „schwarze Liste“.
Wirtschaft
2013-12-27T12:29:41Z
2017-08-22T22:29:26Z
China sagt korrupten Pharmariesen den Kampf an
https://www.welt.de//wirtschaft/article123329917/China-sagt-korrupten-Pharmariesen-den-Kampf-an.html
Sicherheit: Italien will Fingerabdrücke von Roma-Kindern
Die italienische Regierung will künftig die Fingerabdrücke der im Land lebenden Roma speichern. Von der geplanten Maßnahme seien auch Kinder betroffen, erklärte Innenminister Roberto Maroni und rief damit im In- und Ausland einen Sturm der Entrüstung hervor. Maroni begründete das Projekt in der Tageszeitung „Corriere della Sera“ mit Sicherheitsbedenken und dem Wohlergehen der Betroffenen. Es sei „kein Geheimnis“, dass Roma-Kinder, die für Betteln und Diebstähle ausgenutzt würden, „von einer Stadt in die nächste gebracht werden, um Kontrollen zu entgehen“, sagte Maroni dem Blatt zufolge. Unicef Italien kritisierte, damit würden grundlegende Rechte der Kinder verletzt. „Wir können nicht Opfer zu Kriminellen machen“, sagte Sprecher Vincenzo Spadafora.
WELT
Die italienische Regierung will künftig die Fingerabdrücke der Roma speichern – auch die von Kindern. Innenminister Roberto Maroni meint, es sei „kein Geheimnis", dass Roma-Kinder, die für Betteln und Diebstähle ausgenutzt würden, „von einer Stadt in die nächste gebracht werden um Kontrollen zu entgehen".
Politik
2008-06-28T18:25:11Z
2015-09-01T10:17:23Z
Italien will Fingerabdrücke von Roma-Kindern
https://www.welt.de//politik/article2157628/Italien-will-Fingerabdruecke-von-Roma-Kindern.html
Forsa-Zahlen: Union sinkt auf historisches Umfragetief
Nach fast täglichen Negativmeldungen über die SPD gibt es nun schlechte Nachrichten auch für die Union: Nach dem aktuellem RTL/n-tv-Trendbarometer liegen CDU und CSU bei der Sonntagsfrage deutschlandweit bei nur noch 24 Prozent (minus zwei Prozentpunkte). Damit befinden sie sich in der Wählergunst auf Rang zwei hinter den Grünen, die in der Forsa-Umfrage weiterhin bei 27 Prozent liegen. Die Partei um Robert Habeck und Annalena Baerbock konnte ihren Vorsprung auf die Union dadurch auf drei Prozentpunkte vergrößern. Mit 24 Prozent liegt die Union nun sogar unter den Werten, die im Februar 2000 nach der Diskussion über Helmut Kohl und den Spendenskandal gemessen wurden. Unverändert auf Platz drei liegt die SPD mit zwölf Prozent, dem gleichen Wert wie in der Vorwoche (verlinkt auf /politik/deutschland/article194545217.ece) . Ebenfalls auf zwölf Prozent kommt die AfD (plus ein Prozentpunkt). Linke (plus ein Prozentpunkt) und FDP (unverändert) verzeichnen jeweils acht Prozent. Neun Prozent (unverändert) würden sich für eine der sonstigen Parteien entscheiden, und 18 Prozent aller Wahlberechtigten sind derzeit unentschlossen oder würden nicht wählen. Dämpfer für AKK bei Kanzlerfrage Auch bei der Einschätzung der politischen Kompetenz der einzelnen Parteien übertrumpfen die Grünen die Union. 19 Prozent der Bundesbürger trauen den Grünen laut RTL/n-tv-Trendbarometer zu, mit den Problemen in Deutschland am besten fertig zu werden – das sind zwei Prozentpunkte mehr als in der Woche nach der Europawahl. Der CDU/CSU trauen das nur noch 16 Prozent zu. Der weit abgeschlagenen SPD billigen nur noch zwei von 100 Wahlberechtigten politische Kompetenz zu. Bei der Kanzlerfrage muss sich CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer laut aktueller Forsa-Umfrage sowohl Finanzminister Olaf Scholz (SPD) als auch Habeck geschlagen geben. Wenn die Deutschen ihren Kanzler direkt wählen könnten, würde Scholz die CDU-Chefin mit 28 zu 18 Prozent schlagen. Damit würde die Politikerin bei der Frage zum ersten Mal unter 20 Prozent fallen. Habeck würde Kramp-Karrenbauer mit 34 zu 21 Prozent besiegen. Auch gegen Scholz liegt der Grünen-Chef in der Wählergunst vorne – mit 28 zu 23 Prozent. Die Daten zur Partei- und Kanzlerpräferenz sowie zur Kompetenz der Parteien wurden vom 3. bis 7. Juni erhoben. Datenbasis: 2501 Befragte. Statistische Fehlertoleranz: +/- 2,5 Prozentpunkte.
WELT
Während die Grünen von einem Umfrageerfolg zum nächsten eilen, sieht es für die Union düster aus: In der neuesten Forsa-Umfrage stürzen CDU und CSU auf historische 24 Prozent. Auch Annegret Kramp-Karrenbauers Beliebtheit sinkt.
Politik
Deutschland
2019-06-08T13:18:55Z
2019-06-08T14:33:14Z
Union sinkt auf historisches Umfragetief – drei Punkte hinter Grünen
https://www.welt.de//194975959
Hermès: Zwei Kunden verklagen jetzt die Luxusmarke, nicht nur wegen der Wartezeit
„Es ist keine Tasche, es ist eine Birkin“. 22 Jahre ist es her, dass das TV-Publikum diesen Satz in der Serie „Sex and the City“ hörte. So ungläubig wie die sonst so hart gesottene Samantha Jones schauten auch Millionen Zuschauer, als ein Hermès-Mitarbeiter ihr statt der ersehnten Tasche eine Warteliste überreichte. Fünf Jahre sollte Samantha Jones auf ihre Birkin warten. Ganz in der Tradition der Serie bescherte diese Szene dem Publikum eine Mode-Lektion: Eine Birkin Bag ist keine Tasche. Sie ist ein Sehnsuchtsobjekt, ein Erkennungsmerkmal, für manche eine Obsession. Einst von Jane Birkin inspiriert, die einfach nur eine praktische Tasche suchte, können die Preise für das Statussymbol heute je nach Material und Extras in die Hunderttausende gehen. Wie viele Birkin-Modelle pro Jahr produziert werden, gibt Hermès nicht preis (verlinkt auf https://edition.cnn.com/style/hermes-birkin-bag-origins-cost/index.html) . Ein kluger Schachzug, seine Knappheit lässt das Objekt der Begierde schließlich so interessant für Menschen werden, die sich alles leisten können, was sie wollen. Aber nicht nur die Wartezeit macht den Kauf der Kulttasche so herausfordernd. Deshalb haben nun zwei Kunden im US-Bundesstaat Kalifornien Klage (verlinkt auf https://fingfx.thomsonreuters.com/gfx/legaldocs/gdpzdaylopw/Cavalleri-v-Hermes%2020240319.pdf) gegen Hermès International und Hermès of Paris, den autorisierten Vertreiber für Birkin Bags in den USA, eingereicht. Der Vorwurf: Das Unternehmen instruiere sein Personal, Kunden erst dann eine Birkin anzubieten, wenn sie eine ausreichende „Kaufhistorie“, also andere Hermès-Produkte wie Schuhe, Schals oder Schmuck gekauft haben. Das verstoße gegen das Wettbewerbs- und Kartellrecht. Hermès selbst ließ bereits 2023 das Magazin Business of Fashion (verlinkt auf https://www.businessoffashion.com/news/luxury/hermes-faces-class-action-suit-over-birkin-sales-practices/?utm_source=newsletter_dailydigest&utm_medium=email&utm_campaign=Daily_Digest_210324&utm_content=intro) wissen, dass der Verkauf bestimmter Produkte als Bedingung für den Kauf anderer im Unternehmen strikt verboten sei. Der Fall sorgt für Schlagzeilen – dabei ist das „Hermès Game“, wie das Prozedere vor allem rund um Birkin Bags auch genannt wird, auf TikTok (verlinkt auf https://www.tiktok.com/discover/hermesgame) , YouTube (verlinkt auf https://www.youtube.com/results?search_query=%23hermesgame) und Reddit (verlinkt auf https://www.reddit.com/r/TheHermesGame/) , in Blogs (verlinkt auf https://forum.purseblog.com/threads/the-hermes-game-should-i-keep-fighting.1037080/) und in Onlinemagazinen schon länger ein Thema. Es sei kein Geheimnis, dass man viel Geld in Hermès-Geschäften ausgeben müsse, bevor man – möglicherweise – eine Birkin in die Hände bekomme, hieß es 2023 in der philippinischen Vogue (verlinkt auf https://vogue.ph/fashion/seema-stolen-birkin-bag-and-just-like-that/) . Auf Sky News Australia (verlinkt auf https://www.skynews.com.au/insights-and-analysis/waiting-lists-at-hermes-influencers-and-the-rise-of-super-fakes-the-ugly-truth-about-luxury-handbags/news-story/1e5bc2ff4de62203f7d9a3558aaabaef#amp_tf=Von%20%251%24s&aoh=17114750100900&referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com&ampshare=https%3A%2F%2Fwww.skynews.com.au%2Finsights-and-analysis%2Fwaiting-lists-at-hermes-influencers-and-the-rise-of-super-fakes-the-ugly-truth-about-luxury-handbags%2Fnews-story%2F1e5bc2ff4de62203f7d9a3558aaabaef) erzählt ein Birkin-Käufer, dass er ein Portemonnaie, einen Seidenschal, ein lederndes Notizbuch und einen Gürtel erstanden habe, bevor ihm die Tasche angeboten wurde. Die South China Morning Post (verlinkt auf https://www.scmp.com/magazines/style/luxury/article/3225375/has-hermes-gone-too-far-its-exclusive-sales-tactics-customers-reportedly-spend-over-us10000#amp_tf=Von%20%251%24s&aoh=17114748634560&referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com&ampshare=https%3A%2F%2Fwww.scmp.com%2Fmagazines%2Fstyle%2Fluxury%2Farticle%2F3225375%2Fhas-hermes-gone-too-far-its-exclusive-sales-tactics-customers-reportedly-spend-over-us10000) berichtete über ähnliche Erfahrungen aus Peking und Shanghai. So bizarr manche Schilderungen auch klingen: Gezwungen wurde niemand, sein Geld für kostspielige Accessoires auszugeben. Auch, wenn das Unternehmen verneint, dass man sich Zugang zu einer Birkin Bag erkaufen müsse, behält es offenbar gerne im Blick, wer sie trägt: Hermès-CEO Axel Dumas erklärte jedenfalls laut Business of Fashion (verlinkt auf https://www.businessoffashion.com/news/luxury/hermes-faces-class-action-suit-over-birkin-sales-practices/?utm_source=newsletter_dailydigest&utm_medium=email&utm_campaign=Daily_Digest_210324&utm_content=intro) , dass sie möglichst nur „echten“ Kunden verkauft werden solle. Auf diese Weise versuche das Unternehmen, die vielen Wiederverkäufe einzudämmen. Neue Birkin Bags kann man nur im Geschäft kaufen, online sind nur gebrauchte Modelle zu finden – oder neue, die Reseller anbieten. Das tat auch Michael Tonello jahrelang. Nachdem er in den Nullerjahren anfangs vor allem Hermès-Seidenschals auf Ebay verkauft hatte, brachte eine Kundin ihn, der bis dato noch nie vom Birkin-Modell gehört hatte, auf sein künftiges Kerngeschäft: „Man scherzt, dass es sogar eine Warteliste gibt, um auf die Warteliste zu kommen“, gab sie ihm mit auf den Weg. Eher zufällig entdeckte Tonello seine „Formel“ abseits der Warteliste: Nachdem er viele andere Produkte gekauft hatte, fragte er in einem Hermès-Geschäft beiläufig nach einer Birkin Bag – und bekam sie. „Man brauchte eine Initiations-Gebühr, einen qualifizierenden Kauf“, heißt es in seinem Buch „ Bringing Home the Birkin (verlinkt auf https://www.michaeltonello.com/) “, das 2008 erschien. Minutiös beschreibt Tonello darin seinen Weg durch Hermès-Geschäfte rund um die Welt, in denen er immer wieder dasselbe Spiel spielt, um eine der begehrten Taschen zu bekommen. Wer wollte, konnte also schon vor 15 Jahren wissen, wie das Spiel um die Tasche aller Taschen funktionieren kann – und entscheiden, ob er oder sie es mitspielen möchte. Die Informationen waren frei zugänglich, Tonellos Buch wurde in der New York Times (verlinkt auf https://www.nytimes.com/2008/05/18/books/review/Muhlke-t.html) besprochen, der Autor oft interviewt (verlinkt auf https://www.reuters.com/article/idUSSYD221031/) . Umso erstaunlicher ist es, wenn nun der mitunter lange Weg zur Wunsch-Birkin potenzielle Kunden überrascht: Wer plant, für eine Handtasche so viel wie für ein Auto auszugeben, informiert sich doch vorab (und ausführlicher, als es eine „Sex an the City“-Folge vermag), sollte man meinen. So wie vor dem Uhren- oder eben Autokauf. Auch hier gibt es immer wieder Berichte über Wunschlisten und die besondere Rolle von Stammkunden, etwa bei Händlern von Marken wie Rolex (verlinkt auf https://www.gq-magazine.co.uk/article/how-to-buy-a-rolex) und Porsche (verlinkt auf https://www.hotcars.com/why-so-difficult-get-new-porsche-sports-cars/) . Lange Wartezeiten zu akzeptieren und sich Zugang zu einem exklusiven Kundenkreis regelrecht zu verdienen, klingt seltsam, vor allem, wenn die Wartenden sich unzählige Alternativen leisten könnten. Aber wer gewohnt ist, alles haben zu können, sieht darin womöglich eine reizvolle Herausforderung. Menschen begehren nun einmal, was schwer zu haben ist. Sieht man als Wartender dann eine der ersehnten Taschen am Arm einer anderen Person baumeln, dürfte das Begehren noch größer werden. Die Tasche macht ihre Träger zum Mitglied einer Art Club, dessen exklusivem Nimbus offenbar auch Birkin-tragende Kardashians (verlinkt auf https://graziamagazine.com/us/articles/kim-kardashian-jenner-hermes-birkin-bags/) nur wenig anhaben können. Den Mythos befeuert die Popkultur. In der TV-Serie „ Gilmore Girls (verlinkt auf https://www.youtube.com/watch?v=Nwtz8Ib-Mv8) ” bekam die ahnungslose Rory 2005 eine Birkin Bag geschenkt, was zumindest bei ihrer Großmutter für Begeisterung sorgte. In „ Gossip Girl (verlinkt auf https://hurs-official.com/home/hur-conversations/kelly-rutherford) “ trug Kelly Rutherford in der Rolle der reichen Upper East Side-Mutter ihre eigenen Birkin Bags vor der Kamera (und wird bis heute als die „ Birkin Mom (verlinkt auf https://www.tiktok.com/@madisonavenuecouture/video/7252736720079228202?lang=de-DE) “ gefeiert). Gwyneth Paltrow trug sie in „Die Royal Tenenbaums”, Sandra Bullock in „Selbst ist die Braut“, Cate Blanchett in „Blue Jasmine”, sie kam in Songtexten von Cardi B und Drake vor. Aber Popikonen sind mitunter unberechenbar: Beyoncé veröffentlichte 2022 ihren persönlichen Abgesang (verlinkt auf https://www.theguardian.com/fashion/2022/aug/07/beyonce-puts-birkin-bag-in-storage-in-favour-of-the-telfar) auf die Tasche. Man könne sie einlagern, heißt es im Song „Summer Renaissance“. Ob die beiden kalifornischen Kläger eine neue Birkin Bag ebenfalls einlagern oder noch immer tragen würde, ist nicht bekannt. Sie fordern Schadensersatz und ein Verbot der von ihnen beschriebenen und von Hermès bestrittenen Verkaufspraxis. Wie Samantha Jones das alles wohl finden würde? In „And Just Like That“, der missglückten Fortsetzung von „Sex and the City“, wird ihrer Nachfolgerin Seema deren Birkin Bag gestohlen. „Es ist so lange her, dass ich sie gekauft habe, da gab es noch nicht einmal eine Warteliste!“ sagt sie verzweifelt. Später findet sie das mittlerweile geleerte edle Stück am Straßenrand wieder, der Dieb hat sie weggeworfen. Für manche ist es eben doch nur eine Tasche.
Katharina Pfannkuch
Sie ist eine der begehrtesten Handtaschen der Welt – und schwer zu bekommen: Wer bei Hermès eine Birkin Bag kaufen will, hat einen langen Weg vor sich. Zwei Kunden verklagen jetzt die Luxusmarke, nicht nur wegen der Wartezeit. Denn das „Hermès Game“ wird seit Jahren diskutiert.
Iconist
Mode
2024-04-09T06:21:47Z
2024-12-16T12:52:52Z
Verstößt Hermès mit seiner Birkin-Verkaufstaktik gegen Gesetze?
https://www.welt.de//iconist/mode/article250790614/Hermes-Zwei-Kunden-verklagen-jetzt-die-Luxusmarke-nicht-nur-wegen-der-Wartezeit.html
USA schicken Vizepräsidenten nach Kiew
Die USA haben Russland angesichts der Spannungen im Osten der Ukraine vor „weiteren Konsequenzen“ gewarnt. US-Außenminister John Kerry verlangte in einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow am Samstag von Russland Schritte zur Deeskalation der Lage in der Ostukraine. Zudem solle Moskau seine Truppen von der ukrainischen Grenze abziehen, wie ein Vertreter des Außenministeriums in Washington mitteilte. Russland hatte sich im März die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim einverleibt, nachdem die mehrheitlich russischstämmige Bevölkerung in einem umstrittenen Referendum für den Beitritt gestimmt hatte. Die USA (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/usa-reisen/) und die EU verhängten daraufhin Sanktionen gegen Verantwortliche in Russland und auf der Krim. Der Westen wirft Moskau vor, die Unruhen anzufachen. Kerry sprach gegenüber Lawrow den Angaben zufolge von „inszenierten und abgestimmten“ Aktionen. Kurz zuvor hatte Washington bekannt gegeben, dass US-Vizepräsident Joe Biden am 22. April nach Kiew reisen wird, um die „starke Unterstützung“ der USA für eine „vereinigte, demokratische Ukraine“ zu unterstreichen.
WELT
USA schicken Vizepräsidenten nach Kiew
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DIE WELT
2014-04-14T04:15:32Z
2014-04-14T04:15:32Z
USA schicken Vizepräsidenten nach Kiew
https://www.welt.de//print/die_welt/politik/article126909384/USA-schicken-Vizepraesidenten-nach-Kiew.html
Briten-Krimi: Du, glückliches England, mordest einfach besser
Das Weizenfeld wogt. Die Sonne geht auf über einer goldenen Stadt. Sie scheint zu dampfen im Sommerdämmer. Eine Frau wie aus einem Gemälde von Dante Gabriel Rosetti zieht jenseitigen Gesichtes durch einen Garten. Ihre Hände streifen herrliche Blüten. Tausend Jahre Rasenpflege. Tausend Jahre Geisteskultur. Oxford, die britische Baumschule des Denkens. Eine Klarinette spielt. Es ist alles herrlich langsam. Man geht gern zu Fuß. Man stakt, man rudert über ein anmutiges Flüsschen, das Themse heißt. Die Gehälter sind hoch. Die Nasen sind es auch. Kernland der Tories. Das Wort bukolisch fällt einem ein. Das fällt einem sonst nie ein bei einem Kriminalfilm. Nachhilfestunden in Britishness Wobei die Fälle von DI Robert „Robbie“ Lewis als Kriminalfilme zu bezeichnen, deren sechste Staffel jetzt im ZDF angelaufen ist, zu kurz greifen würde. Es sind englische Selbstversicherungsabenteuer, verhältnismäßig kostenfreie Nachhilfestunden in Britishness. Würden nicht im Durchschnitt zweieinhalb Leichen vor Lewis und seinen des Lateinischen mächtigen schlaksigen Jungassistenten James „Jim“ Hathaway liegen, könnte man hinter „Lewis“ nicht nur ITV, sondern auch das britische Tourismus- und Kulturministerium als Geldgeber vermuten. Und man wird natürlich sofort wieder neidisch. Da steht Shakespeare an jeder fünften Ecke der Drehbücher. Da wird – in Lewis’ zweitem Fall – allen Ernstes über die Signaturenlehre diskutiert und versucht zu erklären, was es mit Lewis Carrolls genialem Rätselbuch „Die Jagd nach dem Schnark. Eine Agonie in acht Krämpfen“ auf sich hat. So etwas gibt es nicht im deutschen Fernsehen Dass es so etwas in Deutschland nicht gibt. Dass da nicht ein einziger Kommissar in Tübingen herumläuft und hinter Mördern her ermittelt, die sich in den Besitz eines seltenen, mysteriösen Hölderlin-Manuskripts bringen möchten, und dass, wenn schon Weimar, das vielleicht Oxfordianischste deutsche Kulturnest, Mittelpunkt eines Kriminalfilms ist, nicht etwa nach dem Mörder eines Kustos der Anna-Amalia-Bibliothek gesucht wird, sondern – wie im „Tatort“ mit Christian Ulmen und Nora Tschirner – nach einem Menschen, der eine Wurstfabrikantin ins Jenseits beförderte. Immerhin heißt Ulmens Kommissar merkwürdigerweise Lessing, was wenigstens ein bisschen wie Lewis klingt. Da hören die Ähnlichkeiten aber auch schon auf. Weimar ist im „Tatort“ kein Musenhof, sondern eine holprige, geschichtsvergessene Ulkfabrik ohne Grandezza. Deutsches Fernsehen halt. Nun läuft auch „Lewis“ im deutschen Fernsehen. Und dass es das Aufregendste wäre, das sich gegenwärtig im an Aufregendem nicht armen britischen Fernsehen finden ließe, kann man kaum sagen (das läuft gern in ZDFneo und macht einen – ehrlich gesagt – noch viel neidischer auf den Mut englischer Fernsehmacher). Aber es ist eigentlich eine ziemlich stille Sensation. Lewis Carroll treibt die Mörder auf Gerade die jüngsten Fälle – der Jagd-nach-dem-Schnark-Episode, in der es um Geniekult, Carroll und den Giftstoff des Goldkettenbaums geht – ging eine voller Shakespeare, Professorinnenverzweiflung, Netzmobbing und Gentrifizierung –, bringen die Bruchstelle von Tradition und Moderne in Reibung. Und Oxford beginnt zu leuchten. Nicht als abgestaubtes Museumsdorf, sondern als Ort in dem sich Tradition und Zukunft treffen. Die – dank der Reibereien zwischen dem menschenklugen Wissenschaftsphobikers DI Lewis und dem scheinbar coolen Superbrain Hathaway – nie ganz ironiefreien Fälle bleiben immer ganz nah an den Menschen. „Lewis“ – eine Rolle die Kevin Whately seit mehr als einem Vierteljahrhundert spielt, sozusagen die Fortsetzung der Fälle von Colin Dexters Inspector Morse – ist ein ernstes Spiel. Ein Kulturseelen tröstender Ausklang des Wochenendes. An seinem Ende ist man so weit: Man geht getröstet und gebildet in die neue Woche. „Lewis“ ist der letzte Akt der Wochenendentschleunigung. In Göttingen ginge das natürlich auch Göttingen – fällt mir da ein – wäre auch so eine Stadt für einen sozusagen gegenwartsgeschichtlichen Kriminalfilm mit bukolischer Färbung. Kopfsteinpflaster. Viel Gegend, viel Natur drum herum. Und Lichtenberg. Man könnte permanent aus den Sudelbüchern zitieren. „Wenn der Schlaf ein Stiefbruder des Todes ist, so ist der Tod ein Stiefbruder des Teufels.“ Zum Beispiel. Bis es so weit ist, schauen wir „Lewis“. Und bleiben, was wir ungern sind, doch ein bisschen neidisch. Lewis – Das Rätsel des Genies: ZDF, 27. April, 22 Uhr
Elmar Krekeler
Morden mit Shakespeare und dem Schnark: Da wird man ein bisschen neidisch – britische Krimiserien wie „Lewis“ zeigen, wie es geht. Kultur, Tradition und Moderne im Genrefernsehen zusammenzubringen.
Kultur
2014-04-27T10:13:43Z
2015-10-01T07:57:41Z
Du, glückliches England, mordest einfach besser
https://www.welt.de//kultur/article127353757/Du-glueckliches-England-mordest-einfach-besser.html
Raumfahrt: Europa emanzipiert sich von den Russen
In den Kategorien Verzögerung und Kostensteigerung gehört Europas Navigationssatellitennetz Galileo zur Spitze der Peinlichkeiten. Vor fast zehn Jahren sollte es in Betrieb gehen. Doch es gab Hickhack beim Risikoanteil der Industrie und den Zuständigkeiten. Außerdem vertrauten die Europäer beim Transport der Satelliten ins All bislang ausschließlich auf die Russen. Damit ist nun Schluss. Auf die Sekunde pünktlich beförderte jetzt erstmals eine europäische Ariane-Rakete gleich vier Galileo-Satelliten (verlinkt auf /wissenschaft/weltraum/gallery13667727/Galileo-die-europaeische-Antwort-auf-das-GPS.html) ins All – doppelt so viele, wie auf der kleineren Sojus-Rakete Platz haben. Es war eine heikle Mission. Die Oberstufe musste zwei Mal gezündet werden, und die Satelliten durften sich beim Aussetzen rund vier Stunden nach dem Start keinesfalls berühren. Es klappte. Es war der 75. erfolgreiche Ariane-Flug in Folge. Ein neuer Rekord. Europäer bauen ihr Navigationssystem schneller aus Hinter dem Raketenwechsel stecken mehrere Botschaften. Die EU-Kommission und Europas Raumfahrtagentur Esa machen klar, dass sie jetzt volles Risiko gehen, um endlich das Navigationsnetz schneller auszubauen. Ende des Jahres sollen erste Signale und Dienste für die Industrie und die Bevölkerung verfügbar sein. Es dauert aber noch bis 2020, bis alle Dienste rund um die Uhr funktionieren sollen. Mit dem jüngsten Start sind nun 18 Seriensatelliten im All, die unter der Regie des Bremer OHB-Konzerns gebaut wurden. 2017 und 2018 soll erneut die Ariane mit je vier Satelliten abheben. Galileo ist als Ergänzung zu dem in der westlichen Welt mit Abstand dominierenden US-Netz GPS gedacht, das von jedem Auto-Navigationsgerät oder Smartphone genutzt wird. Durch die Kombination von Signalen von GPS (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article157839391/GPS-Geraet-oder-Navi-App-Was-ist-die-bessere-Wahl.html) , Galileo und russischen Glonass-Satelliten soll Navigieren noch genauer werden. Mit Galileo klappt auch das autonome Fahren Das etwa ist eine Grundvoraussetzung für das autonome Fahren. „Galileo hebt das Navigieren auf einen neuen Präzisionslevel“, sagt Volker Thum, Chef des deutschen Branchenverbandes der Luft- und Raumfahrtindustrie BDLI. Er sieht darin auch eine Plattform für viele neue kommerzielle Anwendungen. Die EU-Kommission will darauf dringen, dass neue Smartphones mit Galileo-Technik ausgestattet sind. Die Europäer bauen mit Galileo auch für ihre Militärs ein eigenes hochgenaues Signal auf. Bislang sind bereits Milliarden an Steuergeldern in das Konzept der Unabhängigkeit von GPS geflossen. Bis Ende 2013 wurden bereits 3,4 Milliarden Euro für das Projekt ausgegeben. Zwischen 2014 und 2020 werden weitere 7,9 Milliarden Euro veranschlagt. Allein der Betrieb und die Steuerung kosten jährlich 800 Millionen Euro. Chinesen ziehen ihr Navigationssystem schneller hoch Dass sich ein GPS-Konkurrenznetz auch schneller als Galileo errichten lässt, demonstrieren die Chinesen mit ihrem Beidou-Netz. Für die Russen bedeutet der Wechsel auf die Ariane-Rakete (verlinkt auf /wissenschaft/weltraum/article154152460/Die-Rakete-ist-mehr-als-nur-ein-neue-Huelle.html) eine Provokation. Einst hatten die Europäer Moskau eingeladen, auch von Französisch-Guayana in Mittelamerika ihre zuverlässige Sojus-Rakete zu starten. Für über 300 Millionen Euro von europäischen Steuerzahlern wurde eine Startplattform errichtet. Vor fünf Jahren hob dann tatsächlich erstmals eine Sojus im Auftrag der Europäer aus der Dschungelregion ab. Beim Premierenflug waren zwei Galileo-Vorläufersatelliten an Bord. Insgesamt startete die Sojus bislang 15 Mal in Kourou – aber ihre Dienste für Europa sind unsicher geworden. So entwickeln die Europäer die neue Ariane-6-Rakete, deren kleine Version die Sojus überflüssig machen würde. Zudem gibt es Spannungen. Wie vor Wochen durchsickerte, fordert Moskaus Raumfahrtagentur Roskosmos 300 Millionen Euro von Frankreich in einem bizarren Streit um Vermögenswerte des Öl-Imperiums Yukos. Andernfalls könnte die Zusammenarbeit mit den Europäern in der Raumfahrt und bei der Sojus leiden, drohte Moskau.
Gerhard Hegmann
Erstmals verzichten die Europäer beim Transport der Galileo-Satelliten auf die bewährten Sojus-Raketen. Mit einer Ariane bringt die Esa gleich vier Satelliten ins All. Was Russland sehr ärgern dürfte.
Wirtschaft
2016-11-17T18:25:39Z
2016-11-17T19:24:00Z
In der Raumfahrt emanzipiert sich Europa von den Russen
https://www.welt.de//wirtschaft/article159572411/In-der-Raumfahrt-emanzipiert-sich-Europa-von-den-Russen.html
In der Wakasa-Bucht sind Delfine zu Hause – und die greifen dort neuerdings die Menschen an
Wenn Godzilla-Fans „Wakasa-Wan“ hören, dann werden sie wach: Die gleichnamige Ausgabe des Meeresmonsters, programmiert für ein Computerspiel, gilt als besonders kraftvoll. Sie heißt so, weil Godzilla in diesem Spiel in der „Wakasa-Wan“, der Wakasa-Bucht, auftaucht und dort allerlei Unheil stiftet. Dass in der realen Wakasa-Bucht an Zentraljapans Nordwestküste nun Männer mit Ferngläsern patrouillieren und an den beliebten Badestränden die Wasseroberfläche mit Drohnen absuchen, das allerdings hat nichts mit Godzilla zu tun. Vielmehr geht es dabei um echte Tiere, solche, die eigentlich ein Kuscheltierimage haben. In der Wakasa-Bucht sind Delfine (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/delfine/) zu Hause – und die greifen dort neuerdings die Menschen an. Laut der Küstenwache in der Hafenstadt Tsuruga wurden in diesem Jahr schon 18 Menschen beim Schwimmen oder Schnorcheln verletzt. Damit steht die Gesamtzahl der Opfer nun auf 29. Seit drei Jahren verhalten sich die Delfine dort schon so seltsam. Laut dem Register reichen die Verletzungen von Bissen an der Hand bis zu Knochenbrüchen. Diese Befunde erinnern daran, dass Delfine eben keine Kuscheltiere sind, sondern Räuber. Sie zählen zu den Zahnwalen und tragen in ihrem Mund zwei Reihen zwar kleiner, aber beeindruckend spitzer Zähne. Und ihre Kiefer haben Kraft. Die Indopazifischen Große Tümmler (Tursiops aduncus), von denen diese Angriffe ausgehen, jagen große Fische wie etwa Thun und auch mal härtere Bissen wie kleine Haie (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/haie/) , Rochen oder Krebse (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/krebse/) . Und weil Vertreter dieser Gattung nicht nur in den japanischen Gewässern zu Hause sind, sondern eine nah verwandte Art, der Große Tümmler (Tursiops truncatus), im Atlantik und sogar manchmal in der Ostsee vorkommen, sehen nun immer mehr Urlaubsorte an den europäischen Küsten gebannt zu, was sich da an den Küsten der japanischen Präfektur Fukui tut. Erst berichtete die BBC, dann die „New York Times“. Jetzt hat sich das Wissenschaftsmagazin „Nature“ der bissigen Delfine angenommen. Die Verhaltensforscher und Meeresbiologen, die dort zu Wort kommen, sind ganz unterschiedlicher Meinung. Mal ist von Attacken die Rede, mal von missglücktem Spielen. Ob es sich um ein einziges marodierendes Exemplar handelt oder mehrere beteiligt sind, ist nicht abschließend geklärt. Für viele Menschen, darunter sachkundige Beobachter, ist es nicht einfach, dieses Verhalten mit dem, was man bisher über Tümmler zu wissen glaubte, in Einklang zu bringen. Dass die Meeressäuger zwar allerliebst aussehen, aber eine dunkle Seite haben, ist zumindest Biologen schon lange klar. Fleischwunden und Rippenbrüche „Die Leute würden weglaufen, wenn es ein Bär wäre. Es gibt keinen Unterschied zwischen Delfinen und Bären (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/baeren/) in Bezug auf die Zerstörungsfähigkeit“, sagte Ryoichi Matsubara, Direktor des Echizen Matsushima Aquariums, lokalen Medien. „Profis wie wir haben Angst vor ihnen. Nur Leute, die das nicht wissen, finden sie süß.“ Nur: Dass sich diese „Bären des Meeres“ bis auf wenige Meter an den Strand schwimmen und dort gezielt auf Schwimmer losgehen, das ist bisher nicht vorgekommen. Nach Recherchen der „New York Times“ begann es im Jahr 2022. Damals meldeten innerhalb weniger Wochen 21 Menschen Verletzungen durch Delfinangriffe an einem Strandabschnitt in der Nähe der Stadt Echizen. Ein Mann erzählte (verlinkt auf https://mainichi.jp/english/articles/20220815/p2a/00m/0na/012000c) lokalen Medien, dass er in der Nähe des Ufers schwamm, als ein Delfin (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/delfine/) erst in seinen Arm biss und dann versuchte, sich auf ihn zu legen. Der Mann geriet unter Wasser und hatte Mühe, Luft zu holen. Dann, 2023, war es plötzlich keine gute Idee mehr, an den Stränden rund um die Stadt Mihama schwimmen zu gehen. Zehn Menschen wurden in diesem Sommer verletzt; ein Schwimmer, ebenfalls ein Mann, blieb mit gebrochenen Rippen zurück. Am 21. Juli dieses Jahres ging es wieder los – in Mihama und zusätzlich an Stränden der Hafenstadt Tsuruga. Zwei Attackierte sollen laut „New York Times“ so schwere Handverletzungen haben, dass sie „mit Dutzenden Stichen“ genäht werden mussten. Die „New York Times“ ist es auch, die die Theorie vom sexuell frustrierten Tümmler in Umlauf brachte. Denn Matsubara hatte von Augenzeugen Fotos und Videos einiger Angriffe zugeschickt bekommen. Und seiner Meinung nach ist auf allen Aufnahmen derselbe männliche Tümmler zu sehen, sagte er dem US-Medium. Experten können Delfine anhand der Rückenflosse unterscheiden, deren Form und vorhandene Narben sind individuell wie ein Fingerabdruck. Matsubara sah immer nur eine Flosse, einen Täter. Allerdings fehlen ihm Bilder der aktuellsten Zwischenfälle. Das Beißen und Unterwasserdrücken, das mehrere Schwimmer erlebt hatten, das deutet er als Paarungsverhalten. Es sei nämlich auch berichtet worden, dass das Tier versucht habe, „seine Genitalien gegen Menschen zu drücken“. Putu Mustika, Delfinforscherin (verlinkt auf https://portfolio.jcu.edu.au/researchers/putu.liza/) der James Cook University in Australien findet das plausibel. Sie geht davon aus, dass die zweieinhalb Meter langen und bis zu 200 Kilogramm schweren Tiere wegen ihrer schieren Größe versehentlich Menschen verletzen könnten – würden sie versuchen, ihr Paarungsverhalten an ihnen auszuleben. Auch für sie ist, was da in Japan passiert, ein sexueller Akt, das Werk eines „geilen, einsamen Delfins“. Gruppenvergewaltigung als Strategie Dass Delfine offenbar nicht grundsätzlich die Bereitschaft ihrer Partner abwarten, wenn sie sie penetrieren, das hatten Forscher bereits vor einigen Jahren dokumentiert. So berichtete etwa der Rostocker Meeressäuger-Forscher Guido Dehnhardt von „erzwungenen Kopulationen“ in der Nordsee. Mehrere Tümmler-Männchen suchten gezielt Weibchengruppen auf, drängten einzelne Weibchen aus der Gruppe und zwängten sich diesen auf – Gruppenvergewaltigung als Fortpflanzungsstrategie. Mustika, die für ihre Doktorarbeit den Delfin-Tourismus auf Bali untersuchte, hält den Delfin nicht nur für „geil“ und „alt“, sondern auch noch für aggressiv, was schlimmer würde, wenn Strandbesucher versuchen, ihn zu berühren. Ganz andere Schlüsse zieht hingegen der Delfin-Ökologe Tadamichi Morisaka von der Mie-Universität im japanischen Tsu. Er ordnet im Wissenschaftsmagazin „Nature“ den Zahnkontakt als „sanftes Beißen“ ein. „Ein Verhalten, das wir häufig bei männlichen Großen Tümmlern in freier Wildbahn beobachten“, schildert Morisaka. Die Tiere würden tun dies, um die Beziehung aufrechtzuerhalten – in der Vorstellung dieses Delfins könnte er bereits eine freundschaftliche Beziehung zu den Menschen aufgebaut haben. Morisaka erzählt eine vollkommen andere Geschichte als die Kollegen: Der Tümmler tauche zufällig an einem Strand auf. Sehe er, dass Menschen in der Nähe sind, beiße er sanft zu, schwimme weg und komme wieder zurück. Hätte er angreifen wollen, hätte er das mit voller Wucht tun und die Badegäste niederbeißen können. „Für Delfinverhältnisse ist das Beißen sanft – eher eine freundliche Geste“, sagt Morisaka. Auch, einen anderen Delfin mit den Brustflossen zu reiben, oder sogar sexuelle Verhaltensweisen, wie das Aneinanderdrücken der Penisse, gelte unter Delfinen als Zeichen der Zuneigung. Praktiziert wird es in den befreundeten Kleingruppen gleichen Geschlechts, in denen diese Tiere leben. „Der Delfin in Fukui verhält sich, als würde er mit einem männlichen Genossen aus seiner Gruppe spielen“, erklärt Morisaka. „Für mich sucht er die Interaktion mit Menschen.“ Allerdings hat auch Morisaka Bauchschmerzen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bauchschmerzen/) bei diesen Begegnungen. Abgesehen davon, dass eben auch ein spielender Delfin für Menschen gefährlich ist, weist das Verhalten aus seiner Sicht auf eine gefährliche Entwicklung hin: „Wir wissen, dass es Phasen bei der Interaktion zwischen Menschen und Delfinen gibt.“ Es beginne damit, dass sich beide Arten denselben Raum im Wasser teilen, mit ersten Spielversuchen und Kontaktversuchen. „Je intensiver und alltäglicher die Begegnungen werden, desto eher verletzen die Delfine Menschen. Das ist der Punkt, an dem wir uns in Fukui befinden.“ Geht die Interaktion in die nächste Phase, werden die Delfine ihre Dominanz durch aggressive Verhaltensweisen wie das Angreifen oder Besteigen von Menschen zeigen wollen. Wir haben letzten Sommer schon eine Tendenz in diese Richtung gesehen, daher war ich sehr besorgt“, sagt Morisaka und erklärt auch, was er sich unter einem „richtigen Delfinangriff“ vorstellt: Dass die Tiere mit 20 bis 30 Kilometern pro Stunde auf einen Schwimmer zurasen. „Das wäre wie ein Verkehrsunfall. Dann würden Knochen brechen.“ Die Unterwasserlautsprecher, mit denen die Behörden bisher die Tümmler zu vertreiben suchten, sind seiner Meinung nach wirkungslos. Vielleicht klinge der Lärm vom Band seltsam und nervig für das Delfingehör. Doch als wirklich neugierige Tiere würde sie das niemals davon abhalten, sich etwas anzusehen, das sie spannend finden. Deswegen arbeitet Morisaka nun mit Hochdruck an einer anderen Idee: Ein Frühwarmsystem, das Alarm auslöst, sobald unter Wasser die delfintypischen Laute der Echoortung zu hören sind. „Sobald wir in der Lage sind, die Menschen rechtzeitig aus dem Wasser zu holen, wird der Delfin lernen, dass es an den Stränden nichts Interessantes gibt.“
Nike Heinen
In Japan kann ein Tag am Meer mit Bisswunden enden. Dort, an der Wakasa-Bucht, attackieren Tümmler derzeit die Schwimmer. Oder wollen sie nur spielen? Oder sich womöglich paaren? Darüber ist eine Kontroverse zwischen Forschern entbrannt.
Wissenschaft
2024-10-31T11:55:37Z
2024-10-31T11:55:41Z
Der Strand, an dem Delfine Menschen beißen
https://www.welt.de//wissenschaft/article253273412/In-der-Wakasa-Bucht-sind-Delfine-zu-Hause-und-die-greifen-dort-neuerdings-die-Menschen-an.html
Bedingungsloses Grundeinkommen: Das sagen Befürworter und Gegner
Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens ist umstritten. Trotzdem wagen einige Länder bereits regionale Experimente. Auch bei den Jamaika-Sondierungen wurde das Thema diskutiert.
WELT
Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens ist umstritten. Trotzdem wagen einige Länder bereits regionale Experimente. Auch bei den Jamaika-Sondierungen wurde das Thema diskutiert.
2017-11-10T16:35:31Z
2022-05-12T17:28:12Z
Das sagen Befürworter und Gegner
https://www.welt.de//politik/video170513767/Das-sagen-Befuerworter-und-Gegner.html
USA: Crystal-Meth-Labor bei Grundschullehrerin entdeckt
Ermittler sind im Haus einer Grundschullehrerin im US-Staat North Carolina auf ein Labor zur Herstellung der Droge Crystal Meth (verlinkt auf /themen/crystal-meth/) gestoßen. Der Fund sei am Freitag (Ortszeit) gemacht worden, als Beamte im Ort Zebulon einen Durchsuchungsbefehl bei der Frau ausgeführt hätten, teilten Behördenvertreter im Bezirk Johnston County mit. Der Lehrerin und ihrem Ehemann drohen Klagen wegen der Produktion von Crystal Meth und Kindesmisshandlung. Der achtjährige Sohn des Paares war den Angaben zufolge zu Hause, als die Beamten kamen. Laut den Schulbehörden hatte die Frau seit 2002 an einer Grundschule im Bezirk Wake County Drittklässler unterrichtet. Die Droge Crystal Meth – chemische Bezeichnung N-Methylamphetamin – ist eine künstlich hergestellte Stimulanz, die geschluckt, geschnupft, geraucht oder gespritzt werden kann und eine aufputschende Wirkung hat. Bei Dauerkonsum drohen nicht nur körperliche Schäden wie Herzprobleme oder Magendurchbruch. Die Droge schädigt auch die Nervenzellen im Gehirn und verursacht Psychosen.
WELT
In den USA hat die Polizei ein Crystal-Meth-Labor ausgehoben. Betreiberin der Chemieküche war eine Grundschullehrerin. Die Frau und ihr Ehemann wurden von den Beamten festgenommen.
Vermischtes
Weltgeschehen
2015-05-16T07:40:12Z
2017-08-22T03:02:26Z
Crystal-Meth-Labor bei Grundschullehrerin entdeckt
https://www.welt.de//vermischtes/weltgeschehen/article140997877/Crystal-Meth-Labor-bei-Grundschullehrerin-entdeckt.html
FC Bayern München: Jupp Heynckes begeistert von Vidal-Plänen
Kleinigkeiten, so heißt es, seien noch zu klären. Und wenn dies geschehen ist, dürfte dem Wechsel von Arturo Vidal nichts mehr im Weg stehen. Man werde noch „etwas Geduld“ haben müssen, hatte Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/) , vor dem Abflug nach China gesagt, dabei aber zugleich kaum noch Zweifel am Kauf des defensiven Mittelfeldspielers von Juventus Turin gelassen. Der 28 Jahre alte Chilene soll den Weggang von Bastian Schweinsteiger (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bastian-schweinsteiger/) mindestens kompensieren: „Durch Bastian haben wir einen wichtigen Spieler verloren. Es war klar, dass wir einen Typus dieser Art gerne haben wollten“, sagte Rummenigge und ergänzte: „Wenn das klappt mit Vidal, würden wir einen guten Mann dazu kriegen.“ „Arturo lebt für den Fußball“ Mit Vidal hätten die Münchner ihren „aggressiven Leader“, wie einst der ehemalige Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/ottmar-hitzfeld/) den damaligen Kaptän Mark van Bommel getauft hatte. Vidal könnte Thiago Alcantara (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/thiago-alcantara/) den Rücken freihalten, ihn perfekt abschirmen. Und ob seiner Schnelligkeit könnte Vidal zudem dafür sorgen, dass die Bayern bei Kontern künftig nicht mehr so anfällig sind. Diese Schwäche offenbarten sie in der vergangenen Saison vor allem in den entscheidenden Spielen. Vidal, der die Bundesliga bereits aus seiner Zeit bei Bayer Leverkusen (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/bayer-leverkusen/) (2007 bis 2011) kennt, wäre ein Gewinn für die Liga. In erster Linie jedoch für den FC Bayern. Darin sind sich ehemalige Weggefährten von Vidal einig. Etwa Jupp Heynckes, der Vidal von 2009 bis 2011 in Leverkusen trainierte und ihn damals gern mit nach München genommen hätte. Doch der Transfer kam nicht zustande. „Das ist mal ein Kaliber. Das wäre ein richtig guter Einkauf für die Bayern“, sagte Heynckes auf Anfrage der „Welt“: „Arturo ist ein Charakterspieler, der eine fantastische Entwicklung genommen hat. Er ist leicht zu führen, allerdings braucht er eine klare Ansprache. Er muss wissen, was seine Aufgaben auf dem Platz sind. Er ist klasse in der Balleroberung und Zweikampfführung. Und er geht dazu noch vorn mit rein, dass macht ihn auch so torgefährlich. Arturo ist einer, der für den Fußball lebt, sonst könnte er nicht so spielen, wie er spielt. Er ist taktisch diszipliniert und laufstark.“ Im letzten Jahr unter Heynckes hatte Vidal in Leverkusen zehn Tore erzielt und neun vorbereitet. Auch seine Quote in Turin – 35 Tore und 23 Vorlagen in 124 Spielen – zeigt auf, dass der 28-Jährige nicht nur gut darin ist, Angriffe des Gegners zu unterbinden, sondern das Offensivspiel seines eigenen Teams zu beleben. 99 Gelbe Karten in 351 Pflichtspielen „Wir haben ihn damals ,unser Krieger‘ genannt“, erinnert sich Hanno Balitsch an die gemeinsame Zeit mit dem Vidal in Leverkusen. Vidal würde auf dem Platz marschieren und in die Zweikämpfe fliegen. Trotz seiner harten Gangart sei er jedoch selten in Gefahr, einen Platzverweis zu kassieren. Verwarnt aber wird er oft. In den 351 Pflichtspielen seiner Profi-Karriere sah Vidal bisher 99 Gelbe Karten – im Schnitt alle 251 Minuten. „Arturo ist ein Typ wie Gattuso und Jeremies es gewesen sind, mit dem Unterschied, dass er noch strategische Fähigkeiten und ein gutes Passspiel hat“, sagt Balitsch: „Er ist der Typ Spieler, der den Bayern nach der Triple-Saison verloren gegangen ist. Arturo sorgt für Ballgewinn, weil er die 1:1-Situationen sucht. Anders als Alonso oder Thiago, die gut funktionieren, wenn du im Ballbesitz bist. Er ist der Spieler, den die Bayern auf hohem Niveau brauchen, wenn es um Kleinigkeiten geht.“ Balitsch hatte seine Karriere am Ende der vergangenen Saison beendet und wird künftig für das ZDF als Experte fungieren. Lars Bender (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/lars-bender/) , der Vidal zwei Jahre in Leverkusen erlebte und noch immer bei der Werkself unter Vertrag steht, hat ebenfalls nur gute Erinnerungen an den Chilenen. Der sei schon ein kleiner Krieger, sagt Bender. „Aber er ist auch ein verdammt guter Fußballer mit viel Ballgefühl. Mit ihm wird Bayern wohl noch stärker. Er ist eine Bereicherung für die Bayern.“
Lars Gartenschläger
Der FC Bayern will Arturo Vidal als Ersatz für Bastian Schweinsteiger verpflichten. Alte Weggefährten schwärmen von dem Chilenen. Allen voran sein ehemaliger Trainer und Triple-Sieger Jupp Heynckes.
Sport
Fußball
2015-07-19T14:29:57Z
2015-07-19T14:29:57Z
Heynckes begeistert von Bayerns Plänen mit Vidal
https://www.welt.de//sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/article144195025/Heynckes-begeistert-von-Bayerns-Plaenen-mit-Vidal.html
Einzelkritik: Eine Fünf für Neuer - Dortmunder mit Bestnoten
Während Deutschlands Torwart mit seinem Patzer die Kasachen wieder ins Spiel brachte, verdienten sich Dortmunds Offensivkünstler beim 4:1 im WM-Qualifikationsspiel in Nürnberg gute Noten.
Julien Wolff
Während Deutschlands Torwart mit seinem Patzer die Kasachen wieder ins Spiel brachte, verdienten sich Dortmunds Offensivkünstler beim 4:1 im WM-Qualifikationsspiel in Nürnberg gute Noten.
Sport
Fußball
2013-03-26T22:01:40Z
2015-10-06T04:59:24Z
Eine Fünf für Neuer - Dortmunder mit Bestnoten
https://www.welt.de//sport/fussball/wm-2014/article114769662/Eine-Fuenf-fuer-Neuer-Dortmunder-mit-Bestnoten.html
Wahl in Simbabwe: Afrikanische Union will Mugabe nicht verurteilen
Rückendeckung für Robert Mugabe: Die Afrikanische Union (AU) hält sich nach der Gewalt gegen die Opposition in Simbabwe mit Kritik am Staatschef zurück. In einem Resolutionsentwurf der AU-Außenminister, den die Nachrichtenagentur AP einsehen konnte, wird die umstrittene Stichwahl nicht kritisiert. Die Minister verurteilen lediglich in allgemeinen Worten Gewalt und rufen zu einem Dialog in Simbabwe auf. Mugabe werde heute beim Gipfeltreffen der AU in Scharm-el-Scheich nicht öffentlich verurteilt, verlautete aus Teilnehmerkreisen. Die afrikanischen Staats- und Regierungschefs wollten ihn demnach lediglich dazu auffordern, sich um ein Abkommen zur Machtteilung mit Oppositionsführer Morgan Tsvangirai zu bemühen. Die USA riefen die AU auf, die Stichwahl von Freitag nicht anzuerkennen und die Vereidigung Mugabes zu verurteilen. Die simbabwische Regierung habe auf eine Scheinwahl eine unrechtmäßige Vereidigung folgen lassen, sagte der stellvertretende Außenamtssprecher Tom Casey. Die USA haben angekündigt, in den kommenden Tagen eine Resolution zu Simbabwe in den Weltsicherheitsrat einzubringen. Die Vetomacht China lehnt mögliche Sanktionen jedoch ab. Peking ziehe Verhandlungen zwischen Mugabe und der Opposition vor, erklärte der chinesische Außenminister Yang Jiechi am Sonntag bei einer Pressekonferenz mit seiner US-Kollegin Condoleezza Rice. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon bezeichnete die Präsidentschaftsstichwahl in Simbabwe mit Staatschef Robert Mugabe als alleinigem Kandidaten als „nicht rechtmäßig“. Das Ergebnis gebe nicht den „wirklichen Willen des simbabwischen Volks“ wieder, erklärte Ban am Montag in Tokio. Der UN-Generalsekretär habe wiederholt dargelegt, dass die Bedingungen für einen „freien und fairen Urnengang“ nicht gegeben seien, hieß es in der Erklärung. Dies hätten Wahlbeobachter nun bestätigt. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner kritisierte Mugabe offen. Die Wahl sei eine „Farce“ gewesen und könne nicht akzeptiert werden, sagte Außenminister Bernard Kouchner am Montag. Frankreich habe entschieden, dass die simbabwische Regierung nicht legitim sei. Paris übernimmt am Dienstag für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft. Kouchner sagte, er werde bei einem EU-Südafrika-Gipfel Ende Juli auf einen entschlossenen Umgang mit Mugabe dringen. Er wies darauf hin, dass Mugabe lange Zeit ein gefeierter Freiheitskämpfer gewesen sei, was die Situation kompliziert mache. Tsvangirai erklärte dem Fernsehnachrichtendienst APTN, die Vereidigung Mugabes sei bedeutungslos. „Die Welt hat das gesagt, Simbabwe hat das gesagt. Deshalb ist es eine Übung in Selbsttäuschung.“ Er glaube, dass Mitglieder von Mugabes Partei ZANU-PF zu Gesprächen bereit seien. „Ich glaube, dass die Realität allen Eliten in der ZANU-PF dämmert. Ohne Verhandlungen mit der (oppositionellen Bewegung für Demokratischen Wandel) MDC ist das eine Sackgasse.“ Die simbabwische Opposition forderte im südafrikanischen Rundfunk von den in Ägypten versammelten Staats- und Regierungschefs der Afrikanischen Union (AU) die Entsendung eines Sondergesandten. Das sei Teil eines Drei-Punkte-Programms, hieß es. Der Gesandte solle in Simbabwe stationiert werden und den Vermittler des regionalen SADC-Staatenbundes, Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, unterstützen. Ein weiterer Punkt des Forderungskatalogs der Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) sei die Verurteilung der umstrittenen Stichwahl mit Präsident Robert Mugabe als alleinigem Kandidaten. Mugabe, der bereits seit 1980 in Simbabwe an der Macht ist, hatte die zweite Runde der Präsidentschaftswahl am Freitag mit überwältigender Mehrheit gewonnen. Sein Kontrahent, Oppositionsführer Morgan Tsvangirai, hatte wegen der anhaltenden Gewalt gegen seine Anhänger auf eine Teilnahme an der Stichwahl verzichtet. Tsvangirai hatte Ende März den ersten Wahldurchgang vor Mugabe gewonnen, offiziellen Angaben zufolge jedoch die absolute Mehrheit verfehlt.
WELT
Simbabwes Staatschef kann ohne Sorgen zum Gipfeltreffen der Afrikanischen Union fahren. Denn mit Kritik muss Robert Mugabe dort nach der umstrittenen Stichwahl in seinem Land nicht rechnen. Der afrikanische Staatenbund wird laut einem Resolutionsentwurf keine öffentliche Kritik an ihm üben. Anders die Vereinten Nationen.
Politik
2008-06-30T04:59:27Z
2011-11-16T21:49:37Z
Afrikanische Union will Mugabe nicht verurteilen
https://www.welt.de//politik/article2160990/Afrikanische-Union-will-Mugabe-nicht-verurteilen.html
Grundschul-Studie: Je grüner die Umgebung, desto klüger die Kinder
Dass der Betonbau mit grauem Innenhof weniger kindgerecht ist als eine Grundschule in grüner Umgebung, haben die meisten Eltern im Gefühl. Doch jetzt gibt es wissenschaftliche Belege für diese Annahme. Spanischen Forschern zufolge steigern Grünflächen in Grundschulnähe das Arbeitsgedächtnis und die Aufmerksamkeit der Schüler. Die Wissenschaftler begründen dies in den „ Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“) (verlinkt auf http://www.pnas.org/) unter anderem damit, dass Grünflächen die verkehrsbedingte Luftverschmutzung senken und Schüler zu Bewegung anregen. Eine natürliche Umgebung mit vielen Pflanzen fördere unter anderem Neugier und Kreativität von Kindern, schreiben die Forscher um Payam Dadvand vom Forschungszentrum für Umweltepidemiologie (verlinkt auf http://www.creal.cat/en_index.html) (CREAL) in Barcelona. Sie testeten nun an fast 2600 Kindern im Alter zwischen sieben und zehn Jahren, ob Natur darüber hinaus auch die geistige Entwicklung von Kindern fördert. Dies sei die ihres Wissens erste Studie, die einen solchen Zusammenhang systematisch untersuche, betonen sie. Leistung nahm um 20 Prozent zu Zunächst prüften die Wissenschaftler das Arbeitsgedächtnis und die Aufmerksamkeit der Kinder. Um den weiteren Zuwachs zu verfolgen, testeten sie die Zweit- bis Viertklässler im folgenden Jahr alle drei Monate. Zudem maßen sie die Grünflächen in der Umgebung von Wohnung und Schule sowie die Abgasbelastung in den Schulgebäuden. Die Leistung des Arbeitsgedächtnisses nahm in dem Jahr im Mittel um etwa 20 Prozent zu, die Aufmerksamkeit stieg in ähnlichem Maße. Doch je grüner die Umgebung einer Schule war, desto mehr steigerten Kinder sowohl ihr Arbeitsgedächtnis als auch ihre Aufmerksamkeit. Für die Umgebung der Wohnungen fanden die Forscher keinen solchen Zusammenhang. Ehestatus, Bildungsgrad oder Einkommen der Mutter erklärten das Resultat nicht. Als Grund für den Effekt sehen die Forscher unter anderem, dass Grünflächen in der Umgebung der Schulen die Belastung durch Abgase senken. Sie verweisen auf eine Untersuchung, der zufolge Verkehrsabgase die geistige Entwicklung von Kindern hemmen können. Weniger Lärm in den Klassenräumen Tatsächlich hatten in ihrer Studie Schulen mit hoher Innenraumbelastung die geringsten Leistungszuwächse. Dies allein könne 20 bis 65 Prozent des gefundenen Effekts erklären, kalkulieren die Autoren. Zudem verweisen sie darauf, dass Grünflächen die Lärmbelastung senken könnten – auch davon könnten die Schüler profitieren. Schließlich könnten Grünräume die Bewegung der Kinder fördern und sie vermehrt mit Mikroorganismen in Kontakt bringen. Dies alles könne das Wohlbefinden und damit möglicherweise auch die Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit positiv beeinflussen, betonen sie. „Unsere Resultate zeigen einen wohltuenden Einfluss von Grünflächen auf die kognitive Entwicklung, der teilweise aus der Pufferwirkung für städtische Umweltschadstoffe resultiert”, schreiben sie. Kinder mit ADHS profitieren von Bewegung Mit mehr Grünräumen könnten rund 9 Prozent der Gundschüler mit beeinträchtigtem Arbeitsgedächtnis eine durchschnittliche Leistung erreichen, berechnen sie. Dies sei besonders wichtig, weil inzwischen bereits die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten lebe – Tendenz steigend. Prof. Claudia Mähler von der Universität Hildesheim (verlinkt auf https://www.uni-hildesheim.de/) lobt, dass die Forscher wichtige Einflussfaktoren wie etwa Bildungsgrad oder Einkommen der Eltern kontrolliert hätten. Sie hält es für durchaus möglich, dass mehr Grünflächen die geistige Leistung von Kindern fördern könnten. „Man weiß aber nicht, ob das ein Gesundheitseffekt ist oder auf angeregter Stimulation beruht“, sagt die Psychologin. Generell sei es sehr schwierig, eine solche Kausalbeziehung nachzuweisen. Allerdings wisse man, dass Kinder mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung ( ADHS (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/adhs/) ) von Bewegung und passender Stimulation profitieren könnten.
Walter Willems
In Grundschulen mit grüner Umgebung lernen Kinder besser, belegt eine spanische Studie. Dafür gibt es durchaus gute Gründe. Doch für den Wohnort der Schüler gilt diese Regel erstaunlicherweise nicht.
Gesundheit
Psychologie
2015-06-15T19:27:56Z
2017-08-25T07:37:26Z
Je grüner die Umgebung, desto klüger die Kinder
https://www.welt.de//gesundheit/psychologie/article142546260/Je-gruener-die-Umgebung-desto-klueger-die-Kinder.html
Technologie: Wie KI, ChatGPT und Co. unser Gehirn verändern
Im Gehirn arbeiten Milliarden vernetzter Nervenzellen, verschiedene Areale haben unterschiedliche Aufgaben. Die Digitalisierung verändert Experten zufolge Lernprozesse im Gehirn. Und auch Künstliche Intelligenz (KI) stellt mit Programmen wie ChatGPT teils neue Anforderungen an die menschliche Steuerzentrale. Psychologe und Hirnforscher Peter Gerjets vom Leibniz-Institut für Wissensmedien in Tübingen geht davon aus, dass ChatGPT und ähnliche Angebote einen großen Einfluss auf das Bildungswesen haben werden. Eine sinnvolle, kompetente Nutzung sei dabei keineswegs ein Selbstläufer. „Es darf nicht passieren, dass der aktive Lernprozess an ChatGPT ausgelagert und das Gehirn nicht gefordert wird“, sagt der Bildungswissenschaftler. „Es ist wichtig, was im Kopf passiert und was als echte Lernleistung herauskommt. Ob das mit oder ohne Unterstützung von GPT passiert, ist letztlich nicht entscheidend.“ Kognitive Arbeitsleistungen an KI abzugeben sei immer mit der Frage verbunden, ob damit Freiräume entstehen, die das Gehirn für andere Aufgaben nutzen könne. So war es einst auch heiß diskutiert worden bei Einführung von GPS-Navisystemen. „Fakt ist: Wird eine bestimmte Fähigkeit nicht mehr benötigt, dann werden die Hirnareale, die diesen Skill implementieren, geschwächt.“ Gerjets nennt als Beispiel: „Wenn ich den Taschenrechner zum Dividieren nutze, bin ich im Ergebnis wesentlich schneller, aber meine Fähigkeit, zu dividieren, leidet und das wirkt sich auf die entsprechenden Hirnareale aus.“ Das sei aber kein Drama. „Was im Gehirn verschüttet ist, kann wiederbelebt werden, ist also nicht verloren.“ Der Forscher erläutert: Bestimmte Bereiche „schwellen“ quasi an bei besonders starken Anforderungen. „Sie werden größer und dichter.“ Und sie verkleinern sich bei abnehmender Anforderung. Ein permanentes Multitasking führe zur Erschöpfung im Gehirn. Tablets beim Lernen benötigen mehr Energie Schon das Nutzen technischer Geräte wie Tablets beim digitalen Lernen benötigt extra Aufmerksamkeit und Energie, weil neben der inhaltlichen Verarbeitung auch die Bedienung der Technik Konzentration beanspruche, schildert Neurobiologe Martin Korte von der TU Braunschweig. Beim Scrollen über mehrere Seiten hinweg und Eintauchen in Hyperlinks sei es anstrengend, den inhaltlichen Bezug nicht zu verlieren, den Überblick im Kopf wieder herzustellen. Vor allem der präfrontale Cortex im Frontallappen – „Kommandozentrale im Gehirn und das Cockpit, in dem alle Informationen zusammenlaufen und Aufgaben verteilt werden“ – sei deutlich mehr beansprucht. Da nun absehbar KI mit Tools wie ChatGPT verstärkt hinzukommen, gelte umso mehr: „Wenn wir beim Lernen durch vorgefertigte Antworten nur passive Zuschauer sind, ist das Lernen nicht nachhaltig“, sagt Korte. Aktivität sei wichtig – und ebenso, dass man Inhalte und Informationen reflektieren könne. Daraus entstehe dann Wissen, das im Gehirn abgespeichert werde – was wiederum „die Verschaltungen, also die Struktur des Gehirns verändert“. Eine KI, die verstanden werde in ihren Stärken und Schwächen, könne ein Gewinn sein. „Aber nur, wenn wir – Lehrer wie Schüler – in gleichem Maße klüger werden wie die Maschinen „klüger“ werden“, unterstreicht Korte. „Neue Informationen zu bewerten, auszuwählen, Quellen zu vergleichen – alles das ist Arbeit für den Frontallappen unseres Gehirns. Diese Fähigkeit zur Bewertung wird immer wichtiger“, betont Gerjets. ChatGPT erwecke stets den Anschein, eine korrekte Antwort gegeben zu haben: „Sprachlich glatt und fertig ausformuliert, im Brustton der Überzeugung, aber ohne Quellenangabe. Viele Menschen finden das glaubwürdig. Das halte ich für sehr bedenklich.“ Gerjets sieht in KI-Tools wie ChatGPT enorme Chancen für den Bildungsbereich. Für Schülerinnen und Schüler könnten diese viele Vorteile haben, etwa beim Generieren von Übungsmaterial, beim Abfragen von Gelerntem. „Man hat allerdings einen Lernbegleiter und Gesprächspartner, den man mit Vorsicht genießen muss, der nämlich auch nicht alles weiß, sondern manchmal völligen Quatsch liefert.“ Ob sich womöglich langfristig auch Hirnstrukturen durch die Nutzung von KI ändern werden, sei noch nicht abzusehen, sagt der Tübinger Forscher. Einer Bitkom-Umfrage zufolge spricht sich eine Mehrheit von 61 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland für einen KI-Einsatz im Bildungswesen aus, wie der Digitalverband mitteilt. Auch in der Hochschulwelt ist KI längst angekommen. In Bonn zeigte man sich kürzlich dennoch überrascht: Ein Test des Instituts für Medizindidaktik ergab, dass Studierende in fast der Hälfte der Fälle nicht korrekt zuordnen konnten, ob Multiple-Choice-Fragen von Mensch oder KI kamen. Zudem stuften sie die Schwierigkeit der Aufgaben als praktisch identisch ein, wie das Uniklinikum Bonn schildert. Bekannt war dort zwar schon, dass ChatGPT und ähnliche Tools Fragen in medizinischen Staatsexamina beantworten können. Genutzt würden die Programme auch bereits zum Selbsttesten des angeeigneten Wissens. Nun scheine für das Medizinstudium also noch dazu ein vielversprechendes Werkzeug für das Erstellen von Prüfungsfragen gefunden zu sein.
Yuriko Wahl-Immel
Künstliche Intelligenz verändert die Arbeitswelt und auch die Schule. Jung und Alt nutzen mittlerweile regelmäßig Tools wie ChatGPT oder DeepL. Doch wie wirkt sich das auf die Gehirnzellen aus? Lernprozesse veränderten sich dadurch, wissen Forscher.
Wissenschaft
2024-01-23T14:05:09Z
2024-01-23T14:05:10Z
Wie neue Technologien unser Gehirn verändern
https://www.welt.de//wissenschaft/article249626830/Technologie-Wie-KI-ChatGPT-und-Co-unser-Gehirn-veraendern.html
Kyjiw statt Kiew – Auswärtiges Amt ändert Schreibweise
Das Auswärtige Amt ändert seine Bezeichnung der ukrainischen Hauptstadt Kiew auf die ukrainische Transkription Kyjiw. „Was für viele schon länger gängige Praxis ist, ändert sich nun auch im ‚Länderverzeichnis für den amtlichen Gebrauch‘. Damit wird jetzt im deutschen Amtsverkehr die ukrainische Schreibweise für Kyjiw verwendet“, teilte das Außenamt am Freitagabend auf der Plattform X (früher Twitter) mit. „Das Länderverzeichnis ist maßgeblich für Behörden und wird von Unternehmen sowie von vielen anderen verwendet.“ Die Schreibweisen auf Internetseiten, Botschaftsschild und Dienstsiegeln werden demnach nun nach und nach umgestellt. Die Schreibweise Kiew geht auf die russische Bezeichnung zurück, ist historisch aber die im Deutschen gebräuchliche, wie aus der Verlaufskurve des Digitalen Wörterbuchs der deutschen Sprache (DWDS) hervorgeht. Die ukrainische Schreibweise Kyjiw tauchte demnach erst 2021 im deutschen Sprachgebrauch auf. Für andere Hauptstädte nennt das Länderverzeichnis weiterhin die deutschen Bezeichnungen wie beispielsweise Warschau (Warszawa), Prag (Praha) und Lissabon (Lisboa). Der Duden listet beide Formen auf.
WELT
Die deutsche Schreibweise Kiew geht auf die russische Bezeichnung für die ukrainische Hauptstadt zurück. Vertreter der Ukraine forderten nach der russischen Invasion, die Schreibweise dem Ukrainischen anzupassen. Das Auswärtige Amt folgt nun diesem Wunsch.
Politik
Ausland
2024-02-23T19:29:52Z
2024-02-23T19:29:52Z
Kyjiw statt Kiew – Auswärtiges Amt ändert Schreibweise
https://www.welt.de//politik/ausland/article250251784/Kyjiw-statt-Kiew-Auswaertiges-Amt-aendert-Schreibweise.html
Glosse: Offiziell! Beim HSV wird in Zukunft alles gut
Mitunter wurde uns vorgeworfen, dass wir ungerecht mit dem HSV umgehen. Zu viel Rucksack-Affäre (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/hamburger-sv/article151876490/Polizei-gibt-in-der-HSV-Rucksackaffaere-auf.html) , zu viele Relegationsscherze, zu viel Pleiten-Pech-und-Pannen. Wo bleiben die positiven Geschichten?, hieß es in den Kommentarspalten. Wir haben uns das zu Herzen genommen und gewartet auf die frohe Botschaft, um sie zu verkünden und um zu frohlocken. Und – Tusch, Trommelwirbel, Spot an – da ist sie auch schon. Nein, nicht der neue Schuldenstand, der gerade vermeldet wurde. Außerdem: Was sind schon 90 Millionen Euro Schulden (verlinkt auf /regionales/hamburg/article152293738/Teurer-Kader-fuer-HSV-Rekordminus-verantwortlich.html) ? Peanuts sind das für den Liga-Dino. Nein, es geht um das neue Leitbild (verlinkt auf http://www.hsv.de/fileadmin/redaktion/Saison/Saison_2015_16/Mixed/HSV-Leitbild.pdf) , das der Verein gerade veröffentlicht hat. Wir verraten nicht zu viel, wenn wir den HSV-Fans zurufen: „DAS LEIDEN HAT EIN ENDE!“ Denn höret: „Unser sportliches Ziel ist die Etablierung unter den fünf besten Mannschaften in Deutschland und eine ständige Teilnahme an internationalen Wettbewerben“, heißt es in dem Schriftstück, das der Klub am Mittwoch auf seiner Homepage veröffentlichte. Na, das ist doch mal ein Wort. Nicht dieses verdruckste Gestammel, das wir aus den anderen Vereinen kennen („Wir denken nur von Spiel zu Spiel“, „Wenn wir 40 Punkte haben, denken wir neu nach“ – mimimi). Nein, der HSV (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/hamburger-sv/) haut auf den Putz und legt offiziell die Teilnahme am Europapokal fest. Dafür will der Klub sich „auf Spieler zwischen 18 und 23 Jahren“ fokussieren, „die ihren Leistungshöhepunkt noch vor sich haben und deren Wert während der Vertragslaufzeit zunimmt“. Im Nachwuchsleistungszentrum sollen regionale, nationale und internationale Toptalente „wertsteigernd“ ausgebildet werden. Genial, haucht da der Kenner, da hätten andere ja auch mal vorher drauf kommen können. Sieben bis zehn Jahre Ruhe sind programmiert Aber die Hamburger sind der Konkurrenz diesmal einen gewaltigen Schritt voraus. Ab sofort zieht der Erfolg ein. Und die Sympathie. Denn neue Werte haben sie auch festgelegt. „Teamgeist, Siegeswille, Leistungsbereitschaft, Bescheidenheit und Kritikfähigkeit“ sind ab sofort die Attribute, mit denen der HSV definiert wird. Steht alles im neuen Leitfaden. Und wer sich noch immer sorgt, weil der HSV ja gerade ein bisschen klamm ist: Die finanzielle Solidität des HSV soll „dauerhaft und unabhängig vom sportlichen Erfolg“ gesichert werden. All die Kritiker können sich also ein neues Objekt für ihren Spott suchen. Jedenfalls für die kommenden sieben bis zehn Jahre. So lange soll das Leitbild gelten. Danach ist es Zeit, endlich den Champions-League-Sieg anzugehen. Immer nur Europapokal ist für den HSV auf Dauer einfach zu wenig ...
Lars Wallrodt
Der HSV hat harte Zeiten hinter sich. Doch damit ist jetzt Schluss. Der Klub hat festgelegt, dass er sich in Zukunft unter den besten fünf Teams der Liga etabliert. Und das ist längst nicht alles...
Sport
Fußball
2016-02-17T18:09:20Z
2016-02-17T18:09:20Z
Offiziell! Beim HSV wird in Zukunft alles gut
https://www.welt.de//sport/fussball/bundesliga/hamburger-sv/article152356160/Offiziell-Beim-HSV-wird-in-Zukunft-alles-gut.html
Zeitgeschichte: Heinrich Lübke und die Staatssicherheit
Im August 1984 gibt es kaum ein wichtigeres Thema für die bundesdeutschen Zeitungen als der Prozess um die „Hitler-Tagebücher“. Am 21. August hat vor dem Hamburger Landgericht das Verfahren der Illustrierten „Stern“ gegen den Kunsthändler Konrad Kujau und ihren ehemaligen Mitarbeiter Gerd Heinemann begonnen, die mit den gefälschten Pamphleten die Öffentlichkeit und die Redaktion genarrt hatten. Zwei Tage nach Prozessbeginn erinnert Enno von Loewenstern in der WELT an einen anderen Fall: 1968 habe der „Stern“ den damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke als Baumeister für NS-Konzentrationslager diffamiert, schreibt Loewenstern – und zwar mit Material „östlicher Archive, deren Echtheit nie überprüft werden konnte“. Am 12.Oktober 1984 legt er nach: Das im Verlag Gruner + Jahr (G+J) erscheinende Blatt habe sich sogar auf „gefälschte Papiere des Ostberliner Staatssicherheitsdienstes“ gestützt, um Lübke zu stürzen. Auch sonst verwende man dort „östlich gelieferte Unterlagen oder sonstige Hilfestellungen“. Der „Stern“ streitet Loewensterns Vorwürfe ab und erreicht 1986 vor Gericht ein Unterlassungsurteil gegen den Verlag Axel Springer. Jetzt aufgetauchte Unterlagen beinhalten, dass G+J durchaus auf Materialien aus der DDR zurückgriff. Darunter ist ein Brief des Leiters der Stasi-Hauptabteilung IX an seinen Minister Erich Mielke vom 10.Oktober 1985. In dem Schreiben, das der Historiker Jochen Staadt in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) erstmals veröffentlichte, wird Mielke mitgeteilt: Der Hamburger G+J-Anwalt Heinrich Senfft habe sich im März 1985 im Zusammenhang mit dem Gerichtsverfahren gegen Enno von Loewenstern und den Verlag Axel Springer an den prominenten Ostberliner Anwalt Wolfgang Vogel „mit der Bitte um Unterstützung seiner anwaltschaftlichen Tätigkeit für das BRD-Magazin ,Stern'“ gewandt. Vor Gericht sollten die „Behauptungen in der ,Springer-Presse', im ,ZDF-Magazin' und anderen westlichen Medien“ widerlegt werden, „der ,Stern' habe wiederholt falsche bzw. von der DDR gefälschte Dokumente gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Lübke ohne Prüfung verwandt und veröffentlicht“, heißt es in dem Schreiben weiter. Eine „Richtigstellung“ durch das Gericht läge auch im Interesse der DDR. Das sah der Stasi-Chef auch so. Mit „Einverstanden, Mielke“ zeichnete der den Vorschlag seines Offiziers ab, der Generalstaatsanwalt und der Geheimdienst der DDR solle Anwalt Senfft Unterstützung leisten. Mielke ging es dabei weniger um die Reputation des „Sterns“, als vielmehr darum, die tatsächliche Rolle seines Ministeriums und der SED-Spitze an der Kampagne gegen Lübke, der 1972 starb, weiterhin zu verschleiern. Das SED-Regime hatte in den Sechzigerjahren ziemlich unverblümt den Bundespräsidenten aufs Korn genommen. Unmittelbar vor seiner Wiederwahl am 1.Juli 1964 in West-Berlin ging man zum Angriff über und stellte zunächst Lübkes Rolle während der NS-Zeit infrage. Anfang Juli 1965 präsentierte SED-Chefpropagandist Albert Norden in Ost-Berlin ein „Braunbuch“ mit Namen von Personen des öffentlichen Lebens der Bundesrepublik, die tatsächlich oder angeblich zwischen 1933 und 1945 Verbrechen begangen hatten. Darunter auch Heinrich Lübke. Im Januar 1966 legte Norden auf einer internationalen Pressekonferenz eine Dokumentation vor. Seine klare Botschaft an die Journalisten: „Bundespräsident Lübke baute Hitlers Konzentrationslager.“ Nordens wichtigster Beleg war eine Akte mit elf Lichtpausen von Architekturzeichnungen; sie zeigten Wohnbaracken und trugen Heinrich Lübkes Unterschrift oder seine Paraphe. Auf dem Aktendeckel stand: „Vorentwurf zur Erstellung eines KZ-Lagers für 2000 Gefangene der Fa. KALAG bei Schacht VI in Neu-Staßfurt.“ Unmittelbar nach der Präsentation ließ Norden das Material vom Ministerium für Staatssicherheit westdeutschen Zeitungen zuleiten, „die nicht zum Springer-Konzern“ gehören. Später versuchte die SED, den Programmchef des linksliberalen Rowohlt-Verlages, Fritz J. Raddatz, zu einer Veröffentlichung zu bewegen. Raddatz nahm davon Abstand, als sie ihm verweigerte, das Material von unabhängiger Seite prüfen zu lassen. Seine Zweifel waren angebracht. Denn der Angriff der SED auf Lübke beruhte im Wesentlichen auf Manipulationen. Tatsächlich waren die Pausen echt, sie zeigten Standardbaracken, wie sie für Rüstungsfabriken, Zwangsarbeiterunterkünfte, aber auch KZs verwendet wurden. Es gab nur einen Haken: An den von Lübke unterzeichneten Pausen war nicht zu erkennen, für welchen Zweck die Baracken vorgesehen waren. Damit war der Vorwurf vom „KZ-Baumeister“ nicht zu konstruieren, das wusste auch die Stasi. Die Desinformationsspezialisten beschrifteten daher einen Aktendeckel so, dass er scheinbar eine Verbindung Lübkes zu KZ-Bauten herstellte. Beim Verteilen der Akte an die Journalisten unterlief allerdings ein Fehler: Die Kopie des Deckblattes wich im Schriftbild vom angeblichen Original ab, zudem fehlte die Unterschrift Lübkes. Wie ein Vermerk im SED-Archiv beweist, ärgerten sich die Urheber der Manipulation am meisten über den Fauxpas. Für den „Stern“ gab es am 28.Januar 1968 offenbar keine Zweifel. Die Illustrierte veröffentlichte ein Gutachten des legendären US-Schriftexperten J. Howard Haring. Er hatte die Lübke-Unterschriften auf den Pausen von 1944 mit den aktuellen Paraphen des Bundespräsidenten verglichen und hielt sie für eindeutig von derselben Hand geschrieben. Der „Stern“ urteilte daraufhin: „Von Fälschung kann keine Rede sein.“ Im Gegensatz dazu stellte das Bundeskriminalamt Widersprüche in den Lübke-Unterlagen und „fachliche Mängel“ in Harings Gutachten fest. Es folgten giftige Leitartikel des Verlegers und langjährigen Chefredakteurs, Henri Nannen, da Lübke zu den Vorwürfen schwieg. Nannen bemitleidete den Bundespräsidenten für die „bedauernswerte Figur, die Sie in Ihrem Amt bieten“, und forderte ihn auf, zurückgetreten: Das sei der „erste Schritt zu einer Gesundung unseres Staates“. 1985, immerhin 13 Jahre nach Lübkes Tod, kam das Thema vor Gericht. Nach den Recherchen von Staadt wandte sich der Anwalt Heinrich Senfft an seinen Ost-Kollegen Wolfgang Vogel, weil er sich offenbar wegen des bevorstehenden Prozesses gegen Springer Sorgen machte. Senfft zeigte sich zwar siegesgewiss, regte aber an, zur Sicherheit die „zuständigen DDR-Stellen“ zu bitten, die Originale noch einmal richtig untersuchen zu dürfen. Vogel versprach, sich zu kümmern. Wenige Tage später teilte ihm Senfft laut Staadt mit, er sei von Henri Nannen beauftragt, aus allen Rohren gegen die anderen Medien zu schießen: mit Unterlassung, Gegendarstellung, Widerruf und Schadenersatzforderungen. Im August 1985 hätte Senfft der DDR-Seite geklagt, sie sollte endlich etwas tun, die Springer-Presse und andere „hörten nicht auf, die Zweifel an der Echtheit der Lübke-Unterschriften unter den Bauplänen immer wieder ins allgemeine Gedächtnis zu rufen, um der DDR und dem STERN eins auszuwischen“, heißt es in der FAZ. Daraufhin reagierte das SED-Regime. Die Stasi prüfte Mitte September ihre Unterlagen und sortierte jene aus, die Manipulationsspuren aufwiesen. 15 Dokumente blieben übrig, die, so Staadt, der vorgeschlagene Mannheimer Sachverständige Lothar Michel in Ost-Berlin im Beisein eines Staatsanwaltes in der Sektion Kriminalistik der Humboldt-Universität prüfte. Trotz der genauen Vorauswahl äußerte Michel anschließend „Zweifel an der Echtheit einiger der Lübke-Dokumente“, schreibt Staadt. So hätte er in dem DDR-Material durchgehend die Paraphe „L“ gefunden, während im Bundesarchiv völlig durchgängig nur „Lü“ zu finden sei. Rechtsanwalt Senfft wandte sich daraufhin offenbar wieder an die DDR und bat um weiteres Vergleichsmaterial. Die Stasi gab daraufhin 28 bislang unveröffentlichte Dokumente aus ihrem Fundus frei. Diesmal kam der Sachverständige Michel zu dem gewünschten positiven Ergebnis. Das war aber gar nicht mehr nötig. Inzwischen hatte das Hamburger Landgericht im Sinne von Senfft entschieden. Die DDR ließ es sich aber nicht nehmen, ihm alle „Untersuchungs- und Recherchekosten“ in Rechnung zu stellen: insgesamt 26.030,50 DM. Das Geld wurde bezahlt.
Lars-Broder Keil
Ein Anwalt der Illustrierten „Stern" bat die DDR-Behörden 1985 um Unterstützung. Das belegen jetzt aufgetauchte Dokumente. Gesucht wurde Belastungsmaterial gegen den angeblichen KZ-Baumeister Heinrich Lübke. Ost-Berlin war gern behilflich.
Politik
Deutschland
2007-05-09T15:28:58Z
2011-11-16T01:47:31Z
Heinrich Lübke und die Staatssicherheit
https://www.welt.de/politik/deutschland/article862432/Heinrich-Luebke-und-die-Staatssicherheit.html