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Der Kerne von Munster oder Connaught befand sich im Lager ganz eben so wohl als wäre er in seiner eignen Lehmhütte gewesen und hätte die Dünste seines heimathlichen Sumpfes eingeathmet. Natürlich freute er sich über das Elend der sächsischen Ketzer und hoffte, daß sie ohne einen Schwertstreich zu Grunde gehen würden. Mit Entzücken hörte er den ganzen Tag die Salven, welche über den Gräbern der englischen Offiziere knatterten, bis endlich die Begräbnisse zu zahlreich wurden, als daß sie noch mit militärischem Pomp hätten begangen werden können, und auf die schauerlichen Töne ein noch schauerlicheres Schweigen folgte. Die Ueberlegenheit an Streitkräften war jetzt so entschieden auf Seiten Jakob's, daß er es unbedenklich wagen konnte, fünf Regimenter von seiner Armee zu detachiren und nach Connaught zu senden. Sarsfield befehligte dieselben. Er stand allerdings nicht so hoch in der Achtung des Königs, als er es verdiente. Der König erklärte ihn mit einer Miene geistiger Ueberlegenheit, welche Avaux und Rosen ein spöttisches Lächeln abgezwungen haben muß, für einen wackeren Burschen, der aber sehr stiefmütterlich mit Verstand bedacht sei. Nur mit großer Mühe bewog der Gesandte Se. Majestät dazu, den besten Offizier der irischen Armee zum Range eines Brigadiers zu befördern. Sarsfield rechtfertigte jetzt vollkommen die vortheilhafte Meinung, die sich seine französischen Gönner von ihm gebildet hatten. Er vertrieb die Engländer aus Sligo und sicherte mit gutem Erfolg Galway, das in ernster Gefahr gewesen war.[66] Auf die englischen Verschanzungen vor Dundalk wurde jedoch kein Angriff gemacht. Inmitten der sich stündlich mehrenden Schwierigkeiten und Unfälle zeigten sich die glänzenden Eigenschaften Schomberg's immer deutlicher. Nicht im vollen Strome des Glücks, nicht auf dem Schlachtfelde von Montes Claros, nicht unter den Mauern von Mastricht hatte er die Bewunderung der Menschheit so wohl verdient. Seine Entschlossenheit wankte nie; seine Umsicht schlummerte nie; trotz vielfacher Verdrüßlichkeiten und Provocationen war er stets froher und heiterer Laune. Der Effectivbestand seiner Mannschaften, selbst wenn man alle die, welche nicht am Fieber darnieder lagen, als effectiv mitrechnete, überstieg jetzt nicht mehr fünftausend. Diese waren kaum noch dem gewöhnlichen Dienste gewachsen, und sie mußten jetzt zu doppelten Dienstleistungen angetrieben werden. Dessenungeachtet traf der alte Mann seine Dispositionen so meisterhaft, daß er mit diesen geringen Streitkräften mehrere Wochen lang einer von einer Menge bewaffneter Banditen begleiteten Truppenmacht von zwanzigtausend Mann die Spitze bot. Die englische und die irische Armee beziehen ihre Winterquartiere.
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Zu Anfang des November zerstreuten sich endlich die Irländer und begaben sich in ihre Winterquartiere. Der Herzog brach nun ebenfalls sein Lager ab und zog sich nach Ulster zurück. In dem Augenblicke als die letzten Reste seiner Armee sich in Bewegung setzen sollten, verbreitete sich das Gerücht, daß der Feind in bedeutender Stärke heranrücke. Hätte dieses Gerücht auf Wahrheit beruht, so wäre die Gefahr sehr groß gewesen. Obgleich aber die englischen Regimenter auf den dritten Theil ihrer Vollzähligkeit zusammengeschmolzen waren und obgleich die Leute, die sich noch am wohlsten befanden, kaum das Gewehr zu schultern vermochten, so legten sie doch bei der Aussicht auf eine Schlacht eine außerordentliche Freude und Munterkeit an den Tag und schwuren, daß die Papisten für alles Elend der letzten Monate bezahlen sollten. »Wir Engländer,« sagte Schomberg, sich heiter mit der Nation des Landes, das ihn adoptirt hatte, identificirend, »wir Engländer sind immer kampflustig; schade daß wir nicht eben so viel Lust zu einigen anderen Zweigen des Soldatenhandwerks haben.« Der Alarm erwies sich als grundlos. Die Armee des Herzogs zog unbelästigt ab, aber die Straße, auf der sie dahin marschirte, bot einen eben so beklagenswerthen als abschreckenden Anblick dar. Ein langer Zug von mit Kranken beladener Wagen bewegte sich langsam über das holprige Pflaster. Bei jedem Stoße gab ein Unglücklicher den Geist auf und der Leichnam wurde hinausgeworfen und unbeerdigt den Füchsen und Krähen preisgegeben. Die Gesammtzahl Derer, welche im Lager vor Dundalk, im Hospital von Belfast, auf der Straße und auf der See starben, belief sich auf mehr als sechstausend Mann. Die Ueberlebenden wurden für den Winter in den Städten und Dörfern von Ulster untergebracht. Der General nahm sein Hauptquartier in Lisburn.[67] Verschiedene Meinungen über Schomberg's Verfahren. Sein Verfahren wurde verschieden beurteilt. Einsichtsvolle und aufrichtige Männer sagten, er habe sich selbst übertroffen und es gebe keinen zweiten Feldherrn in Europa, der, mit ungeübten Truppen, unwissenden Offizieren und spärlichen Vorräthen, zu gleicher Zeit gegen ein feindliches Heer von großer Uebermacht, gegen ein betrügerisches Commissariat, gegen ein Nest von Verräthern im eignen Lager und gegen eine Krankheit, mörderischer als das Schwert, ankämpfend, den Feldzug ohne Verlust einer Fahne oder einer Kanone zu Ende geführt haben würde. Auf der andren Seite murrten viele von den neuernannten Majors und Hauptleuten, deren Unerfahrenheit seine Verlegenheiten vermehrt hatte und die keine andre Qualification für ihren Posten besaßen als persönliche Tapferkeit, über die Geschicklichkeit und Geduld, die sie vom Untergang gerettet.
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Ihre Beschwerden fanden jenseit des St. Georgskanals Wiederhall. Zum Theil war das Murren, wenn auch ungerecht, doch zu entschuldigen. Den Eltern, die einen tapfern Sohn in seiner ersten Uniform geschickt hatten, damit er sich den Weg zum Ruhm erkämpfe, konnte man es wohl verzeihen, wenn ihr Schmerz sie zur Heftigkeit und Unbilligkeit hinriß, als sie erfuhren, daß der unglückliche Jüngling auf einem Bund Stroh ohne ärztlichen Beistand gestorben und ohne religiöse oder militärische Ceremonie in einem Sumpfe begraben worden war. Aber in den Weheruf verwaister Familien mischte sich ein andres minder achtungswerthes Geschrei. Alle Die, welche gern Neuigkeiten hörten und wiedererzählten, schmähten den General, der ihnen so wenig Neuigkeiten zu hören und zu erzählen gab. Diese Art Leute haben eine solche Sucht nach Aufregung, daß sie viel eher einem Feldherrn verzeihen, der eine Schlacht verliert, als einem, der eine Schlacht ablehnt. Die Politiker, welche ihre Orakelsprüche im dicksten Tabaksrauche bei Garroway von sich gaben, fragten, ohne weder vom Kriege im allgemeinen noch von dem irischen Kriege im besondern das Geringste zu verstehen, sehr ernsthaft, warum Schomberg denn nicht losschlage. Daß er sein Handwerk nicht verstehe, wagten sie nicht zu sagen. Er sei ohne Zweifel ein vortrefflicher Offizier, aber er sei sehr alt. Er trage die Last seiner Jahre zwar mit Ehren, aber seine Geisteskräfte seien nicht mehr das was sie früher gewesen; sein Gedächtniß werde schwach und Jedermann wisse, daß er zuweilen am Nachmittag vergessen habe, was er am Vormittag gethan. Es dürfte wohl schwerlich je einen Menschen gegeben haben, dessen Geist im achtzigsten Lebensjahre noch eben so frisch und lebendig gewesen wäre als im vierzigsten; daß aber Schomberg's Geisteskräfte durch die Jahre wenig geschwächt waren, das beweisen zur Genüge seine Depeschen, welche noch existiren und Muster von officieller Schreibweise sind: abgerundet, klar, voll bedeutender Facta und gewichtiger Gründe und in die möglichst geringe Wortzahl zusammengedrängt.
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Das Haus der Gemeinen dankte ihm für seine Dienste und er erhielt sprechende Beweise von der Gunst der Krone. Er war nicht bei der Krönung gewesen und hatte daher keinen Theil an den Belohnungen gehabt, welche bei Gelegenheit dieser Feierlichkeit unter die Hauptactoren der Revolution vertheilt worden waren. Dies wurde jetzt nachgeholt und er zum Earl von Torrington erhoben. Der König begab sich nach Portsmouth, speiste an Bord des Admiralschiffes, sprach sein vollstes Vertrauen zu der Tapferkeit und Loyalität der Flotte aus, schlug zwei tüchtige Kapitains, Cloudesley Shovel und Johann Ashby, zu Rittern und ließ ein Geschenk unter die Mannschaften vertheilen.[69] Torrington's schlechte Verwaltung. Wir können Wilhelm keinen begründeten Vorwurf deshalb machen, daß er eine hohe Meinung von Torrington hatte, denn Torrington galt allgemein für einen der tapfersten und geschicktesten Offiziere der Flotte. Jakob, der die Marineangelegenheiten besser verstand als irgend etwas Andres, hatte ihn zum Contreadmiral von England befördert. Diesen Posten, wie noch andere einträgliche Stellen hatte Torrington aufgegeben, als er sah, daß er sie nur behalten konnte, wenn er sich zum Werkzeug der jesuitischen Cabale hergab. Niemand hatte eine thätigere, gewagtere und nützlichere Rolle in der Revolution gespielt als er. Daher schien Niemand gegründeteren Anspruch darauf zu haben, an die Spitze der Marineverwaltung gestellt zu werden. Und doch eignete sich Niemand weniger für einen solchen Posten. Seine Moralität war stets locker, ja so locker gewesen, daß die Festigkeit, mit der er unter der vorigen Regierung seinem Glauben treu blieb, großes Erstaunen erregt hatte. Seine ruhmvolle Ungnade schien zwar einen heilsamen Einfluß auf seinen Character ausgeübt zu haben, denn in seiner Armuth und Verbannung erhob sich der Wüstling zu einem Helden. Sobald aber das Glück wiederkehrte, sank der Held wieder zum Wüstling herab, und dieser Fall war tief und hoffnungslos. Die Fäden seines Geistes, welche auf kurze Zeit straffer angespannt gewesen, waren jetzt durch das Laster dermaßen erschlafft, daß er zur Selbstverleugnung oder zu einer angestrengten Thätigkeit vollkommen unfähig war. Den rohen Muth des Seemanns besaß er wohl noch, aber als Admiral wie als erster Lord der Admiralität war er durchaus ungenügend. Monat auf Monat lag die Flotte, welche der Schrecken der Meere hätte sein sollen, unthätig im Hafen, während er sich in London amüsirte. Die Matrosen gaben ihm in spöttelnder Anspielung auf seinen neuen Titel den Namen Tarry-in-town.[70] Als er endlich an Bord kam, war er von einem Schwarme von Courtisanen begleitet.
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Es gab kaum eine Stunde des Tages wie der Nacht, wo er frei von den Dünsten des Claret gewesen wäre. Sein unersättlicher Hang zum Vergnügen machte ihn naturgemäß auch unersättlich nach Reichthum. Doch liebte er die Schmeichelei fast eben so sehr als Reichthum und Vergnügen. Er war seit langer Zeit gewohnt, von seinen Untergebenen die kriechendsten Huldigungen zu verlangen. Sein Admiralschiff war ein kleines Versailles. Er erwartete, daß seine Kapitains sich sowohl des Abends, wenn er zu Bett ging, als auch des Morgens beim Aufstehen in seiner Kajüte versammelten; ja er ließ sich sogar von ihnen ankleiden. Der Eine kämmte ihm seine wallende Perrücke, ein Andrer stand mit dem gestickten Rocke bereit. Unter einem solchen Befehlshaber konnte von Disciplin nicht die Rede sein. Seine Theerjacken verbrachten ihre Zeit in Saus und Braus unter dem Pöbel von Portsmouth, und diejenigen Offiziere, die sich durch Servilität und Speichelleckerei seine Gunst erworben hatten, erhielten leicht Urlaub und blieben wochenlang in London, wo sie in den Wirthshäusern schwelgten, durch die Straßen schlenderten oder den maskirten Damen im Theater den Hof machten. Die Proviantlieferanten merkten bald, mit wem sie es zu thun hatten und schickten der Flotte Fässer Fleisch, das kein Hund angerührt haben würde, und Tonnen Bier, das schlimmer roch als fauliges Wasser. Währenddem war der britische Kanal den französischen Seeräubern preisgegeben. Unsere Kauffahrteischiffe wurden angesichts der Wälle von Plymouth gekapert; die Zuckerflotte aus Westindien verlor sieben Schiffe. Der Gesammtwerth der Prisen, welche in unmittelbarer Nähe unsrer Insel von den Kreuzern des Feindes weggenommen wurden, während Torrington sich mit seiner Flasche und seinem Harem beschäftigte, wurde auf sechsmalhunderttausend Pfund Sterling geschätzt. Das Geleit eines Kriegsschiffes war, außer wenn man große Summen auf Bestechung verwendete, so schwer zu erlangen, daß unsere Kaufleute sich gezwungen sahen, zu diesem Zwecke holländische Kaper zu miethen, die sie weit nützlicher und minder geldgierig fanden, als die Offiziere unsrer eignen königlichen Flotte.[71] Die festländischen Angelegenheiten. Das einzige Departement, an dem sich nichts aussetzen ließ, war das der Auswärtigen Angelegenheiten. Hier war Wilhelm sein eigner Minister, und wo er sein eigner Minister war, da gab es keine Verzögerungen, keine Mißgriffe, keine Betrügereien und Verräthereien. Die Schwierigkeiten, mit denen er zu kämpfen hatte, waren jedoch groß. Selbst im Haag stieß er auf einen Widerstand, den seine ganze Klugheit und Festigkeit, unterstützt durch Heinsius' kräftigen Beistand, kaum zu bewältigen vermochte.
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Die Engländer ahneten nicht, daß, während sie über die Parteilichkeit ihres Souverains für sein Geburtsland murrten, eine starke Partei in Holland über seine Parteilichkeit für sein Adoptivvaterland murrte. Die holländischen Gesandten zu Westminster beschwerten sich darüber, daß die Allianzbedingungen welche er vorschlug, erniedrigend für die Würde und nachtheilig für die Interessen der Republik seien, daß er überall wo die Ehre der englischen Flagge ins Spiel komme, übertrieben streng und obstinat sei; daß er peremtorisch auf einem Artikel bestehe, der allen Handelsverkehr mit Frankreich verbiete und der an der amsterdamer Börse schmerzlich empfunden werden müsse; daß er, als sie die Hoffnung ausgesprochen, daß die Navigationsacte aufgehoben werden würde, in ein Gelächter ausgebrochen sei und ihnen gesagt habe, daran sei nicht zu denken. Er setzte alle seine Bedingungen durch und es wurde ein feierlicher Vertrag geschlossen, durch den England und der batavische Bund sich verpflichteten, fest zu einander gegen Frankreich zu halten und nur mit beiderseitigem Einverständniß Frieden zu schließen. Aber einer der holländischen Bevollmächtigten erklärte, daß er fürchte, dereinst als Verräther betrachtet zu werden, weil er soviel zugestanden habe, und die Unterschrift eines andren verrieth deutlich, daß sie mit vor innerer Bewegung zitternder Hand geschrieben worden war.[72] Inzwischen war unter Wilhelm's geschickter Leitung ein Allianzvertrag zwischen den Generalstaaten und dem Kaiser geschlossen worden. Spanien und England traten diesem Tractate bei, und so waren die vier Großmächte, welche schon längst durch ein freundschaftliches Einverständniß mit einander verbunden gewesen, durch einen förmlichen Vertrag an einander gekettet.[73] Bevor aber dieser förmliche Vertrag unterzeichnet und besiegelt war, standen alle contrahirenden Theile unter den Waffen. Zu Anfang des Jahres 1689 wüthete der Krieg über dem ganzen Kontinent vom Hämus bis zu den Pyrenäen. Das von allen Seiten zu gleicher Zeit angegriffene Frankreich vertheidigte sich auf allen Seiten nachdrücklich, und seine türkischen Alliirten gaben einer großen deutschen Truppenmacht in Serbien und Bulgarien vollauf zu thun. Im Ganzen genommen waren die Resultate der militärischen Operationen des Sommers den Verbündeten nicht ungünstig. Jenseit der Donau erfochten die Christen unter dem Prinzen Ludwig von Baden eine Reihe von Siegen über die Muselmänner. In den Gebirgen von Roussillon kämpften die französischen Truppen ohne irgend einen entscheidenden Vortheil gegen das kriegerische Landvolk Cataloniens. Eine deutsche Armee unter Anführung des Kurfürsten von Baiern hielt das Erzbisthum Cöln besetzt.
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Eine andre wurde von Karl, Herzog von Lothringen, befehligt, einem Fürsten, der, nachdem die Waffen Frankreich's ihn aus seinen Landen vertrieben, ein Soldat des Zufalls geworden war und als solcher sowohl Auszeichnung erlangt als auch Rache geübt hatte. Er marschirte gegen die Verwüster der Pfalz, zwang sie sich über den Rhein zurückzuziehen und nahm nach einer langen Belagerung die wichtige und stark befestigte Stadt Mainz. Zwischen der Sambre und der Maas standen die Franzosen unter Anführung des Marschalls Humieres den Holländern gegenüber, welche der Fürst von Waldeck commandirte, ein Offizier, der den Generalstaaten lange mit Treue und Umsicht, wenn auch nicht immer mit besonderem Glück gedient hatte und den Wilhelm sehr hoch schätzte. Unter Waldeck's Befehlen diente Marlborough, dem Wilhelm eine aus den besten Regimentern der alten Armee Jakob's bestehende englische Brigade anvertraut hatte. Der Zweite nach Marlborough im Commando wie auch in militärischer Geschicklichkeit war Thomas Talmash, ein wackerer Soldat, aber zu einem Schicksale bestimmt, dessen man sich nicht ohne Beschämung und Unwillen erinnern kann. Gefecht bei Walcourt. Es kam zwischen der Armee Waldecks und der Armee Humieres' zu keiner allgemeinen Schlacht; aber in einer Reihe von Gefechten war der Vortheil auf Seiten der Verbündeten. Das bedeutendste von diesen Gefechten fand am 5. August bei Walcourt statt. Die Franzosen griffen einen von der englischen Brigade vertheidigten Vorposten an, wurden aber nachdrücklich zurückgeschlagen, und mußten sich mit Verlust einiger Feldstücke und mehr als sechshundert Todten zurückziehen. Marlborough benahm sich bei dieser wie bei jeder ähnlichen Gelegenheit als ein tapferer und geschickter Offizier. Die von Talmash commandirten Coldstreamgarden und das Regiment, welches jetzt das 16. der Linie heißt, unter dem Commando des Obersten Robert Hodges, zeichneten sich besonders aus. Auch das Regiment Royal, das wenige Monate früher in Ipswich die Fahne der Empörung aufgepflanzt, bewies an diesem Tage, daß Wilhelm eben so weise als großmüthig gehandelt hatte, indem er dieses schwere Vergehen vollständig verzieh. Das Zeugniß, welches Waldeck in seinen Depeschen dem tapferen Benehmen der Insulaner ausstellte, wurde von ihren Landsleuten mit Entzücken gelesen. Das Gefecht war zwar nichts weiter als ein Scharmützel, aber ein heißes und blutiges Scharmützel. Seit Menschengedenken hatte kein so ernster Zusammenstoß zwischen Engländern und Franzosen stattgefunden, und unsere Vorfahren waren natürlich nicht wenig stolz, als sie sahen, daß viele Jahre der Unthätigkeit und Vasallenschaft den Muth der Nation nicht geschwächt zu haben schienen.[74] Anschuldigungen gegen Marlborough.
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Die Jakobiten fanden jedoch in dem Verlaufe des Feldzugs reichen Stoff zu Schmähungen. Marlborough war, nicht ohne Grund, der Gegenstand ihres erbittertsten Hasses. An seinem Benehmen auf dem Schlachtfelde konnte selbst die Böswilligkeit wenig auszusetzen finden; andere Seiten seines Verhaltens aber boten dem bösen Leumund ein ergiebiges Feld dar. Der Geiz ist selten das Laster eines jungen Mannes, und eben so selten das eines großen Mannes; Marlborough aber war einer von den Wenigen, die das Geld in der Blüthe der Jugend mehr als Wein oder Weiber, und auf dem Gipfel der Größe mehr als Macht oder Ruhm liebten. Alle die herrlichen Gaben, welche die Natur an ihn verschwendet, schätzte er hauptsächlich wegen des Gewinns, den sie ihm eintrugen. Im zwanzigsten Jahre zog er Nutzen aus seiner Jugend und Körperkraft, als Sechziger zog er Nutzen aus seinem Genie und seinem Ruhm. Der Beifall, der seinem Benehmen bei Walcourt mit Recht gebührte, konnte die Stimmen Derer nicht ganz übertäuben, welche munkelten, daß dieser Held, wo es ein Goldstück zu ersparen oder zu verdienen gebe, ein bloßer Euklio, ein bloßer Harpagon sei, daß er, obgleich er unter dem Vorgeben, offene Tafel zu halten, einen bedeutenden Gehalt beziehe, doch niemals einen Offizier zu Tische einlade, daß seine Musterrollen betrügerisch abgefaßt seien, daß er für Leute, welche längst nicht mehr lebten, für Leute, die vor vier Jahren vor seinen eigenen Augen bei Sedgemoor gefallen seien, die Löhnung in seine Tasche stecke, daß sich in der einen Truppe zwanzig, in einer andren sechsunddreißig solcher Namen befänden. Nur die Vereinigung von furchtlosem Muth und imponierenden Geistesgaben mit einem leutseligen Wesen und gewinnenden Manieren habe es ihm möglich gemacht, sich trotz seiner höchst unsoldatischen Fehler die Zuneigung seiner Soldaten zu erwerben und zu erhalten.[75] Alexander VIII. folgt Innocenz XI. auf dem päpstlichen Stuhle. Um die Zeit, wo die in allen Theilen Europa's kämpfenden Armeen ihre Winterquartiere aufsuchten, bestieg ein neuer Papst den Stuhl St. Peter's. Innocenz XI. war nicht mehr. Er hatte ein sonderbares Schicksal gehabt. Seine gewissenhafte und innige Anhänglichkeit an die Kirche, deren Oberhaupt er war, hatte ihn in einem der kritischesten Momente ihrer Geschichte bestimmt, sich mit ihren Todfeinden zu verbünden. Die Nachricht von seinem Ableben wurde daher, von den protestantischen Fürsten und Republiken mit Schmerz und Besorgniß, in Versailles und Dublin mit Freude und Hoffnung aufgenommen.
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Ludwig schickte augenblicklich einen außerordentlichen Gesandten hohen Ranges nach Rom und die in Avignon liegende französische Garnison wurde zurückgezogen. Als die Stimmen des Conclaves sich zu Gunsten Peter Ottobuoni's geeinigt hatten, eines ehemaligen Cardinals, der den Namen Alexander VIII. annahm, wohnte der Vertreter Frankreichs der Einsetzung bei, trug die Schleppe des neuen Papstes und überreichte Seiner Heiligkeit ein Schreiben, in welcher der Allerchristlichste König erklärte, daß er dem schmachvollen Vorrechte, Räuber und Mörder zu beschützen entsage. Alexander drückte den Brief an seine Lippen, umarmte den Ueberbringer und sprach mit Entzücken von der nahen Aussicht auf Versöhnung. Ludwig begann sich der Hoffnung hinzugeben, daß der Vatikan seinen Einfluß dazu anwenden werde, die Allianz zwischen dem Hause Oesterreich und dem ketzerischen Usurpator des englischen Thrones aufzulösen. Jakob war sogar noch sanguinischer. Er war thöricht genug zu hoffen, daß der neue Papst ihm Geld geben werde, und befahl Melfort, der sich jetzt seiner Mission in Versailles entledigt hatte, nach Rom zu eilen und Se. Heiligkeit um eine Beisteuer zu dem guten Werke der Aufrechthaltung der wahren Religion auf den britischen Inseln zu bitten. Aber es zeigte sich bald, daß Alexander, obwohl er eine andre Sprache führte als sein Vorgänger, doch entschlossen war, im Wesentlichen der Politik seines Vorgängers zu folgen. Die Grundursache des Zerwürfnisses zwischen dem heiligen Stuhle und Ludwig war nicht beseitigt. Der König ernannte noch immer Prälaten, der Papst verweigerte noch immer ihre Anerkennung, und die Folge davon war, daß ein Viertheil der Diöcesen Frankreich's Bischöfe hatten, welche nicht befugt waren, irgend eine bischöfliche Amtshandlung zu verrichten.[76] Der Klerus der Hochkirche über die Angelegenheit der Eide gespalten. Die anglikanische Kirche war um diese Zeit nicht minder durch Spaltungen zerrissen als die gallikanische Kirche. Der 1. August war durch ein Parlamentsedict als der Tag festgesetzt, bis zu welchem alle Pfarrgeistlichen und alle ein akademisches Amt bekleidenden Personen bei Strafe der Suspension Wilhelm und Marien den Unterthaneneid schwören mußten. Während der ersten Hälfte des Sommers hofften die Jakobiten, die Zahl der Nichtschwörenden werde bedeutend genug sein, um die Regierung zu beunruhigen und in Verlegenheit zu setzen. Diese Hoffnung aber wurde getäuscht. Es gab zwar nur wenige Whigs unter der Geistlichkeit, und nur wenige waren Tories jener gemäßigten Schule, welche mit Widerstreben und Vorbehalt anerkannte, daß große Mißbräuche eine Nation zuweilen berechtigen könnten, zu extremen Mitteln zu greifen.
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Die große Mehrheit des Standes hielt noch immer an dem Prinzip des passiven Gehorsams fest, aber diese Mehrheit war jetzt in zwei Theile gespalten. Eine Frage, welche vor der Revolution lediglich Sache der Spekulation gewesen und daher, wenn sie auch zuweilen gelegentlich in Anregung kam, von den Meisten nur sehr oberflächlich behandelt worden war, hatte jetzt eine hohe praktische Bedeutsamkeit erlangt. Das Prinzip des passiven Gehorsams als feststehend angenommen, wem gebührte dieser Gehorsam? So lange das erbliche Recht mit dem Besitz verbunden gewesen war, war kein Zweifel möglich; aber das erbliche Recht und der Besitz waren jetzt getrennt. Ein durch die Revolution auf den Thron erhobener Fürst regierte zu Westminster, gab Gesetze, ernannte Justizbeamte und Prälaten und sandte Armeen und Flotten aus. Seine Richter entschieden Rechtsfälle, seine Sheriffs verhafteten Schuldner und bestraften Verbrecher; ohne sein großes Siegel würden Gerechtigkeit, Ordnung, Eigenthum aufgehört haben zu existiren und die Gesellschaft in einen chaotischen Zustand gerathen sein. Ein andrer, durch die Revolution abgesetzter Fürst lebte im Auslande. Er konnte keines der Rechte eines Regenten ausüben und keine der Pflichten eines Regenten erfüllen und konnte, wie es schien, nur durch eben so gewaltsame Mittel als durch die er vertrieben worden war, wieder eingesetzt werden. Welchem von diesen beiden Fürsten schuldeten die Christen nun Gehorsam? Argumente für Leistung der Eide. Ein großer Theil der Geistlichkeit war der Meinung, daß der klare Wortlaut der Schrift ihnen gebiete, sich dem im factischen Besitz des Thrones befindlichen Souverain zu unterwerfen, ohne nach seinem Recht auf diesen Thron zu fragen. Die Obrigkeiten, von denen der Apostel in dem den anglikanischen Theologen jener Zeit genau bekannten Evangelium sagt, daß sie von Gott eingesetzt seien, sind nicht diejenigen welche auf einen rechtmäßigen Ursprung zurückgeführt werden können, sondern die eben bestehenden. Als Jesus gefragt wurde, ob das auserwählte Volk Cäsar rechtmäßigerweise Tribut zahlen dürfe, antwortete er mit der Frage, nicht ob Cäsar einen von dem alten Königshause Juda abgeleiteten Stammbaum aufweisen könnte, sondern ob das Geldstück, das die Fragenden an den Schatz Cäsars zu zahlen Bedenken trugen, aus Cäsar's Münze komme, mit anderen Worten, ob Cäsar thatsächlich die Autorität eines Herrschers besitze und die Functionen eines solchen ausübe.
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Es wird gewöhnlich, und mit vielem Anschein von Begründung, angenommen, daß der zuverlässigste Commentar zu dem Text der Evangelien und Episteln sich in der Praxis der ersten Christen findet, so weit diese Praxis genügend zu ermitteln ist, und gerade jene Zeiten, zu welchen die Kirche sich allgemein anerkanntermaßen im Zustande der höchsten Reinheit befand, waren Zeiten häufiger und heftiger politischer Umgestaltungen. Einer der Apostel wenigstens erlebte es, daß binnen wenig mehr als einem Jahre vier Kaiser gestürzt wurden. Von den Märtyrern des 3. Jahrhunderts muß sich ein großer Theil zehn bis zwölf Revolutionen haben erinnern können. Diese Märtyrer müssen oft in der Lage gewesen sein zu erwägen, welche Pflichten sie gegen einen Fürsten hatten, der so eben durch einen mit Erfolg gekrönten Aufstand zur Macht gelangt war. Daß sie allesammt durch die Furcht vor Strafe abgehalten worden seien das zu thun, was sie für Recht hielten, ist eine Beschuldigung, welche nicht einmal ein rechtschaffener Ungläubiger auf sie werfen wird. Wenn indessen irgend eine Behauptung in Bezug auf die ersten Christen mit völliger Gewißheit aufgestellt werden kann, so ist es die, daß sie nie und nimmer einem factischen Regenten wegen der Unrechtmäßigkeit seines Titels den Gehorsam verweigerten. Einmal wurde sogar die höchste Gewalt von zwanzig bis dreißig Rivalen beansprucht. Jede Provinz von Britannien bis Egypten hatte ihren Augustus. Diese Prätendenten konnten natürlich nicht alle rechtmäßige Kaiser sein. Dennoch finden wir nirgends etwas erwähnt, daß die Gläubigen an irgend einem Orte das geringste Bedenken getragen hätten, sich der Person zu unterwerfen, welche an diesem Orte die kaiserlichen Functionen ausübte. Während die Christen von Rom Aurelian gehorchten, gehorchten die Christen von Lyon Tetrikus und die Christen von Palmyra der Zenobia. »Tag und Nacht,« -- waren die Worte, welche der große Cyprian, Bischof von Karthago, an den Repräsentanten Valerian's und Gallienus richtete, -- »Tag und Nacht beten wir Christen zu dem einen wahren Gott für das Wohl unserer Kaiser.« Und doch hatten diese Kaiser einige Monate vorher ihren Vorgänger Aurelianus gestürzt, der seinen Vorgänger Gallus gestürzt hatte; dieser hatte auf den Trümmern des Hauses seines Vorgängers Decius den Gipfel der Macht erstiegen, Decius hatte seinen Vorgänger Philipp und dieser seinen Vorgänger Gordianus erschlagen.
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Konnte man glauben, daß ein Heiliger, der in dem kurzen Zeitraum von dreizehn bis vierzehn Jahren dieser Reihe von Rebellen und Königsmördern unverbrüchliche Unterthanentreue bewahrt hatte, lieber eine Spaltung in der Christenheit hervorgerufen, als König Wilhelm und Königin Marien anerkannt haben würde? Hundertmal forderten diejenigen anglikanischen Geistlichen, welche die Eide geleistet hatten, ihre skrupulöseren Amtsbrüder auf, ihnen ein einziges Beispiel anzuführen, daß die ursprüngliche Kirche einem glücklichen Usurpator den Gehorsam verweigert hätte, und hundertmal wich man der Aufforderung aus. Die Eidverweigerer konnten über diesen Punkt weiter nichts sagen, als daß Präcedenzfälle Prinzipien gegenüber kein Gewicht hätten, eine Behauptung, die sehr sonderbar klang aus dem Munde einer Schule, welche stets eine fast abergläubische Ehrfurcht vor der Autorität der Kirchenväter an den Tag gelegt hatte.[77] Präcedenzfälle aus späteren und verderbteren Zeiten verdienten wenig Beachtung. Aber selbst in der Geschichte späterer und verderbterer Zeiten konnten die Eidverweigerer nicht leicht einen ihrem Zwecke dienenden Präcedenzfall finden. In unsrem eignen Lande hatten viele Könige, die kein erbliches Recht hatten, auf dem Throne gesessen, aber es war nie für unvereinbar mit der Pflicht eines Christen gehalten worden, ein treuer Vasall dieser Könige zu sein. Die Usurpation Heinrich's IV., die noch abscheulichere Usurpation Richard's III. hatten kein Schisma in der Kirche hervorgerufen. Sobald der Usurpator auf seinem Throne fest saß, hatten Bischöfe ihm für ihre Grundbesitzungen gehuldigt; Convocationen hatten Adressen an ihn gerichtet und ihm Gelder bewilligt, und kein Casuist hatte jemals behauptet, daß diese Unterwerfung unter einen sich im factischen Besitze der Macht befindenden Fürsten eine Todsünde sei.[78] Mit der Verfahrungsweise der ganzen christlichen Welt stand die Autoritätslehre der englischen Kirche unverkennbar in genauem Einklange. Die Homilie über vorsätzliche Empörung, eine Predigt, welche in maßlosen Ausdrücken die Pflicht des Gehorsams gegen Regenten einschärft, spricht nur von factischen Regenten. Es wird sogar in dieser Homilie den Leuten gesagt, daß sie nicht nur ihrem rechtmäßigen Landesherrn, sondern auch jedem Usurpator, den Gott in seinem Zorne ihrer Sünden halber über sie setzen werde, zu gehorchen verpflichtet seien. Es würde gewiß der höchste Grad von Ungereimtheit sein, wollte man behaupten, daß wir diejenigen Usurpatoren, welche Gott im Zorne sendet, unterwürfig hinnehmen, solchen aber, die er uns in Gnaden sendet, den Gehorsam beharrlich verweigern müßten.
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Zugegeben es war ein Verbrechen, den Prinzen von Oranien nach England einzuladen, ein Verbrechen sich ihm anzuschließen, ein Verbrechen ihn zum König zu machen, was war die ganze Geschichte der jüdischen Nation und der christlichen Kirche Andres als eine Reihenfolge von Fällen, in denen die Vorsehung aus Bösem Gutes hervorgehen ließ? Und welcher Theolog wird behaupten, daß wir in solchen Fällen aus Abscheu vor dem Bösen das Gute von uns weisen müßten? Aus diesen Gründen waren eine große Anzahl Geistliche, welche noch an dem Prinzipe festhielten, daß Widersetzlichkeit gegen den Souverain jederzeit sündhaft sein müsse, der Ansicht, daß Wilhelm jetzt der Souverain sei, dem sich zu widersetzen eine Sünde sein würde. Argumente gegen die Eidesleistung. Auf diese Argumentation entgegneten die Eidverweigerer, daß der Apostel Paulus unter den bestehenden Obrigkeiten die bestehenden _rechtmäßigen_ Obrigkeiten gemeint haben müsse und daß es dem gesunden Verstande ins Gesicht schlagen, die Religion schänden, den schwachen Gläubigen Aergerniß und den Spöttern Anlaß zum Triumphiren geben heißen würde, wollte man seine Worte anders deuten. Die Gefühle der ganzen Menschheit müßten sich gegen die Behauptung empören, daß, sobald ein König, wäre sein Recht auf den Thron noch so klar und seine Verwaltung noch so weise und gut, durch Verräther vertrieben sei, alle seine Diener ihn verlassen und zu seinen Feinden übergehen müßten. Zu allen Zeiten und bei allen Nationen sei treue Anhänglichkeit an eine gute Sache im Unglück als eine Tugend betrachtet worden. Zu allen Zeiten und bei allen Nationen sei der Politiker, der sich immer zu der Partei geschlagen, welche die Oberhand gehabt, verachtet worden. Dieser neue Toryismus sei schlimmer als Whiggismus. Die Bande der Unterthanentreue zerreißen, weil der Souverain ein Tyrann sei, das sei unstreitig eine große Sünde; aber es sei eine Sünde, für die sich milde Bezeichnungen und plausible Vorwände finden ließen und in welche ein braver und hochherziger Mann, der nicht in der göttlichen Wahrheit unterrichtet und durch göttliche Gnade beschützt sei, leicht verfallen könne. Aber alle Bande der Unterthanentreue blos deshalb zu zerreißen, weil der Souverain unglücklich sei, das sei nicht nur schlecht, sondern gemein.
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Könne ein Ungläubiger die heilige Schrift ärger beschimpfen, als durch die Behauptung, daß die heilige Schrift den Christen etwas als eine geheiligte Pflicht vorschreibe, was der natürliche Verstand die Heiden als den höchsten Grad der Schlechtigkeit zu betrachten gelehrt habe? In der Schrift finde sich die Geschichte eines Königs von Israel, der durch einen unnatürlichen Sohn aus seinem Palaste vertrieben und gezwungen worden sei, über den Jordan zu fliehen. David habe, wie Jakob, das Recht, Absolom, wie Wilhelm, den factischen Besitz gehabt. Würde ein Schriftforscher zu behaupten wagen, daß Simei's Benehmen bei dieser Gelegenheit als ein Muster zur Nachahmung hingestellt sei und daß Barsillai, der treu zu seinem flüchtigen Gebieter gehalten, sich gegen die Vorschrift Gottes aufgelehnt und Verdammniß auf sich gezogen habe? Würde ein wahrer Sohn der Kirche England's im Ernst behaupten, daß ein Mann, der bis nach der Schlacht von Naseby ein entschiedener Royalist war, dann zum Parlament überging, sobald das Parlament auseinandergesprengt war, ein willfähriger Diener des Rumpfes wurde und sobald der Rumpf vertrieben war, sich für einen treuen Unterthan des Protectors erklärte, die Achtung der Christen mehr verdiene, als der standhafte alte Cavalier, der Karl I. im Gefängniß und Karl II. im Exil unerschütterlich treu blieb und der bereit war, eher Grundbesitz, Freiheit und Leben zu wagen als durch Wort oder That die Autorität einer der plötzlich aufgetauchten Regierungen anzuerkennen, welche in jener schlimmen Zeit in den Besitz einer Macht gelangt waren, die ihnen von Rechtswegen nicht gebührte? Und welcher Unterschied sei zwischen diesem und dem jetzt vorliegenden Falle? Daß Cromwell thatsächlich eben so viel Macht, ja weit mehr Macht als Wilhelm besessen habe, sei ausgemacht, und daß Wilhelm's Macht so gut wie Cromwell's Macht illegitimen Ursprungs sei, werde kein Geistlicher, der dem Prinzip des Nichtwiderstandes huldige, bestreiten. Wie könne denn ein solcher Geistlicher leugnen, daß Cromwell Gehorsam gebührt habe, und doch behaupten, daß Wilhelm solcher gebühre? Wollte man annehmen, daß eine solche Inconsequenz ohne Unredlichkeit existiren könne, so sei das nicht Nachsicht sondern Schwäche. Diejenigen welche entschlossen seien, sich der Parlamentsacte zu fügen, würden besser thun, wenn sie sich offen darüber aussprächen und sagten was Jedermann schon wisse: daß sie sich nur deshalb fügten, um ihre Pfründen zu behalten. Allerdings sei dies ein sehr starker Beweggrund. Daß ein Geistlicher, der Gatte und Vater sei, dem 1. August und 1. Februar mit ängstlicher Besorgniß entgegensehe, sei natürlich.
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Aber er solle nicht vergessen, daß, wie schrecklich auch der Tag der Suspension und der Tag der Amtsentsetzung sein möge, zuverlässig zwei andere noch schrecklichere Tage kommen würden: der Tag des Todes und der Tag des jüngsten Gerichts.[79] Die schwörenden Geistlichen, wie man sie nannte, waren nicht wenig betroffen über dieses Raisonnement. Nichts setzte sie mehr in Verlegenheit als die Parallele, welche die Eidverweigerer mit unermüdlicher Beharrlichkeit zwischen der Usurpation Cromwell's und der Usurpation Wilhelm's zogen. Denn es gab damals keinen Hochkirchlichen, der es nicht für eine Ungereimtheit gehalten hätte, zu behaupten daß die Kirche ihren Söhnen befohlen habe, Cromwell zu gehorchen. Und doch war es unmöglich zu beweisen, daß Wilhelm vollständiger im Besitze der höchsten Gewalt sei, als Cromwell es gewesen. Die Schwörenden hüteten sich daher eben so sorgfältig, mit den Nichtschwörenden über diesen Punkt zu streiten, wie die Nichtschwörenden es vermieden, mit den Schwörenden über die Frage bezüglich der Praxis der frühesten Kirche zu streiten. Das Wahre ist, daß die Regierungstheorie, welche der Klerus seit langer Zeit lehrte, so unsinnig war, daß sie zu nichts als Unsinn führen konnte. Mochte der Priester, der dieser Theorie huldigte, die Eide leisten oder sie verweigern, er war in beiden Fällen nicht im Stande, eine vernünftige Erklärung seines Verfahrens zu geben. Schwor er, so konnte er dies nur durch Aufstellung von Behauptungen, gegen die sich jedes redliche Herz instinktmäßig empörte, nur durch die Erklärung rechtfertigen, daß Christus der Kirche befohlen habe, die gerechte Sache zu verlassen, sobald diese Sache aufhöre zu prosperiren, und die Hände der vom Glück begünstigten Schlechtigkeit gegen die bedrängte Tugend zu kräftigen. So gewichtig indessen die Einwürfe gegen diese Doctrin waren, die Einwürfe gegen die Doctrin des Nichtschwörenden waren wo möglich noch gewichtiger. Nach ihm mußte eine christliche Nation beständig entweder in einem Zustande von Knechtschaft oder in einem Zustande von Anarchie sein. Etwas läßt sich sowohl für den Menschen sagen, der die Freiheit opfert, um die Ordnung zu erhalten, als auch für den Menschen, der die Ordnung opfert, um die Freiheit zu erhalten. Denn Freiheit und Ordnung sind zwei der größten Segnungen, deren sich eine Gesellschaft erfreuen kann, und wenn sie sich unglücklicherweise als mit einander unverträglich herausstellen, da haben Diejenigen, welche die eine oder die andre Seite ergreifen, Anspruch auf große Nachsicht.
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Der Eidverweigerer aber opferte nicht die Freiheit der Ordnung, nicht die Ordnung der Freiheit auf, sondern Freiheit und Ordnung einem Aberglauben, der eben so einfältig und erniedrigend war als die Anbetung von Katzen und Zwiebeln bei den Egyptern. Wenn eine Person, die sich nur durch den Zufall der Geburt von anderen unterschied, auf dem Throne saß, mochte sie auch ein Nero sein, sollte kein Ungehorsam stattfinden; und wenn eine andre Person auf dem Throne saß, mochte sie auch ein Alfred sein, so sollte kein Gehorsam stattfinden. Es war gleichgültig, wie unvernünftig und schlecht die Verwaltung der Dynastie, welche das erbliche Recht hatte, oder wie weise und tugendhaft die Verwaltung einer aus einer Revolution hervorgegangenen Regierung sein mochte. Auch konnte keine Verjährungszeit gegen den Anspruch der vertriebenen Familie geltend gemacht werden. Der Zeitraum von Jahren, der Zeitraum von Jahrhunderten änderte nichts. Bis an das Ende der Welt mußten die Christen ihr politisches Verhalten einfach nach der Genealogie ihrer Landesherren reguliren. Das Jahr 1800, das Jahr 1900 könnte Fürsten, die ihre Rechtsansprüche von den Beschlüssen der Convention herleiteten, ruhig und glücklich regieren sehen. Gleichviel, sie blieben deshalb immer Usurpatoren, und wenn im 20. oder 21. Jahrhundert Jemand, der ein besseres Geblütsrecht auf die Krone nachweisen konnte, eine spätere Nachwelt auffordern sollte, ihn als König anzuerkennen, so mußte der Aufforderung bei Strafe ewiger Verdammniß Folge geleistet werden. Ein Whig konnte sich wohl über den Gedanken freuen, daß die unter seinen Gegner entstandenen Controversen die Richtigkeit seines politischen Glaubens festgestellt hatten. Die Streitenden, welche ihn lange übereinstimmend eines gottlosen Irrthums beschuldigt, hatten ihn jetzt wirksam gerechtfertigt und einander gegenseitig widerlegt. Der Hochkirchliche, der die Eide leistete, hatte durch unwiderlegliche Gründe aus den Evangelien und Episteln, aus der gleichmäßigen Praxis der ersten Kirche und aus den deutlichen Erklärungen der anglikanischen Kirche bewiesen, daß die Christen nicht in allen Fällen verpflichtet waren, dem Fürsten, der das erbliche Recht besaß, zu gehorchen. Der Hochkirchliche, der die Eide leisten wollte, hatte eben so befriedigend dargethan, daß die Christen nicht in allen Fällen verpflichtet seien, den Fürsten, welcher thatsächlich regierte, zu gehorchen. Daraus folgte, daß, um einer Regierung ein Recht auf die Treue der Unterthanen zu geben, etwas Andres erforderlich war, als bloße Legitimität oder bloßer Besitz. Was dieses Andre war wurde den Whigs nicht schwer zu sagen. Ihrer Ansicht nach war der Zweck, um dessen willen alle Regierungen eingesetzt worden, das Wohl der Gesellschaft.
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So lange der erste Beamte im Staate, mochte er auch einige Fehler haben, das Gute förderte, gebot die Vernunft den Menschen, ihm zu gehorchen und die Religion, welche dem Gebote der Vernunft ihre feierliche Sanction ertheilt gebot den Menschen, ihn als einen von Gott Gesandten zu verehren. Erwies er sich aber als ein Beförderer des Bösen, auf welche Gründe hin war er dann als ein von Gott Gesandter zu betrachten? Die Tories, welche die Eide leisteten, hatten bewiesen, daß er wegen des Ursprungs seiner Macht nicht als ein solcher zu betrachten sei; die Tories, welche nicht schwören wollten, hatten eben so klar bewiesen, daß er wegen der Existenz seiner Macht nicht als ein solcher zu betrachten sei. Einige heftige und hämische Whigs triumphirten mit Ostentation und rücksichtsloser Arroganz über die bestürzte und in sich uneinige Geistlichkeit. Den Eidverweigerer betrachteten sie im allgemeinen mit geringschätzendem Mitleid als einen einfältigen und verschrobenen, aber aufrichtigen Bigotten, dessen absurde Praxis seiner absurden Theorie entsprach und der die Verblendung, welche ihn antrieb, sein Vaterland zu ruiniren, damit entschuldigte, daß die nämliche Verblendung ihn getrieben habe, sich selbst zu ruiniren. Ihren schärfsten Tadel aber sparten sie für diejenigen Geistlichen auf, die jetzt bereit waren einem Usurpator Treue zu schwören, nachdem sie sich in den Tagen der Ausschließungsbill und des Ryehousecomplots durch ihren Eifer für das göttliche und unveräußerliche Recht des erblichen Souverains ausgezeichnet hatten. Sei dies der wahre Sinn der sublimen Phrasen, welche neunundzwanzig Jahre lang von unzähligen Kanzeln herab gepredigt worden? Hätten die Tausende von Geistlichen, die sich der unwandelbaren Loyalität ihres Standes so laut gerühmt, in Wirklichkeit nur gemeint, daß ihre Loyalität nur bis zum nächsten Glückswechsel unwandelbar bleiben solle. Es sei lächerlich, es sei unverschämt von ihnen, zu behaupten, daß Ihr gegenwärtiges Verfahren mit ihrer früheren Sprache in Einklang stehe. Wenn ein Ehrwürdiger Doctor endlich überzeugt worden sei, daß er im Unrecht gewesen, so müsse er doch gewiß durch einen offenen Widerruf den verfolgten, den verleumdeten, den gemordeten Vertheidigern der Freiheit jede noch mögliche Genugthuung geben. Sei er hingegen noch immer überzeugt, daß seine ersten Ansichten die richtigen seien, so müsse er mannhaft das Loos der Eidverweigerer theilen.
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Achtung gebühre sowohl Dem, der einen Irrthum offen eingestehe, wie auch dem, der für einen Irrthum muthig leide; schwerlich aber könne man einen Diener der Religion achten, der da behaupte, daß er es noch immer mit den Grundsätzen der Tories halte, und dabei seine Pfründe durch Ablegung eines Eides rette, welcher ehrenhafterweise nur nach den Grundsätzen der Whigs geleistet werden könne. Diese Vorwürfe mochten vielleicht nicht ganz ungerecht sein, aber sie waren unzeitig. Die vernünftigeren und gemäßigteren Whigs, welche einsahen, daß Wilhelm's Thron nicht feststehen könne, wenn er nicht eine breitere Basis habe als ihre eigne Partei, enthielten sich bei dieser Gelegenheit aller Spötteleien und Invectiven und trachteten danach die Bedenken der Geistlichen zu heben und ihre verletzten Gefühle zu beschwichtigen. Die Collectivmacht der Rectoren und Vikare England's war ungeheuer, und es war immer besser sie schwuren aus dem nichtigsten Grunde, den ein Sophist ersinnen konnte, als sie schwuren gar nicht. Die große Mehrheit des Klerus leistet die Eide. Es wurde bald klar, daß die Gründe für die Eidesleistung, unterstützt durch einige der stärksten Motive, welche auf den menschlichen Geist influiren können, überwogen hatten. Mehr als neunundzwanzig Dreißigstel des Standes fügten sich dem Gesetz. Die Mehrzahl der Geistlichen der Hauptstadt, welche damals eine besondere Klasse bildeten und die sich vor den Landgeistlichen ebensowohl durch freisinnige Ansichten wie durch Beredtsamkeit und Gelehrsamkeit auszeichneten, erklärten ihren Anschluß an die Regierung zuerst und mit allen Zeichen aufrichtiger Ergebenheit. Achtzig von ihnen begaben sich zusammen nach Westminster Hall und wurden daselbst vereidigt. Die Ceremonie nahm soviel Zeit weg, daß an diesem Tage beim Kanzleigericht und der Kings Bench wenig mehr vorgenommen wurde.[80] Im allgemeinen aber fügten sich die Geistlichen langsam und mit Unmuth. Allerdings opferten viele wissentlich ihre Grundsätze dem Eigennutze auf. Ihr Gewissen sagte ihnen, daß sie eine Sünde begingen. Aber sie besaßen nicht Characterstärke genug, um das Pfarrhaus, den Garten, das Landgütchen aufzugeben und in die Welt hinaus zu gehen, ohne zu wissen, wo sie eine Mahlzeit oder ein Obdach für sich und ihre Kleinen finden würden. Viele schwuren mit Zweifeln und bangen Vorahnungen.[81] Einige erklärten im Augenblicke der Eidabnahme, es sei nicht ihre Absicht zu versprechen, daß sie sich Jakob nicht unterwerfen würden, wenn er je in die Lage kommen sollte, den Unterthaneneid von ihnen zu verlangen.[82] Einige Geistliche im Norden waren am 1.
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August in Gesellschaft zur Eidesleistung aufgebrochen, als sie unterwegs die Nachricht von der Schlacht traf, welche vier Tage vorher in der Schlucht von Killiecrankie geschlagen worden war. Sie kehrten sofort um und verließen ihre Wohnungen zu dem nämlichen Zwecke nicht eher wieder als bis es klar war, daß Dundee's Sieg keine Veränderung in dem Stande der öffentlichen Angelegenheiten herbeigeführt hatte.[83] Selbst von Denen, welche fest überzeugt waren, daß der bestehenden Regierung Gehorsam gebühre, küßten nur sehr Wenige das Evangelium mit der Innigkeit, mit der sie früher Karl und Jakob Treue gelobt hatten. Doch die Sache war geschehen. Zehntausend Geistliche hatten feierlich den Himmel zum Zeugen ihres Versprechens angerufen, daß sie treue Unterthanen Wilhelm's sein wollten, und wenn auch dieses Versprechen ihn keineswegs zu der Erwartung berechtigte, daß sie ihn kräftig unterstützen würden, so hatte es ihnen doch einen großen Theil ihrer Macht, ihm zu schaden, entzogen. Wollten sie die öffentliche Achtung nicht verlieren, von der ihr Einfluß abhing, so durften sie den Thron Dessen, dem sie im Angesicht Gottes als ihrem Könige zu gehorchen gelobt hatten, nicht anders als indirect und mit ängstlicher Vorsicht angreifen. Einige von ihnen lasen allerdings die Gebete für das neue Herrscherpaar in einem eigenthümlichen Tone vor, der nicht mißverstanden werden konnte.[84] Andere ließen sich sogar noch ärgere Unanständigkeiten zu Schulden kommen. So leerte ein Elender unmittelbar nachdem er im feierlichsten Gottesdienste für Wilhelm und Marien gebetet, ein Glas auf ihr Verderben. Ein Andrer verzehrte an einem durch ihre Autorität angeordneten Fasttage nach dem Gottesdienste eine Taubenpastete und sprach beim Zerschneiden derselben den Wunsch aus, daß es das Herz des Usurpators sein möchte. Doch so freche Gottlosigkeit kam nur selten vor und schadete eher der Kirche als der Regierung.[85] Die Eidverweigerer. Die Anzahl der Geistlichen und Universitätsmitglieder, welche in die gesetzlichen Strafen verfielen, belief sich auf ungefähr vierhundert. In erster Reihe stand der Primas mit sechs seiner Suffragane: Turner von Ely, Lloyd von Norwich, Frampton von Gloucester, Lake von Chichester, White von Peterborough und Ken von Bath und Wells. Thomas von Worcester würde der siebente gewesen sein, aber er starb drei Wochen vor dem Tage der Suspension.
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Auf dem Sterbebette beschwor er seinen Klerus, der Sache des erblichen Rechts treu zu bleiben, und erklärte, daß diejenigen Geistlichen, welche zu beweisen versuchten, daß die Eide ohne Abweichung von den loyalen Doctrinen der englischen Kirche geleistet werden könnten, ihm jesuitischer zu raisonniren schienen als die Jesuiten selbst.[86] Ken. Ken, der in intellectueller wie in moralischer Hinsicht unter den nichtschwörenden Prälaten am höchsten stand, war lange unschlüssig. Es gab wenige Geistliche, die sich der neuen Regierung unbedenklicher hätten unterwerfen können als er. Denn zu den Zeiten, als Nichtwiderstand und passiver Gehorsam die Lieblingsthemata seiner Amtsbrüder waren, hatte er auf der Kanzel fast niemals auf die Politik angespielt. Er gab zu, daß die Argumente zu Gunsten des Schwörens sehr gewichtig seien, ja er ging sogar so weit, daß er sagte, seine Bedenken würden vollständig schwinden, wenn er überzeugt werden könne, daß Jakob sich zur Abtretung Irland's an den König von Frankreich verbindlich gemacht habe. Es ist daher augenscheinlich, daß der Unterschied zwischen Ken und den Whigs kein prinzipieller war. Er war, wie sie, der Ansicht, daß schlechte Verwaltung, wenn sie bis zu einem gewissen Punkte getrieben würde, eine Uebertragung der Lehnspflichtigkeit rechtfertige, und zweifelte nur, ob Jakob's schlechte Regierung diesen Punkt erreicht habe. Der gute Bischof begann sogar wirklich einen Hirtenbrief vorzubereiten, in welchem er seine Gründe für die Eidesleistung entwickelte. Noch ehe er aber damit zu Ende war, erhielt er eine Mittheilung, die ihn überzeugte, daß Irland nicht an Frankreich verkauft sei; eine Menge Zweifel stiegen nun wieder in ihm auf, er warf den unvollendeten Brief ins Feuer und bat seine minder skrupulösen Freunde, daß sie nicht weiter in ihn dringen möchten. Er sei gewiß, sagte er, daß sie aus aufrichtiger Ueberzeugung gehandelt hätten, es freue ihn, daß sie mit reinem Gewissen einen Schritt thun könnten, vor dem er zurückbebe, er fühle das ganze Gewicht ihrer Gründe, er sei fast überzeugt und er wolle nichts weiter hören, um nicht noch völlig überzeugt zu werden, denn wenn er sich fügte und seine Besorgnisse kehrten dann zurück, so würde er der unglücklichste Mensch von der Welt sein. Nicht für Schätze, nicht für einen Palast, nicht für einen Peerstitel möchte er sich der geringsten Gefahr aussetzen, jemals die Qualen der Reue zu empfinden.
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Es ist ein interessantes Factum, daß der einzige von den sieben Prälaten, dessen Name einen gewichtigen Klang hat, nahe daran war zu schwören und nach seinem eignen Eingeständniß nicht durch die Kraft von Vernunftgründen, sondern durch eine krankhafte Skrupulosität davon abgehalten wurde, die er Anderen nicht nachzuahmen rieth.[87] Unter den Priestern, welche die Eide verweigerten, befanden sich einige, die sich in der gelehrten Welt als Philologen, Chronologen, Canonisten und Alterthumsforscher, sowie eine sehr kleine Anzahl, die sich durch Geist und Beredtsamkeit auszeichneten; aber es kann kaum Einer angeführt werden, der im Stande gewesen wäre, eine wichtige Frage der Moral oder Politik zu erörtern, kaum Einer, dessen Schriften nicht entweder eine große Schwäche oder eine große Flüchtigkeit des Geistes verriethen. Diejenigen, welche auf das Urtheil eines Whig über diesen Punkt nichts geben, werden der Ansicht, welche viele Jahre nach der Revolution ein Philosoph aussprach, auf den die Tories mit Recht stolz sind, hoffentlich einiges Gewicht zugestehen. Johnson erklärte, nachdem er die berühmten Geistlichen, die es für eine Sünde gehalten, Wilhelm III. und Georg I. Treue zu schwören, der Reihe nach aufgezählt, daß unter diesen ganzen Eidverweigerern nur ein einziger gewesen sei, der ein logisches Raisonnement habe anstellen können.[88] Leslie. Der Eidverweigerer, zu dessen Gunsten Johnson diese Ausnahme machte, war Karl Leslie. Leslie war vor der Revolution Kanzler der Diöcese Connor in Irland gewesen. Er war in der Opposition gegen Tyrannei vorangegangen, hatte sich als Friedensrichter für Monoghan geweigert, einen Papisten als Sheriff dieser Grafschaft anzuerkennen, und hatte den Muth gehabt, einige Offiziere der irischen Armee wegen Maraudirens einsperren zu lassen, das Prinzip des Nichtwiderstandes aber, wie es die anglikanischen Theologen in den Tagen des Ryehousecomplots gelehrt, stand unerschütterlich fest in seinem Geiste. Als der Zustand von Ulster sich so gestaltete, daß ein Protestant, welcher dort blieb, es kaum vermeiden konnte, entweder ein Rebell oder ein Märtyrer zu werden, flüchtete Leslie nach London. Seine Talente und seine Connectionen waren von der Art, daß er leicht eine hohe Anstellung in der englischen Kirche hätte erlangen können. Aber er nahm seinen Platz in der vordersten Reihe der jakobitischen Partei und behauptete denselben durch alle Gefahren und Wechselfälle von dreiunddreißig unruhigen Jahren. Obgleich beständig mit Deisten, Juden, Socinianern, Presbyterianern, Papisten und Quäkern in theologische Streitigkeiten verwickelt, fand er doch noch Zeit und Muße, einer der productivsten politischen Schriftsteller seines Jahrhunderts zu werden.
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Von allen nichtschwörenden Geistlichen war er am besten befähigt, Verfassungsfragen zu besprechen, denn er hatte vor seiner Ordination lange im Temple gewohnt und die englische Geschichte und Rechtswissenschaft studirt, während die meisten anderen Häupter des Schismas über den Acten von Chalcedon gebrütet, oder in dem Targum des Onkelos nach Weisheit gesucht hatten.[89] Sherlock. Im Jahre 1689 jedoch war Leslie fast noch unbekannt in England. Unter den Geistlichen, welche am 1. August des genannten Jahres suspendirt wurden, stand Doctor Wilhelm Sherlock in der Achtung des Volks ohne Widerrede am höchsten. Kein einfacher Priester der englischen Kirche hat vielleicht je eine größere Autorität über seine Glaubensbrüder besessen als Sherlock sie zur Zeit der Revolution besaß. Er nahm als Gelehrter, als Prediger, als theologischer oder als politischer Schriftsteller zwar nicht den ersten Rang unter seinen Zeitgenossen ein, aber in allen diesen vier Eigenschaften hatte er sich ausgezeichnet. Die Klarheit und Lebendigkeit seines Styls sind von Prior und Addison gerühmt worden, und die Leichtigkeit mit der er schrieb, sowie sein Fleiß werden durch die Menge und durch die Jahrzahlen seiner Werke genugsam bewiesen. Es gab zwar unter dem Klerus Männer von glänzenderem Genie und von umfassenderer wissenschaftlicher Bildung, aber während einer langen Zeit gab es keinen, der den Priesterstand vollkommener repräsentirte, keinen, der ohne jeden Anflug von Latitudinarismus, Puritanismus oder Papismus die Ansicht der anglikanischen Priesterschaft über alle Gegenstände erschöpfender aussprach. In den Tagen der Ausschließungsbill, als die Macht der Dissenters im Parlament und im Lande sehr groß war, hatte er nachdrücklich gegen die Sünde des Nonconformirens geschrieben. Als das Ryehousecomplot entdeckt war, hatte er die Lehre vom Nichtwiderstande mit Wort und Schrift eifrig vertheidigt. Seine der Sache des Episkopats und der Monarchie geleisteten Dienste wurden so hoch geschätzt, daß er zum Vorsteher des Temple ernannt wurde. Auch wurde ihm von Karl eine Pension ausgesetzt, die ihm aber Jakob bald wieder entzog, denn obgleich Sherlock sich verpflichtet glaubte, der Civilgewalt passiven Gehorsam zu leisten, so glaubte er sich doch nicht minder verpflichtet religiöse Irrthümer zu bekämpfen und war der schärfste und rührigste unter dem Heere von Polemikern, welche am Tage der Gefahr den protestantischen Glauben mannhaft vertheidigten. In wenig mehr als zwei Jahren veröffentlichte er sechzehn Schriften gegen die hohen Prätensionen Roms, darunter einige umfangreiche Werke.
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Nicht zufrieden mit den Siegen, die er über so schwache Gegner, wie die Bewohner von Clerkenwell und des Savoy errang, hatte er den Muth, sich mit keinem geringeren Kämpen als Bossuet zu messen, aus welchem Kampfe er nicht mit Unehre hervorging. Trotzdem blieb Sherlock nach wie vor bei dem Satze stehen, daß keine Tyrannei Christen berechtigen könne, sich der königlichen Autorität zu widersetzen. Als die Convention im Begriff war zusammenzutreten, empfahl er in einer Schrift, welche als das Manifest eines großen Theils der Geistlichkeit betrachtet wurde, auf das Eindringlichste, daß Jakob eingeladen werden solle, unter Bedingungen, welche die Gesetze und die Religion der Nation sichern würden, zurückzukehren.[90] Der Beschluß, welcher Wilhelm und Marien auf den Thron setzte, erfüllte Sherlock mit Kummer und Unwillen. Er soll ausgerufen haben daß, wenn die Convention zu einer Revolution entschlossen sei, der Klerus vierzigtausend Freunde der Kirche finden würde, um eine Restauration herbeizuführen.[91] Gegen die neuen Eide sprach er offen und energisch seine Meinung aus. Er erklärte, er begreife nicht, wie ein rechtschaffener Mann daran zweifeln könne, daß der Apostel Paulus mit den bestehenden Obrigkeiten die rechtmäßigen Obrigkeiten gemeint habe und keine anderen. Kein Name wurde 1689 von den Jakobiten mit solchem Stolz und solcher Liebe genannt wie der Name Sherlock's. Noch vor dem Schlusse des Jahres 1690 aber erweckte dieser Name ganz andere Empfindungen. Hickes. Einige andere Eidverweigerer müssen noch besonders erwähnt werden. Einer der Bedeutendsten unter ihnen war Georg Hickes, Dechant von Worcester. Von allen Engländern seiner Zeit war er in den alten teutonischen Sprachen am gründlichsten bewandert, und seine Kenntniß der ersten christlichen Literatur war eine umfassende. Hinsichtlich seiner Befähigung zur politischen Discussion genüge es zu sagen, daß sein Lieblingsargument zu Gunsten des passiven Gehorsams der Geschichte der Thebanischen Legion entlehnt war. Er war der jüngere Bruder des unglücklichen Johann Hickes, der im Speicher der Alice Lisle verborgen gefunden worden war. Jakob hatte, trotz aller Fürsprache, sowohl Johann Hickes als Alice Lisle hinrichten lassen. Leute, welche die Stärke der Grundsätze des Dechanten nicht kannten, dachten er könne deshalb möglicherweise einigen Groll hegen, denn er war eben nicht von sanftem und vergebendem Character, und konnte sich einer unbedeutenden Kränkung viele Jahre lang mit bitteren Gefühlen erinnern. Aber er war fest in seinem religiösen und politischen Glauben, er bedachte, daß die Dulder Dissenters waren, und er unterwarf sich dem Willen des Gesalbten des Herrn nicht nur mit Geduld, sondern mit Freudigkeit.
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Er wurde sogar von dem Augenblicke an wo sein Bruder aufgehängt und die Wohlthäterin seines Bruders enthauptet worden war, ein treuerer Unterthan als je. Während fast alle anderen Geistlichen, durch die Indulgenzerklärung und durch die Proceduren der Hohen Commission erschreckt, zu glauben begannen, daß sie die Lehre vom Nichtwiderstande ein wenig zu weit getrieben hätten, schrieb er eine Vertheidigung seines Lieblingsprinzips und bemühte sich die bei Hounslow lagernden Truppen zu überzeugen, daß, wenn es Jakob gefallen sollte, sie alle zu massakriren, wie Maximian die Thebanische Legion massakrirt hatte, weil sie sich geweigert, Abgötterei zu treiben, es ihre Pflicht sein würde, die Waffen auf einen Haufen zu werfen und geduldig die Märtyrerkrone zu empfangen. Um Hickes Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muß man sagen, daß sein ganzes Verhalten nach der Revolution bewies, daß seine Servilität weder aus Furcht, noch aus Habsucht, sondern lediglich aus Bigotterie entsprang.[92] Collier. Jeremias Collier, der seiner Stelle als Prediger des Archivs entsetzt worden, stand auf einer viel höheren Stufe. Er hat ein wohlbegründetes Recht auf dankbare und achtungsvolle Erwähnung, denn seiner Beredtsamkeit und seinem Muthe ist die Reinigung unsrer leichteren Literatur von der unsauberen Färbung, die sie während der antipuritanischen Reaction angenommen hatte, hauptsächlich zuzuschreiben. Er war im vollen Umfange des Worts ein guter Mensch. Aber er war auch ein Mann von eminenten Talenten, ein großer Meister des Sarkasmus und ein ausgezeichneter Rhetoriker.[93] Desgleichen war seine Belesenheit, wenn auch unverarbeitet, von großem Umfange. Sein Geist aber war beschränkt; seine Logik, selbst wenn er so glücklich war, eine gute Sache zu vertheidigen, höchst nichtssagend und unbündig und sein Verstand war nicht durch persönlichen, aber durch Berufsstolz fast verwirrt. In seinen Augen war ein Priester das höchste menschliche Wesen nächst einem Bischofe. Der beste und vornehmste Laie war dem geringsten Geistlichen Ehrerbietung und Unterwürfigkeit schuldig. Mochte ein Mitglied des geheiligten Standes sich noch so lächerlich machen, so war es gottlos über ihn zu lachen. Collier war in diesem Punkte so ungemein empfindlich, daß er es für eine Profanation hielt, selbst über die Diener einer falschen Religion sich aufzuhalten. Er stellte es als Regel hin, daß auch Muftis und Auguren stets mit Achtung genannt werden müßten. Er tadelte Dryden, weil er über die Hierophanten des Apis gespöttelt. Er lobte Racine, weil er dem Character eines Priesters des Baal Würde verliehen. Er lobte Corneille, weil er den gelehrten und ehrwürdigen Gottesgelehrten Tiresias in seinem Oedipus nicht auf die Bühne gebracht.
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Er gab zwar zu, daß die Weglassung den dramatischen Effect des Stückes beeinträchtigte, aber das heilige Amt war viel zu feierlich, als daß man eitles Spiel damit treiben durfte. Ja, er hielt es sogar, so unglaublich dies scheinen mag, für unpassend, wenn ein Laie über presbyterianische Prediger spöttelte. Allerdings war sein Jakobitismus nicht viel mehr als eine von den Formen, in denen sich sein Eifer für die Würde seines Standes äußerte. Er verabscheute die Revolution weniger als einen Aufstand von Unterthanen gegen ihren König, denn als einen Aufstand der Laienschaft gegen den Priesterstand. Die seit dreißig Jahren von der Kanzel gepredigten Doctrinen, waren von der Convention mit Verachtung behandelt worden. Eine neue Regierung war im Widerspruch mit den Wünschen der geistlichen Peers im Hause der Lords und der Priesterschaft des ganzen Landes eingesetzt worden. Eine weltliche Versammlung hatte sich angemaßt, ein Gesetz zu erlassen, das Erzbischöfen und Bischöfen, Rectoren und Vikaren bei Strafe der Amtsentsetzung vorschrieb das abzuschwören, was sie Zeit ihres ganzen Lebens gelehrt hatten. Was auch kleinmüthigere Geister thun mochten, Collier war entschlossen, sich von den siegreichen Feinden seines Standes nicht im Triumphe fortführen zu lassen. Bis zum letzten Augenblicke wollte er mit der gebieterischen Haltung eines vom Himmel Gesandten den Fürsten und Mächtigen der Erde Trotz bieten. Dodwell. In Bezug auf geistige Begabung war Collier der Hervorragendste unter den Eidverweigerern. Hinsichtlich der Gelehrsamkeit muß die erste Stelle Heinrich Dodwell zuerkannt werden, der wegen des unverzeihlichen Verbrechens, in Mayo ein kleines Gut zu besitzen, von dem papistischen Parlament zu Dublin verurtheilt worden war. Er war Camdenianischer Professor der alten Geschichte an der Universität Oxford und hatte durch chronologische und geographische Forschungen schon eine bedeutende Celebrität erlangt; obgleich er aber nie dazu bewogen werden konnte, sich ordiniren zu lassen, war doch die Theologie sein Lieblingsstudium. Er war unbestreitbar ein frommer und redlicher Mann. Er hatte zahllose Werke in verschiedenen Sprachen gelesen und dadurch einen größeren Schatz von Gelehrsamkeit gesammelt, als seine schwachen Geisteskräfte festzuhalten vermochten. Der schwache geistige Funke, den er besaß, wurde durch das Material, das ihn nähren sollte, erstickt. Einige seiner Werke scheinen in einem Irrenhause geschrieben zu sein und ziehen ihn, obgleich von Beweisen seiner ungeheuren Belesenheit strotzend, auf das Niveau eines Jakob Naylor und Ludwig Muggleton herab. Er begann eine Dissertation, welche beweisen sollte, daß das Völkerrecht eine göttliche Offenbarung sei, welche der in der Arche geretteten Familie gemacht wurde.
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Er veröffentlichte eine Abhandlung, in der er behauptete, daß eine Ehe zwischen einem Mitgliede der englischen Kirche und einem Dissenter ungültig und daß das Ehepaar in den Augen des Himmels des Ehebruchs schuldig sei. Er vertheidigte den Gebrauch der Instrumentalmusik beim öffentlichen Gottesdienste aus dem Grunde, weil die Töne der Orgel die Macht hätten, den Einfluß der Teufel auf das Rückenmark der Menschen zu paralysiren. In seiner Abhandlung über diesen Gegenstand bemerkte er, man habe gewichtige Autoritäten für die Ansicht, daß das Rückenmark, wenn es zersetzt würde, eine Schlange werde. Ob diese Ansicht richtig war oder nicht, hielt er für unnöthig zu entscheiden. Vielleicht, sagte er, hätten die ausgezeichneten Männer, in deren Werken sie sich finde, nur die große Wahrheit figürlich aussprechen wollen, daß die alte Schlange hauptsächlich durch das Rückenmark auf uns einwirke.[94] Dodwell's Betrachtungen über den Zustand der Menschen nach dem Tode sind womöglich noch wunderlicher. Er sagt uns, daß unsere Seelen von Natur sterblich sind. Vernichtung ist das Loos des größeren Theiles der Menschen, der Heiden, der Muhamedaner, der ungetauften Kinder. Die Gabe der Unsterblichkeit wird in dem Sakrament der Taufe mitgetheilt; zur Wirksamkeit des Sakraments aber ist es durchaus nöthig, daß ein durch einen Bischof ordinirter Priester die Taufhandlung verrichtet und die Einsetzungsworte spricht. Im natürlichen Laufe der Dinge würden demnach alle Presbyterianer, Independenten, Baptisten und Quäker aufhören zu existiren, wie die niederen Thiere. Dodwell war jedoch ein viel zu guter Hochkirchlicher, als daß er die Dissenters so leichten Kaufs hätte davonkommen lassen sollen. Er sagt ihnen, daß Gott, da sie Gelegenheit gehabt haben, das Evangelium predigen zu hören, und die bischöfliche Taufe hätten empfangen können, wenn sie nicht so verderbt wären, ihnen durch einen außerordentlichen Machtspruch die Unsterblichkeit verleihen wird, damit sie bis in alle Ewigkeit gequält werden können.[95] Niemand verabscheute den zunehmenden Latitudinarismus mehr als Dodwell. Gleichwohl hatte Niemand mehr Ursache, sich darüber zu freuen, denn in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts würde ein Denker, der zu behaupten gewagt hätte, die menschliche Seele sei von Natur sterblich und höre in den meisten Fällen zugleich mit dem Körper auf zu existiren, in Smithfield lebendig verbrannt worden sein.
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Noch zu einer Zeit, der sich Dodwell wohl erinnern konnte, würden Ketzer wie er sich glücklich geschätzt haben, wenn sie, mit zerfleischtem Rücken, abgeschnittenen Ohren und aufgeschlitzter Nase, die Zunge mit einem glühenden Eisen durchbohrt und die Augen mit Steinen ausgeschlagen, mit dem Leben davon gekommen wären. In den Augen der Eidverweigerer aber war der Urheber dieser Theorie noch immer der große Mr. Dodwell, und Einige, die es für strafbare Nachsicht hielten, eine presbyterianische Versammlung zu dulden, hielten es zu gleicher Zeit für eine grobe Illiberalität, einen gelehrten und frommen Jakobiten zu tadeln, weil er eine vom religiösen Gesichtspunkte so höchst unwichtige Lehre wie die von der Unsterblichkeit der Seele, in Abrede stelle.[96] Kettlewell. Fitzwilliam. Zwei andere Eidverweigerer verdienen weniger ihrer Talente und ihrer Gelehrsamkeit, als ihrer seltenen Rechtschaffenheit und ihrer nicht minder seltenen Aufrichtigkeit wegen specielle Erwähnung. Dies sind Johann Kettlewell, Rector von Coleshill, und Johann Fitzwilliam, Canonicus von Windsor. Es ist bemerkenswerth, daß diese Männer beide viel mit Lord Russell verkehrt und daß beide, obgleich sie in politischen Ansichten von ihm abwichen und den Antheil, den er an dem whiggistischen Complot genommen, entschieden mißbilligten, eine hohe Meinung von seinem Character gehabt und seinen Tod aufrichtig betrauert hatten. Er hatte Kettlewell noch eine freundliche Botschaft vom Schaffot in Lincoln's Inn Fields gesandt. Lady Russell liebte, vertraute und verehrte Fitzwilliam, der in ihrer Jugend der Freund ihres Vaters, des tugendhaften Southampton gewesen war, bis an ihr Ende. Die beiden Geistlichen stimmten in der Verweigerung der Eide überein, schlugen aber von diesem Augenblicke an verschiedene Richtungen ein. Kettlewell war eines der thätigsten Mitglieder seiner Partei; er scheute sich keiner Anstrengung zum Besten der gemeinschaftlichen Sache, vorausgesetzt daß es keine solche war, die einem rechtschaffenen Mann Unehre machte, und er vertheidigte seine Ansichten in mehreren Schriften, welche allerdings eine viel höhere Meinung von seiner Aufrichtigkeit als von seiner Urtheilsfähigkeit und seinem Scharfsinn begründen.[97] Fitzwilliam glaubte genug gethan zu haben, indem er sein anmuthiges Wohnhaus mit Garten im Schatten der St. Georgs-Kapelle verließ und mit seinen Büchern eine kleine Entresolwohnung bezog. Er konnte Wilhelm und Marien mit ruhigem Gewissen nicht anerkennen, aber er hielt sich auch nicht für verpflichtet, beständig zur Widersetzlichkeit gegen sie aufzustacheln, und er verbrachte die letzten Jahre seines Lebens unter dem mächtigen Schutze des Hauses Bedford in harmloser, den Studien gewidmeter Ruhe.[98] Allgemeiner Character des eidverweigernden Klerus.
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Unter den minder ausgezeichneten Geistlichen, welche ihre Pfründen verloren, befanden sich zweifelsohne viele gute Menschen; soviel aber ist gewiß, daß der sittliche Character der Eidverweigerer im allgemeinen auf keiner hohen Stufe stand. Es scheint hart, Leuten, welche unbestreitbar einem Prinzipe ein großes Opfer brachten, Lauheit der Prinzipien vorzuwerfen. Allein die Erfahrung beweist mehr als genugsam, daß Viele, die eines großen Opfers fähig sind, wenn ihr Blut vom Kampfe erhitzt und die Blicke der Welt auf sie gerichtet sind, in der täglichen Ausübung verborgener Tugenden nicht lange zu beharren vermögen. Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, daß Zeloten ihr Leben für eine Religion hingeben können, welche ihre rachsüchtigen oder ausschweifenden Leidenschaften doch niemals wirksam gezügelt hatte. Wir erfahren sogar von Kirchenvätern, welche das höchste Ansehen genießen, daß selbst in den reinsten Zeiten der Kirche einige Bekenner, die sich standhaft geweigert hatten, durch Streuen von Weihrauch auf den Altar Jupiters den Qualen der Folter und dem Tode zu entgehen, später den christlichen Namen durch Betrug und Ausschweifung schändeten.[99] Die eidverweigernden Geistlichen haben indeß Anspruch auf große Nachsicht. Sie befanden sich unbestreitbar in einer sehr versuchungvollen Lage. Ein Schisma, das eine religiöse Gemeinschaft spaltet, spaltet in der Regel den Laienstand ebenso wie den Klerus. Die sich lostrennenden Seelenhirten ziehen einen großen Theil ihrer Heerden mit sich fort und sind in Folge dessen ihres Unterhalts gewiß. Aber das Schisma von 1689 erstreckte sich kaum weiter als auf den Klerus. Das Gesetz verlangte von dem Rector, die Eide zu leisten, oder sein Amt niederzulegen; von dem Gemeindemitgliede aber wurde kein Eid, keine Anerkennung des Titels des neuen Herrscherpaares verlangt, um sich zur Theilnahme am Gottesdienste oder zum Genusse des heiligen Abendmahls zu qualificiren. Daher hielt sich von den Laien, welche die Revolution mißbilligten, noch nicht einer unter fünfzig für verpflichtet, seinen Stuhl in der alten Kirche, wo nach wie vor die alte Liturgie verlesen und die alten Gewänder getragen wurden, zu verlassen und den ausgestoßenen Priester zu einem Conventikel zu begleiten, das noch obendrein durch das Toleranzedict nicht geschützt war. So war die neue Secte eine Secte von Predigern ohne Zuhörer und vom Predigen konnten diese Prediger nicht leben.
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In London und in einigen anderen großen Städten waren die heftigen Jakobiten, welche durch nichts zu befriedigen waren, als wenn sie für König Jakob und den Prinzen von Wales mit Namen beten hörten, allerdings zahlreich genug, um einige kleine Gemeinden zu bilden, die sich im Geheimen und unter beständiger Furcht vor den Constablern in Räumen versammelten, welche so beschränkt waren, daß die Bethäuser der puritanischen Dissenters im Vergleich damit Paläste genannt werden konnten. Selbst Collier, der alle die Eigenschaften besaß, welche ein zahlreiches Auditorium herbeiziehen, mußte sich damit begnügen, der Geistliche einer kleinen Schaar Mißvergnügter zu sein, deren Betzimmer sich im zweiten Stock eines Hauses der City befand. Aber die Zahl der nichtschwörenden Geistlichen, die sich durch Gottesdiensthalten an solchen Orten auch nur einen kümmerlichen Unterhalt zu erwerben vermochten, war sehr gering. Von den übrigen konnten einige unabhängig von ihrem Vermögen leben, andere ernährten sich durch literarische Arbeiten, ein paar praktizirten als Aerzte. Thomas Wagstaffe zum Beispiel, der Kanzler von Lichfield gewesen war, hatte viele Patienten und machte sich dadurch bemerkbar, daß er sie stets im vollen Domherrnornat besuchte.[100] Doch dies waren Ausnahmen. Betriebsame Armuth ist ein der Tugendhaftigkeit keineswegs nachtheiliger Zustand, gefährlich aber ist es, arm und zugleich unthätig zu sein, und die Mehrzahl der Geistlichen, die sich geweigert hatten zu schwören, sahen sich ohne Subsistenzmittel und ohne Beschäftigung in die Welt hinausgestoßen. Natürlich wurden sie Bettler und Müßiggänger. Da sie sich als Märtyrer für eine öffentliche Sache betrachteten, so schämten sie sich nicht, den ersten besten guten Hochkirchlichen um eine Guinee anzusprechen. Die Meisten von ihnen verbrachten ihr Leben damit, daß sie aus einem Torykaffeehause ins andre gingen, die Holländer schmähten, Gerüchte, nach denen Se. Majestät binnen einem Monate zuverlässig auf englischem Boden sein würde, anhörten und verbreiteten, und sich die Köpfe darüber zerbrachen, wer das Bisthum Salisbury bekommen würde, wenn Burnet gehängt wäre. Während der Parlamentssession waren die Vorzimmer und der Court of Requests mit abgesetzten Pfarrgeistlichen gefüllt, die sich erkundigten, wer die Oberhand habe und wie die letzte Abstimmung ausgefallen sei. Viele der vertriebenen Geistlichen fanden in den Häusern reicher Jakobiten als Kaplane, Hauslehrer oder Seelsorger Aufnahme. In einer derartigen Stellung kann ein Mann von reinem und edlem Character, ein Mann wie Ken unter den Eidverweigerern und Watts unter den Nonconformisten war, seine Würde behaupten und durch sein Beispiel und seine Belehrungen die Wohlthaten, die er empfängt, mehr als vergelten.
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In der That als Cibber es unternahm, dieses herrliche Lustspiel für die englische Bühne zu bearbeiten, machte er aus seinem Tartuffe einen Eidverweigerer, und Johnson, von dem man nicht glauben kann, daß er gegen die Eidverweigerer eingenommen gewesen sei, gestand offen, daß Cibber ihnen nicht Unrecht gethan habe.[101] Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das durch die Eide herbeigeführte Schisma noch weit schlimmer gewesen sein würde, wenn in dieser Krisis eine ausgedehnte Umgestaltung in der Verfassung oder dem Ceremoniell der Staatskirche vorgenommen worden wäre. Es ist ein sehr lehrreiches Factum, daß die aufgeklärten und toleranten Geistlichen, welche eine solche Umgestaltung sehnlichst wünschten, nachher Grund sahen, dankbar dafür zu sein, daß ihr Lieblingsplan gescheitert war. Der Comprehensionsplan. Tillotson. Whigs und Tories hatten sich während der vorigen Session vereinigt, Nottingham's Comprehensionsbill zu beseitigen, indem sie eine Adresse beschlossen, welche den König ersuchte, die ganze Angelegenheit an die Convocation zu verweisen. Burnet sah die Wirkung dieses Beschlusses voraus. Der ganze Plan, sagte er, ist gänzlich zerstört.[102] Viele von seinen Freunden waren jedoch andrer Meinung, und zu ihnen gehörte auch Tillotson. Von allen Mitgliedern der Niederkirchenpartei stand Tillotson in der allgemeinen Achtung am höchsten. Als Kanzelredner übertraf er in den Augen seiner Zeitgenossen alle lebenden und todten Rivalen. Die Nachwelt hat dieses Urtheil nicht anerkannt; doch behauptet Tillotson noch immer seinen Platz als ein legitimer englischer Classiker. Sein höchster Gedankenflug stand zwar tief unter dem eines Taylor, eines Barrow und eines South; aber sein Styl war correcter und fließender als der ihrige. Keine wunderlichen Einfalle, keine pedantischen Citate aus Talmudisten und Scholiasten, keine gemeinen Bilder, possenhaften Geschichten oder unschicklichen Schmähungen beeinträchtigten die Wirkung seiner ernsten und gemäßigten Reden. Seine Logik war gerade tief und fein genug, damit ein volksthümliches Auditorium sie mit jenem leichten Grade geistiger Anstrengung, der ein Genuß ist, verfolgen konnte. Sein Styl ist nicht brillant, aber er ist rein, durchsichtig klar und ebenso frei von der Flüchtigkeit, wie von der Schwerfälligkeit, welche die Predigten mancher ausgezeichneten Geistlichen des 17. Jahrhunderts verunzieren. Er ist immer ernst, und doch hat seine Ausdrucksweise eine gewisse elegante Ungezwungenheit, die ihn als einen Mann kennzeichnet, der die Welt kennt, der in volkreichen Städten und an glänzenden Höfen gelebt und der sich nicht allein mit Büchern, sondern auch mit Juristen und Kaufleuten, mit Literatur und Damen, mit Staatsmännern und Fürsten unterhalten hat.
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Der Hauptreiz seiner Geistesproducte liegt jedoch in der Herzensgüte und Offenheit, welche aus jeder Zeile sprechen und in seinem Lebenswandel nicht minder sichtbar hervortreten wie in seinen Schriften. Als Theolog war Tillotson gewiß nicht weniger latitudinarisch als Burnet. Dennoch sprachen viele von den Geistlichen, für welche Burnet ein Gegenstand unüberwindlicher Abneigung war, von Tillotson mit Zuneigung und Achtung. Es kann daher nicht Wunder nehmen, daß die beiden Freunde sich ein verschiedenes Urtheil über die Gesinnung der Priesterschaft gebildet hatten und von dem Zusammentritt der Convocation ein verschiedenes Resultat erwarteten. Tillotson mißfiel der Beschluß der Gemeinen nicht. Er war der Ansicht, daß Veränderungen, welche durch eine rein weltliche Behörde in religiösen Institutionen vorgenommen wurden, vielen Kirchenmännern unangenehm sein mußten, die gleichwohl in einer kirchlichen Synode für noch umfassendere Aenderungen gestimmt haben würden, und seine Meinung hatte großes Gewicht beim Könige.[103] Es ward beschlossen, daß die Convocation zu Anfang der nächsten Parlamentssession zusammentreten und daß inzwischen eine Verordnung erlassen werden sollte, welche einige ausgezeichnete Geistliche ermächtigte, die Liturgie, die Kirchengesetze und das ganze von den christlichen Gerichtshöfen gehandhabte Rechtssystem zu prüfen und über die sich als wünschenswerth herausstellenden Abänderungen Bericht zu erstatten.[104] Eine kirchliche Commission ernannt. Die Mehrzahl der Bischöfe, welche die Eide geleistet hatten, war in dieser Commission, und ihnen waren zwanzig der angesehensten Priester beigegeben. Der bedeutendste unter diesen Zwanzig war Tillotson, denn man wußte, daß er die Ansicht des Königs und der Königin aussprach. Unter den Commissionsmitgliedern, welche Tillotson als ihr Oberhaupt betrachteten, befanden sich Stillingfleet, Dechant von St. Paul, Sharp, Dechant von Norwich, Patrick, Dechant von Peterborough, Tenison, Rector von St. Martin, und Fowler, dessen verständiger Energie der Entschluß der londoner Geistlichkeit, die Indulgenzerklärung nicht zu verlesen, hauptsächlich zuzuschreiben war. Neben den genannten Männern standen einige der Hochkirchenpartei angehörende Geistliche. Unter diesen zeichneten sich besonders zwei der ersten Theologen von Oxford, Aldrich und Jane, aus. Aldrich war unlängst zum Dechant von Christchurch ernannt worden, an Stelle des Papisten Massey, den Jakob, in directem Widerspruch mit den Gesetzen, an die Spitze dieses wichtigen Collegiums gestellt hatte. Der neue Dechant war ein gebildeter, wenn auch nicht gründlicher Gelehrter und ein jovialer, gastfreundlicher Herr. Er war der Verfasser einiger theologischer Schriften, welche längst vergessen sind, und eines Compendiums der Logik, das noch in Gebrauch ist; die besten Werke aber, die er der Nachwelt hinterlassen hat, sind seine Kanons.
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Jane, der königliche Professor der Theologie, war ein ernsterer, aber minder achtungswerther Mann. Er hatte den Hauptantheil bei Abfassung des Decrets gehabt, durch welches seine Universität befahl, daß die Werke Milton's und Buchanan's in den Schulen öffentlich verbrannt werden sollten. Wenige Jahre später hatte er sich, gereizt und beunruhigt durch die Verfolgung der Bischöfe und durch die Confiscirung der Einkünfte des Magdalenencollegiums, von dem Prinzip des Nichtwiderstandes losgesagt, hatte sich in das Hauptquartier des Prinzen von Oranien begeben und Sr. Hoheit versichert, daß Oxford bereitwillig sein Silbergeschirr zur Unterstützung des Kriegs gegen seinen Unterdrücker in Geld verwandeln werde. Eine kurze Zeit lang wurde Jane allgemein als ein Whig betrachtet und von einigen seiner früheren Verbündeten in Schmähschriften arg mitgenommen. Er hatte das Unglück einen Namen zu haben, der eine vortreffliche Zielscheibe für die gelehrten Witzlinge seiner Universität war. Es erschienen mehrere Epigramme auf den Janus mit dem Doppelgesicht, der durch Sehen nach der einen Seite eine Professur erhalten, und der jetzt durch Sehen nach einer andren Seite ein Bisthum zu erlangen hoffe. Daß er ein Bisthum zu erlangen hoffte, war vollkommen wahr. Er verlangte den Sitz von Exeter als den seinen Diensten gebührenden Lohn. Derselbe wurde ihm jedoch abgeschlagen. Diese Verweigerung überzeugte ihn, daß er vom Latitudinarismus eben so viel zu fürchten hatte wie vom Papismus, und er wurde daher eiligst wieder ein Tory.[105] Maßregeln der Commission. Zu Anfang des October versammelten sich die Mitglieder der Commission in dem Jerusalemzimmer. Sie beschlossen in ihrer ersten Sitzung, darauf anzutragen, daß beim öffentlichen Gottesdienste die aus den Apokryphen entnommenen Vorlesekapitel durch Kapitel aus den kanonischen Büchern der heiligen Schrift ersetzt werden sollten.[106] In der zweiten Zusammenkunft wurde eine Frage aufgeworfen, und zwar von Demjenigen, der sie zu allerletzt hätte in Anregung bringen sollen. Sprat, Bischof von Rochester, war ohne den geringsten Gewissensskrupel zwei Jahre lang Mitglied des verfassungswidrigen Tribunals gewesen, das unter der vorigen Regierung die Kirche, zu deren Leitern er gehörte, unterdrückt und geplündert hatte. Aber jetzt war er bedenklich geworden und äußerte Zweifel an der Gesetzmäßigkeit der Commission. Seine Einwendungen müssen jedem gesunden Verstande als hohle Sophismen erscheinen. Das Ernennungsdecret gab weder Vollmacht, Gesetze zu machen, noch Gesetze anzuwenden, sondern lediglich zu untersuchen und zu berichten.
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Selbst ohne königliche Ermächtigung hätten Tillotson, Patrick und Stillingfleet unbedenklich zusammentreten können, um den Zustand und die Zukunft der Kirche zu berathen und zu erwägen, ob es wünschenswerth war oder nicht, den Dissenters ein Zugeständniß zu machen. Wie konnte es ein Verbrechen sein, wenn Unterthanen auf Verlangen ihres Souverains etwas thaten, was unschuldig, ja lobenswerth gewesen wäre, wenn sie es unaufgefordert gethan hätten? Sprat wurde jedoch durch Jane unterstützt. Es entspann sich ein heftiger Wortwechsel, und Lloyd, Bischof von St. Asaph, der neben vielen guten Eigenschaften ein reizbares Temperament besaß, ließ sich so weit hinreißen, von Spionen zu sprechen. Sprat entfernte sich und kam nicht wieder. Jane und Aldrich folgten bald seinem Beispiele.[107] Die Commission ging hierauf zur Erörterung der Frage wegen der Stellung beim Abendmahle über, und es wurde beschlossen anzuempfehlen, daß ein Communikant, der nach Besprechung mit seinem Seelsorger erklärte, sein Gewissen erlaube ihm nicht, das Brot und den Wein kniend zu empfangen, dieselben sitzend empfangen dürfe. Mew, Bischof von Winchester, ein braver Mann, aber ohne wissenschaftliche Bildung, der selbst in seinen besten Jahren schwach gewesen war und jetzt immer kindischer wurde, protestirte gegen dieses Zugeständniß und verließ die Versammlung. Die anderen Mitglieder fuhren fort, sich emsig mit ihrer Aufgabe zu beschäftigen, und es fand kein weiterer Austritt statt, obgleich große Meinungsverschiedenheit herrschte und die Debatten zuweilen ziemlich heiß waren. Die entschiedensten Hochkirchlichen unter den Zurückbleibenden waren Doctor Wilhelm Beveridge, Archidiakonus von Colchester, der viele Jahre später Bischof von St. Asaph wurde, und Doctor Johann Scott, der Nämliche, der an Jeffreys' Sterbebett gebetet hatte. Die Thätigsten unter den Latitudinariern waren Burnet, Fowler und Tenison. Die Taufhandlung wurde wiederholt discutirt. In Bezug auf Formalitäten waren die Commissionsmitglieder zur Nachsicht gestimmt. Sie waren sämmtlich geneigt, Kinder ohne Pathen und ohne das Zeichen des Kreuzes in den Schooß der Kirche aufzunehmen. Die Majorität aber weigerte sich nach langer Debatte standhaft, die Worte zu entkräften oder wegzuerklären, in denen nach der Ansicht aller unverdorbenen Gemüther die regenerirende Kraft des Sakraments liegt.[108] Hinsichtlich des Chorhemds beschloß die Commission zu empfehlen, daß den Bischöfen ein weiter Spielraum gelassen werde. Es wurden Auswege ersonnen, durch welche Jemand, der die presbyterianische Ordination empfangen, ein Priester der englischen Kirche werden konnte, ohne weder ausdrücklich noch stillschweigend die Ungültigkeit dieser Ordination zuzugeben.[109] Der kirchliche Kalender wurde einer sorgfältigen Revision unterworfen. Die großen Festtage wurden beibehalten. Aber es wurde nicht für wünschenswerth erachtet, daß St. Valentin, St.
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Chad, St. Swithin, St. Eduard König der Westsachsen, St. Dunstan und St. Alphage die Ehren St. Johannes' und St. Paulus' theilten, oder daß es den Anschein bekäme, als ob die Kirche die lächerliche Fabel von der Entdeckung des Kreuzes Thatsachen von so hochwichtiger Bedeutung wie die Geburt, die Leidensgeschichte, die Auferstehung und die Himmelfahrt des Herrn zur Seite stellen wolle.[110] Das Athanasische Glaubensbekenntniß machte viel zu schaffen. Die meisten Mitglieder der Commission waren eben so wenig geneigt, die doctrinellen Sätze aufzugeben, wie die damnatorischen Sätze beizubehalten. Burnet, Fowler und Tillotson wünschten dieses berühmte Symbolum ganz aus der Liturgie zu streichen. Burnet machte dafür ein Argument geltend, das ihm wahrscheinlich selbst kein großes Gewicht zu haben schien, das aber vortrefflich darauf berechnet war, seine Gegner, Beveridge und Scott, in Verlegenheit zu setzen. Das Concil von Ephesus war von den anglikanischen Geistlichen stets als eine Synode verehrt worden, welche die Gesammtheit der Gläubigen wirklich repräsentirt hatte und von Gott auf dem Wege der Wahrheit geleitet worden war. Die Stimme dieses Concils war die Stimme der noch nicht durch Aberglauben verderbten oder durch Spaltungen zerrissenen heiligen katholischen und apostolischen Kirche. Seit mehr als zwölf Jahrhunderten hatte die Welt keine kirchliche Versammlung wieder gesehen, welche gleichen Anspruch auf die Achtung der Gläubigen gehabt hätte. Das Concil von Ephesus hatte in den klarsten Ausdrücken und unter Androhung der furchtbarsten Strafen den Christen verboten, ihren Brüdern ein andres Glaubensbekenntniß aufzudringen als das von den Nicäischen Vätern festgestellte. Man sollte daher denken, daß, wenn das Concil von Ephesus wirklich unter der Leitung des heiligen Geistes stand, jeder der sich des Athanasischen Glaubensbekenntnisses bedient, in dem Augenblicke da er ein Anathema gegen seine Nebenmenschen ausspricht, ein Anathema über sein eignes Haupt bringen müßte.[111] Trotz der Autorität der ephesischen Väter beschloß die Majorität der Commissionsmitglieder das Athanasische Glaubensbekenntniß im Gebetbuche zu lassen, sie schlugen nur vor, eine von Stillingfleet entworfene Rubrik beizufügen, welche erklärte, die damnatorischen Sätze seien so zu verstehen, daß sie nur auf Diejenigen Anwendung fänden, welche das Wesen des christlichen Glaubens hartnäckig leugneten. Orthodoxe Gläubige durften daher hoffen, daß der Ketzer, der aufrichtig und demüthig nach der Wahrheit gesucht, nicht zu ewiger Strafe verdammt werden würde, weil es ihm nicht gelungen war, sie zu finden.[112] Tenison wurde beauftragt, die Liturgie zu prüfen und alle diejenigen Ausdrücke zu sammeln, gegen welche entweder von theologischen oder von literarischen Kritikern Einwendungen gemacht worden waren.
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Einige offenbare Mängel beschloß man zu beseitigen. Es wäre vernünftig gewesen, wenn es die Commissionsmitglieder dabei hätten bewenden lassen; unglücklicherweise aber beschlossen sie, einen großen Theil des Gebetbuches umzuarbeiten. Dies war ein kühnes Unternehmen, denn im allgemeinen ist der Styl des Buches so, daß er nicht verbessert werden kann. Die englische Liturgie gewinnt in der That selbst bei einem Vergleiche mit den schönen alten Liturgien, denen sie zum großen Theil entlehnt ist. Die wesentlichen Eigenschaften der erbaulichen Eloquenz, der Kürze, der majestätischen Einfachheit, der pathetischen Innigkeit des Gebets, durch tiefe Ehrfurcht gemäßigt, sind den Uebersetzungen und den Originalen gemeinschaftlich eigen. In den untergeordneten Schönheiten der Diction aber stehen die Originale den Uebersetzungen unleugbar nach. Der Grund davon liegt auf der Hand. Die technischen Ausdrücke des Christenthums wurden erst ein Bestandtheil der lateinischen Sprache, als diese Sprache das Alter der Reife überschritten hatte und in Barbarismus versank. Aber die technischen Ausdrücke des Christenthums fanden sich in dem angelsächsischen und normännischen Französisch schon lange bevor die Verschmelzung dieser beiden Dialecte einen dritten, beiden überlegenen Dialect erzeugt hatte. Das Latein, des römisch-katholischen Gottesdienstes ist daher Latein im letzten Stadium des Verfalls, während das Englisch unsres Gottesdienstes Englisch in der vollen Kraft und Eleganz der ersten Jugend ist. Den großen lateinischen Schriftstellern Terenz und Lucrez, Cicero und Cäsar, Tacitus und Quintilian würden die herrlichsten Compositionen Ambrosius' und Gregor's nicht nur als schlecht geschrieben, sondern als sinnloses Gewäsch erschienen sein.[113] Die Diction unsers allgemeinen Gebetbuches hingegen hat direct oder indirect dazu beigetragen, die Sprache fast jedes großen englischen Schriftstellers zu bilden und hat die Bewunderung der gebildetsten Ungläubigen und der gebildetsten Nonconformisten, die Bewunderung von Männern wie David Hume und Robert Hall erweckt. Der Styl der Liturgie befriedigte jedoch die Doctoren des Jerusalemzimmers nicht. Sie erklärten die Collecten für zu kurz und zu trocken, und Patrick wurde beauftragt, sie zu erweitern und auszuschmücken. In einer Hinsicht ließ sich gegen diese Wahl nichts einwenden, denn wenn wir danach urtheilen, wie Patrick die erhabenste hebräische Poesie paraphrasirte, werden wir wahrscheinlich zu der Ueberzeugung gelangen, daß, mochte er sich nun dazu eignen, die Collecten zu verbessern, oder nicht, wenigstens Niemand befähigter sein konnte, sie zu erweitern.[114] Die Convocation der Provinz Canterbury einberufen. Stimmung des Klerus. Es kam indeß wenig darauf an, ob die Empfehlungen der Commission gut oder schlecht waren, denn verurtheilt waren sie alle, noch ehe man sie kannte.
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Die Ausschreiben zur Einberufung der Convocation der Provinz Canterbury waren erlassen und die Geistlichen waren allenthalben in einem Zustande heftiger Aufregung. Sie hatten eben die Eide geleistet und empfanden noch schmerzlich die harten Vorwürfe der Eidverweigerer, die rücksichtslosen Schmähungen der Whigs und unzweifelhaft in vielen Fällen auch die Mahnungen des Gewissens. Die Ankündigung, daß eine Convocation zusammentreten solle, um einen Comprehensionsplan zu berathen, erweckte die stärksten Leidenschaften des Priesters, der sich so eben dem Gesetz gefügt hatte und der deshalb gar nicht oder nur halb zufrieden mit sich war. Es bot sich ihm eine Gelegenheit, zur Vereitelung eines Lieblingsplanes der Regierung beizutragen, welche bei strenger Strafe eine Unterwerfung von ihm verlangt hatte, die sich mit seinem Gewissen oder mit seinem Stolze schwer vereinigen ließ. Es bot sich ihm eine Gelegenheit, seinen Eifer für die Kirche zu bethätigen, deren characteristische Lehren er um materiellen Nutzens willen untreu geworden zu sein beschuldigt war. Seiner Ansicht nach drohte ihr jetzt eine eben so große Gefahr als die des vorhergehenden Jahres. Die Latitudinarier von 1689 seien nicht minder eifrig bestrebt, sie zu demüthigen und zu Grunde zu richten, wie die Jesuiten von 1688. Die Toleranzacte habe für die Dissenters soviel gethan, als sich mit der Würde und Sicherheit der Kirche vertrug, und es dürfe nichts weiter zugestanden werden, nicht der Saum eines Gewandes, nicht eine Sylbe vom Anfang bis zum Ende der Liturgie. Alle die Vorwürfe, welche der kirchlichen Commission Jakob's gemacht worden waren, wurden auf die kirchliche Commission Wilhelm's übertragen. Die beiden Commissionen hatten zwar nichts als den Namen mit einander gemein; aber bei dem Namen dachte Jedermann an Ungesetzlichkeit und Bedrückung, an Verletzung des Hausrechts und Confiscation von Grundeigenthum, und die Böswilligen riefen ihn daher unermüdlich und mit nicht geringem Erfolge in die Ohren der Unwissenden. Die Geistlichkeit unzufrieden mit dem König. Auch dem König, sagte man, war nicht zu trauen. Er conformirte sich zwar dem bestehenden Gottesdienste, aber es war bei ihm eine örtliche und gelegentliche Conformität. Denn gegen einige Ceremonien, für welche die Hochkirchlichen sehr eingenommen waren, empfand er einen Widerwillen, den er gar nicht zu verhehlen suchte.
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Es war eine seiner ersten Maßregeln gewesen, zu befehlen, daß der Gottesdienst in seiner Privatkapelle gesprochen und nicht gesungen werden solle, und diese Anordnung erregte viel Murren, obgleich die Rubrik sie guthieß.[115] Es war bekannt, daß er so profan war, über einen durch hohe kirchliche Autorität sanctionirten Gebrauch zu spötteln, über den Gebrauch des Händeauflegens gegen die Skropheln. Diese Ceremonie hatte sich fast unverändert seit dem grauesten Alterthum bis zu den Zeiten Newton's und Locke's erhalten. Die Stuarts spendeten häufig die heilende Kraft im Bankethause. Die Tage, an denen dieses Wunder verrichtet werden sollte, wurden in Sitzungen des Geheimen Raths bestimmt, und dann in allen Pfarrkirchen des Reichs von den Geistlichen feierlich verkündet.[116] Wenn die bestimmte Zeit kam, standen mehrere Geistliche im vollen Ornate um den Staatsbaldachin. Der königliche Leibarzt führte die Kranken herein, und es wurde hierauf eine Stelle aus dem 16. Kapitel des Evangeliums Marci vorgelesen. Nach den Worten: »Auf die Kranken werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden,« wurde innegehalten und einer der Kranken vor den König gebracht. Se. Majestät berührte die Geschwüre und Beulen und hing ein weißes Band, an dem eine Goldmünze befestigt war, um den Hals des Patienten. Die Uebrigen wurden so alle nacheinander vorgeführt und wenn jeder berührt war, wiederholte der Kaplan die Worte; »Auf die Kranken werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden.« Dann kamen die Epistel, Gebete, Wechselgesänge und ein Segen. Der Dienst findet sich noch in den Gebetbüchern aus der Regierungszeit der Königin Anna. Erst einige Zeit nach der Thronbesteigung Georg's I. hörte die Universität Oxford auf, das feierliche Amt der Heilung mit der Liturgie zusammen drucken zu lassen. Theologen von ausgezeichneter Gelehrsamkeit, Bildung und Tugendhaftigkeit sanctionirten dieses Blendwerk durch ihre Autorität und was noch auffälliger ist, hochberühmte Aerzte glaubten an die heilenden Kräfte der königlichen Hand, oder stellten sich wenigstens als glaubten sie daran. Wir dürfen wohl annehmen, daß jeder im Dienste Karl's II. stehende Arzt ein Mann von hoher Berufstüchtigkeit war, und mehr als einer von den Aerzten Karl's II. hat uns das feierliche Bekenntniß seines Glaubens an die Wunderkraft des Königs hinterlassen.
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Einer von ihnen schämt sich nicht uns zu sagen, daß die Gabe durch die bei der Krönung stattfindende Salbung mitgetheilt werde, daß die Heilungen so zahlreich seien und zuweilen so rasch erfolgten, daß sie keiner natürlichen Ursache zugeschrieben werden konnten, daß das Fehlschlagen lediglich dem Mangel an Glauben auf Seiten des Kranken beigemessen werden müsse; daß Karl einst einen skrophulösen Quäker berührt und ihn in einem Augenblicke zu einem gesunden Menschen und wahren Hochkirchenmann gemacht; daß, wenn die Geheilten das ihnen um den Hals gehängte Goldstück verlören oder verkauften, die Geschwüre von neuem aufbrächen und nur durch eine abermalige Berührung und durch einen zweiten Talisman geheilt werden könnten. Wenn Männer der Wissenschaft solchen Unsinn ernsthaft wiederholten, so dürfen wir uns nicht darüber wundern, daß der große Haufe ihn glaubte. Noch weniger dürfen wir uns wundern, daß Unglückliche, die von einer Krankheit gequält wurden, gegen welche natürliche Heilmittel nichts vermochten, Geschichten von übernatürlichen Kuren begierig verschlangen, denn nichts ist so leichtgläubig als das Unglück. Die Volksmassen, die sich an den Heilungstagen nach dem Palaste drängten, waren ungeheuer. Karl II. berührte im Laufe seiner Regierung nahe an hunderttausend Personen. Die Zahl war größer oder geringer je nachdem die Popularität des Königs stieg oder sank. Während der toryistischen Reaction, welche auf die Auflösung des Oxforder Parlaments folgte, drängte sich das Volk massenhaft in seine Nähe. Im Jahre 1682 verrichtete er die Ceremonie achttausendfünfhundert Mal. Im Jahre 1684 war das Gedränge so arg, daß sechs oder sieben Kranke todtgetreten wurden. Jakob berührte auf einer seiner Reisen im Chore der Kathedrale von Chester achthundert Personen. Die Kosten der Ceremonie beliefen sich auf nicht viel weniger als zehntausend Pfund jährlich und würden ohne die Wachsamkeit des königlichen Leibarztes, der die Applikanten zu untersuchen und Diejenigen, welche um der Heilung willen kamen, von Denen, welche des Goldstücks wegen kamen, zu scheiden hatte, noch viel bedeutender gewesen sein.[117] Wilhelm war viel zu klug, als daß er hätte getäuscht werden können, und viel zu rechtschaffen, um an einer Handlung Theil zu nehmen, von der er wußte, daß es Betrug war. »Es ist ein kindischer Aberglaube,« rief er aus, als er hörte, daß zu Ende der Fastenzeit sein Palast von einer Menge Kranker belagert war; »man gebe den armen Leuten etwas Geld und schicke sie fort.«[118] Einmal wurde er dringend gebeten, seine Hand auf einen Patienten zu legen.
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»Gott schenke Euch bessere Gesundheit,« sagte er, »und mehr Verstand.« Die Eltern skrophulöser Kinder schrien Zeter über seine Grausamkeit; die Bigotten erhoben entsetzt über seine Gottlosigkeit Hände und Augen zum Himmel; die Jakobiten lobten ihn sarkastisch, daß er nicht so anmaßend sei, sich eine Kraft beizumessen, die nur legitimen Souverainen zukomme, und selbst einige Whigs meinten, es sei unklug von ihm, daß er einen im Volke tief eingewurzelten Aberglauben mit so auffallender Geringschätzung behandle. Wilhelm aber war nicht zu bewegen und wurde deshalb von vielen Hochkirchlichen als entweder ein Ungläubiger oder ein Puritaner betrachtet.[119] Der Klerus durch das Verhalten der schottischen Presbyterianer gegen die Dissenters erbittert. Die Hauptursache jedoch, welche damals der Geistlichkeit selbst den gemäßigtsten Comprehensionsplan verhaßt machte, ist noch nicht erwähnt worden. Was Burnet vorhergesehen und vorhergesagt hatte, war eingetroffen. Es herrschte in dem ganzen Priesterstande eine große Geneigtheit, die Unbilden der schottischen Episkopalen die englischen Presbyterianer entgelten zu lassen. Es ließ sich nicht leugnen, daß selbst die Hochkirchlichen im Sommer des Jahres 1688 sich im allgemeinen bereit erklärt hatten, Vieles im Interesse der Union aufzugeben. Allein man sagte, und nicht ohne einen Anschein von Begründung, die Vorgänge jenseit der Grenze bewiesen, daß eine Union unter billigen Bedingungen unmöglich sei. Wie können, fragte man, Diejenigen, die uns keine Concession machen wollen wo wir schwach sind, es uns verargen, daß wir ihnen keine Concession machen wollen, wo wir stark sind? Wir können die Grundsätze und Gesinnungen einer Secte nach den Erklärungen, die sie in einem Augenblicke der Schwäche und der Leiden abgiebt, nicht richtig beurtheilen. Wenn wir den puritanischen Geist in seiner wahren Beschaffenheit kennen lernen wollen, müssen wir den Puritaner beobachten, wenn er die Oberhand hat. Unter der vorigen Generation hatte er hier die Oberhand, und sein kleiner Finger war stärker als die Lenden der Prälaten. Er trieb Hunderte von friedlichen Studenten aus ihren Collegien und Tausende von achtbaren Geistlichen aus ihren Pfarrwohnungen, weil sie sich weigerten, seinen Covenant zu unterschreiben. Weder Gelehrsamkeit, noch Genie, noch Frömmigkeit wurde geschont. Männer wie Hall und Sanderson, Chillingworth und Hammond wurden nicht allein ausgeplündert, sondern ins Gefängniß geworfen und der ganzen Rohheit brutaler Kerkermeister preisgegeben. Es wurde für ein Verbrechen erklärt, schöne Psalmen und Gebete zu lesen, welche Ambrosius und Chrysostomus den Gläubigen hinterlassen hatten. Endlich ward die Nation der Herrschaft der Frommen müde.
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Die gestürzte Dynastie und die gestürzte Hierarchie wurden wieder eingesetzt, der Puritaner wurde seinerseits Ausschließungen und Strafen unterworfen, und alsbald kam er dahinter, daß es grausam sei, Jemanden zu bestrafen, weil er Gewissensskrupel wegen eines Gewandes, wegen einer Ceremonie, wegen geistlicher Amtsverrichtungen hegte. Seine jammervollen Klagen und seine Argumente zu Gunsten der Toleranz hatten endlich auf viele Gutmüthige Eindruck gemacht. Selbst eifrige Hochkirchliche hatten angefangen, sich der Hoffnung hinzugeben, daß die harte Lehre, die er bekommen, ihn aufrichtig, gemäßigt und nachsichtig gemacht habe. Wäre dem wirklich so gewesen, so würde es allerdings unsre Pflicht sein, seine Bedenken mit zarter Rücksicht zu behandeln. Aber während wir überlegten, was wir thun könnten, um seinen Wünschen in England zu entsprechen, hatte er in Schottland das Uebergewicht erlangt, und in einem Augenblicke war er wieder ganz er selbst: bigott, insolent und grausam. Pfarrwohnungen wurden geplündert, Kirchen geschlossen, Gebetbücher verbrannt, heilige Gewänder zerrissen, andächtige Versammlungen auseinandergetrieben, Priester gemißhandelt, mit Steinen geworfen, an den Schandpfahl gestellt und mit Weib und Kind hinausgestoßen, um zu betteln oder zu verhungern. Daß diese Gewaltthätigkeiten nicht einigen wenigen ruchlosen Herumtreibern, sondern der Gesammtheit der schottischen Presbyterianer zur Last fielen, ging klar aus dem Umstande hervor, daß die Regierung es weder gewagt hatte, die Uebelthäter zu bestrafen, noch den Betroffenen Abhilfe zu verschaffen. Sei es da nicht gerathen, daß die englische Kirche auf ihrer Hut sei? Könne man billigerweise von ihr verlangen, daß sie ihre apostolische Verfassung und ihr schönes Ritual aufgebe, um Diejenigen auszusöhnen, denen nichts als die Macht fehlte, um sie zu mißhandeln, wie sie ihre Schwester gemißhandelt hatten? Diese Leute hätten bereits eine Wohlthat erlangt, die sie nicht verdienten und die sie niemals gewährt haben würden. Sie verehrten Gott in vollkommener Sicherheit; ihre Bethäuser genössen eines eben so wirksamen Schutzes wie die Chöre unserer Kathedralen. Während kein bischöflicher Geistlicher ohne Lebensgefahr in Ayrshire oder Renfrewshire Gottesdienst halten könne, predigten in Middlesex hundert presbyterianische Geistliche ungestört jeden Sonntag. Die Legislatur habe mit einer vielleicht unklugen Großmuth den intolerantesten Menschen Toleranz gewährt, und mit der Toleranz zieme es ihnen sich zu begnügen. Einrichtung der Convocation. So vereinigten sich mehrere Ursachen, um die Parochialgeistlichen gegen den Comprehensionsplan zu erbittern. Ihre Stimmung war von der Art, daß der im Jerusalemzimmer entworfene Plan, wenn er ihnen unmittelbar vorgelegt worden wäre, mit einer Majorität von Zwanzig gegen Eins verworfen worden sein würde.
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In der Convocation aber stand ihr Gewicht in keinem Verhältniß zu ihrer Zahl. Die Convocation ist zum Glück für unser Vaterland seit langer Zeit so gänzlich ohne Bedeutung, daß sich bis vor Kurzem nur wißbegierige Forscher um ihre Einrichtung gekümmert haben, und doch glauben noch heutzutage sonst nicht ungebildete Leute, sie sei ein die Kirche von England repräsentirendes Concil gewesen. Die in unsrer Kirchengeschichte so häufig erwähnte Convocation ist jedoch thatsächlich nichts weiter als die Synode der Provinz Canterbury und war nie berechtigt, im Namen des gesammten Klerus zu sprechen. Die Provinz York hatte ebenfalls ihre Convocation; aber tiefe Provinz war bis tief ins 18. Jahrhundert im allgemeinen so arm, so uncultivirt und so dünn bevölkert, daß sie hinsichtlich ihrer politischen Bedeutung kaum für ein Zehntel des Reichs gerechnet werden konnte. Die Ansicht des südlichen Klerus galt daher allgemein für die Ansicht des ganzen Standes. Wo die formelle Beistimmung des nördlichen Klerus erforderlich war, wurde sie als sich von selbst verstehend gegeben. Die von der Convocation von Canterbury im Jahre 1604 erlassenen Kirchengesetze waren in der That schon zwei Jahre bevor die Convocation von York die Formalität ihrer Zustimmungsertheilung erfüllte, von Jakob I. bestätigt und ihre genaue Beobachtung im ganzen Königreiche anbefohlen. Seitdem diese kirchlichen Versammlungen bloße Namen geworden, hatte die Stellung der beiden Erzbisthümer zu einander eine große Veränderung erfahren. In allen Elementen der Macht repräsentirt die Gegend jenseit des Trent jetzt mindestens ein Drittheil England's. Als in unsrer Zeit das Representativsystem dem veränderten Zustande des Landes angepaßt wurde, gehörten fast sämmtliche kleine Burgflecken, denen das Wahlrecht entzogen werden mußte, dem Süden an. Zwei Drittel der neuen Parlamentsmitglieder, welche den großen Provinzialstädten bewilligt wurden, kamen auf den Norden. Wenn daher eine englische Regierung die Convocationen in ihrer gegenwärtigen Einrichtung zur Erledigung von Geschäften zusammentreten lassen wollte, so würden zwei von einander unabhängige Synoden gleichzeitig für eine Kirche Gesetze geben, und es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die eine Versammlung Kirchengesetze annähme, welche die andre verwerfen würde, und daß die eine Versammlung Behauptungen als ketzerisch verdammen würde, welche die andre für orthodox hielte.[120] Im 17. Jahrhundert war so etwas nicht zu fürchten. Die Convocation von York wurde damals in der That so wenig beachtet, daß die beiden Parlamentshäuser in ihrer Adresse an Wilhelm nur von einer Convocation gesprochen hatten, die sie die Convocation der Geistlichkeit des Königreichs nannten.
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Die Körperschaft, die sie eben nicht besonders richtig so bezeichneten, zerfällt in zwei Häuser. Das Oberhaus besteht aus den Bischöfen der Provinz Canterbury. Das Unterhaus bestand 1689 aus hundertvierundvierzig Mitgliedern. Zweiundzwanzig Dechanten und vierundfunfzig Archidiakonen saßen darin kraft ihrer Aemter; vierundzwanzig Geistliche saßen als Vertreter von eben so vielen Kapiteln darin und nur vierundvierzig Abgeordnete wurden von den achttausend Pfarrgeistlichen der zweiundzwanzig Kirchspiele gewählt. Wahl der Convocationsmitglieder. Diese vierundvierzig Bevollmächtigten waren jedoch fast alle eines Sinnes. Die Wahl derselben war in früheren Zeiten auf die ruhigste und anständigste Weise vor sich gegangen. Bei dieser Gelegenheit aber fanden starke Wahlumtriebe und heftige Wahlkämpfe statt; Rochester, das Haupt der Partei, die sich im Hause der Lords der Comprehensionsbill widersetzt hatte, und sein Bruder Clarendon, der sich geweigert hatte, die Eide zu leisten, waren nach Oxford, dem Hauptquartier dieser Partei, gegangen, um die Opposition zu animiren und zu organisiren.[121] Die Vertreter der Parochialgeistlichen müssen Männer gewesen sein, deren Hauptauszeichnung ihr Eifer war, denn in der ganzen Liste findet sich nicht ein einziger berühmter Name und nur sehr wenige, die jetzt noch dem eifrigen Geschichtsforscher bekannt sind.[122] Die officiellen Mitglieder des Unterhauses, unter denen sich viele ausgezeichnete Gelehrte und Kanzelredner befanden, scheinen nicht sehr ungleich getheilt gewesen zu sein. Verleihung geistlicher Aemter. Während des Sommers 1689 kamen mehrere hohe kirchliche Aemter zur Erledigung und wurden Geistlichen verliehen, welche im Jerusalemzimmer saßen. Es ist bereits erwähnt worden, daß Thomas, Bischof von Worcester, gerade vor dem zur Eidesleistung bestimmten Tage starb. Lake, Bischof von Chichester, lebte eben noch lange genug, um sie zu verweigern, und er erklärte mit seinem letzten Athemzuge, daß er selbst auf dem Scheiterhaufen die Lehre von dem unveräußerlichen Erbrechte nicht verleugnen würde. Der Bischofsstuhl von Chichester wurde mit Patrick, der von Worcester mit Stillingfleet besetzt, und die Dechanei von St. Paul, welche Stillingfleet verließ, bekam Tillotson. Daß Tillotson nicht auf die bischöfliche Bank erhoben wurde, erregte einige Verwunderung. Aber gerade deshalb, weil die Regierung seine Dienste besonders hoch schätzte, ließ man ihn noch einige Zeit einfacher Pfarrgeistlicher bleiben. Das wichtigste Amt in der Convocation war das des Wortführers des Unterhauses. Den Wortführer hatten die Mitglieder zu wählen, und der einzige gemäßigte Mann, der Aussicht hatte gewählt zu werden, war Tillotson. Es war factisch bereits festgesetzt, daß er der nächste Erzbischof von Canterbury werden sollte.
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Als er für seine neue Dechanei zum Handkuß ging, dankte er dem Könige herzlich und sagte: »Eure Majestät hat mich für den Rest meiner Tage zur Ruhe gesetzt.« -- »Nicht doch, Herr Doctor, ich versichere es Ihnen,« entgegnete Wilhelm, worauf er ihm sehr deutlich zu verstehen gab, daß, wenn Sancroft einmal aufhören werde, das höchste kirchliche Amt zu verwalten, Tillotson sein Nachfolger sein sollte. Tillotson war ganz bestürzt, denn sein Character war sanft und frei von Ehrgeiz, er begann die Schwächen des Greisenalters zu empfinden, fragte wenig nach Geld und Gut, und diejenigen weltlichen Vortheile, auf die er den meisten Werth legte, waren ein guter Ruf und die allgemeine Zuneigung seiner Nebenmenschen. Diese Vortheile besaß er schon, und er konnte sich nicht verhehlen, daß er als Primas den unversöhnlichen Haß einer mächtigen Partei auf sich ziehen und eine Zielscheibe für die Verleumdung werden würde, vor der sein mildes und gefühlvolles Naturell zurückschauderte, wie vor der Folter oder dem Rade. Wilhelm sprach ernst und entschieden. »Es ist nothwendig im Interesse meiner Pläne,« sagte er, »und Sie würden es bei Ihrem Gewissen nicht verantworten können, wenn Sie mir Ihren Beistand verweigerten.« Hiermit endigte die Unterredung. Es war auch in der That nicht nöthig, daß die Sache auf der Stelle entschieden wurde, denn es sollten noch mehrere Monate verstreichen, ehe das Erzbisthum zur Erledigung kam. Tillotson klagte seine Noth mit ungeheuchelter Sorge und Betrübniß Lady Russell, der er unter allen menschlichen Wesen die höchste Achtung und das meiste Vertrauen schenkte.[123] Er scheue zwar keinen Dienst der Kirche, sagte er, aber er sei überzeugt, daß er in seiner gegenwärtigen Stellung am meisten nützen könne. Wenn er gezwungen werden sollte, einen so hohen und verhaßten Posten wie das Primat anzunehmen, würde er der für seine Kräfte so schweren Last der Pflichten und Sorgen bald erliegen. Es würde ihm an Muth dazu und mithin auch an der nöthigen Befähigung fehlen. Er beschwerte sich dann mild über Burnet, der ihn mit einer wahrhaft hochherzigen Innigkeit liebte und verehrte und der sich bemüht hatte, den König und die Königin zu überzeugen, daß es in ganz England nur einen einzigen Mann gebe, der sich für die höchste kirchliche Würde eigne. »Der Bischof von Salisbury,« sagte Tillotson, »ist einer meiner besten und zugleich schlimmsten Freunde.« Compton ist unzufrieden. Was Burnet kein Geheimniß war, konnte Niemandem lange ein Geheimniß bleiben.
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Man begann sich sehr bald zuzuflüstern, daß der König Tillotson zum Nachfolger Sancroft's bestimmt habe. Die Nachricht verdroß Compton heftig, denn er hatte nicht ohne Grund geglaubt, daß er in seinen Ansprüchen keinen Rivalen habe. Er hatte die Königin und ihre Schwester erzogen, und der Erziehung, die sie von ihm empfangen, dürfte sicherlich wenigstens zum Theil die Festigkeit zugeschrieben, werden, mit der sie trotz des Einflusses ihres Vaters der Landesreligion treu geblieben waren. Compton war außerdem der einzige Prälat, der unter der vorigen Regierung im Parlament seine Stimme gegen das Dispensationsrecht erhoben, der einzige Prälat, der von der Hohen Commission suspendirt worden war, der einzige Prälat, der die Einladung an den Prinzen von Oranien unterzeichnet, der einzige Prälat, der wirklich die Waffen gegen Papismus und Willkürgewalt ergriffen, der einzige Prälat, der mit noch einem andren gegen eine Regentschaft gestimmt hatte. Unter den Geistlichen der Provinz Canterbury, welche die Eide geleistet hatten, war er dem Range nach der Erste. Er hatte daher einige Monate lang als Stellvertreter des Primas fungirt; er hatte die neuen Souveraine gekrönt, er hatte die neuen Bischöfe geweiht, und er stand auf dem Punkte, der Convocation zu präsidiren. Dazu kam noch, daß er der Sohn eines Earls war und daß kein Mann von gleich vornehmer Geburt damals auf der Bank der Bischöfe saß, noch jemals seit der Reformation auf derselben gesessen hatte. Daß die Regierung einen Priester seiner eigenen Diöcese über ihn stellen wollte, der der Sohn eines Tuchmachers aus Yorkshire war und der sich durch nichts als durch Talente und Tugenden auszeichnete, war kränkend, und Compton, obgleich er durchaus kein schlechtes Herz hatte, fühlte sich tief gekränkt. Vielleicht wurde sein Verdruß durch den Gedanken noch vermehrt, daß er im Interesse Derer, die ihn so zurücksetzten, Manches gethan, was sein Gewissen gedrückt und seinen Ruf befleckt hatte, daß er einmal die Winkelzüge eines Diplomaten ausgeübt und ein andermal seinen Amtsbrüdern, durch Tragen des Büffelwamses und der Reiterstiefeln Aergerniß gegeben hatte. Maßlosen Ehrgeizes konnte er Tillotson nicht beschuldigen. Aber obgleich Tillotson selbst an dem Erzbisthum gar nichts gelegen war, bot er doch seinen Einfluß nicht zu Gunsten Compton's auf, sondern empfahl dringend Stillingfleet als das geeignetste Oberhaupt der englischen Kirche.
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Die Folge davon war, daß am Vorabend des Zusammentritts der Convocation der Bischof, der an der Spitze des Oberhauses stehen sollte, der persönliche Feind des Pfarrgeistlichen wurde, den die Regierung an der Spitze des Unterhauses zu sehen wünschte. Dieser Streit häufte neue Schwierigkeiten auf Schwierigkeiten, welche keiner Vermehrung bedurften.[124] Zusammentritt der Convocation. Erst am 20. November versammelte sich die Convocation zur Erledigung von Geschäften. Das Versammlungslokal war gewöhnlich die Paulskirche gewesen. Aber diese Kathedrale erhob sich nur langsam aus ihren Trümmern, und wenn auch ihre Kuppel die hundert Kirchthürme der City bereits hoch überragte, so waren doch die inneren Räume dem Gottesdienste noch nicht geöffnet. Die Versammlung hielt daher ihre Zusammenkünfte in Westminster.[125] In die schöne Kapelle Heinrich's VII. war ein Tisch gestellt und Compton nahm den Präsidentenstuhl ein. Zu seiner Rechten und Linken saßen in prunkenden Gewändern von Scharlach und Grauwerk diejenigen Suffragane von Canterbury, welche die Eide geleistet hatten, und am unteren Ende der Tafel war die Schaar der Pfarrgeistlichen versammelt. Beveridge hielt eine lateinische Rede, in der er das bestehende System zwar warm lobte, sich aber doch einer gemäßigten Reform zugethan erklärte. Die Kirchengesetze, sagte er, seien zweierlei Art. Einige Gesetze seien fundamental und ewig, ihre Autorität stamme von Gott, und keine religiöse Gemeinschaft könne sie umstoßen, ohne aufzuhören, einen Theil der Universalkirche zu bilden. Andere Gesetze seien örtlich und temporär. Diese seien von menschlicher Weisheit gemacht, und menschliche Weisheit könne sie daher abändern. Allerdings dürften sie nicht ohne triftige Gründe abgeändert werden, aber an solchen Gründen fehle es in diesem Augenblicke sicherlich nicht. Eine zerstreute Heerde in eine Hürde und unter einen Schäfer zu bringen, Steine des Anstoßes vom Pfade des Schwachen zu entfernen, lange entfremdete Herzen mit einander auszusöhnen, die geistliche Zucht in ihrer ursprünglichen Kraft wiederherzustellen, der besten und reinsten der christlichen Gesellschaften eine Basis zu geben, breit genug, um allen Angriffen der Erde und der Hölle zu widerstehen: dies seien Zwecke, die wohl einige Modifikationen, nicht der katholischen Institutionen, aber nationaler oder provincialer Gebräuche rechtfertigten.[126] Die Hochkirchlichen im Unterhause der Convocation überwiegend. Nachdem das Unterhaus diese Rede angehört, schritt es zur Wahl eines Sprechers. Sharp, der wahrscheinlich von den einer Comprehension günstigen Mitgliedern als einer der Hochkirchlichsten unter ihnen vorgeschoben worden war, schlug Tillotson vor. Jane, der sich geweigert hatte, kraft der königlichen Vollmacht zu handeln, wurde von der andren Seite vorgeschlagen.
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Nach einer lebhaften Discussion ward Jane mit fünfundfünfzig gegen achtundzwanzig Stimmen gewählt.[127] Der Wortführer wurde dem Bischof von London förmlich vorgestellt und hielt nach altem Brauch eine lateinische Rede. In dieser Rede wurde die anglikanische Kirche als die vollkommenste aller Institutionen gerühmt. Der Redner deutete sehr verständlich an, daß weder in ihrer Doctrin, noch in ihrer Disciplin, noch in ihrem Ritual eine Abänderung nöthig sei, und er schloß seinen Vortrag mit einem bedeutungsvollen Satze. Als Compton einige Monate früher die etwas ungeistliche Rolle eines Reiterobersten spielte, hatte er in die Fahnen seines Regiments die wohlbekannten Worte sticken lassen: »^Nolumus leges Angliae mutari^«, und mit diesen Worten schloß Jane seine Rede.[128] Die Niederkirchlichen gaben indeß noch nicht alle Hoffnung auf. Sie beschlossen wohlweislich, mit dem Vorschlage zu beginnen, daß Kapitel aus den kanonischen Büchern an die Stelle der aus den Apokryphen entnommenen zum Vorlesen beim Gottesdienste bestimmt werden sollten. Man sollte meinen, daß dieser Vorschlag, selbst wenn es nicht einen einzigen Dissenter im Königreiche gegeben hätte, wohl günstig hätte aufgenommen werden müssen. Denn die Kirche hatte in ihrem sechsten Artikel erklärt, daß die kanonischen Bücher berechtigt seien, heilige Schriften genannt und als Richtschnur des Glaubens betrachtet zu werden, die apokryphischen Bücher aber nicht. Die Hochkirchlichen aber waren entschlossen, sich selbst dieser Reform zu widersetzen. Sie fragten in Flugschriften, welche die Ladentische von Paternoster Row und Little Britain bedeckten, warum die Landgemeinden des Genusses beraubt werden sollten, von der Pechkugel, mit welcher Daniel den Drachen erblickte, und von dem Fische zu hören, dessen Leber einen Geruch verbreitete, vor welchem der Teufel von Ekbatana bis nach Egypten floh. Und gebe es nicht Kapitel von der Weisheit des Sohnes Sirach's, welche viel interessanter und erbaulicher seien als die Genealogien und Namensverzeichnisse, welche einen großen Theil der Chroniken der jüdischen Könige und der Erzählung Nehemia's füllten? Kein ernster Geistlicher würde jedoch in der Kapelle Heinrich's VII. zu behaupten gewagt haben, daß es unmöglich sei, in vielen hundert vom heiligen Geist eingegebenen Seiten funfzig oder sechzig Kapitel zu finden, welche erbaulicher wären als irgend etwas, was aus den Werken der angesehensten nicht inspirirten Moralisten oder Historiker extrahirt werden könnte. Die Häupter der Majorität beschlossen daher, einer Debatte auszuweichen, in der sie in eine unangenehme Alternative hätten versetzt werden müssen.
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Ihr Plan war, nicht die Vorschläge der Commissionsmitglieder zu verwerfen, sondern einer Discussion über dieselben vorzubeugen, und zu dem Ende wurde ein System der Taktik adoptirt, das sich als erfolgreich erwies. Das Gesetz, so wie es seit einer langen Reihe von Jahren interpretirt worden war, verbot der Convocation, irgend welche kirchliche Verordnung ohne vorherige Ermächtigung seitens der Krone auch nur in Berathung zu nehmen. Diese Ermächtigung, mit dem großen Siegel versehen, brachte Nottingham in aller Form in die Kapelle Heinrich's VII. Zu gleicher Zeit überreichte er eine Botschaft vom Könige. Seine Majestät ermahnte die Versammlung, ruhig und vorurtheilsfrei die Vorschläge der Commission zu prüfen, und erklärte, daß er nur die Ehre und die Vortheile der protestantischen Religion im allgemeinen und der englischen Kirche im besonderen im Auge habe.[129] Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Häusern der Convocation. Die Bischöfe einigten sich schnell über eine Dankadresse für die königliche Botschaft und forderten das Unterhaus zum Beitritt auf. Jane und seine Anhänger erhoben Einwendungen über Einwendungen dagegen. Zuerst beanspruchten Sie das Recht eine Separatadresse zu überreichen. Als sie gezwungen wurden, darauf zu verzichten, verweigerten sie ihre Zustimmung zu irgend einem Ausdrucke, mit welchem gesagt werde, daß die englische Kirche mit irgend einer andren protestantischen Glaubensgesellschaft etwas gemein habe. Es wurden Amendements und Beweisgründe hin und her geschickt, Conferenzen gehalten, bei denen Burnet für die eine und Jane für die andre Seite die Hauptwortführer waren, und endlich mit großer Mühe ein Uebereinkommen zu Stande gebracht, dessen Resultat eine, im Vergleich zu der von den Bischöfen entworfenen, kalte und unfreundliche Adresse war, welche dem Könige im Bankethause überreicht wurde. Er verbiß seinen Unmuth, gab eine freundliche Antwort und sprach die Hoffnung aus, die Versammlung werde nun endlich zur Berathung der wichtigen Comprehensionsfrage schreiten.[130] Das Unterhaus der Convocation erweist sich als unlenksam. Damit waren jedoch die Führer des Unterhauses nicht einverstanden. Sobald sie sich wieder in der Kapelle Heinrich's VII. befanden, veranlaßte einer von ihnen eine Debatte über die eidverweigernden Bischöfe. Trotz des bedauerlichen Gewissensbedenkens, den diese Prälaten hegten, seien sie doch gelehrte und heilige Männer, und ihr Rath könne unter den gegenwärtigen Umständen der Kirche von größtem Nutzen sein. Das Oberhaus sei in Abwesenheit des Primas und vieler seiner angesehensten Suffragane kaum ein Oberhaus. Könne nichts geschehen, um diesen Uebelstand zu beseitigen?[131] Ein andres Mitglied beklagte sich über einige unlängst erschienene Pamphlets, in denen nicht mit der gebührenden Achtung von der Convocation gesprochen werde.
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Die Versammlung fing Feuer. Sei es nicht empörend, daß dieses ketzerische und schismatische Zeug in den Straßen öffentlich ausgeboten und in den Läden von Westminsterhall, hundert Schritt von dem Stuhle des Wortführers, verkauft werden dürfe? Das Werk der Verstümmelung der Liturgie und der Verwandlung der Kathedralen in Conventikel könne gewiß so lange aufgeschoben werden, bis die Synode Maßregeln zum Schutze ihrer eignen Freiheit und Würde getroffen habe. Es wurde nun darüber debattirt, wie das Drucken solcher anstößiger Bücher verhindert werden könne. Einige waren für Klagerhebung, Andere für eine geistliche Censur.[132] Unter solchen Berathungen verstrich Woche auf Woche. Nicht ein einziger auf eine Comprehension bezüglicher Vorschlag war auch nur discutirt worden. Weihnachten rückte heran, und zu dieser Zeit sollten die Sitzungen unterbrochen werden. Die Bischöfe wünschten, daß während der Ferien ein Ausschuß beisammen bleibe, um die Geschäfte vorzubereiten. Das Unterhaus verweigerte seine Einwilligung.[133] Es war jetzt augenscheinlich, daß dieses Haus sich fest vorgenommen hatte, nicht einmal einen Theil des von den Königlichen Beauftragten entworfenen Planes in Berathung zu nehmen. Die Abgeordneten der Diöcesen waren in schlechterer Stimmung als bei ihrer ersten Ankunft in Westminster. Viele von ihnen hatten wahrscheinlich noch niemals eine Woche in der Hauptstadt zugebracht und hatten nicht geahnet, wie groß der Unterschied zwischen einem Stadtgeistlichen und einem Landgeistlichen war. Der Anblick des Luxus und der Bequemlichkeiten, welche die beliebten Prediger der Hauptstadt, genossen, mußte in einem Vikar aus Lincolnshire oder Caernarvonshire, der gewohnt war, so einfach wie ein kleiner Farmer zu leben, nothwendig einige wehmüthige Empfindungen erwecken. Gerade weil der Londoner Klerus durchgehends für eine Comprehension war, wollten die Vertreter der Landgeistlichkeit nichts davon wissen.[134] Die Prälaten als Gesammtheit wünschten aufrichtig, daß den Nonconformisten ein Zugeständniß gemacht werden möchte. Aber die Prälaten waren durchaus nicht im Stande, die aufsässige Demokratie zu beugen. Ihre Zahl war gering, einige von ihnen waren dem Parochialklerus im höchsten Grade zuwider, der Präsident hatte nicht die volle Autorität eines Primas, und überdies war es ihm gar nicht unlieb, die Männer, die ihn seiner Meinung nach übel behandelt hatten, in ihren Plänen behindert und gekränkt zu sehen. Die Convocation prorogirt. Man mußte nachgeben. Die Convocation wurde auf sechs Wochen prorogirt. Nach Verlauf dieser sechs Wochen wurde sie aufs neue prorogirt und viele Jahre vergingen, ehe sie ihre Thätigkeit wieder beginnen durfte.
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So endete, und zwar für immer, die Hoffnung, daß die englische Kirche bewogen werden könnte, den Bedenken der Nonconformisten ein Zugeständniß zu machen. Eine gelehrte und ehrenwerthe Minorität des Priesterstandes gab diese Hoffnung mit tiefem Bedauern auf. Sehr bald jedoch fanden selbst Burnet und Tillotson Grund zu glauben, daß ihre Niederlage thatsächlich ein glückliches Entrinnen war und daß der Sieg ein Unglück gewesen sein würde. Eine Reform, wie sie zu den Zeiten der Königin Elisabeth die große Gesammtheit der englischen Protestanten vereinigt haben würde, würde zu Wilhelm's Zeiten mehr Herzen einander entfremdet als versöhnt haben. Das Schisma, welches die Eide herbeigeführt hatten, war bis jetzt noch ohne Bedeutung. Neuerungen wie die von der Königlichen Commission vorgeschlagenen würden ihm eine gefährliche Wichtigkeit gegeben haben. Bis jetzt saß ein Laie, mochte er auch das Verfahren der Convention für unverantwortlich halten und die Tugendhaftigkeit des eidverweigernden Klerus preisen, nach wie vor unter der gewohnten Kanzel und kniete an dem gewohnten Altare. Wenn aber in diesem Augenblicke, während seine Gemüthsstimmung durch das seinen Lieblingsgeistlichen zugefügte vermeintliche Unrecht gereizt und er vielleicht in Zweifel war, ob er ihrem Beispiele folgen solle oder nicht, seine Augen und Ohren durch Aenderungen in dem Gottesdienste, dem er innig zugethan war, beleidigt worden, wenn die Compositionen der Doctoren des Jerusalemszimmers an die Stelle der alten Collecten getreten wären, wenn er Geistliche ohne Chorhemd Kelch und Hostienteller sitzenden Communicanten hätte darreichen sehen, so würde das Band, das ihn an die Landeskirche knüpfte, zerrissen sein. Er würde sich in eine Versammlung von Eidverweigerern begeben haben, wo der Gottesdienst, den er liebte, ohne Verstümmelungen abgehalten wurde, die neue Secte, welche für jetzt noch fast ausschließlich aus Priestern bestand, würde bald durch viele und zahlreiche Gemeinden verstärkt worden sein, und diese Gemeinden würden eine verhältnißmäßig größere Menge Reicher, Vornehmer und Gebildeter aufzuweisen gehabt haben, als irgend eine andre Dissentergemeinde. Die so verstärkten episkopalen Schismatiker würden dem neuen Könige und seinen Nachfolgern wahrscheinlich eben so furchtbar gewesen sein, wie die puritanischen Schismatiker es jemals den Fürsten des Hauses Stuart waren. Es ist eine unbestreitbare und höchst lehrreiche Thatsache, daß wir die bürgerliche und religiöse Freiheit, deren wir uns jetzt erfreuen, zum großen Theil der Beharrlichkeit verdanken, mit der die hochkirchliche Partei in der Convocation von 1689 sich weigerte, irgend einen Comprehensionsplan auch nur in Berathung zu nehmen.[135] ---------- [Fußnote 1: Siehe die Verhandlungen der Lords vom 5. Febr.
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1688/89 und mehreren darauffolgenden Tagen; Braddon's Pamphlet betitelt: ^The Earl of Essex's Memory and Honour Vindicated, 1690^, und die London Gazette vom 31. Juli und 4. und 7. August 1690, worin Lady Essex und Burnet öffentlich Braddon widersprachen.] [Fußnote 2: Ob die Verurtheilung Lord Russel's, wenn sie nicht umgestoßen worden wäre, für seinen Sohn ein Hinderniß gewesen sein würde, ihm im Earlthum Bedford nachzufolgen, ist eine schwer zu entscheidende Frage. Der alte Earl holte darüber die Gutachten der größten Juristen der damaligen Zeit ein, die man noch in den Archiven zu Woburn sehen kann. Bemerkenswerth ist, daß eines dieser Gutachten von Pemberton herrührt, der bei dem Prozesse den Vorsitz geführt hatte. Dieser Umstand beweist, daß die Familie ihn keiner Ungerechtigkeit oder Grausamkeit beschuldigte, und er hatte sich auch in der That so gut benommen, wie irgend ein andrer Richter sich vor der Revolution in einem ähnlichen Falle benommen hatte.] [Fußnote 3: ^Grey's Debates, March 1688/89.^] [Fußnote 4: Die Edicte, welche die Todesurtheile Russell's, Sidney's, Cornish's und der Alice Lisle umstießen, waren Geheim-Edicte. In die Gesetzsammlung sind daher nur die Titel derselben aufgenommen, die Edicte selbst aber findet man in Howell's ^Collection of State Trials^.] [Fußnote 5: ^Commons' Journals, June 24. 1689.^] [Fußnote 6: Johnson erzählt diese Geschichte selbst in seinem sonderbaren Pamphlet, betitelt: ^Notes upon the Phoenix Edition of the Pastoral Letter, 1694^.] [Fußnote 7: Einige Nota des Ehrwürdigen Samuel Johnson, der Folioausgabe seiner 1710 erschienenen Werke vorangestellt.] [Fußnote 8: ^Lords' Journals, May 15. 1689.^] [Fußnote 9: ^North's Examen, 224.^ North's Zeugniß wird durch mehrere zeitgenössische Pasquille in Prosa und in Versen bestätigt. Siehe auch das [Griechisch: eikôn brotoloigou], 1697.] [Fußnote 10: Halifax-Manuscript im Britischen Museum.] [Fußnote 11: Dedicationsepistel zu Oates' [Griechisch: eikôn basilikê].] [Fußnote 12: In einer Ballade aus der damaligen Zeit kommen folgende Zeilen vor: »Kommt her, Ihr Whigs, und leiht mir Eure Ohren, Habt Ihr nicht, wie der Doctor, sie verloren.« Diese Zeilen müssen Mason vorgeschwebt haben, als er das Couplet schrieb: »Merkt auf Ihr Hills, Ihr Johnsons, Scots, Shebbeares, Hört meinen Ruf, denn mancher unter Euch hat Ohren.«] [Fußnote 13: ^North's Examen, 224, 234.^ North spricht von sechshundert Pfund. Aber ich habe nach der unverschämten Petition, welche Oates unterm 25. Juli 1689 an die Gemeinen richtete, die größere Summe angenommen. Siehe die Verhandlungen.] [Fußnote 14: Van Citters bedient sich dieses Spottnamens ganz ernsthaft in seinen Depeschen an die Generalstaaten.] [Fußnote 15: ^Lords' Journals, May 30.
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1689.^] [Fußnote 16: ^Lords' Journals, May 31. 1689; Commons' Journals, Aug. 2.; North's Examen, 224; Narcissus Luttrell's Diary.^] [Fußnote 17: Sir Robert war der ursprüngliche Held der »Rehearsal« und wurde Bilboa genannt. In die umgearbeitete »Dunciade« setzte Pope die Zeilen: »Und hochgeborner Howard, majestät'scher Sire. Ergänzt den Chorus mit den Narr'n von Stande.« Pope's hochgeborner Howard war Eduard Howard, der Autor der ^British Princes^.] [Fußnote 18: ^Key to the Rehearsal; Shadwell's Sullen Lovers; Pepys May 5., 8. 1668; Evelyn, Februar 16. 1684/85.^] [Fußnote 19: ^Grey's Debates und Commons' Journals, June 4., 11. 1689.^] [Fußnote 20: ^Lords' Journals, June 6. 1689.^] [Fußnote 21: ^Commons' Journals, August 2. 1689^; die außerordentlichen holländischen Gesandten an die Generalstaaten vom 30. Juli (9. August).] [Fußnote 22: ^Lords' Journals, July 30. 1689; Narcissus Luttrell's Diary; Clarendon's Diary, July 31. 1689.^] [Fußnote 23: ^Commons' Journals, July 31., August 13. 1689.^] [Fußnote 24: ^Commons' Journals, August 20.^] [Fußnote 25: Oldmixon klagt die Jakobiten, Burnet die Republikaner an. Obwohl Burnet regen Antheil an der Discussion dieser Frage nahm, so ist doch sein Bericht über die dabei stattgehabten Vorgänge sehr ungenau. Er sagt, die Klausel sei von den Gemeinen lebhaft debattirt worden und Hampden habe nachdrücklich für dieselbe gesprochen. Wir erfahren aber aus den Protokollen (19. Juni 1689), daß sie ^nemine contradicente^ verworfen wurde. Die holländischen Gesandten bezeichnen sie als »^een propositie 'twelck geen ingressie schynt te sullen vinden.^«] [Fußnote 26: ^London Gazette, August 1. 1689; Narcissus Luttrell's Diary.^] [Fußnote 27: Die Geschichte dieser Bill findet man in den Protokollen der beiden Häuser und in Grey's ^Debates^.] [Fußnote 28: Siehe ^Grey's Debates^ und die ^Commons' Journals^ vom März bis Juli. Die zwölf Kategorien findet man in den Protokollen vom 23. und 29. Mai und vom 8. Juni.] [Fußnote 29: Halifax-Manuscript im Britischen Museum.] [Fußnote 30: ^The Life and Death of George Lord Jeffreys^; Finch's Rede in Grey's ^Debates^, 1.
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März 1688/89.] [Fußnote 31: Siehe unter vielen anderen Schriften ^Jeffreys's Elegy; Letter to the Lord Chancellor exposing to him the sentiments of the people; Elegy of Dangerfield; Dangerfield's Ghost to Jeffreys; Humble Petition of Widows and fatherless Children in the West; The Lord Chancellors Discovery and Confession made in the time of his sickness in the Tower; Hickeringill's Ceremonymonger;^ ein Flugblatt betitelt: »^O rare show! O rare sight! O strange monster! The like not in Europe! To be seen near Tower Hill, a few doors beyond the Lion's den.^«] [Fußnote 32: ^Life and Death of George Lord Jeffreys.^] [Fußnote 33: Tutchin erzählt dies selbst in den ^Bloody Assizes^.] [Fußnote 34: Siehe die Biographie des Erzbischofs Sharp von seinem Sohne. Was zwischen Scott und Jeffreys vorging, erzählte Ersterer Sir Joseph Jockyl. Siehe auch Tindal's Geschichte und Echard III. 932. Echard's Berichterstatter, der nicht genannt ist, der aber gute Gelegenheit gehabt zu haben scheint, die Wahrheit zu erfahren, sagte, Jeffreys sei nicht, wie man allgemein glaube, an den Folgen der Trunksucht, sondern am Stein gestorben. Diese Meinungsverschiedenheit ist von geringer Bedeutung. Soviel ist gewiß, daß Jeffreys sehr unmäßig war, und seine Krankheit war eine von denjenigen, welche durch Unmäßigkeit notorisch verschlimmert werden.] [Fußnote 35: Siehe ^A Full and True Account of the Death of George Lord Jeffreys, licensed on the day of his death^. Der erbärmliche Le Noble wurde nicht müde zu wiederholen, Jeffreys sei durch den Usurpator vergiftet worden. Ich will eine kurze Stelle als Probe von den Verleumdungen anführen, deren Gegenstand König Wilhelm war. »^Il envoya,^« sagt Pasquin, »^ce fin ragoût de champignons au Chancelier Jeffreys, prisonnier dans la Tour, qui les trouva du même goust et du même assaisonnement que furent les derniers dont Agrippine regala le bonhomme Claudius, son époux, et que Néron appella depuis la viande des Dieux.^« Marforio fragt: »^Le Chancelier est donc mort dans la Tour?^« Pasquin antwortet: »^Il estoit trop fidèle à son Roi légitime et trop habile dans les loix du royaume, pour échapper à l'Usurpateur qu'il ne vouloit point reconnoistre. Guillemot prit soin de faire publier que ce malheureux prisonnier estoit attaqué d'une fièvre maligne: mais, à parler franchement, il vivroit peutestre encore, s'il n'avoit rien mangé que de la main de ses anciens cuisiniers.^« -- ^Le Festin de Guillemot, 1689.^ Dangeau (7. Mai) erwähnt eines Gerüchts, daß Jeffreys sich selbst vergiftet habe.] [Fußnote 36: ^Grey's Debates, June 12.
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1689.^] [Fußnote 37: Siehe ^Commons' Journals^ und ^Grey's Debates, June 1., 3., 4. 1689; Life of William 1704.^] [Fußnote 38: ^Burnet MS. Harl. 6584^; Avaux an de Croissy, 16. (26.) Juni 1689.] [Fußnote 39: Bezüglich der Protokolle des Geheimen Raths siehe die ^Commons' Journals^ vom 22. und 28. Juni und vom 3., 5., 13. und 16. Juli.] [Fußnote 40: Der Brief von Halifax an Lady Russell ist vom 23. Juli 1689, etwa vierzehn Tage nach dem Angriffe auf ihn bei den Lords und etwa acht Tage vor dem Angriffe bei den Gemeinen, datirt.] [Fußnote 41: Siehe die ^Lords' Journals^ vom 10. Juli 1689 und einen Brief aus London vom 11. (21.) Juli, den Croissy an Avaux sendete. Don Pedro de Ronquillo erwähnt des Angriffs der whiggistischen Lords auf Halifax in einer Depesche, deren Datum ich nicht angeben kann.] [Fußnote 42: Dies geschah Sonnabend den 3. August. Da die Abstimmung im Comité stattfand, sind die Zahlen nicht in die Protokolle aufgenommen. Clarendon sagt in seinem Tagebuche, die Majorität habe elf Stimmen betragen. Aber Narcissus Luttrell, Oldmixon und Tindal geben sie übereinstimmend auf vierzehn an. Der größte Theil des Wenigen was ich über diese Debatte gefunden habe, ist in einer Depesche von Don Pedro de Ronquillo enthalten. »^Se resolvio,^« sagt er, »^que el sabado, en comity de toda la casa, se tratasse del estado de la nation para representarle al Rey. Emperose por acusar al Marques de Olifax; y reconociendo sus emulos que no tenian partido bastante, quisieron remitir para otro dia esta motion: pero el Conde de Elan, primogenito del Marques de Olifax, miembro de la casa, les dijo que su padre no era hombre para andar peloteando con el, y que se tubiesse culpa lo acabasen de castigar, que el no havia menester estar en la corte para portarse conforme á su estado, pues Dios le havia dado abundamente para poderlo hazer; con que por pluralidad de voces vencio su partido.^« Ich vermuthe, daß Lord Eland auf die Armuth einiger von den Feinden seines Vaters und auf die Habgier anderer anspielen wollte.] [Fußnote 43: Diese Veränderung in der Stimmung, welche unmittelbar auf die Debatte über den Antrag auf Halifax' Entlassung folgte, wird von Ronquillo erwähnt.] [Fußnote 44: Ueber Ruvigny siehe Sir Simon's Memoiren vom Jahre 1697 und Burnet I. 366.
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Einige interessante Angaben über Ruvigny und über die hugenottischen Regimenter findet man auch in einer Erzählung aus der Feder eines französischen Refugiés Namens Dumont. Diese Erzählung, ein Manuscript, das ich bei Gelegenheit als das Dumont-Manuscript citiren werde, wurde mir vom Dechanten von Ossory freundlichst geliehen.] [Fußnote 45: Siehe das ^Abrègé de la Vie de Fréderic Duc de Schomberg^, von Lunancy, 1690, die Memoiren des Grafen Dohna und die Anmerkung St. Simon's zu Dangeau's Journal, 30. Juli 1690.] [Fußnote 46: Siehe die Protokolle der Gemeinen vom 16. Juli 1689 und vom 1. Juli 1814.] [Fußnote 47: Protokolle der Lords, und der Gemeinen vom 20. August 1689; London Gazette vom 22. August.] [Fußnote 48: »^J'estois d'avis qu', après que la descente seroit faite, si on apprenoit que des Protestans se fussent soulevez en quelques endroits du royaume, on fit main basse sur tous généralement.^« -- Avaux, 31. Juli (10. Aug.) 1689.] [Fußnote 49: »^Le Roy d'Angleterre m'avoit écouté assez paisiblement la première fois que je luy avois proposé ce qu'il avoit à faire contre les Protestans.^« -- Avaux, 4. (14.) Aug.] [Fußnote 50: Avaux, 4. (14.) Aug. Er schreibt: »^Je m'imnagine qu'il est persuadé que, quoiqu'il ne donne point d'ordre sur cela, la plupart des Catholiques de la campagne se jetteront sur les Protestans.^«] [Fußnote 51: Ludwig tadelte unterm 22. Aug. (6. Sept.) Avaux, obwohl viel zu mild, wegen seines Vorschlags, die ganze protestantische Bevölkerung von Leinster, Connaught und Munster niederzumetzeln. »^Je n'approuve pas cependant la proposition que vous faites de faire main basse sur tous les Protestans du royaume, du moment qu', en quelque endroit que ce soit, ils se seront soulevez: et, outre que la punition d'une infinité d'innocens pour peu de coupables ne seroit pas juste, d'ailleurs les represailles contre les Catholiques seroient d'autant plus dangereuses, que les premiers se trouveront mieux armez et soutenus de toutes les forces d'Angleterre.^«.] [Fußnote 52: Ronquillo drückt unterm 9. (19.) Aug., wo er von der Belagerung von Londonderry spricht, sein Erstaunen aus, »^que una plaza sin fortificazion y sin gentes de guerra aya hecho una defensa tan gloriosa, y que los sitiadores al contrario ayan sido tan poltrones.^«] [Fußnote 53: Diese Angaben über die irische Armee sind aus zahlreichen Briefen von Avaux an Ludwig und an dessen Minister zusammengestellt. Ich will einige der interessantesten Stellen anführen. »^Les plus beaux hommes,^« sagt Avaux von den Irländern, »^qu'on peut voir.
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Il n'y en a presque point au dessous de cinq pieds cinq à six pouces.^« Der französische Fuß ist bekanntlich länger als der unsrige. »^Ils sont très bien faits: mais ils ne sont ny disciplinez ny armez, et de surplus sont de grands voleurs.« -- »La plupart de ces régimens sont levez par des gentilhommes qui n'ont jamais esté à l'armée. Ce sont des tailleurs, des bouchers, des cordonniers, qui ont formé les compagnies et qui en sont les Capitaines.« -- »Jamais troupes n'ont marché comme font celles-cy. Ils vont comme des bandits, et pillent tout ce qu'ils trouvent en chemin.« -- »Quoiqu'il soit vrai que les soldats paroissent fort résolus à bien faire, et qu'ils soient fort animez contre les rebelles, néantmoins il ne suffit pas de cela pour combattre ... Les officiers subalternes sont mauvais, et, à la reserve d'un très petit nombre, il n'y en a point qui ayt soin des soldats, des armes, et de la discipline.« -- »On a beaucoup plus de confiance en la cavalerie, dont la plus grande partie est assez bonne.^« -- Einige Reiterregimenter lobt Avaux ganz besonders. Von zweien derselben sagt er: »^On ne peut voir de meilleur régiment.^« Die Richtigkeit des Urtheils, das er sich über die Infanterie wie über die Cavallerie gebildet, zeigte sich nach seiner Abreise deutlich am Boyne.] [Fußnote 54: Ich will ein Paar Stellen aus den damals von Avaux geschriebenen Depeschen anführen. Unterm 7. (17.) September schreibt er: »^De quelque costé qu'on se tournât, on ne pouvoit rien prevoir que de désagréable. Mais dans cette extrémité chacun s'est évertué. Les officiers ont fait leur recrues avec beaucoup de diligence.^« Drei Tage später sagt er: »^Il y a quinze jours que nous n'espérions guère de pouvoir mettre les choses en si bon estat: mais my Lord Tyrconnel et tous les Irlandais ont travaillé avec tant d'empressement qu'on s'est mis en estat de deffense.^«] [Fußnote 55: Avaux, 20. (30. Aug.), 25. Aug. (4. Sept.), 26. Aug. (5. Sept.); ^Life of James II. 373^; Melfort's Selbstvertheidigung unter den ^Nairne Papers^. Avaux sagt: »^Il pourra partir ce soir à la nuit: car je vois biens qu'il apprehende qu'il ne sera pas sur pour luy de partir en plein jour.^«] [Fußnote 56: ^Story's Impartial History of the Wars of Ireland, 1693; Life of James, II. 374.^; Avaux, 7. (17.) Sept.
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Ein französischer Offizier sagt in einem bald nach Schomberg's Landung an Avaux geschriebenen Briefe: »^Les Huguenots font plus de mal que les Anglois, et tuent force Catholiques pour avoir fait résistance.^«] [Fußnote 63: Story; Erzählung, welche Avaux unterm 26. Nov. (6. Dec.) 1689 Seignelay übersandte; London Gazette vom 14. Oct. 1689. Merkwürdig ist es, daß, obgleich Dumont sich im Lager bei Dundalk befand, in seinem Manuscripte von der Verschwörung unter den Franzosen nichts erwähnt ist.] [Fußnote 64: ^Story's Impartial History^; Dumont-Manuscript. Die Gottlosigkeit und Unsittlichkeit, welche während der Krankheit im Lager herrschten, werden in vielen damaligen Pamphlets in Versen wie in Prosa erwähnt. Man sehe insbesondere eine Satyre betitelt: ^Reformation of Manners^, Theil II.] [Fußnote 65: ^Story's Impartial History.^] [Fußnote 66: Avaux, 11. (21.) Oct., 14. (24.) Nov. 1689; ^Story's Impartial History; Life of James, II. 382, 383. Orig. Mem.; Nihell's Journal.^] [Fußnote 67: ^Story's Impartial History^; Schomberg's Depeschen; ^Nihell's Journal^ und ^Life of James; Burnet II. 20.^; Dangeau's Tagebuch während dieses Herbstes; die Erzählung, welche Avaux an Seignelay einsandte, und das Dumont-Manuscript. Die Lügen der London Gazette sind haarsträubend. Während des ganzen Herbstes sollen die Truppen beständig in guter Verfassung gewesen sein. In dem albernen Drama, betitelt: ^The Royal Voyage^, welches zur Belustigung des Londoner Pöbels im Jahre 1689 aufgeführt wurde, werden die Irländer dargestellt, wie sie einige von den kranken Engländern angreifen. Die Engländer schlagen die Angreifenden in die Flucht und fallen dann todt nieder.] [Fußnote 68: Siehe seine Depeschen im Anhange zu Dalrymple's Memoiren.] [Fußnote 69: London Gazette vom 20. Mai 1689.] [Fußnote 70: Bleib' in der Stadt. -- D. Uebers.] [Fußnote 71: ^Commons' Journals, Nov. 13. 23. 1689; Grey's Debates, Nov. 13. 14. 18. 23. 1689.^ Siehe unter vielen Schmähschriften die ^Parable of the Bearbaiting; Reformation of Manners, a Satire; The Mock Mourners, a Satire.^ Außerdem auch ^Pepys's Diary, Kept at Tangier, Oct. 15. 1683.^] [Fußnote 72: Die beste Uebersicht über diese Verhandlungen findet man in Wagenaar, 61. Er hat die Witsen'schen Papiere zur Hand gehabt und denselben zahlreiche Citate entnommen. Witsen war es, der in heftiger Bewegung unterschrieb, »^zo als,^« sagt er, »^myne beevende hand getuigen kan.^« Die Verträge findet man in Dumont's ^Corps Diplomatique^. Sie wurden im August 1689 unterzeichnet.] [Fußnote 73: Der Vertrag zwischen dem Kaiser und den Generalstaaten ist vom 12. Mai 1689 datirt.
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Er befindet sich in Dumont's ^Corps Diplomatique^.] [Fußnote 74: Siehe die Depesche Waldeck's in der London Gazette vom 26. Aug. 1689. ^Historical Records of the First Regiment of Foot;^ Dangeau, 28. Aug.; Monthly Mercury, September 1689.] [Fußnote 75: Siehe den ^Dear Bargain^, ein im Jahr 1690 heimlich gedrucktes jakobitisches Pamphlet. »Ich habe keine Geduld mehr,« sagt der Verfasser, »nach diesem Schurken (Marlborough) noch einen andren zu erwähnen. Alle sind im Vergleich zu ihm unschuldig, selbst Kirke.«] [Fußnote 76: Siehe den Monthly Mercury vom September 1689 und von den vier folgenden Monaten; auch Welwood's ^Mercurius Reformatus^ vom 18., 25. Sept. und 8. Oct. 1689. Melfort's Instructionen und seine Denkschriften für den Papst und den Cardinal von Este finden sich in den ^Nairne Papers^; einige Auszüge hat Macpherson abgedruckt.] [Fußnote 77: Siehe die Antwort eines Eidverweigerers auf die Aufforderung des Bischofs von Sarum im Anhange zu ^The Life of Kettlewell^. Unter den Tanner'schen Manuscripten in der Bodlejanischen Bibliothek befindet sich ein Aufsatz, den ich anzuführen wage, da Sancroft ihn der Aufbewahrung werth gehalten hat. Der Verfasser, ein entschiedener Eidverweigerer, sagt, nachdem er durch allerhand leere Ausflüchte den von einem fügsameren Geistlichen aus der Praxis der primitiven Kirche entlehnten Argumente auszuweichen versucht hat: »Angenommen die ersten Christen hätten fortwährend, seit den Zeiten der Apostel, ihre früheren Fürsten geleisteten Eide so wenig beachtet, als er behauptet, wird er deshalb sagen wollen, daß ihre Verfahrungsweise als Regel gelten müsse? Leute von übrigens sehr orthodoxen Grundsätzen haben Böses gethan und allgemein dazu aufgemuntert.« Die aus der Praxis der ersten Christen hergeleitete Beweisführung ist sehr gut zusammengestellt in einer Schrift, betitelt: ^The Doctrine of Non-resistance or Passive Obedience No Way concerned in the Controversies now depending between die Williamites and the Jacobites, by a Lay Gentleman of the Communion of the Church of England, as by Law establish'd, 1689.^] [Fußnote 78: Eine der unterwürfigsten Adressen, welche je eine Convocation votirt hat, war eine an Richard III. gerichtete. Sie findet sich in Wilkin's ^Concilia^. Dryden stellt in seinem schönen ^Rifacimento^, einer der schönsten Stellen seiner ^Canterbury Tales^, den »guten Pfarrer« dar, wie er lieber seine Pfründe aufgiebt als den Herzog von Lancaster als König von England anerkennt. Für diese Darstellung findet sich weder in Chaucer's Gedicht noch anderswo ein Rechtfertigungsgrund. Dryden wollte etwas schreiben, was die Geistlichen, welche die Eide geleistet hatten, verdroß und deshalb dichtete er einem katholischen Priester des 14.
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Jahrhunderts einen Aberglauben an, der erst bei den anglikanischen Priestern des 17. Jahrhunderts entstanden ist.] [Fußnote 79: Siehe die Vertheidigung des Bekenntnisses, welches der Ehrwürdige Vater in Gott, Johann Lake, Lord Bischof von Chichester, in Bezug auf den passiven Gehorsam und die neuen Eide auf seinem Sterbebett abgab. 1690.] [Fußnote 80: ^London Gazette, June 30. 1689. Narcissus Luttrell's Diary.^ »Die ausgezeichnetsten Männer,« sagt Luttrell.] [Fußnote 81: Siehe in Kettlewell's Leben, III. 72., den Widerruf, den er für einen Geistlichen aufgesetzt hatte, welcher die Eide geleistet hatte und es nachher bereuete.] [Fußnote 82: Siehe den Bericht über Dr. Dove's Verhalten in Clarendon's ^Diary^, und den Bericht über Dr. Marsh's Verhalten in Kettlewell's Leben.] [Fußnote 83: ^The Anatomy of a Jacobite Tory, 1690.^] [Fußnote 84: ^Dialogue between a Whig and a Tory.^] [Fußnote 85: ^Narcissus Luttrell's Diary, Nov. 1691, Feb. 1692.^] [Fußnote 86: ^Life of Kettlewell III. 4.^] [Fußnote 87: Siehe Turner's Brief an Sancroft vom Himmelfahrtstage 1689. Das Original befindet sich unter den Tannerschen Manuscripten in der Bodlejanischen Bibliothek. Der Brief ist jedoch nebst vielen andrem interessanten Material in dem unlängst erschienenen ^Life of Ken, by a Layman^, abgedruckt. Siehe auch ^The Life of Kettlewell, III. 95.^ und Ken's Brief an Burnet vom 5. October 1689 in Hawkin's ^Life of Ken^. »Ich bin überzeugt,« schrieb Lady Russel an Dr. Fitzwilliam, »daß der Bischof von Bath und Wells Andere dazu aufmunterte, sich zu fügen; während er selbst es nicht über sich gewinnen konnte, freute er sich, wenn Andere es thaten.« Ken erklärte, daß er Niemandem gerathen, die Eide zu leisten, und Diejenigen, welche seinen Rath erbaten, auf ihre eigenen Studien und Gebete verwiesen habe. Man wird finden, daß Lady Russell's Behauptung und Ken's Verwahrung ziemlich auf Eins hinaus laufen, wenn man diejenigen Rücksichten nimmt, welche selbst bei Beurtheilung der Aussagen der wahrheitliebendsten Zeugen auf Stellung und Gesinnung genommen werden müssen. Nachdem Ken sich endlich entschlossen hatte, auf Seite der Eidverweigerer zu treten, versuchte er es natürlich, seine Consequenz in so weit zu rechtfertigen, als er dies ehrenhafterweise konnte, und Lady Russel, welche ihren Freund zur Leistung der Eide bewegen wollte, legte natürlich auf seine Geneigtheit, sich zu fügen, soviel Gewicht als sie dies ehrenhafterweise thun durfte. Sie ging indeß zu weit, indem sie das Wort »aufmunterte« ^(excited)^ brauchte.
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Auf der andren Seite ist es klar, daß Ken, indem er Diejenigen, die ihn um Rath fragten, auf ihre eigenen Studien und Gebete verwies, ihnen zu verstehen geben wollte, daß seiner Ansicht nach die Eidesleistung Denen gestattet sei, die sie nach reiflicher Erwägung als statthaft erkannten. Hatten ihn die Leute gefragt, ob es ihnen gestattet sei, einen Meineid zu schwören oder Ehebruch zu begehen, so würde er ihnen gewiß nicht geantwortet haben, daß sie die Sache reiflich erwägen und die göttliche Entscheidung erflehen, sondern daß sie bei Gefahr ihres Seelenheils davon abstehen sollten.] [Fußnote 88: Siehe das Gespräch vom 9. Juni 1784 in Boswell's ^Life of Johnson^, und die Anmerkung. Boswell ist mit seiner gewohnten Verkehrtheit Überzeugt, daß Johnson nicht daran gedacht haben könne, »daß die wegen ihres hochherzigen Widerstandes gegen Willkürgewalt mit Recht so hoch gefeierten sieben Bischöfe, dennoch Eidverweigerer waren.« Nur fünf von den Sieben waren Eidverweigerer, und jeder Andre als Boswell würde gewußt haben, daß man sich der Willkürgewalt widersetzen und dabei doch kein guter Logiker sein kann. Der Widerstand, den Sancroft und die anderen nichtschwörenden Bischöfe der Willkürgewalt entgegensetzten, während sie nach wie vor an der Lehre vom Nichtwiderstande festhielten, ist gerade der entscheidendste Beweis, daß sie unfähig waren, zu raisonniren. Man darf nicht vergessen, daß sie bereit waren, die ganze königliche Macht Jakob zu entziehen und auf Wilhelm mit dem Titel eines Regenten zu übertragen. Ihr Skrupel hatte nur das Wort König zum Gegenstande. Ich bin erstaunt, daß Johnson Wilhelm Law für keinen Logiker erklärte. Law verfiel allerdings in große Irrthümer, aber es waren Irrthümer, gegen welche die Logik keinen Schutz gewährt. In rein dialektischer Gewandtheit übertrafen ihn sehr Wenige. Daß er mehr als einmal über Hoadley den Sieg davon trug, wird kein aufrichtiger Whig leugnen. Doch Law gehört nicht der Generation an, mit der ich es jetzt zu thun habe.] [Fußnote 89: Ware's ^History of the Writers of Ireland^, fortgesetzt von Harris.] [Fußnote 90: ^Letter to a member of the Convention 1689.^] [Fußnote 91: ^Johnson's Notes on the Phoenix Edition of Burnet's Pastoral Letter, 1692.^] [Fußnote 92: Das beste Urtheil über Hickes' Character kann man sich aus seinen zahlreichen polemischen Schriften bilden, besonders aus seinem ^Jovian^, geschrieben 1684, seinem ^Thebaean Legion no Fable^, geschrieben 1687, aber erst 1714 erschienen, und seinen Abhandlungen über Dr. Burnet und Dr. Tillotson, 1695.
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Sein literarischer Ruhm gründet sich auf Werke ganz andrer Art.] [Fußnote 93: Collier's Abhandlungen über die Bühne sind im Ganzen genommen seine besten Geistesproducte. Doch auch in seinen politischen Flugschriften findet sich viel Treffendes. Seine »^Persuasive to Consideration, tendered to the Royalists, particularly those of the Church of England^« scheint mir eines der besten Erzeugnisse der jakobitischen Presse.] [Fußnote 94: Siehe Brokesby's ^Life of Dodwell^. Ich muß bemerken, daß ich die Abhandlung gegen gemischte Ehen nur aus Brokesby's ausführlichem Extract kenne. Diese Abhandlung ist sehr selten. Sie wurde ursprünglich als Vorrede zu einer von Leslie gehaltenen Predigt gedruckt. Als Leslie seine Werke sammelte, ließ er die Abhandlung weg, wahrscheinlich weil er sich derselben schämte. Die Abhandlung über die Statthaftigkeit der Instrumentalmusik habe ich gelesen, und sie ist unglaublich absurd.] [Fußnote 95: Dodwell sagt uns, daß der Titel des Werkes, in welchem er zuerst diese Theorie aufstellte, mit großer Sorgfalt und Präcision abgefaßt worden sei. Ich will daher die Titelseite hier anführen: »^An Epistolary Discourse proving from Scripture and the First Fathers, that the Soul is naturally Mortal, but Immortalized actually by the Pleasure of God to Punishment or to Reward, by its Union with the Divine Baptismal Spirit wherein is proved that none have the Power of giving this Divine Immortalizing Spirit since the Apostles but only the Bishops. By H. Dodwell.^« Dr. Clarke sagt in einem Briefe an Dodwell (1706) daß dieser ^Epistolary Discourse^ ein Buch sei, »das alle guten Menschen betrübe und alle profanen Menschen erfreue.«] [Fußnote 96: Siehe Leslie's ^Rehearsals, No. 286, 287.^] [Fußnote 97: Siehe seine Werke und seine höchst interessante Biographie, welche aus den Papieren seiner Freunde Hickes und Nelson zusammengetragen worden ist.] [Fußnote 98: Siehe Fitzwilliam's Korrespondenz mit Lady Russell und seine Zeugenaussage in Ashton's Prozesse in den ^State Trials^. Das einzige Werk, welches Fitzwilliam, soweit ich es habe entdecken können, je veröffentlichte, war eine Predigt über das Ryehousecomplot, die er einige Wochen nach Russell's Hinrichtung gehalten. Es kommen in dieser Predigt einige Stellen vor, bei denen ich mich ein wenig wundern muß, daß die Wittwe und die Familie Russell's sie verzeihen konnten.] [Fußnote 99: Cyprian spricht in einer seiner Episteln folgendermaßen zu den Bekennern: »^Quosdam audio inficere numerum vestrum, et laudem praecipui nominis prava sua conversatione destruere ...
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Cum quanto nominis vestri pudore delinquitur quando alius aliquis temulentus et lasciviens demoratur; alius in eam patriam unde extorris est regreditur, ut deprehensus non jam quasi Christianus, sed quasi nocens pereat.^« In dem Buche: ^De Unitate Ecclesiae^ führt er eine noch stärkere Sprache: »^Neque enim confessio immunem facit ab insidiis diaboli, aut contra tentationes et pericula et incursus atque impetus saeculares adhuc in saeculo positum perpetua securitate defendit; caeterum nunquam in confessoribus fraudes et stupra et adulteria postmodum videremus, quae nunc in quibusdam videntes ingemiscimus et dolemus.^«] [Fußnote 100: Viele interessante Mittheilungen über die Eidverweigerer findet man in den ^Biographical Memoirs^ des Buchdruckers Wilhelm Bowyer, welche den ersten Band von Nichols' ^Literary Anecdotes of the Eighteenth Century^ bilden. Eine Probe von Wagstaffe's Recepten befindet sich in der Bodlejanischen Bibliothek.] [Fußnote 101: Cibber's Stück, so wie er es schrieb, verlor seine Popularität, als die Jakobiten aufhörten mächtig zu sein, und ist jetzt nur nach den Forschern bekannt. Im Jahre 1768 arbeitete Bickerstaffe es zu dem »Heuchler« um und setzte an die Stelle des Eidverweigerers Dr. Wolff den Methodisten Dr. Cantwell. »Ich halte den Character des Heuchlers,« sagt Johnson, »nicht für ganz passend auf die Methodisten; auf die Eidverweigerer aber paßte er sehr gut.« Boswell fragte ihn, ob es wahr sei, daß die eidverweigernden Geistlichen mit den Frauen ihrer Gönner intriguirten. »Ich fürchte sehr,« antwortete Johnson, »daß viele von ihnen es getan haben.« Dieses Gespräch fand am 27. März 1775 statt. Aber nicht nur in gleichgültiger Unterhaltung sprach Johnson eine ungünstige Meinung über die Eidverweigerer aus. In seiner Biographie Fenton's, der ein Eidverweigerer war, kommen die bedeutsamen Worte vor: »Ich muß daran erinnern, daß er seinen Namen unbefleckt erhielt und sich niemals, wie nur zu Viele von der nämlichen Klasse, zu gemeinen Ränken und ehrlosen Kunstgriffen erniedrigte.« Siehe ^The Character of a Jacobite, 1690.^ Selbst in Kettlewell's Biographie, aus den Papieren seiner Freunde Hickes und Nelson zusammengetragen, findet man Einräumungen, welche beweisen, daß sehr bald nach dem Schisma einige der eidverweigernden Geistlichen in Gewohnheiten des Müßigganges, der Abhängigkeit und des Bettelns verfielen, welche den ganzen Stand in Mißcredit brachten. »Mehrere Unwürdige, welche immer die zuversichtlichsten sind, schadeten durch ihr Umhertreiben den wahrhaft Würdigen, denen es die Bescheidenheit nicht zuließ für sich zu bitten ... Mr.
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Kettlewell empfand es ebenfalls schmerzlich, daß manche von seinen Collegen viel zu viel Zeit an Vergnügungs- und Unterhaltungsorten zubrachten, und sich wegen ihres Fortkommens auf Diejenigen verließen, deren Bekanntschaft sie dort machten.«] [Fußnote 102: ^Reresby's Memoirs 344.^] [Fußnote 103: ^Birch's Life of Tillotson.^] [Fußnote 104: Siehe den ^Discourse concerning the Ecclesiastical Commission, 1689.^] [Fußnote 105: ^Birch's Life of Tillotson; Life of Prideaux; Gentleman's Magazine,^ Juni und Juli 1745.] [Fußnote 106: ^Diary of the Proceedings of the Commissioners, taken by Dr. Williams, afterwards Bishop of Chichester, one of the Commissioners, every night after he went home from the several meetings.^ Dieses höchst interessante Tagebuch wurde 1854 auf Befehl des Hauses der Gemeinen gedruckt.] [Fußnote 107: ^Williams's Diary.^] [Fußnote 108: ^Williams's Diary.^] [Fußnote 109: ^Williams's Diary.^] [Fußnote 110: Siehe die ^Alterations in the Book of Common Prayer prepared by the Royal Commissioners for the revision of the Liturgy in 1689, and printed by order of the House of Commons in 1854.^] [Fußnote 111: Es läßt sich kaum eine stärkere oder klarere Sprache denken als die, deren sich das Concil bediente: [Griechisch: Toutôn toinun anagnôsthentôn, hôrisên hê agia sunodos, heteran pistin mêdeni exeinai prospherein, êgoun suggraphein, ê suntithenai, para tên horistheisan para tôn hagiôn paterôn tôn en tê Nikaeôn sunelthontôn sun hagiô pneumati· tous de tolmôntas ê suntithenai pistin heteran, êgoun prokomizein, ê prospherein tois ethelousin epistrephein eis epignôsin tês alêtheias, ê ex Hellênismou, ê ex Ioudaismou, ê ex ahireseôs ohiasdêpotoun, toutous, ei men eien episkopoi ê klêrikoi, allotrious einai tous episkopous tês episkopês, kai tous klêrikous tou klêrou, ei de laikoi eien, anathematizesthai.] ^Concil. Ephes. Actio VI.^] [Fußnote 112: ^Williams's Diary; Alterations in the Book of Common Prayer.^] [Fußnote 113: Ich möchte das Erstaunen gesehen haben, in welches die Großmeister der lateinischen Sprache, die mit Mäcenas und Pollio zu speisen pflegten, durch das »^Tibi Cherubim et Seraphim incessabili voce proclamant, Sanctus, Sanctus, Dominus Deus Sabaoth,^« oder durch das »^Ideo cum angelis et archangelis, cum thronis et dominationibus^« versetzt worden wären.] [Fußnote 114: Ich will zwei Proben von Patrick's Schreibweise anführen.
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»Er macht mich niederlegen auf einer grünen Aue,« sagt David, »und führet mich zu den stillen Wassern.« Patrick's Version lautet: »Denn wie ein guter Hirt seine Schafe bei heftiger Hitze an schattige Orte führt, wo sie sich niederlegen und (nicht an verdorrter sondern) an frischer und grüner Weide laben können, und sie am Abend (nicht zu schlammigen und aufgerührten, sondern) zu klaren und ruhigen Wassern leitet: so hat er bereits zweckmäßige und reichliche Vorsorge für mich getroffen, die ich in Frieden und ohne Störung genieße.« Im hohen Liede kommt ein wunderschöner Vers vor: »Ich beschwöre Euch, Ihr Töchter Jerusalems, findet Ihr meinen Freund, so saget ihm, daß ich vor Liebe krank liege.« Patrick's Version lautet: »So wendete ich mich an Diejenigen meiner Nachbarn und vertrauten Bekannten, die durch mein Geschrei geweckt worden waren und herbeikamen, um zu sehen was es gebe, und beschwor sie, wie sie es vor Gott verantworten könnten, meinem Geliebten, wenn sie mit ihm zusammenträfen, mitzutheilen -- Was soll ich sagen? -- Was sollt Ihr ihm Andres sagen, als daß ich jetzt, da ich seinen Umgang entbehre, meines Lebens nicht froh werde, daß mir nicht eher wieder wohl sein wird, als bis ich seine Liebe wieder gewinne.«] [Fußnote 115: Wilhelm's Mißfallen an dem Gottesdienste in der Kathedrale wird von Leslie in ^No. 7.^ des ^Rehearsal^ erwähnt. Siehe auch ^A Letter from a Member of the House of Commons to his Friend in the Country 1689,^ und ^Bisset's Modern Fanatic 1710.^] [Fußnote 116: Siehe ^Collier's Desertion discussed, 1689.^ Thomas Carte, der ein Schüler und eine Zeit lang Assistent Collier's war, setzte noch im Jahre 1747 in eine voluminöse Geschichte eine höchst alberne Anmerkung, in der er der Welt versicherte, er wisse ganz bestimmt, daß der Prätendent die Skrophelkrankheit geheilt habe, und ganz ernsthaft behauptete, die heilende Kraft sei erblich und von der Salbung ganz unabhängig. Siehe Carte's ^History of England, vol. I. p. 291^.] [Fußnote 117: Siehe die Vorrede zu ^A Treatise in Wounds, by Richard Wiseman, Sergeant Chirurgeon to His Majesty, 1676.^ Den vollständigsten Nachweis über diesen interessanten Gegenstand aber findet man in der ^Charisma Basilicon, by John Browne, Chirurgeon in ordinary to His Majesty, 1684.^ Siehe auch ^The Ceremonies used in the Time of King Henry VII. for the Healing of them that be Diseased with the King's Evil, published by His Majesty's Command, 1686; Evelyn's Diary, March 28. 1684^ und ^Bishop Cartwright's Diary, Aug.
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28, 29, 30. 1687.^ Es ist unglaublich, daß ein so großer Theil der Bevölkerung wirklich skrophulös gewesen sein sollte. Ohne Zweifel wurden viele mit leichten und vorübergehenden Krankheiten behaftete Personen zum Könige gebracht, und die Genesung dieser Leute hielt den allgemein verbreiteten Glauben an die Wirksamkeit seiner Berührung aufrecht.] [Fußnote 118: Pariser Gazette vom 23. April 1689.] [Fußnote 119: Siehe Whiston's ^Life of himself.^ Der gute Whiston, der an Alles glaubte, nur nicht an die Dreieinigkeit, erzählt uns ganz ernsthaft, die einzige Person, welche Wilhelm berührt habe, sei trotz der Ungläubigkeit Sr. Majestät genesen. Siehe auch den ^Athenian Mercury^ vom 16. Januar 1691.] [Fußnote 120: In verschiedenen neueren Schriften ist die Befürchtung, daß Meinungsverschiedenheiten zwischen der Convocation von York und der Convocation von Canterbury entstehen könnten, mit Geringschätzung für chimärisch erklärt worden. Aber es ist schwer zu begreifen, warum es minder wahrscheinlich sein soll, daß zwei selbstständige Convocationen von einander abweichen, als zwei Häuser der nämlichen Convocation, und es ist notorisch, daß unter der Regierung Wilhelm's III. und Anna's die beiden Häuser der Convocation von Canterbury fast niemals übereinstimmten.] [Fußnote 121: ^Birch's Life of Tillotson; Life of Prideaux.^ Aus Clarendon's Tagebuche ergiebt sich, daß er und Rochester am 23. Sept. in Oxford waren.] [Fußnote 122: Siehe die Liste in dem historischen Bericht über die gegenwärtige Convocation im Anhang zur zweiten Ausgabe der ^Vox Cleri, 1690.^ Der bedeutendste Name, den ich in der Liste der von dem Parochialklerus gewählten Beauftragten finde, ist der des Dr. Mill, des Herausgebers des griechischen Testaments.] [Fußnote 123: Tillotson an Lady Russell, 19. April 1690.] [Fußnote 124: ^Birch's Life of Tillotson.^ Was Birch darin über die Gespanntheit zwischen Compton und Tillotson sagt, hatte er den Manuscripten Heinrich Wharton's entlehnt, und wird durch viele Umstände bestätigt, die man aus anderen Quellen kennt.] [Fußnote 125: ^Chamberlayne's State of England,^ 18. Ausgabe.] [Fußnote 126: ^Concio ad Synodum per Gulielmum Beveregium, 1689.^] [Fußnote 127: ^Narcissus Luttrell's Diary; Historical Account of the present Convocation.^] [Fußnote 128: ^Kennet's History, III. 552.^] [Fußnote 129: ^Historical Account of the Present Convocation, 1689.^] [Fußnote 130: ^Historical Account of the Present Convocation; Burnet II.
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58.; Kennet's History of the Reign of William and Mary.^] [Fußnote 131: ^Historical Account of the Present Convocation; Kennet's History.^] [Fußnote 132: ^Historical Account of the Present Convocation; Kennet.^] [Fußnote 133: ^Historical Account of the Present Convocation.^] [Fußnote 134: Daß eine solche Eifersucht, wie ich sie geschildert habe, wirklich herrschte, bestätigt das Pamphlet betitelt: ^Vox Cleri.^ »Einige gegenwärtig der Convocation angehörende Landgeistliche sahen jetzt, in welcher großen Behaglichkeit und Fülle die Stadtgeistlichen leben, die ihre Lectoren und Hülfsprediger haben, häufig Zuschüsse bekommen, zuweilen bis zum Schlusse des Gottesdienstes in der Sakristei zubringen und außer ihren reichen Pfarreien in der Stadt auch noch hohe kirchliche Würden bekleiden.« Der Verfasser dieser einst weit berühmten Schrift war Thomas Long, Vertreter des Klerus der Diöcese Exeter. Nach einer andren damals erschienenen Flugschrift sollen die Landgeistlichen mit großem Mißvergnügen bemerkt haben, daß ihre Londoner Collegen sich nach der Predigt mit Sect erfrischten. In mehreren Flugschriften jenes Winters findet man Anspielungen auf die Fabel von der Stadtmaus und der Landmaus.] [Fußnote 135: ^Burnet II. 33, 34.^ Die besten Darstellungen der Vorgänge in dieser Convocation geben der der zweiten Ausgabe der ^Vox Cleri^ angehängte historische Bericht und die Stelle in Kennet's Geschichte, auf die ich den Leser schon verwiesen habe. Erstere Erzählung ist von einem eifrigen Hochkirchlichen, letztere von einem eifrigen Niederkirchlichen. Wer Ausführlicheres darüber erfahren wünscht, muß die gleichzeitigen Flugschriften nachlesen, unter ihnen besonders folgende: ^Vox Populi; Vox Laici; Vox Regis and Regni; The Healing Attempt; Letter to a Friend, by Dean Prideaux; Letter from a Minister in the Country to a Member of the Convocation; Answer to the Merry; Answer to Vox Cleri; Remarks from the Country upon Two Letters relating to the Convocation; Vindication of the Letters in answer to Vox Cleri; Answer to the Country Minister's Letter.^ Alle diese Schriften erschienen Ende 1689 oder Anfang 1690.] Stereotypie und Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig. Anmerkungen zur Transkription Der Originaltext ist in Fraktur gesetzt. Hervorhebungen, die im Original g e s p e r r t sind, wurden mit Unterstrichen wie _hier_ gekennzeichnet. Textstellen, die im Original in Antiqua gesetzt waren, wurden ^so^ markiert. Die variierende Schreibweise und Grammatik der Vorlage wurden weitgehend beibehalten. Lediglich offensichtliche Fehler wurden berichtigt wie hier aufgeführt (vorher/nachher): [S. XIII.5]: ... In Schotttland war der Gang der Ereignisse ganz anders. Dort ... ... In Schottland war der Gang der Ereignisse ganz anders. Dort ... [S. XIII.14]: ...
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machten, ihnen irgendwie nützlich zu sein. Sie mußen sich klar ... ... machten, ihnen irgendwie nützlich zu sein. Sie mußten sich klar ... [S. XIII.20]: ... Smaragdohringe getragen, welche ihr Vetter, der Prinz, ihr zum Geschenk ... ... Smaragdohrringe getragen, welche ihr Vetter, der Prinz, ihr zum Geschenk ... [S. XIII.21]: ... Ueber das frühere Verhältniß zwischen Wilhelm und Dundee haben einige Jakobieten ... ... Ueber das frühere Verhältniß zwischen Wilhelm und Dundee haben einige Jakobiten ... [S. XIII.33]: ... die Verantwortlichkeit für außerordenliche Vertheidigungsmittel auf ... ... die Verantwortlichkeit für außerordentliche Vertheidigungsmittel auf ... [S. XIII.34]: ... nicht stattgefunden, so ist es wahrscheinlich, daß das schotttische Gesetz bezüglich ... ... nicht stattgefunden, so ist es wahrscheinlich, daß das schottische Gesetz bezüglich ... [S. XIII.39]: ... Ein solcher Mann war Sir Patrik Hume. Er war aus ... ... Ein solcher Mann war Sir Patrick Hume. Er war aus ... [S. XIII.40]: ... Siehe The Life and Correspondance of Carstairs und die interessanten ... ... Siehe The Life and Correspondence of Carstairs und die interessanten ... [S. XIII.57]: ... »Coll der Kühne« gegeben hatte. Endlich zwangen seine frechen ... ... »Coll der Kühe« gegeben hatte. Endlich zwangen seine frechen ... [S. XIII.60]: ... Mac Callum More's. Sie lagen nicht im Steit mit ihm, schuldeten ... ... Mac Callum More's. Sie lagen nicht im Streit mit ihm, schuldeten ... [S. XIII.71]: ... Telepraphen, vermittelst dessen sie sich über die Linien der Schildwachen ... ... Telegraphen, vermittelst dessen sie sich über die Linien der Schildwachen ... [S. XIII.80]: ... Mitterweile wurde auf beiden Seiten ein Kleingewehrfeuer unterhalten, ... ... Mittlerweile wurde auf beiden Seiten ein Kleingewehrfeuer unterhalten, ... [S. XIII.83]: ... Einbildungkraft zu einem Heere celtischer Krieger vergrößert. Einige der ... ... Einbildungskraft zu einem Heere celtischer Krieger vergrößert. Einige der ... [S. XIII.83]: ... den Bericht über die Schlache in einem von Burt's Briefen. Macpherson druckte einen ... ... den Bericht über die Schlacht in einem von Burt's Briefen. Macpherson druckte einen ... [S. XIV.26]: ... war indessen eine vorteffliche holländische Brigade unter dem Commando ... ... war indessen eine vortreffliche holländische Brigade unter dem Commando ... [S. XIV.26]: ... waren vier Regimenter, ein Cavalerieregiment und drei Infanterieregimenter, ... ... waren vier Regimenter, ein Cavallerieregiment und drei Infanterieregimenter, ... [S. XIV.34]: ... Infanterie, die er vom bothnischen Meerbusen bis zum atlanischen Ocean ... ...
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Infanterie, die er vom bothnischen Meerbusen bis zum atlantischen Ocean ... [S. XIV.36]: ... ihren französchen Verbündeten unterhalten werden. ... ... ihren französischen Verbündeten unterhalten werden. ... [S. XIV.42]: ... über seine Parteilichkeit für sein Adoptivvaterland murrte. Die holländschen ... ... über seine Parteilichkeit für sein Adoptivvaterland murrte. Die holländischen ... [S. XIV.42]: ... sei; daß er perremptorisch auf einem Artikel bestehe, der allen Handelsverkehr ... ... sei; daß er peremtorisch auf einem Artikel bestehe, der allen Handelsverkehr ... [S. XIV.43]: ... Aliirten gaben einer großen deutschen Truppenmacht in Serbien ... ... Alliirten gaben einer großen deutschen Truppenmacht in Serbien ... [S. XIV.49]: ... der göttlichen Wahrheit unterrrichtet und durch göttliche Gnade beschützt ... ... der göttlichen Wahrheit unterrichtet und durch göttliche Gnade beschützt ... [S. XIV.62]: ... Auditorum herbeiziehen, mußte sich damit begnügen, der Geistliche ... ... Auditorium herbeiziehen, mußte sich damit begnügen, der Geistliche ... [S. XIV.63]: ... dies waren Ausnahmen. Betriebsame Armuth ist ein der Tugenhaftigkeit ... ... dies waren Ausnahmen. Betriebsame Armuth ist ein der Tugendhaftigkeit ... [S. XIV.67]: ... Hochkirchlichen unter den Zurückleibenden waren Doctor Wilhelm Beveridge, ... ... Hochkirchlichen unter den Zurückbleibenden waren Doctor Wilhelm Beveridge, ... [S. XIV.73]: ... die Regierung es weder gewagt hatte, die Uebelhäter zu bestrafen, noch ... ... die Regierung es weder gewagt hatte, die Uebelthäter zu bestrafen, noch ... [S. XIV.81]: ... Stande, die aufsätzige Demokratie zu beugen. Ihre Zahl war gering, ... ... Stande, die aufsässige Demokratie zu beugen. Ihre Zahl war gering, ... Updated editions will replace the previous one--the old editions will be renamed. Creating the works from public domain print editions means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Project Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you do not charge anything for copies of this eBook, complying with the rules is very easy. You may use this eBook for nearly any purpose such as creation of derivative works, reports, performances and research. They may be modified and printed and given away--you may do practically ANYTHING with public domain eBooks. Redistribution is subject to the trademark license, especially commercial redistribution. Section 1.
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Nun begab es sich einmal, daß ein hoher Festtag war (ich glaube, es war der Karfreitag), da ging die Bauerfrau mit ihrem Manne zur Kirche und sagte den Kindern, sie sollten hübsch artig sein; der Barbara aber und den nächst älteren gab sie ein paar Lieder auf aus dem Gesangbuche, die sie auswendig lernen sollten. So ging sie weg. Barbara und die andern Kinder waren anfangs auch recht artig; die älteren nahmen die Bücher und lasen, und die kleinsten saßen still auf dem Boden und spielten. Als sie so saßen, da erblickte das eine Kind etwas hinter dem Ofen und rief: "O seht! Seht! Was ist das für ein schöner und weißer Beutel!" Es war aber ein Beutel mit Nüssen und Äpfeln, den die Mutter des Morgens da hingehängt hatte und den sie des Nachmittags einem ihrer kleinen Paten bringen wollte. Die meisten Kinder sprangen nun alsbald auf und guckten danach, und auch Barbara, die älteste, stand auf und guckte mit. Und die Kinder flüsterten und sprachen dies und das über den schönen Beutel und was wohl darin sein möchte. Und es gelüstete sie so sehr, es zu wissen, und da riß eines den Beutel von dem Nagel, und Barbara öffnete die Schnur, womit er zugebunden war, und es fielen Äpfel und Nüsse heraus. Und als die Kinder die Äpfel und Nüsse auf dem Boden hinrollen sahen, vergaßen sie alles, und daß es Festtag war, und was die Mutter ihnen befohlen und aufgegeben hatte; sie setzten sich hin und schmausten Äpfel und knackten Nüsse und aßen alles rein auf. Als nun Vater und Mutter um den Mittag aus der Kirche zu Hause kamen, sah die Mutter die Nußschalen auf dem Boden liegen, und sie schaute nach dem Beutel und fand ihn nicht. Da erzürnte sie sich und ward böse zum ersten Male in ihrem Leben und schalt die Kinder sehr und rief: "Der Blitz! Ich wollte, daß ihr Mausemärten alle zu Mäusen würdet!" Der Schwur war aber eine große Sünde, besonders weil es ein so heiliger und hoher Festtag war; sonst hätte Gott es der Bäuerin wohl vergeben, weil sie doch so fromm und gottesfürchtig war.
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Kaum hatte die Frau das schlimme Wort aus ihrem Munde gehen lassen, so waren alle die sieben niedlichen Kinderchen weg, als hätte sie ein Wind weggeblasen, und sieben bunte Mäuse liefen in der Stube herum mit roten Köpfchen, wie die Röcke und Mützen der Kinder gewesen waren. Und Vater und Mutter erschraken so sehr, daß sie hätten zu Stein werden mögen. Da kam der Knecht herein und öffnete die Türe, und die sieben bunten Mäuse liefen alle zugleich hinaus und über die Flur auf den Hof hin; sie liefen aber sehr geschwind. Und als die Frau das sah, konnte sie sich nicht halten, denn es war ihr im Herzen, als wären die Mäuse ihre Kinder gewesen; und sie stürzte sich aus der Türe hinaus und mußte den Mäusen nachlaufen. Die sieben bunten Mäuse aber liefen den Weg entlang aus dem Dorfe heraus, immer sporenstreichs; und so liefen sie über das Puddeminer Feld und das Günzer Feld und das Schoritzer Feld und durch die Krewe und die Dumsevitzer Koppel. Und die Mutter lief ihnen außer Atem nach und konnte weder schreien noch weinen und wußte nicht mehr, was sie tat. So liefen die Mäuse über das Dumsevitzer Feld hin und in einen kleinen Busch hinein, wo einige hohe Eichen standen und in der Mitte ein spiegelhellen Teich war. Und der Busch steht noch da mit seinen Eichen und heißt der Mäusewinkel. Und als sie in den Busch kamen und an den Teich im Busche, da standen sie alle sieben still und guckten sich um, und die Bauerfrau stand dicht bei ihnen. Es war aber, als wenn sie ihr Adje sagen wollten. Denn als sie die Frau so ein Weilchen angeguckt hatten, plump! Und alle sieben sprangen zugleich ins Wasser und schwammen nicht, sondern gingen gleich unter in der Tiefe. Es war aber der helle Mittag, als dies geschah. Und die Mutter blieb stehen, wo sie stand, und rührte keine Hand und keinen Fuß mehr, sie war auch kein Mensch mehr. Sie ward stracks zu einem Stein, und der Stein liegt noch da, wo sie stand und die Mäuslein verschwinden sah; und das ist dieser große runde Stein, an welchem wir sitzen.
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Und nun höre mal, was nach diesem geschehen ist und noch alle Nacht geschieht! Glocke zwölf, wann alles schläft und still ist und die Geister rundwandeln, da kommen die sieben bunten Mäuse aus dem Wasser heraus und tanzen eine ganze ausgeschlagene Stunde, bis es eins schlägt, um den Stein herum. Und sie sagen, dann klingt der Stein, als wenn er sprechen könnte. Und das ist die einzige Zeit, wo die Kinder und die Mutter sich verstehen können und voneinander wissen; die übrige Zeit sind sie wie tot. Dann singen die Mäuse einen Gesang, den ich dir sagen will, und der bedeutet ihre Veränderung, oder daß sie wieder in Menschen verwandelt werden können. Und dies ist der Gesang: Herut! herut! Du junge Brut! Din Brüdegam schall kamen; Se hebben di Doch gar to früh Din junges Leben namen. Sitt de recht up'n Steen, Wat he Flesch un Been, Und wi gan mit dem Kranze: Säven Junggesell'n Uns führen schäl'n Juchhe! to'm Hochtidsdanze. Und nun will ich dir sagen von dem Gesange, was er bedeutet. Die Mäuse tanzen nun wohl schon tausend Jahre und länger um den Stein, wann es die Mitternacht ist, und der Stein liegt ebensolange. Es geht aber die Sage, daß sie einmal wieder verwandelt werden sollen, und das kann durch Gottes Gnade nur auf folgende Weise geschehen: Es muß eine Frau sein gerade so alt, als die Bäuerin war, da sie aus der Kirche kam, und diese muß sieben Söhne haben gerade so alt, als die sieben kleinen Mädchen waren. Sind sie eine Minute älter oder jünger, so geht es nicht mehr. Diese Frau muß an einem Karfreitage gerade um die Mittagszeit, als die Frau zu Stein ward, mit ihren sieben Söhnen in den Busch kommen und sich auf den Stein setzen. Und wenn sie sich auf den Stein setzt, so wird der Stein lebendig und wird wieder in einen Menschen verwandelt, und dann steht die Bauerfrau wieder da, leibhaftig und in eben den Kleidern, die sie getragen, als sie den Mäusen nachgelaufen zu diesem Mausewinkel. Und die sieben bunten Mäuse werden wieder zu sieben kleinen Mädchen in bunten Röcken und mit roten Mützen auf dem Kopf. Und jedes kleine Mädchen geht zu dem kleinen Knaben hin, der sein Alter hat, und sie werden Braut und Bräutigam. Und wann sie groß werden, so halten sie Hochzeit an einem Tage und tanzen ihre Kränze ab.
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Und es sollen die schönsten Jungfrauen werden auf der ganzen Insel, sagen die Leute, und auch die glücklichsten und reichsten, denn alle diese Güter und Höfe hier umher sollen ihnen gehören. Aber ach, du lieber Gott, wann werden sie verwandelt werden? Prinzessin Svanvithe Du hast wohl von der Sage gehört, daß hier bei Garz, wo jetzt der Wall über dem See ist, vor vielen tausend Jahren ein großes und schönes Heidenschloß gewesen ist mit herrlichen Häusern und Kirchen, worin sie ihre Götzen gehabt und angebetet haben. Dieses Schloß haben vor langer, langer Zeit die Christen eingenommen, alle Helden totgeschlagen und ihre Kirchen umgeworfen und die Götzen, die darin standen, mit Feuer verbrannt; und nun ist nichts mehr übrig von all der großen Herrlichkeit als der alte Wall und einige Leuschen, welche die Leute sich erzählen, besonders von dem Mann mit Helm und Panzer angetan, der auf dem weißen Schimmel oft über die Stadt und den See hinreitet. Einige, die ihn nächtlich gesehen haben, erzählen, es sei der alte König des Schlosses, und er habe eine güldene Krone auf. Das ist aber alles nichts. Daß es aber um Weihnachten und Johannis in der Nacht aus dem See klingt, als wenn Glocken in den Kirchen geläutet werden, das ist wahr, und viele Leute haben es gehört, und auch mein Vater. Das ist eine Kirche, die in den See versunken ist, andere sagen, es ist der alte Götzentempel. Das glaub' ich aber nicht; denn was sollten die Helden an christlichen Festtagen läuten? Aber das Klingen und Läuten im See ist dir gar nichts gegen das, was im Wall vorgeht, und davon will ich dir eine Geschichte erzählen. Da sitzt eine wunderschöne Prinzessin mit zu Felde geschlagenen Haaren und weinenden Augen und wartet auf den, der sie erlösen soll; und dies ist eine sehr traurige Geschichte. In jener alten Zeit, als das Garzer Heidenschloß von den Christen belagert ward und die drinnen in großen Nöten waren, weil sie sehr gedrängt wurden, als schon manche Türme niedergeworfen waren und sie auch nicht recht mehr zu leben hatten und die armen Leute in der Stadt hin und wieder schon vor Hunger starben, da war drinnen ein alter, eisgrauer Mann, der Vater des Königs, der auf Rügen regierte.
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Dieser alte Mann war so alt, daß er nicht recht mehr hören und sehen konnte; aber es war doch seine Lust, unter dem Golde und unter den Edelsteinen und Diamanten zu kramen, welche er und seine Vorfahren im Reiche gesammelt hatten und welche tief unter der Erde in einem schönen, aus eitel Marmelsteinen und Kristallen gebauten Saale verwahrt wurden. Davon waren dort ganz große Haufen aufgeschüttet, viel größere als die Roggen- und Gerstenhaufen, die auf deines Vaters Kornboden aufgeschüttet sind. Als nun das Schloß zu Garz von den Christen in der Belagerung so geängstet ward und viele der tapfersten Männer und auch der König, des alten Mannes Sohn, in dem Streite auf den Wällen und vor den Toren der Stadt erschlagen waren, da wich der Alte nicht mehr aus der marmornen Kammer, sondern lag Tag und Nacht darin und hatte die Türen und Treppen, die dahin führten, dicht vermauern lassen; er aber wußte noch einen kleinen heimlichen Gang, der unter der Erde weglief, viele hundert Stufen tiefer als das Schloß, und jenseits des Sees einen Ausgang hatte, den kein Mensch wußte als er, und wo er hinausschlüpfen und sich draußen bei den Menschen Speise und Trank kaufen konnte. Als nun das Schloß von den Christen erobert und zerstört ward und die Männer und Frauen im Schlosse getötet und alle Häuser und Kirchen verbrannt wurden, daß kein Stein auf dem andern blieb, da fielen die Türme und Mauern übereinander, und die Türe der Goldkammer ward gar verschüttet; auch blieb kein Mensch lebendig, der wußte, wo der tote König seine Schätze gehabt hatte. Der alte König aber saß drunten bei seinen Haufen Goldes und hatte seinen heimlichen Gang offen und hat noch viele hundert Jahre gelebt, nachdem das Schloß zerstört war; denn sie sagen, die Menschen, welche sich zu sehr an Silber und Gold hängen, können vom Leben nicht erlöst werden und sterben nicht, wenn sie Gott auch noch so sehr um den Tod bitten. So lebte der alte, eisgraue Mann noch viele, viele Jahre und mußte sein Gold bewachen, bis er ganz dürr und trocken ward wie ein Totengerippe. Da ist er denn gestorben und auch zur Strafe verwandelt worden und muß nun als ein schwarzer magerer Hund unter den Goldhaufen liegen und sie bewachen, wenn einer kommt und den Schatz holen will.
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Des Nachts aber zwischen zwölf und ein Uhr, wann die Gespensterstunde ist, muß er noch immer rundgehen als ein altes graues Männlein mit einer schwarzen Pudelmütze auf dem Kopf und einem weißen Stock in der Hand. So haben die Leute ihn oft gesehen im Garzer Holze am Wege nach Poseritz; auch geht er zuweilen um den Kirchhof herum. Denn da sollen vor alters Heidengräber gewesen sein, und die Helden haben immer viel Silber und Gold mit sich in die Erde genommen. Das will er holen, darum schleicht er dort, kann es aber nicht kriegen, denn er darf die geweihte Erde nicht berühren. Das ist aber seine Strafe, daß er so rundlaufen muß, wann andere Leute in den Betten und Gräbern schlafen, weil er so geizig gewesen ist. Nun begab es sich lange nach diesen Tagen, daß in Bergen ein König von Rügen wohnte, der hatte eine wunderschöne Tochter, die hieß Svanvithe; und sie war die schönste Prinzessin weit und breit, und es kamen Könige und Fürsten und Prinzen aus allen Landen, die um die schöne Prinzessin warben. Und der König, ihr Herr Vater, wußte sich kaum zu lassen vor allen den Freiern und hatte zuletzt nicht Häuser genug, daß er die Fremden beherbergte, noch Ställe, wohin sie und ihre Knappen und Staller ihre Pferde zögen; auch gebrach es fast an Hafer im Lande und Raum für alle die Kutscher und Diener, die mit ihnen kamen, und war Rügen so voll von Menschen, als es nie gewesen seit jenen Tagen. Und der König wäre froh gewesen, wenn die Prinzessin sich einen Mann genommen hätte und die übrigen Freier weggereist wären. Das läßt sich aber bei den Königen nicht so leicht machen als bei andern Leuten, und muß da alles mit vieler Zierlichkeit und Langsamkeit hergehen. Die Prinzessin, nachdem sie wohl ein ganzes halbes Jahr in ihrer einsamen Kammer geblieben war und keinen Menschen gesehen, auch kein Sterbenswort gesagt hatte, fand endlich einen Prinzen, der ihr wohl gefiel, und den sie gern zum Mann haben wollte, und der Prinz gefiel auch dem alten Könige, daß er ihn gern als Eidam wollte. Und sie hatten einander Ringe geschenkt, und war große Freude im ganzen Lande, daß die schöne Svanvithe Hochzeit halten sollte, und hatten alle Schneider und Schuster die Fülle zu tun, die schönen Kleider und Schuhe zu machen, die zur Hochzeit getragen werden sollten.
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Der verlobte Prinz aber und Svanvithens Bräutigam hieß Herr Peter von Dänemarken und war ein über die Maßen feiner und stattlicher Mann, daß seinesgleichen wenige gesehen wurden. Da, als alles in lieblicher Hoffnung und Liebe grünete und blühete und die ganze Insel in Freuden stand und nur noch ein paar Tage bis zur Hochzeit waren, kam der Teufel und säete sein Unkraut aus, und die Luft ward in Traurigkeit verwandelt. Es war nämlich allda an des Königs Hofe auch ein Prinz aus Polen, ein hinterlistiger und schlechter Herr, sonst schön und ritterlich an Gestalt und Gebärde. Dieser hatte manches Jahr um die Prinzessin gefreit und sie geplagt Tag und Nacht; sie hatte aber immer nein gesagt, denn sie mochte ihn nicht leiden. Als dieser polnische Prinz nun sah, daß es wirklich eine Hochzeit werden sollte und daß Herr Peter von Dänemarken zum Treuliebsten der schönen Svanvithe erkoren war, sann er in seinem bösen Herzen auf arge Tücke und wußte es durch seine Künste so zu stellen, daß der König und alle Menschen glaubten, Svanvithe sei keine züchtige Prinzessin und habe manche Nächte bei dem polnischen Prinzen geschlafen. Das glaubte auch Herr Peter und reiste plötzlich weg; und der polnische Prinz war zuerst weggereist, und alle Könige und Prinzen reisten weg. Und das Schloß des Königs in Bergen stand wüst und leer da, und alle Freude war mit weggezogen und alle Geiger und Pfeifer und alles Saitenspiel, die sich auf Turniere und Feste gerüstet hatten. Und die Schande der armen Prinzessin klang über das ganze Land; ja in Schweden und Dänemark und Polen hörten sie es, wie die Hochzeit sich zerschlagen hatte. Sie aber war gewiß unschuldig und rein wie ein Kind, das aus dem Mutterleibe kommt, und war es nichts als die greuliche Bosheit des verruchten polnischen Prinzen, den sie als Freier verschmäht hatte. So ging es der armen Svanvithe, und der König, ihr Vater, war einige Tage nach diesen Geschichten wie von Sinnen und wußte nicht von sich, und ihm war so zumute, daß er sich hätte ein Leid antun können von wegen seiner Tochter und von wegen des Schimpfes, den sie auf das ganze königliche Haus gebracht hatte.
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Und als er sich besann und wieder zu sich kam und die ganze Schande bedachte, worein er geraten war durch seine Tochter, da ergrimmte er in seinem Herzen, und er ließ die schöne Svanvithe holen und schlug sie hart und zerraufte ihr Haar und stieß sie dann von sich und befahl seinen Dienern, daß sie sie hinausführten in ein verborgenes Gemach, daß seine Augen sie nimmer wiedersähen. Darauf ließ er in einen mit dichten Mauern eingeschlossenen und mit dunklen Bäumen beschatteten Garten hinter seinem Schlosse einen düstern Turm bauen, wo weder Sonne noch Mond hineinschien, da sperrte er die Prinzessin ein. Der Turm, den er hatte bauen lassen, war aber fest und dicht und hatte nur ein einziges kleines Loch in der Türe, wodurch ein wenig Licht hineinfiel und wodurch der Prinzessin die Speise gereicht ward. Es war auch weder Bett noch Tisch oder Bank in dem traurigen Gefängnis; auf harter Erde mußte die liegen, die sonst auf Sammet und Seiden geschlafen hatte, und barfuß mußte die gehen, die sonst in goldenen Schuhen geprangt hatte. Und Svanvithe hätte sterben müssen vor Jammer, wenn sie nicht gewußt hätte, daß sie unschuldig war, und wenn sie nicht zu Gott hätte beten können. Sie aber war ein sehr junges Kind, als sie eingesperrt ward, erst sechzehn Jahre alt, schön wie eine Rose und schlank und weiß wie eine Lilie, und die Menschen, die sie liebhatten, nannten sie nicht anders als des Königs Lilienstengelein. Und dieses süße Lilienstengelein sollte so jämmerlich verwelken in der kalten und einsamen Finsternis. Und sie hatte wohl drei Jahre so gesessen zwischen den kalten Steinen, und auch der alte König war nicht mehr froh gewesen seit jenem Tage, als der polnische Prinz sie in die große Schande gebracht hatte, sondern sein Kopf war schneeweiß geworden vor Gram wie der Kopf einer Taube; aber vor den Leuten gebärdete er sich stolz und aufgerichtet und tat, als wenn seine Tochter tot und lange begraben wäre. Sie aber saß von der Welt ungewußt in ihrem Elende und tröstete sich allein Gottes und dachte, daß er ihre Unschuld wohl einmal an den Tag bringen würde.
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Weil sie aber in ihren einsamen Trauerstunden Zeit genug hatte, hin und her zu denken, so fiel ihr die Sache ein von dem Königsschatze unter dem Garzer Walle, die sie in ihrer Kindheit oft gehört hatte, und sie gedachte damit ihre Unschuld, und daß der polnische Prinz sie unter einem falschen Schein schändlich belogen hatte, sonnenklar zu beweisen. Und als darauf ihr Wächter kam und ihr die Speise durch das Loch reichte, sprach sie zu ihm: "Lieber Wächter, gehe zu dem Könige, meinem und deinem Herrn, und sage ihm, daß seine arme einzige Tochter ihn nur noch ein einziges Mal zu sehen und zu sprechen wünscht in ihrem Leben und daß er ihr diese letzte Gunst nicht versagen mag." Und der Wächter sagte ja und lief und dachte bei sich: "Wenn der alte König ihre Bitte nur erhört!" Denn es jammerte ihn die arme Prinzessin unaussprechlich, und sie jammerte alle Menschen; denn sie war immer freundlich gewesen gegen jedermann, auch hatten die meisten von Anfang an geglaubt, daß sie fälschlich verklagt war und daß der polnische Prinz einen argen Lügenschein auf sie gebracht hatte; denn sie hatte sich immer aller Zucht und Jungfräulichkeit beflissen vor jedermann. Und als ihr Wächter vor den König trat und ihm die Bitte der Prinzessin anbrachte, da war der alte Herr sehr zornig und schalt ihn und drohete ihm, ihn selbst in den Turm zu werfen, wenn er den Namen der Prinzessin vor ihm je wieder über seine Lippen laufen lasse. Und der erschrockene Wächter ging weg. Der König aber legte sich hin und schlief ein. Da soll er einen wunderbaren Traum gehabt haben, den kein Mensch zu deuten verstanden hat, und er ist früh erwacht und sehr unruhig gewesen und hat viel an seine Tochter denken müssen, bis er zuletzt befohlen hat, daß man sie aus dem Turm heraufbrächte und vor ihn führte. Als Svanvithe nun vor den König trat, war sie bleich und mager, auch waren ihre Kleider und Schuhe schon abgerissen, und sie stand fast nackt und barfuß da und sah einer Bettlertochter ähnlicher als einer Königstochter. Und der alte König ist bei ihrem Anblick blaß geworden vor Jammer wie der Kalk an der Wand, aber sonst hat er sich nichts merken lassen.
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Und Svanvithe hat sich vor ihm verneigt und also zu ihm gesprochen: "Mein König und Herr! Ich erscheine nur als eine arme Sünderin vor dir, als eine, die an der göttlichen Gnade und an dem Lichte des Himmels kein Recht mehr haben soll. Also hast du mich von deinem Angesicht verstoßen und von allem Lebendigen weggesperrt. Ich beteure aber vor dir und vor Gott, daß ich unschuldig leide und daß der polnische Prinz aus eitel Tücke und Arglist all den schlimmen Schein auf mich gebracht hat. Und nun hat Gott, der sich mein erbarmen will, mir einen Gedanken ins Herz gegeben, wodurch ich meine unbefleckte Jungfrauschaft beweisen und dich und mich und dein ganzes Reich zu Reichtum und Ehren bringen kann. Du weißt, es geht die Sage, unter dem alten Schloßwalle zu Garz, wo unsere heidnischen Ahnen weiland gewohnt haben, liege ein reicher Schatz vergraben. Diese Sage, die mir in meiner Kindheit oft erzählt ist, meldet ferner, dieser Schatz könne nur von einer Prinzessin gehoben werden, die von jenen alten Königen herstamme und noch eine reine Jungfrau sei: wenn nämlich diese den Mut habe, in der Johannisnacht zwischen zwölf und ein Uhr nackt und einsam diesen Wall zu ersteigen und darauf rückwärts so lange hin und her zu treten, bis es ihr gelinge, die Stelle zu treffen, wo die Tore und Treppen verschüttet sind, die zu der Schatzkammer hinabführen. Sobald sie diese mit ihren Füßen berühre, werde es sich unter ihr öffnen, und sie werde sanft heruntersinken mitten in das Gold und könne sich von den Herrlichkeiten dann auslesen, was sie wolle, und bei Sonnenaufgang wieder herausgehen. Was sie aber nicht tragen könne, werde der alte Geist, der den Schatz bewacht, nebst seinen Gehilfen nachtragen. Hierauf habe ich nun meine Hoffnung eines neuen Glückes gestellt, ob es mir etwa aufblühen wolle; laß mich denn, Herr König, mit Gott diese Probe machen. Ich bin ja doch einer Toten gleich, und ob ich hier begraben bin oder dort begraben werde, kann dir einerlei sein." Sie hatte die Gebärde, als wolle sie noch mehr sagen; aber bei diesen Worten stockte sie und konnte nicht mehr, sondern schluchzete und weinte bitterlich. Der König aber winkte dem Wächter leise zu, der sie hereingeführt hatte, und alsbald kamen Frauen und Dienerinnen herbei und trugen sie hinaus von dem Könige weg in ein Seitengemach.
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Und nicht lange, so ward der Wächter wieder zu dem Könige gerufen, und er brachte ihr Speise und Trank, daß sie sich stärkte und erquickte, und zugleich die Botschaft, daß der König ihr die gebetene mitternächtliche Fahrt erlaube. Bald trugen Dienerinnen ihr ein Bad herein nebst zierlichen Kleidern, daß sie sich bedecken konnte, denn sie war fast nackend. Und sie lebte nun wieder in Freuden, obgleich sie ganz einsam saß und gegen niemand den Mund auftat--auch den Dienern und Dienerinnen war das Sprechen zu ihr verboten, sie wußten auch nicht, wer sie war, noch wie sie in das Schloß gekommen, denn von denen, die sie kannten, ward niemand zu ihr gelassen denn allein der Wächter, der ihr immer die Speise gebracht hatte im Turme. Und ihre Schöne fing wieder an aufzublühen, wie blaß und elend sie auch aus dem Turm gekommen war; und alle, die sie sahen, entsetzten sich über ihre Huld und Lieblichkeit, und sie deuchte ihnen fast einem Engel gleich, der vom Himmel in das Schloß gekommen sei. Und als vierzig Tage vergangen waren und der Tag vor Johannis da war, da ging sie zu dem Könige, ihrem Vater, ins Gemach und sagte ihm Lebewohl. Und der alte Herr neigte noch einmal wieder seinen weißen Kopf über sie und weinte sehr, und sie sank vor ihm hin und umfaßte seine Knie und weinte noch mehr. Und darauf ging sie hinaus und verkleidete sich so, daß niemand sie für eine Prinzessin gehalten hätte, und trat ihre Reise an. Die Reise war aber nicht weit von Bergen nach Garz, und sie ging in der Tracht eines Reiterbuben einher. Und in der Nacht, als es vom Garzer Kirchturm zwölf geschlagen hatte, betrat sie einsam den Wall, tat ihre Kleider von sich, also daß sie da stand, wie Gott sie erschaffen hatte, und nahm eine Johannisrute in die Hand, womit sie hinter sich schlug. Und so tappte sie stumm und rücklings fort, wie es geschehen mußte. Und nicht lange war sie geschritten, so tat sich die Erde unter ihren Füßen auf, und sie fiel sanft hinunter, und es war ihr, als würde sie in einem Traum hinabgewiegt; und sie fiel hinab in ein gar großes und schönes und von tausend Lichtern und Lampen erleuchtetes Gemach, dessen Wände von Marmor und diamantenen Spiegeln blitzten und dessen Boden ganz mit Gold und Silber und Edelsteinen beschüttet war, daß man kaum darauf gehen konnte.
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Sie aber sank so weich auf einen Goldhaufen herab, daß es ihr gar nicht weh tat. Und sie besah sich alle die blitzende Herrlichkeit in dem weiten Saale, wo die Schätze und Kostbarkeiten ihrer Ahnherren von vielen Jahrhunderten gesammelt und aufgehängt waren; und da sah sie in der hintersten Ecke in einem goldenen Lehnstuhl das kleine graue Männchen sitzen, das ihr freundlich zunickte, als wolle es mit der Urenkelin sprechen. Sie aber sprach kein Wort zu ihm, sondern winkte ihm nur leise mit der Hand. Und auf ihren Wink hob der Geist sich hinweg und verschwand, und statt seiner kam eine lange Schar prächtig gekleideter Diener und Dienerinnen, welche sich in stummer Ehrfurcht hinter sie stellten, als erwarteten sie, was die Herrin befehlen würde. Svanvithe aber säumte nicht lange, bedenkend, wie kurz die Mittsommersnacht ist, und sie nahm die Fülle der Edelsteine und Diamanten und winkte den Dienern und Dienerinnen hinter ihr, daß sie ebenso täten; auch diese füllten Hände und Taschen und Zipfel und Geren der Kleider mit Gold und edlen Steinen und kostbaren Geschirren. Und noch ein Wink, und die lange Reihe wandelte, und die Prinzessin schritt voran der Treppe zu, als wenn sie herausgehen wollte; jene aber folgten ihr. Und schon hatte sie viele Stufen vollendet und sah schon das dämmernde Morgenlicht und hörte schon den Lerchengesang und den Hahnenkrei, die den Tag verkündeten--da ward es ihr bange, ob die Diener und Dienerinnen ihr auch nachträten mit den Schätzen. Und sie sah sich um, und was erblickte sie? Sie sah den kleinen grauen Mann sich plötzlich in einen großen schwarzen Hund verwandeln, der mit, feurigem Rachen und funkelnden Augen gegen sie hinaufsprang. Und sie entsetzte sich sehr und rief: "Oh Herr je!" Und als sie das Wort ausgeschrien hatte, da schlug die Tür über ihr mit lautem Knalle zu, und die Treppe versank, und die Diener und Dienerinnen verschwanden, und alle Lichter des Saales erloschen, und sie war wieder unten am Boden und konnte nicht heraus. Der alte König aber, da sie nicht wiederkam, grämte sich sehr; denn er dachte, sie sei entweder umgekommen bei dem Hinabsteigen zu dem Schatze durch die Tücke der bösen Geister, die unter der Erde ihre Gewalt haben, oder sie habe sich der Sache überhaupt nicht unterstanden und laufe nun wie eine arme, verlassene Streunerin durch die Welt.
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Und er lebte nur noch wenige Wochen nach ihrem Verschwinden; dann starb er und ward begraben. Der Prinzessin Svanvithe war dieses Unglück aber geschehen, weil sie sich umgesehen hatte, als sie weggehen wollte, und weil sie gesprochen hatte. Denn über die Unterirdischen hat man keine Gewalt, wenn man sich umsieht oder spricht, sondern es gerät dann fast immer unglücklich, wovon man viele Beispiele und Geschichten weiß. Und es waren viele Jahre vergangen, vielleicht hundert Jahre und mehr, und alle die Menschen waren gestorben und begraben, welche zu der Zeit des alten Königs und der schönen Svanvithe gelebt hatten, und schon ward hie und da von ihnen erzählt wie von einem alten, alten, längst verschollenen Märchen; da hörte man hin und wieder, die Prinzessin lebe noch und sitze unter dem Garzer Wall in der Schatzkammer und müsse nun mit dem alten, grauen Urgroßvater die Schätze hüten helfen. Und kein Mensch weiß zu sagen, wie dies hier oben bekannt geworden ist. Vielleicht hat der kleine graue Mann, der zuzeiten rundgeht, es einem verraten, oder es hat es auch einer der hellsichtigen Menschen gesehen, die an hohen Festtagen in besonderen Stunden geboren sind und die das Gras und das Gold in der Erde wachsen sehen und mit ihren Augen durch die dicksten Berge und Mauern dringen können. Und es war viel erschollen von der Geschichte und von dem wundersamen Versinken der Prinzessin unter die Erde, und daß sie in der dunkeln Kammer sitze und noch lebe und einmal erlöst werden solle. Sie kann aber, sagen sie, erlöst werden, wenn einer es wagt, auf dieselbe Weise, wie sie einst in der Johannisnacht getan hat, in die verbotene Schatzkammer hinabzufallen. Dieser muß sich dann dreimal vor ihr verneigen, ihr einen Kuß geben, sie an die Hand fassen und sie still herausführen; denn kein Wort darf er beileibe nicht sprechen. Wer sie herausbringt, der wird mit ihr in Herrlichkeit und in Freuden leben und so viele Schätze haben, daß er sich ein Königreich kaufen kann. Darin wird er dann fünfzig Jahre als König auf dem Throne sitzen und sie als seine Königin neben ihm, und werden gar liebliche Kinder zeugen; der kleine graue Spuk wird dann aber auf immer verschwinden, wann sie ihm die Schätze weggehoben haben.
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Nun hat es wohl so kühne und verwegene Prinzen und schöne Knaben gegeben, die mit der Johannisrute in der Hand zu ihr hinabgekommen sind; aber sie haben es immer in etwas versehen, und die Prinzessin ist noch nicht erlöst. Ja, wenn das ein so leichtes Ding wäre, wieviele würden Lust haben, eine so schöne Prinzessin zu freien und Könige zu werden! Die Leute erzählen aber, der greuliche schwarze Hund ist an allem schuld; keiner hat es mit ihm aushalten können, sondern wenn sie ihn sehen, so müssen sie aufschreien, und dann schlägt die Türe zu, und die Treppe versinkt, und alles ist wieder vorbei. So sitzt denn die arme Svanvithe da in aller ihrer Unschuld und muß da unten frieren und das kalte Gold hüten, und Gott weiß, wann sie erlöst werden wird. Sie sitzt da über Goldhaufen gebeugt; ihr langes Haar hängt ihr über die Schultern herab, und sie weint unaufhörlich. Schon sitzen sechs junge Gesellen um sie herum, die auch mithüten müssen. Das sind die, denen die Erlösung nicht gelungen ist. Wem es aber gelingt, der heiratet die Prinzessin und bekommt den ganzen Schatz und befreit zugleich die andern armen Gefangenen. Sie sagen, der letzte ist vor zwanzig Jahren darin versunken, ein Schuhmachergesell, der Jochim Fritz hieß. Das war ein junges, schönes Blut und ging immer viel auf dem Wall spazieren. Der ist mit einem Male verschwunden, und keiner hat gewußt, wo er gestoben und geflogen war, und seine Eltern und Freunde haben ihn in der ganzen Welt suchen lassen, aber nicht gefunden! Er mag nun auch wohl dasitzen bei den andern. Der Riese Balderich In der westlichen Spitze der Insel Rügen in der Ostsee an der Feldscheide der Dörfer Rothenkirchen und Götemitz, etwa eine Viertelmeile von dem Kirchdorfe Rambin, liegen auf flachem Felde neun kleine Hügel oder Hünengräber, welche gewöhnlich die Neun Berge oder die Neun Berge bei Rambin genannt werden, und von welchen das Volk allerlei Märchen erzählt. Diese entstanden weiland durch die Kühnheit eines Riesen, und seitdem die Riesen tot sind, treiben die Zwerge darin ihr Wesen. Vor langer Zeit lebte auf Rügen ein gewaltiger Riese (ich glaube, er hieß Balderich), den verdroß es, daß das Land eine Insel war und daß er immer durch das Meer waten mußte, wenn er nach Pommern auf das feste Land wollte.
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Er ließ sich also eine ungeheure Schürze machen, band sie um seine Hüften und füllte sie mit Erde; denn er wollte sich einen Erddamm aufführen von der Insel bis zur Feste. Als er mit seiner Tracht bis über Rothenkirchen gekommen war, riß ein Loch in die Schürze, und aus der Erde, die herausfiel, wurden die Neun Berge. Er stopfte das Loch zu und ging weiter; aber als er bis Gustow gekommen war, riß wieder ein Loch in die Schürze, und es fielen dreizehn kleine Berge heraus. Mit der noch übrigen Erde ging er ans Meer und goß sie hinein. Da ward der Prosnitzer Hafen und die niedliche Halbinsel Drigge. Aber es blieb noch ein schmaler Zwischenraum zwischen Rügen und Pommern, und der Riese ärgerte sich darüber so sehr, daß er plötzlich von einem Schlagfluß hinstürzte und starb. Und so ist denn sein Damm leider nie fertig geworden. Von demselben Riesen Balderich erzählt man ein Kraftstück, das er bei Putbus bewiesen hat. Er hatte schon mehrmals mit Ärger gesehen, daß dem Christengotte zu Vilmnitz, eine halbe Meile von Putbus, eine Kirche erbaut ward, und da hat er bei sich gesprochen: "Laß die Würmer ihren Ameisenhaufen nur aufbauen; den werfe ich nieder, wann er fertig ist." Als nun die Kirche fertig und der Turm aufgeführt war, nahm der Riese einen gewaltigen Stein, stellte sich auf dem Putbusser Tannenberge hin und schleuderte ihn mit so ungeheurer Gewalt, daß der Stein wohl eine Viertelmeile über die Kirche wegflog und bei Nadelitz niederfiel, wo er noch diesen Tag liegt am Wege, wo man nach Posewald fährt, und der Riesenstein genannt wird. Die Unterirdischen in den Neun Bergen bei Rambin In den Neun Bergen bei Rambin wohnen nun die Zwerge und die kleinen Unterirdischen und tanzen des Nachts in den Büschen und Feldern herum und führen ihre Reigen und ihre Musiken auf im mitternächtlichen Mondschein, besonders in der schönen und lustigen Sommerzeit und im Lenze, wo alles in Blüte steht; denn nichts lieben die kleinen Menschen mehr als die Blumen und die Blumenzeit. Sie haben auch viele schöne Knaben und Mädchen bei sich; diese aber lassen sie nicht heraus, sondern behalten sie unter der Erde in den Bergen, denn sie haben die meisten gestohlen oder durch einen glücklichen Zufall erwischt und fürchten, daß sie ihnen wieder weglaufen möchten.
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Denn vormals haben sich viele Kinder des Abends und des Morgens locken lassen von der süßen Musik und dem Gesange, der durch die Büsche klingt, und sind hingelaufen und haben zugehorcht; denn sie meinten, es seien kleine singende Waldvögelein, die mit solcher Lustigkeit musizierten und Gott lobeten--und dabei sind sie gefangen worden von den Zwergen, die sie mit in den Berg hinabgenommen, daß sie ihnen dort als Diener und Dienerinnen aufwarteten. Seitdem die Menschen nun Wissens daß es da so hergeht und nicht recht geheuer ist, hüten sie sich mehr, und geht keiner dahin. Doch verschwindet von Zeit zu Zeit noch manches unschuldige Kind, und die Leute sagen dann wohl, es hab's einer der Zwerge mitgenommen; und oft ist es auch wohl durch die Künste der kleinen braunen Männer eingefangen und muß da unten sitzen und dienen und kann nicht wiederkommen. Das ist aber ein uraltes Gesetz, das bei den Unterirdischen gilt, daß sie je alle fünfzig Jahre wieder an das Licht lassen müssen, was sie eingefangen haben. Und das ist gut für die, welche so gefangen sitzen und da unten den kleinen Leuten dienen müssen, daß ihnen diese Jahre nicht gerechnet werden, und daß keiner da älter werden kann als zwanzig Jahre, und wenn er volle fünfzig Jahre in den Bergen gesessen hätte. Und es kommen auf die Weise alle, die wieder herauskommen, jung und schön heraus. Auch haben die meisten Menschen, die bei ihnen gewesen sind, nachher auf der Erde viel Glück gehabt: entweder, daß sie da unten so klug und witzig und anschlägisch werden, oder daß die kleinen Leute, wie einige erzählen, ihnen unsichtbar bei der Arbeit helfen und Gold und Silber zutragen. Die Unterirdischen, welche in den Neun Bergen wohnen, gehören zu den braunen, und die sind nicht schlimm. Es gibt aber auch schwarze, das sind Tausendkünstler und Kunstschmiede, geschickt und fertig in allerlei Werk, aber auch arge Zauberer und Hexenmeister, voll Schalkheit und Trug, und ist ihnen nicht zu trauen. Sie sind auch Wilddiebe, denn sie essen gern Braten. Sie dürfen aber das Wild mit keinem Gewehr fällen, sondern sie stricken eigene Netze, die kein Mensch sehen kann; darin fangen sie es. Darum sind sie auch Feinde der Jäger und haben schon manchem Jäger sein Gewehr behext, daß er nicht treffen kann.
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Das glauben aber bis diesen Tag viele Leute, daß nichts eine größere Gewalt über diese Schwarzen hat als Eisen, worüber gebetet worden, oder was in Christenhänden gewesen ist. Solche Schwarzen wohnen hier aber gar nicht. In zwei Bergen wohnen von den weißen, und das sind die freundlichsten, zartesten und schönsten aller Unterirdischen, fein und anmutig von Gliedern und Gebärden und ebenso fein und liebenswürdig drinnen im Gemüte. Diese Weißen sind ganz unschuldig und rein und necken niemand, auch nicht einmal im Scherze, sondern ihr Leben ist licht und zart, wie das Leben der Blumen und Sterne, mit welchen sie auch am meisten Umgang halten. Diese niedlichen Kleinen sitzen den Winter, wann es auf der Erde rauh und wüst und kalt ist, ganz still in ihren Bergen und tun da nichts anders, als daß sie die feinste Arbeit wirken aus Silber und Gold, daß die Augen der meisten Sterblichen zu grob sind, sie zu sehen; die sie aber sehen können, sind besonders feine und zarte Geister. So leben sie den trüben Winter durch, wann es da draußen unhold ist, in ihren verborgenen Klausen. Sobald es aber Frühling geworden und den ganzen Sommer hindurch, leben sie hier oben im Sonnenschein und Sternenschein sehr fröhlich und tun dann nichts als sich freuen und andern Freude machen. Sobald es auch im ersten Lenze zu sprossen und zu keimen beginnt an Bäumen und Blumen, sind sie husch aus ihren Bergen heraus und schlüpfen in die Reiser und Stengel und von diesen in die Blüten und Blumenknospen, worin sie gar anmutig sitzen und lauschen. Des Nachts aber, wann die Menschen schlafen, spazieren sie heraus und schlingen ihre fröhlichen Reihentänze im Grünen um Hügel und Bäche und Quellen und machen die allerlieblichste und zarteste Musik, welche reisende Leute so oft hören und sich verwundern, weil sie die Spieler nicht sehen können. Diese kleinen Weißen dürfen auch bei Tage immer heraus, wann sie wollen, aber nicht in Gesellschaft, sondern einzeln, und sie müssen sich dann verwandeln. So fliegen viele von ihnen umher als bunte Vögelein oder Schmetterlinge oder als schneeweiße Täubchen und bringen den kleinen Kindern oft Schönes und den Erwachsenen zarte Gedanken und himmlische Träume, von welchen sie nicht wissen, wie sie ihnen kommen. Das ist bekannt, daß sie sich häufig in Träume verwandeln, wenn sie in geheimer Botschaft reisen. So haben sie manchen Betrübten getröstet und manchen Treuliebenden erquickt.
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Wer ihre Liebe gewonnen hat, der ist im Leben besonders glücklich, und wenn sie nicht so reich machen an Schätzen und Gütern als die andern Unterirdischen, so machen sie reich an Liedern und Träumen und fröhlichen Gesichten und Phantasien. Und das sind wohl die besten Schätze, die ein Mensch gewinnen kann. Abenteuer des Johann Dietrich In Rambin lebte einst ein Arbeitsmann, der hieß Jakob Dietrich, ein Mann schlecht und recht und gottesfürchtig, und der auch eine gute und gottesfürchtige Frau hatte. Die beiden Eheleute besaßen dort ein Häuschen und ein Gärtchen und nährten sich redlich von der Arbeit ihrer Hände; denn andere Künste kannten sie nicht. Sie hatten viele liebe Kinder, von welchen das jüngste, Johann Dietrich genannt, ihnen fast das liebste war. Denn es war ein schöner und munterer Junge, aufgeweckt und quick, fleißig in der Schule und gehorsam zu Hause, und behielt alle Lehren und Geschichten sehr gut, welche die Eltern ihm versagten. Auch von vielen andern Leuten lernte er und hielt jeden fest, der Geschichten wußte, und ließ ihn nicht eher los, als bis er sie erzählt hatte. Johann war acht Jahre alt geworden und lebte den Sommer bei seines Vaters Bruder, der Bauer in Rothenkirchen war, und mußte nebst andern Knaben Kühe hüten, die sie ins Feld gegen die Neun Berge hinaustrieben, wo damals noch viel mehr Wald war als jetzt. Da war ein alter Kuhhirt aus Rothenkirchen, Klas Starkwolt genannt, der gesellte sich oft zu den Knaben, und sie trieben die Herden zusammen und setzten sich hin und erzählten Geschichten. Der alte Klas wußte viele und erzählte sie sehr lebendig; er war bald Johann Dietrichs liebster Freund. Besonders aber wußte er viele Märchen von den Neun Bergen und von den Unterirdischen aus der allerfrühesten Zeit, als die Riesen im Lande untergegangen und die Kleinen in die Berge gekommen waren, und Johann hörte sie immer mit dem innigsten Wohlgefallen und plagte den alten Mann jeden Tag um neue Geschichten, obgleich ihm dieser das Herz zuweilen so in Flammen setzte, daß er des Abends spät und des Morgens früh, wenn er hier zuweilen heraus mußte, mit sausendem Haar über das Feld hinstrich, als hätte er alle Unterirdischen als Jäger hinter sich gehabt, die ihn fangen wollten.
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Der kleine Johann Dietrich hatte sich so vertieft und verliebt in diese Märchen von den Unterirdischen, daß er nichts anders sah und hörte, von nichts anderm sprach und fabelte als von goldenen Bechern und Kronen, gläsernen Schuhen, Taschen voll Dukaten, goldenen Ringen, diamantenen Kränzen, schneeweißen Bräuten und klingenden Hochzeiten. Wenn er nun so ganz darin war und in kindischer Freude aufjauchzte und umhersprang, dann pflegte der alte Starkwolt wohl den Kopf zu schütteln und ihm zuzurufen: "Johann! Johann! Wo willst du hin? Spaten und Sense, das sind dein Zepter und deine Krone, und deine Braut wird ein Kränzel von Rosmarin und einen bunten Rock von Drell tragen." Johann ließ sich das aber nicht anfechten und träumte immer lustig fort. Und obwohl er herzlich graulich war und in der Dunkelheit um alles in der Welt nicht über den Kirchhof gegangen wäre, hatte er sich das Leben da in dem Berge und die Schätze und Herrlichkeiten darin doch so ausgemalt, daß ihn fast gelüstete, einmal hinabzusteigen; denn der alte Klas hatte gesagt, wie man es anfangen müsse, damit man da unten Herr werde und nicht Diener, und damit sie einen nicht fünfzig Jahre festhalten und die Becher spülen und das Estrich kehren lassen könnten. Wer nämlich so klug oder so glücklich sei, die Mütze eines Unterirdischen zu finden oder zu erhaschen, der könne sicher hinabsteigen, dem dürfen sie nichts tun noch befehlen, sondern müssen ihm dienen, wie er wolle, und derjenige Unterirdische, dem die Mütze gehöre, müsse sein Diener sein und ihm schaffen, was er wolle. Das hatte Johann sich hinters Ohr geschrieben und seinen Teil dabei gedacht; ja, er hatte wohl hinzugesetzt, so etwas unterstehe er sich auch wohl zu wagen. Die Leute glaubten ihm das aber nicht, sondern lachten ihn aus; und doch hat er es getan, und sie haben genug geweint, als er nicht wiedergekommen ist. Es war nun die Zeit des Johannisfestes, wo die Tage am längsten sind und die Nächte am kürzesten, und wo die Jahreszeit am schönsten ist. Die Alten und die Kinder hatten die Festtage fröhlich gelebt und gespielt und allerlei Geschichten erzählt; da konnte Johann sich nicht länger halten, sondern den Tag nach Johannis schlich er sich heimlich weg, und als es dunkel ward, legte er sich auf dem Gipfel des höchsten der Neun Berge hin, wo die Unterirdischen, wie Klas ihm erzählt, ihren vornehmsten Tanzplatz hatten.
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Und wahrlich, er legte sich nicht ohne Angst hin, und hätte er nicht einmal dagelegen, vielleicht wäre nimmer was daraus geworden; denn sein Herz schlug ihm wie ein Hammer, und sein Atem ging wie ein frischer Wind. So lauschte er in Furcht und Hoffnung von zehn Uhr abends bis zwölf Uhr Mitternacht. Und als es zwölf schlug, sieh, da fing es an zu klingen und zu singen in den Bergen; und bald wisperte und lispelte und pfiff und säuselte es um ihn her; denn die kleinen Leute dreheten sich jetzt in Tänzen rund, und andere spielten und tummelten sich im Mondschein und machten tausend lustige Schwänke und Possen. Ihn überlief bei diesem Gewispel und Gesäusel ein geheimer Schauder (denn sehen konnte er nichts von ihnen, da ihre Mützchen, die sie tragen, sie unsichtbar machen); er aber lag ganz still, das Gesicht ins Gras gedrückt und die Augen fest zugeschlossen und leise schnarchend, als schliefe er. Doch konnte er es nicht lassen, zuweilen ein wenig umher zu blinzeln, damit er etwa seinen Vorteil ersähe, einen der kleinen Leute finge und ein Herr würde, denn dazu hatte er gar große Lust; aber wie heller Mondschein es auch war, er konnte auch nicht das geringste von ihnen erblicken. Und siehe, es währte nicht lange, so kamen drei der Unterirdischen dahergesprungen, wo er lag, gaben aber nicht acht auf ihn, warfen ihre braunen Mützchen in die Luft und fingen sie einander ab. Da riß der eine dem andern in Schalkheit die Mütze aus der Hand und warf sie weg. Und die Mütze flog dem Johann gerade auf den Kopf, und er fühlte sie, griff zu und richtete sich sogleich auf und ließ Schlaf Schlaf sein. Er schwang mit Freuden seine Mütze, daß das silberne Glöcklein daran klingelte, und setzte sie sich dann auf den Kopf, und (o Wunder! ) in demselben Augenblicke sah er das zahllose und lustige Gewimmel der kleinen Leute, und sie waren ihm nicht mehr unsichtbar. Die drei kleinen Männer kamen listig herbei und wollten mit Behendigkeit die Mütze wieder gewinnen; er aber hielt seine Beute fest, und sie sahen wohl, daß sie auf diese Weise nichts von ihm gewinnen würden; denn Johann war ein Riese gegen sie an Größe und Stärke, und sie reichten ihm kaum bis ans Knie.
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Da kam derjenige, dem die Mütze gehörte, und trat ganz demütig vor den Finder hin und bat flehentlich, als hänge sein Leben dran, ihm die Mütze wiederzugeben. Johann aber antwortete ihm: "Nein, du kleiner, schlauer Schelm, die Mütze bekommst du nicht wieder; das ist nichts, was man für ein Butterbrot weggibt! Ich wäre schlimm daran mit euch, wenn ich nichts von euch hätte; jetzt aber habt ihr kein Recht an mir, sondern müßt mir, was ich nur will, zu Gefallen tun. Und ich will mit euch hinabfahren und sehen, wie ihr es da unten treibt; du aber sollst mein Diener sein, denn du mußt wohl. Das weiß ich so gut als ihr, daß es nicht anders sein kann, denn Klas Starkwolt hat mir es alles erzählt." Der kleine Mensch aber gebärdete sich, als ob er dies alles nicht gehört noch verstanden hätte; er fing seine Quälerei und Winselei und Plinselei wieder von vorn an, klagte und jammerte und heulte erbärmlich um sein verlornes Mützchen; aber als Johann ihm kurzweg sagte: "Es bleibt dabei, du bist der Diener, und ich will eine Fahrt mit euch machen", da fand er sich endlich drein, zumal da auch die andern ihm zuredeten, daß es so sein müsse. Johann aber warf seinen schlechten Hut nun weg und setzte sich die Mütze an seiner Stelle auf und befestigte sie wohl auf seinem Kopfe, damit sie ihm nicht abgleiten oder abfliegen könnte; denn in ihr trug er die Herrschaft. Und er versuchte es sogleich und befahl seinem neuen Diener, ihm Speise und Trank zu bringen, denn ihn hungerte. Und der Diener lief wie der Wind davon, und in einem Hui war er wieder da und trug Wein in Flaschen herbei und Brot und köstliche Früchte. Und Johann aß und trank und sah dem Spiele und den Tänzen der Kleinen zu, und es gefiel ihm sehr wohl. Und er führte sich in allen Dingen mit ihnen beherzt und klug auf, als wäre er ein geborner Herr gewesen.
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Und als der Hahn seinen dritten Krei getan hatte und die kleinen Lerchen in der Luft die ersten Wirbel anschlugen und das junge Licht in einzelnen weißen Streifen im Osten aufdämmerte, da ging es husch husch husch durch die Büsche und Blumen und Halme fort, und die Berge klangen wieder und taten sich auf, und die kleinen Menschen fuhren hinab; und Johann gab wohl acht auf alles und fand es wirklich so, wie sie ihm erzählt hatten. Siehe, auf dem Wipfel der Berge, wo sie eben noch getanzt hatten, und wo alles eben voll Gras und Blumen stand, wie die Menschen es bei Tage sehen, hob sich, als es zum Abzuge blies, plötzlich eine glänzende gläserne Spitze hervor; auf diese trat, wer hinein wollte, sie öffnete sich, und er glitt sanft hinab, und sie tat sich wieder hinter ihm zu; als sie aber alle hinein waren, verschwand sie und war auch keine Spur mehr von ihr zu sehen. Die aber durch die gläserne Spitze fielen, sanken gar sanfte in eine weite silberne Tonne, die sie alle aufnahm und wohl tausend solcher Leutlein beherbergen konnte. In eine solche fiel auch Johann mit seinem Diener und mit mehreren hinab, und sie alle schrien und baten ihn, daß er sie nicht treten möge, denn sie wären des Todes gewesen von seiner Last. Er aber hütete sich und war sehr freundlich gegen sie. Es gingen aber mehrere solcher Tonnen nebeneinander hin, immer hinauf und hinab, bis alle hinunter waren. Sie hingen an langen silbernen Ketten, die unten gezogen und gehalten wurden. Johann erstaunte beim Hinabfahren über den wunderbaren Glanz der Wände, zwischen welchen das Tönnchen fortglitt. Es war alles wie mit Perlen und Diamanten besetzt, so blitzte und funkelte es; unter sich aber hörte er die lieblichste Musik aus der Ferne klingen. So ward er auf das anmutigste hinabgewiegt, daß er nicht wußte, wie ihm geschah, und vor lauter Lust in einen tiefen Schlaf fiel. Er mochte wohl lange geschlafen haben. Als er erwachte, fand er sich in dem allerweichsten und allernettesten Bette, wie er es in seines Vaters Hause nimmer gesehen hatte, und dieses Bett stand in dem allerniedlichsten Zimmer; vor ihm aber stand ein kleiner Brauner mit dem Fliegenwedel in der Hand, womit er Mücken und Fliegen abwehrte, daß sie seines Herrn Schlummer nicht stören konnten.
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Johann tat kaum die Augen auf, so brachte der kleine Diener ihm schon das Handtuch mit dem Waschwasser und hielt ihm zugleich die nettesten neuen Kleider zum Anziehen hin, aus brauner Seide sehr niedlich gemacht, und ein Paar neue schwarze Schuh mit roten Bandschleifchen, wie Johann sie in Rambin und Rothenkirchen nie gesehen hatte; auch standen dort einige Paare der niedlichsten und glänzendsten gläsernen Schuhe, die nur bei großen Festlichkeiten gebraucht zu werden pflegen. Es gefiel dem kleinen Knaben sehr, daß er so leichte und saubere Kleider tragen sollte, und er ließ sie sich gern anziehen. Und als Johann angekleidet war, flugs flog der Diener fort und war geschwind wie der Blitz wieder da. Er trug aber auf einer goldenen Schüssel eine Flasche süßen Wein und ein Töpfchen Milch und schönes Weißbrot und Früchte und andere köstliche Speisen, wie kleine Knaben sie gern essen. Und Johann sah immer mehr, daß Klas Starkwolt, der alte Kuhhirt, es wohl gewußt habe; denn so herrlich und prächtig, als er hier alles fand, hatte er es sich doch nicht geträumt. Auch war sein Diener der allergehorsamste und tat alles von selbst, was er ihm nur an den Augen absehen konnte. Der Worte bedurfte es nie, sondern nur leichter Blicke und Winke; denn er war klug wie ein Bienchen, wie alle diese kleinen Leute von Natur sind. Und nun muß ich Johanns Zimmer beschreiben. Sein Bettchen war schneeweiß mit den weichsten Polstern und mit den weißesten Laken überzogen, mit Kissen aus Atlas und einer solchen gesteppten Decke. Ein Königssohn hätte darin schlafen können. Neben und vor diesem Bette standen die niedlichsten Stühle, auf das netteste gearbeitet und mit allerlei bunten Vögeln und Tieren verziert, welche kunstreiche Hände eingeschnitten hatten; einige waren auch von edlen Steinen bunt eingelegt. An den Wänden standen weiße Marmortische und ein paar kleinere aus grünen Smaragden, und zwei blanke Spiegel glänzten an den beiden Enden des Zimmers, deren Rahmen mit blitzenden Edelgesteinen eingefaßt waren. Die Wände des Zimmers waren mit grünen Smaragden getäfelt, und hatte einen solchen Glanz nie ein Mensch auf Erden gesehen und wird ihn auch keiner dort sehen, auch nicht in des größten Kaisers Hause. Und in solchem Zimmer wohnte nun der kleine Johann Dietrich, eines Tagelöhners Sohn aus Rambin, daß man wohl sagen mag: Das Glück fängt, wem es von Gott beschert ist.
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Hier unter der Erde sah man nun freilich nie Sonne, Mond und Sterne leuchten, und das schien allerdings ein großer Fehler zu sein. Aber sie brauchten hier solche Lichter nicht, auch bedurften sie weder der Wachslichter noch der Talglichter, noch der Kerzen und Öllampen und Laternen; sie hatten andern Lichtes genug. Denn die Unterirdischen wohnen recht eigentlich mitten unter den Edelgesteinen und sind die Meister des reinsten Silbers und Goldes, das in der Erde wächst, und sie haben die Kunst wohl gelernt, wie sie es hell bei sich haben können bei Tage und bei Nacht. Eigentlich muß man hier von Tag und Nacht nicht reden, denn die unterscheiden sie hier unten nicht, weil keine Sonne hier auf- und untergeht, welche die Scheidung macht, sondern sie rechnen hier nur nach Wochen. Sie setzen aber ihre Wohnungen und die Wege und Gänge, welche sie unter der Erde durchwandern, und die Orte, wo sie ihre großen Säle haben und ihre Reigen und Feste halten, mit den allerkostbarsten Edelgesteinen aus, daß es funkelt, als wäre es der ewige Tag. Einen solchen Stein hatte der kleine Johann auch in seinem Zimmer. Das war ein auserlesener Diamant, ganz rund und wohl so groß als eine Kugel, womit man Kegel zu werfen pflegt. Dieser war oben in der Decke des Zimmers befestigt und leuchtete so hell, daß er keiner andern Lampen und Lichter bedurfte. Als Johann Frühstück gegessen hatte, öffnete der Diener ein Türchen in der Wand, und Johanns Augen fielen hinein, und er sah die zierlichsten goldenen und silbernen Becher und Schalen und Gefäße und viele Körbchen voll Dukaten und Kästchen voll Kleinodien und kostbarer Steine. Auch waren da viele liebliche Bilder und die allersaubersten Märchenbücher mit Bildern, die er in seinem Leben gesehen hatte. Und er wollte diesen Vormittag gar nicht ausgehen, sondern betastete und besah sich alles und blätterte und las in den schönen Bilderbüchern und Märchenbüchern. Und als es Mittag geworden, da klang eine helle Glocke, und der Diener rief: "Herr, willst du allein essen oder in der großen Gesellschaft?" Und Johann antwortete: "In der großen Gesellschaft." Und der Diener führte ihn hinaus.
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Johann sah aber nichts als einzelne von Edelsteinen erleuchtete Hallen und einzelne kleine Männer und Frauen, die ihm aus Felsritzen und Steinklüften herauszuschlüpfen schienen, und verwunderte sich, woher die Glocke klänge, und sprach zu dem Diener: "Aber wo ist denn die Gesellschaft?" Und als er noch fragte, so öffnete sich die Halle, worin sie gingen, zu einer großen Weite und ward ein unendlicher Saal, über welchen eine weite, gewölbte und mit Edelsteinen und Diamanten geschmückte Decke gezogen war. Und in demselben Augenblick sah er auch ein unendliches Gewimmel von zierlich gekleideten kleinen Männern und Frauen durch viele geöffnete Türen hineinströmen, und tat sich der Boden an vielen Stellen auf, und die niedlichsten, mit den köstlichsten Gefäßen und schmackhaftesten Speisen und Früchten und Weinen besetzten Tische stellten sich aneinander hin, und die Stühle und Polster reiheten sich von selbst um die Tische, und die Männer und Frauen nahmen Platz. Und die Vornehmsten des kleinen Völkchens kamen und verneigten sich vor Johann und führten ihn mit sich an ihren Tisch und setzten ihn zwischen ihre schönsten Jungfrauen, daß er seine Lust hatte, mit den lieblichen Kindern zu sein, und es ihm da über die Maßen wohlgefiel. Es war auch eine sehr fröhliche Tafel, denn die Unterirdischen sind ein sehr lebendiges und lustiges Völkchen und können nicht lange still sein. Dazu klang die allerlieblichste Musik aus den Lüften, und die buntesten Vögel flogen umher und sangen in gar anmutigen Tönen, die einem die Seele aus der Brust holen konnten. Es waren aber keine lebendige Vögel, die da sangen, sondern künstliche Vögel und künstliche Töne und von den kleinen Männern so sinnreich gemacht, daß sie fliegen und singen konnten. Und Johann erstaunte und entsetzte sich sehr über alle die Wunder, die er sah, und freuete sich gewaltig. Die Diener und Dienerinnen aber, welche bei Tische aufwarteten und Blumen streueten und die Flur mit Rosenöl und andern Düften besprengten und die goldenen Schalen und Becher herumtrugen und die silbernen und kristallenen Körbe mit Früchten, waren Kinder der Menschen da droben, welche aus Neugier oder von ungefähr unter die Kleinen geraten und hier hinabgestiegen waren, ohne sich vorher eines Pfandes zu bemeistern, und die also in die Gewalt der Kleinen gekommen waren, oder die sich nächtlich und mitternächtlich unter ihre Sternenspiele auf dem gläsernen Berge verirrt hatten. Diese waren anders gekleidet als sie.
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So saßen sie ungefähr zwei Stunden lustig beisammen und aßen und tranken und horchten auf die liebliche Musik, die aus den Lüften erklang. Da klingelte der Vornehmste mit einem Glöckchen, und in einem Hui versanken die Tische und die Stühle wieder, und alle Männer und Frauen und Jünglinge und Jungfrauen standen da wieder auf den Füßen. Und wieder ein zweiter Klang mit einem zweiten Glöckchen, und wo eben die Tafeln gestanden, erhoben sich grüne Orangen- und Palmen- und Lorbeerbäume mit Blüten und Früchten, und andere, lustigere und klangreichere Vögel als die vorher durch die Luft geflattert hatten, saßen in ihren Zweigen und sangen. Und sie sangen alle wie in einer Weise und in einem Maße, und Johann sah bald, woher dies kam; denn am Ende des Saales hoch oben an der Decke saß in einer hohlen Wand ein eisgrauer Greis und gab den Ton an, nach welchem sie singen mußten. Sie nannten ihn ihren großen Ballmeister. Er war aber so ernst, als er weise war, und verschwiegen wie die graue Zeit und sprach nie ein Sterbenswort, da die andern alle wohl oft zuviel plapperten und schwätzelten. Der alte Eisgraue droben strich nun die Geige zum Tanze, und alle die bunten Vögel klangen den Strich nach. Es war aber ein recht fliegender Strich, denn ihr Tanz geht immer äußerst geschwind und lebendig. Als nun der Reigen angeklungen war, siehe, da bewegten sich die leichten und fröhlichen Scharen und sprangen und hüpften und drehten sich, als wenn die Welt im Wirbel auseinanderfliegen sollte. Und die kleinen hübschen und feinen unterirdischen Dirnen, die sich neben Johann gesetzt hatten, faßten ihn auch und drehten ihn mit rund. Und er ließ es gern geschehen und tanzte mit ihnen rund wohl zwei Stunden lang. Und diesen lustigen Tanz hat er jeden Nachmittag mitgehalten, solange er da unten geblieben ist, und in seinem spätesten Alter noch immer mit vielem Vergnügen davon erzählt. Er pflegte dann zu sagen, die himmlische Freude und der Gesang und das Saitenspiel der Engel, welche die Seligen im Himmel einst zu hoffen hätten, mögen wohl überschwenglich schön sein; er aber könne sich nichts Schöneres und Lieblicheres denken als die Musik dieses unterirdischen Reigens, die schönen und beseelten kleinen Menschen, die wunderbaren Vögel in den Zweigen mit den allerzauberischesten Tönen und die klingenden Silberglöckchen an den Mützen. Ein Mensch, der das nicht gesehen und gehört, könne sich gar keine Vorstellung davon machen.
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Als die Musik schwieg und der Tanz geendigt war (das mochte wohl die Zeit sein, die wir vier Uhr nachmittag nennen), verschwand das kleine lustige Völkchen, die einen hiehin, die andern dahin, und jeder ging wieder an sein Werk und seine Lust. Des Abends ward nach dem Essen gewöhnlich ebenso gejubelt und getanzt. Des Nachts aber schlüpften alle heraus aus den Bergen, besonders in schönen, sternhellen Nächten, und wenn sie auf Erden etwas Besonderes zu tun hatten. Da ging aber der kleine Johann immer ruhig schlafen und hielt, wie es einem frommen christlichen Knaben geziemte, andächtig sein Abendgebet, und auch des Morgens vergaß er nie zu beten. Doch nun muß ich noch mehr erzählen von den Unterirdischen, ehe ich weiter melde, wie es unserm kleinen Johann Dietrich da unten die folgenden Wochen und Jahre ergangen ist. Daß solche kleine Unterirdische, die man mit vielen Namen auch wohl Braunchen, Weißchen, Elfen, Weißelfen, Schwarzelfen, Kobolde, Puke, Heinzlein, Trolle nennt, seit uralten Zeiten unter den Bergen und Hügeln wohnen und ihre wunderbaren kristallenen und gläsernen Häuser haben, ist gewiß. Aber wie sie dahingekommen sind, und was es denn eigentlich für Geister sind, und wozu der liebe Gott sie eigentlich geschaffen hat, das hat uns bisher noch keiner sagen können. Sie sind wohl gleich den Seelen und Herzen der Menschen von sehr verschiedener Art, einige bös, andere gut, einige freundlich, andere neckisch; das wird aber von allen ohne Unterschied gesagt, daß sie sehr sinnreich und geschickt sind und die künstlichsten Werke und Geschmeide machen können, die ihnen kein Mensch nachmachen kann, und die von den Menschen deswegen oft für Zauberwerk und Hexenwerk gehalten werden. Alles, was ich hier erzähle, hat Johann Dietrich mitgebracht und es seinen Freunden erzählt und seinen Kindern so hinterlassen. Von diesen haben es wieder andere gehört, und so hat sich's weitererzählt bis diesen Tag. Die Unterirdischen, zu welchen Johann hinabgestiegen war, gehörten zu den Braunen. Sie hatten auch kleine Schelmstreiche im Herzen, waren aber im ganzen doch gutmütiger und fröhlicher Art. Die Braunen hießen sie, weil sie braune Jäckchen und Röckchen trugen und braune Mützen auf dem Kopf mit silbernen Glöckchen; einige trugen schwarze Schuh mit roten Bändern, die meisten aber feine gläserne, und beim Tanze trugen sie alle keine anderen. Sie hatten ihre Häuschen in den Bergen; aber damit waren sie sehr geheim, und Johann Dietrich, solange er bei ihnen gewesen, hat keine einzige ihrer Kammern gesehen.
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Er und der Diener hatten ihre Kammer hart bei der Stelle, wo der herrliche Speise- und Tanzsaal immer kam und verschwand; er hat auch an vielen andern Stellen schöne Hallen und offene Plätze und liebliche Anger und Auen gesehen, aber nirgends Wohnungen; sondern die Kleinen waren immer nur einzeln oder scharweise da, entweder daß sie tanzten, lustwandelten oder auch geschwind vorübergingen. Und wie sie aus den Steinen, worin sie wohnen, herauskamen und wieder hinschwanden, das hat er mit seinen Augen nie sehen können, wie sehr er auch oft darauf gelauscht hat; sondern sie kamen vor seinen Augen und verschwanden wie Blitze und Scheine. Einige kleine Dirnen aber, die ihn lieb hatten, haben ihm zugeflüstert: jeder habe sein eignes Häuschen tief im Gestein, ein liebliches, helles, gläsernes Häuschen; auch sei der ganze Berg durchsichtig von Anfang bis zu Ende und eigentlich rings mit Glas umwachsen; das sei aber seinen Augen zu sehen nicht möglich. Von diesen kleinen Unterirdischen waren die größten kaum einer Elle lang und die Knaben und Mädchen also gar klein; aber sie waren von Gestalt und Gebärde freundlich und schön, mit hellen, lichten Augen und mit gar feinen und anmutigen Händchen und Füßchen. Und eben durch diese Lieblichkeit und Freundlichkeit haben sie manches Menschenkind verführt, daß es zu ihnen heruntergekommen ist ohne irgend ein Pfand und Zeichen und lange Jahre da hat bleiben und dienen müssen. Denn wenn man ein Pfand von ihnen hat, schadet es nichts, daß man mit in dem silbernen Tönnchen hinabsteigt, und sie müssen einen immer wieder herauslassen. Sie geben aber nicht gern ein Pfand. Das klügste und richtigste ist, daß man mit Listen ein Pfand von ihnen nimmt; denn dann müssen sie einem dienen, da sie sonst gern herrschen wollen. Denn sie sind sehr herrschsüchtig, und das ist eigentlich ihr Hauptfehler; vorzüglich herrschen sie gern über die Menschen und bilden sich etwas darauf ein, weil die soviel stärker und größer sind, daß sie sie mit Listen zu ihren Dienern und Knechten machen. Das beste Pfand, das man von ihnen gewinnen kann und wodurch man am meisten Macht über sie bekommt, ist eine braune Mütze mit dem Glöckchen; sehr gut ist auch ein gläserner Schuh oder eine silberne Spange, womit sie ihren Leibgürtel zu schließen pflegen. Wer die hat, der hat aller Freuden Fülle bei ihnen und ist ein großer Gebieter.
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Ob sie auch sterben, das weiß man nicht, oder ob sie, wie einige erzählen, wann sie alt werden wollen, sich in Steine und Bäume verkriechen und so sich verwachsen und zu wundersamen Klängen, Ächzern und Seufzern werden, die sich zuweilen hören lassen, ohne daß man weiß, woher sie kommen, oder zu abenteuerlichen Knorren und verflochtenen Schlingen, wodurch die Hexen schlüpfen sollen, wann sie von dem wilden Jäger gejagt werden. Eine Leiche von ihnen hat keiner gesehen, und wenn man sie darnach gefragt hat, haben sie immer so geantwortet, als verstanden sie das Wort gar nicht. Das ist gewiß, daß manche von ihnen über zweitausend Jahre alt sind. Da ist es denn kein Wunder, daß man so weise Leute unter ihnen findet. Sie haben einen großen Vorteil voraus vor uns Menschenkindern, daß sie nicht nötig haben, für das tägliche Brot zu sorgen und zu arbeiten, denn Speise und Trank kommt ihnen von selber oder Gott weiß durch welche wundersame Kunst, und es fehlt nie Brot und Wein und Braten auf ihrem Tische. Auch sieht man dort unten, wo sie wohnen, und wo hin und wieder auch weite Fluren und Felder sind, nirgends Korn wachsen oder Vieh weiden oder Wild laufen, sondern bloß das Allerlustigste ist zum Genuß da, nämlich die schönsten Bäume und Reben, die mit den auserlesensten Früchten und Trauben prangen; auch die lieblichsten Blumen in Menge, worauf so bunte Schmetterlinge flattern, als man in dem Lande der Sonne und des Mondes nimmer sieht; und die allerschönsten und schimmerndsten Vögel, die alle wie Paradiesvögel und wie der Vogel Phönix aussehen, wiegen sich in den Zweigen und singen süße Lieder. Anderes Lebendiges sieht man dort nicht, wenn man das nicht etwas Lebendiges nennen will, daß hie und da aus den Kristallwänden Quellen von Wein und Milch sich ergießen. So scheint dies Völkchen denn sehr glücklich zu sein und bloß für die Freude und Lust geboren, und sie verstehen sich sehr wohl auf die Kunst, vergnügt zu sein und ihr Leben lustig zu gebrauchen. Doch muß man nicht glauben, daß sie nichts weiter tun als Tafel, Spiel und Tanz halten, dann in ihre Kammern schlüpfen und schlafen und etwa die Mitternächte über der Erde verspielen--nein, sie sind wohl die allerregsamsten und allerfleißigsten Wesen, die man je gesehen hat.
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Niemand versteht so gut als sie das Innere der Erde und die geheimen Kräfte der Natur und was in Bergen und Steinen und Metallen wächst, und was in den Farben der Blumen und den Wurzeln der Bäume für Triebe lauschen. Denn ihre Sinne sind die allerklarsten und die allerfeinsten, viel feiner als des heitersten und hellesten Kindes, von Menschen geboren; denn auch unsere kleinen Kindlein haben wohl recht feine Sinne und Gedanken, welche die Erwachsenen nur nicht immer verstehen, weil diese meistens schon wieder durch Stein und Erde verhärtet und vergröbert sind. Die Unterirdischen haben viel Freude an Silber und Gold und edlen Steinen und machen die allerkünstlichsten Arbeiten daraus, so daß die besten Meister hier oben erstaunen, wenn ein solches unterirdisches Werk hier mal gesehen wird. Deswegen nennen viele sie auch wohl Hüter des Goldes und des Silbers und meinen, daß sie von schlimmer Gier besessen und böse metallische Geister sind. Die meisten, die das sagen, tun ihnen aber unrecht, denn die weißen und braunen Unterirdischen sind wohl nicht so gierig. Sie verschenken ja soviel Schönes an die Menschenkinder; das würden sie aber nicht tun, wenn sie das Gold und die Edelsteine zu lieb hätten. Sie haben es nur lieb wegen des Glanzes, denn Glanz und Licht lieben sie über alles in der Welt. Die mit den schwarzen Jacken und Mützen sind aber wohl geizig und überhaupt von schlimmerer Natur als diese. Wie die Unterirdischen des Nachts aus ihren gläsernen Bergen schlüpfen und im Mondschein und Sternenschein tanzen und sich erlustigen, habe ich schon erzählt. Sie können sich aber auch unsichtbar in die Häuser der Menschen schleichen; denn wenn sie ihre Mützen aufhaben, kann sie kein Mensch sehen, er habe denn selbst eine solche Mütze. Da sagen die Leute denn, daß sie allerlei Schalkereien treiben, die Kinder in den Wiegen vertauschen, ja gar wegstehlen und mitnehmen. Das ist aber gewiß nicht wahr von den Weißen und Braunen. Auch hat ihnen Gott über die Häuser und Wohnungen der Menschen keine Gewalt gegeben, solcherlei schlimme Schalkerei zu treiben. Sie kommen wohl in die Häuser der Menschen, sie können sich auch verwandeln, so daß kein Schlüsselloch so klein ist, daß sie nicht hindurchschlüpfen; aber sie tun den Menschen nichts Böses, sondern wollen nur zuweilen sehen, was sie machen. Meistens bringen sie ihnen was Schönes mit, besonders den Kindern, die sie sehr lieb haben.
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