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Einige von ihnen waren wegen des Verbrechens der Widerspenstigkeit gegen seine gesetzmäßigen Befehle wirklich unter Hörnerklang proscribirt worden und würden ohne Besinnen jeden seiner Beamten, der sich über die Gebirgspässe hinaus gewagt hätte, um seinen Befehl zu vollziehen, in Stücke zerrissen haben. Die englischen Whigs wurden von ihren Gegnern beschuldigt, daß sie bezüglich des dem Staatsoberhaupte gebührenden Gehorsams gefährlich lockeren Prinzipien huldigten. Indessen hat kein ehrenwerther englischer Whig jemals den Aufruhr vertheidigt, außer als ein seltenes und extremes Mittel gegen seltene und extreme Uebel. Aber unter den celtischen Häuptlingen, deren Loyalität das Thema so vieler feuriger Lobpreisungen gewesen ist, gab es mehrere, deren ganze Existenz vom Knabenalter an ein einziger langer Aufruhr war. Von solchen Männern durfte man offenbar nicht erwarten, daß sie die Revolution in dem Lichte betrachten würden, in welchem dieselbe einem oxforder Eidverweigerer erschien. Auf der andren Seite wurden sie nicht, wie die eingebornen Irländer, durch Widerwillen gegen die sächsische Oberherrschaft zur Ergreifung der Waffen gedrängt; der schottische Celte war dieser Herrschaft niemals unterworfen gewesen. Er bewohnte sein eignes wildes und unfruchtbares Gebiet und beobachtete seine eigenen nationalen Gebräuche. In seinem Verkehr mit den Sachsen war er eher der Bedrücker als der Bedrückte. Er erpreßte Räubertribut von ihnen, entführte ihre Schaf- und Rinderheerden, und selten wagten sie es, ihn in seine heimathliche Wildniß zu verfolgen. Sie hatten nie sein ödes Moos- und Kiesland unter sich vertheilt. Er hatte nie den Thurm seiner erblichen Häuptlinge von einem Usurpator in Besitz nehmen sehen, der nicht gälisch sprach und der auf Alle die es sprachen, wie auf rohes Sklavenvolk herabsah, auch waren seine nationalen und religiösen Gefühle nie durch die Macht und durch den Glanz einer Kirche beleidigt worden, die er als eine ausländische und zugleich ketzerische betrachtete. Der wahre Grund der Bereitwilligkeit, mit der ein großer Theil der Bevölkerung der Hochlande im Laufe des 17. Jahrhunderts zweimal für die Stuarts das Schwert zog, ist in den inneren Zwistigkeiten zu suchen, welche die Republik der Clans spaltete. Denn es gab eine Republik der Clans, das verkleinerte Ebenbild der großen Republik der europäischen Nationen. In der kleineren von diesen beiden Republiken, wie in der größeren, gab es Kriege, Verträge, Alliancen, Streitigkeiten wegen Gebiet und Vorrang, ein System des öffentlichen Rechts und ein Gleichgewicht der Macht. Dabei existirte eine unerschöpfliche Quelle der Unzufriedenheit und Zwietracht.
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Einige Jahrhunderte früher war das Feudalsystem in das Gebirgsland eingeführt worden, hatte aber das patriarchalische System weder vernichtet, noch sich vollständig mit demselben amalgamirt. Gewöhnlich war Derjenige, der nach der normännischen Verfassung Lord war, auch Häuptling nach der celtischen Verfassung, und in diesem Falle war kein Streit. Waren aber die beiden Charactere getrennt, so concentrirte sich der ganze willige und loyale Gehorsam auf den Häuptling. Der Lord hatte nur das, was er durch Gewalt erlangen und behaupten konnte. Wenn er mit Hülfe seines eignen Stammes Pächter, die einem andren Stamme angehörten, sich unterthan zu erhalten vermochte, so herrschte eine Tyrannei von Clan gegen Clan, vielleicht die heftigste von allen Formen der Tyrannei. Eifersucht auf den Einfluß der Campbells. Verschiedene Stämme hatten sich zu verschiedenen Zeiten zu einem Ansehen erhoben, das allgemeine Furcht und Neid erweckt hatte. Die Macdonalds hatten früher einmal auf den Hebriden und in dem ganzen Gebirgslande von Argyleshire und Inverneßshire ein Uebergewicht besessen ähnlich dem, welches das Haus Oesterreich einst in der Christenheit besaß. Aber das Uebergewicht der Macdonalds war, wie das des Hauses Oesterreich, verschwunden, und die Campbell's, die Kinder Diarmid's, waren in den Hochlanden das geworden, was die Bourbons in Europa geworden waren. Der Vergleich könnte noch weiter fortgeführt werden. Aehnliche Beschuldigungen wie man sie der französischen Regierung zur Last zu legen pflegte, wurden den Campbells zur Last gelegt. Eine besondere Gewandtheit, ein besonderer äußerer Schein von Eleganz, eine besondere Verachtung aller eingegangenen Verpflichtungen wurden mit oder ohne Grund dem gefürchteten Stamme zugeschrieben. »Schön und falsch wie ein Campbell« wurde ein Sprichwort. Es hieß, ein Mac Callum More nach dem andren habe mit unermüdlichem, gewissenlosem und unbeugsamem Ehrgeize Berg auf Berg und Insel auf Insel zu den ursprünglichen Besitzungen seines Hauses gehäuft. Einige Stämme waren aus ihrem Gebiet vertrieben, andere zur Zahlung eines Tributs gezwungen, noch andere den Eroberern einverleibt worden. So war endlich die Zahl der waffenfähigen Männer, welche den Namen Campbell führten, stark genug, um den vereinten Streitkräften aller übrigen weltlichen Clans im Felde die Spitze zu bieten.[64] Während der bürgerlichen Unruhen, welche im Jahre 1638 begannen, erreichte die Macht dieser ehrgeizigen Familie ihren Höhepunkt. Der Marquis von Argyle war ebensowohl das Oberhaupt einer Partei wie der Häuptling eines Stammes. Im Besitze zweier verschiedenen Arten von Autorität, bediente er sich jeder derselben in solcher Weise, daß er damit die andre erweiterte und verstärkte.
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Der notorische Umstand, daß er die Claymores von fünftausend halbheidnischen Gebirgsbewohnern ins Feld bringen konnte, vermehrte seinen Einfluß bei den strengen Presbyterianern, welche den Geheimen Rath und die Generalversammlung von Edinburg füllten, und sein Einfluß in Edinburg vermehrte wieder den Schrecken, den sein Name im Gebirge verbreitete. Von allen Fürsten der schottischen Hochlande, deren Geschichte uns näher bekannt ist, war er der mächtigste und gefürchtetste. Während seine Nachbarn die Zunahme seiner Macht mit einer Wuth beobachteten, welche die Furcht kaum niederzuhalten vermochte, rief Montrose sie zu den Waffen. Dem Aufrufe ward bereitwilligst Folge geleistet und eine mächtige Coalition von Clans zog in den Krieg, dem Namen nach für König Karl, in Wirklichkeit aber gegen Mac Callum More. Wer die Geschichte dieses Kampfes studirt hat, wird nicht leicht zweifeln können, daß, wenn Argyle die Sache der Monarchie unterstützt hätte, seine Nachbarn sich gegen dieselbe erklärt haben würden. Achtbare Schriftsteller erzählen von dem Siege, den die Royalisten bei Inverlochy über die Rebellen erfochten. Aber die in der Nähe des Ortes wohnenden Landleute stellen die Sache richtiger dar. Sie sprechen von der großen Schlacht, welche dort die Macdonalds gegen die Campbells gewannen. Die Gesinnungen, welche die Koalition gegen den Marquis von Argyle hervorgerufen hatten, bestanden noch lange nach seinem Tode in ihrer ganzen Stärke fort. Sein Sohn, der Earl Archibald, erbte, obwohl er ein Mann von vielen ausgezeichneten Tugenden war, mit der Macht seiner Vorfahren zu gleicher Zeit auch die Unpopularität, die eine fast unausbleibliche Folge einer solchen Macht war. Im Jahre 1675 bildeten mehrere kriegslustige Stämme eine Conföderation gegen ihn, mußten sich aber der überlegenen Macht fügen, die ihm zu Gebote stand. Es herrschte daher von einer Meeresküste bis zur andren große Freude, als er im Jahre 1681 auf eine geringfügige Anschuldigung hin vor Gericht gestellt, zum Tode verurtheilt, ins Exil getrieben und seiner Titel beraubt wurde. Groß war der Schrecken, als er 1685 aus der Verbannung zurückkehrte und das feurige Kreuz aussandte, um seine Stammesgenossen unter seine Fahne zu rufen, und wieder war große Freude, als sein Unternehmen gescheitert, als seine Armee zusammengeschmolzen, als sein Kopf auf das Tolbooth von Edinburg gesteckt worden war und als die Häuptlinge, die ihn als einen Unterdrücker betrachtet, unter leichten Bedingungen von der Krone Erlassung alter Verbindlichkeiten und Verleihung neuer Titel erlangt hatten.
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Während England und Schottland allgemein Jakob's Tyrannei verabscheuten, wurde er in Appin und Lochaber, in Glenroy und Glenmore als ein Befreier verehrt.[65] Der durch die Macht und den Ehrgeiz des Hauses Argyle erregte Haß war selbst dann noch nicht gekühlt, als das Oberhaupt dieses Hauses hingeopfert, als seine Kinder landesflüchtig waren, als fremde Truppen die Besatzung des Schlosses Inverary bildeten und als das ganze Ufer des Fynesees durch Feuer und Schwert verwüstet war. Man sagte, der schreckliche Präcedenzfall mit den Macgregors müsse wiederholt und es als ein Verbrechen erklärt werden, den verhaßten Namen Campbell zu tragen. Da änderte sich plötzlich Alles. Die Revolution kam und der Erbe Argyle's kehrte triumphirend zurück. Er war, wie seine Vorgänger es gewesen, das Oberhaupt nicht nur eines Stammes, sondern auch einer Partei. Der Richterspruch, der ihn seines Eigenthums und seiner Titel beraubt hatte, wurde von der Majorität der Convention für null und nichtig angesehen. Die Thüren des Parlamentshauses wurden ihm geöffnet, er wurde unter dem ganzen schottischen Hochadel dazu auserwählt, den neuen Soverainen den Amtseid abzunehmen, und dazu ermächtigt, auf seinen Besitzungen eine Armee für den Dienst der Krone auszuheben. Jetzt war er unzweifelhaft so mächtig wie der mächtigste seiner Vorfahren. Unterstützt durch die Kraft der Regierung, verlangte er nun gewiß die Entrichtung aller der langjährigen schweren Zins- und Tributrückstände, die seine Nachbarn ihm schuldeten und übte Rache für alle Beleidigungen und Schmähungen, die seine Familie erduldet hatte. Die Stewarts und Macnaghtens. Angst und Unruhe herrschte in den Schlössern von zwanzig Miniaturkönigen. Groß war die Besorgniß der Stewarts von Appin, deren Gebiet auf der einen Seite vom Meere und auf der andren vom Stamme Diarmid's eingezwängt war. Noch größer war die Bestürzung bei den Macnaghtens. Sie waren einst die Herren der schönen Thäler gewesen, durch welche die Ara und die Shira dem Fynesee zuströmen. Aber die Campbells hatten die Oberhand behalten. Die Macnaghtens waren zur Unterwerfung gezwungen worden und hatten von Geschlecht zu Geschlecht mit Furcht und Abscheu zu dem benachbarten Schlosse Inverary emporgeblickt. Neuerdings war ihnen eine vollkommene Emancipation versprochen worden. Eine Urkunde, kraft welcher ihrem Häuptlinge seine Besitzungen als unmittelbares Kronlehen zugeschrieben wurden, war ausgefertigt und harrte nur noch der königlichen Siegel, als die Revolution plötzlich eine Hoffnung zertrümmerte, welche nahe an Gewißheit grenzte.[66] Die Macleans.
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Die Macleans erinnerten sich, daß die Campbells vor nicht mehr als vierzehn Jahren in ihr Gebiet eingefallen, den Stammsitz ihres Häuptlings genommen und eine Besatzung in denselben gelegt hatten.[67] Noch ehe Wilhelm und Marie in Edinburg proklamirt worden, war ein Maclean, ohne Zweifel vom Oberhaupte seines Stammes abgesandt, über das Meer nach Dublin gekommen und hatte Jakob versichert, daß, wenn einige Bataillone aus Irland in Argyleshire landen sollten, sich ihnen sofort viertausendvierhundert Claymores anschließen würden.[68] Die Camerons; Lochiel. Ein ähnlicher Geist beseelte die Camerons. Ihr Oberhaupt, Sir Ewan Cameron von Lochiel, mit dem Beinamen der Schwarze, hatte in Bezug auf persönliche Eigenschaften unter den celtischen Fürsten nicht seines Gleichen. Er war ein leutseliger Gebieter, ein zuverlässiger Bundesgenosse und ein furchtbarer Feind. Sein Gesicht und seine Haltung waren von seltenem Adel. Einige Personen, die in Versailles gewesen waren, darunter der kluge und beobachtende Simon Lord Lovat, meinten, daß in Bezug auf Persönlichkeit und Manieren eine auffallende Aehnlichkeit zwischen Ludwig XIV. und Lochiel stattfinde, und wer die Portraits Beider mit einander vergleicht, wird bemerken, daß in der That einige Aehnlichkeit vorhanden war. In der Statur war jedoch ein großer Unterschied. Ludwig erreichte trotz seiner Schuhe mit hohen Absätzen und trotz einer mächtig hohen Perrücke kaum die Mittelgröße. Lochiel war lang und kräftig gebaut. In Behendigkeit und Geschicklichkeit im Gebrauche der Waffen kamen ihm wenige unter den Gebirgsbewohnern gleich. Er hatte mehr als einmal im Einzelkampfe gesiegt und war ein weit und breit berühmter Jäger. Er führte einen energischen Krieg gegen die Wölfe, welche bis zu seiner Zeit das Hochwild der Grampians zerrissen, und von seiner Hand fiel der letzte des blutdürstigen Gezüchts, das bekanntermaßen über unsre ganze Insel verbreitet war. Auch zeichnete sich Lochiel nicht weniger durch geistige wie durch körperliche Kräfte aus. Einem gebildeten und vielgereisten Engländer, der in Westminster unter Busby und in Oxford unter Aldrich die Classiker studirt, der im Umgange mit Mitgliedern der königlichen Societät etwas von den Wissenschaften und in den Galerien von Florenz und Rom etwas von den schönen Künsten gelernt hatte, würde er allerdings wohl unwissend erschienen sein. Aber obwohl Lochiel wenig Bücherkenntnisse besaß, so war er doch ungemein verständig bei Berathungen, beredtsam in der Debatte, erfinderisch in Auskunftsmitteln und geschickt in der Leitung des menschlichen Characters. Sein Verstand bewahrte ihn vor den Thorheiten, zu denen sich seine Bruderhäuptlinge oftmals durch Stolz und Zorn hinreißen ließen.
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Daher nannten Viele, die seine Bruderhäuptlinge als bloße Barbaren betrachteten, seinen Namen mit Achtung. Selbst bei der holländischen Gesandtschaft am St. James Square sprach man von ihm als von einem Manne, der an Einsicht und Muth nicht leicht seines Gleichen finden dürfte. Als Beschützer der Literatur kann er dem freigebigen Dorset zur Seite gestellt werden. Wie Dorset aus seiner Tasche Dryden eine Pension aussetzte, die seinem Einkommen als Hofpoet gleichkam, so soll Lochiel einem berühmten Barden, der von Räubern ausgeplündert worden und der in einer rührenden gälischen Ode um Almosen bat, drei Kühe und die kaum glaubliche Summe von fünfzehn Pfund Sterling geschenkt haben. Der Character dieses großen Häuptlings war in der That schon zweitausendfünfhundert Jahre vor seiner Geburt geschildert worden, und zwar -- so groß ist die Macht des Genies -- mit Farben, welche eben so viele Jahre nach seinem Tode noch frisch sein werden. Er war der Ulysses der Hochlande.[69] Er war Herr über ein großes Gebiet, bevölkert von einem Stamme, der keinen andren Gebieter, keinen andren Gott verehrte als ihn. Für dieses Gebiet war er jedoch dem Hause Argyle lehnspflichtig. Er war verpflichtet, seinem Lehnsherrn im Kriege beizustehen und ihm einen hohen Grundzins zu bezahlen. Diese Vasallenschaft hatte er allerdings schon in früher Jugend als erniedrigend und ungerecht betrachten gelernt. Während seiner Minderjährigkeit hatte er unter der Vormundschaft des klugen Marquis gestanden und war auf dem Schlosse Inverary erzogen worden. Mit dem achtzehnten Jahre aber riß sich der Knabe von der Autorität seines Vormundes los und focht tapfer für Karl I. wie für Karl II. Er wurde daher von den Engländern als ein Cavalier betrachtet, nach der Restauration in Whitehall gut aufgenommen und von Jakob's Hand zum Ritter geschlagen. Das Compliment jedoch, welches ihm bei einem seiner Besuche am englischen Hofe gemacht wurde, würde einem Sachsen nicht sehr schmeichelhaft erschienen sein. »Nehmen Sie Ihre Taschen in Acht, Mylords,« rief Se. Majestät, »hier kommt der König der Diebe.« Die Loyalität Lochiel's ist fast sprichwörtlich, aber sie war dem was man in England Loyalität nannte, ganz unähnlich. In den Protokollen des schottischen Parlaments war er zu den Zeiten Karl's II. als ein gesetzloser und rebellischer Mann geschildert, der aus eigner Machtvollkommenheit und mit souverainer Verachtung der königlichen Autorität Ländereien besitze.[70] Einmal erhielt der Sheriff von Inverneßshire von König Jakob Befehl, in Lochaber einen Gerichtstag zu halten.
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Lochiel, eifersüchtig auf diese Einmischung in seinen patriarchalischen Despotismus, erschien bei der Gerichtsverhandlung an der Spitze von vierhundert bewaffneten Camerons. Er affectirte große Achtung vor dem königlichen Befehl, ließ aber einige Worte fallen, welche von den Pagen und Waffenträgern, die jeden seiner Blicke scharf beobachteten, vollkommen verstanden wurden. »Ist keiner meiner Burschen so gut, diesen Richter zum Teufel zu jagen? Ich habe sie schon Händel anfangen sehen, wo es weniger nöthig war.« Im nächsten Augenblicke begann ein Zanken und Streiten unter der Menge, man wußte nicht wie oder wo. Hunderte von Dolchen blitzten, das Geschrei »Hülfe!« und »Mörder!« ertönte von allen Seiten, es kamen zahlreiche Verwundungen vor, zwei Menschen wurden getödtet, die Sitzung wurde in tumultuarischer Verwirrung aufgehoben und der geängstigte Sheriff mußte sich unter den Schutz des Häuptlings stellen, der ihn mit einem plausiblen Anschein von Achtung und Theilnahme sicher nach seiner Wohnung geleitete. Man muß lachen, wenn man daran denkt, daß der Mann, der diese That verübte, von Schriftstellern, welche Somers und Burnet als Verächter der legitimen Autorität der Landesherren tadeln, beständig als der zuverlässigste und pflichtgetreueste Unterthan gerühmt wird. Lochiel würde allerdings die Lehre vom Nichtwiderstande höhnend verlacht haben. Aber es gab kaum einen andren Häuptling in Inverneßshire, der durch den Sturz des Hauses Argyle mehr als er gewonnen oder triftigeren Grund gehabt hätte, die Restauration dieses Hauses zu fürchten. Die Maßnahmen der Convention konnten daher kaum einen andren Häuptling in Inverneßshire mehr beunruhigen und ärgern als ihn. Die Macdonalds. Doch unter allen den Hochländern, welche die neueste Wendung des Geschicks mit peinlicher Besorgniß betrachteten, waren die Macdonalds die heftigsten und mächtigsten. Mehr als einer von den Magnaten, welche diesen weitverbreiteten Namen führten, machte Anspruch auf die Ehre, der rechtmäßige Nachfolger der Lords der Inseln zu sein, die noch im 15. Jahrhundert den Königen von Schottland den Vorrang streitig gemacht hatten. Dieser genealogische Streit, der bis auf unsre Zeit gewährt hat, verursachte viel Hader unter den Betheiligten. Alle aber stimmten darin überein, daß sie den früheren Glanz ihrer Dynastie zurückwünschten und das emporgekommene Geschlecht Campbell verabscheuten. Die alte Fehde hatte niemals geruht.
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Noch fortwährend wurde in Versen wie in Prosa wiederholt, daß der schönste Theil des den ehemaligen Oberhäuptern der gälischen Nation gehörenden Gebiets, Islay, wo sie mit königlicher Pracht gewohnt hatten, Jona, wo sie mit religiösem Pomp bestattet worden waren, die Berge von Jura, die reiche Halbinsel Kintyre, von den rechtmäßigen Besitzern auf den unersättlichen Mac Callum More übergegangen seien. Seit dem Sturze des Hauses Argyle konnten die Macdonalds, wenn sie auch ihre sonstige Macht nicht wiedererlangt hatten, sich wenigstens rühmen, daß gegenwärtig ihnen Niemand überlegen war. Von der Furcht vor ihrem mächtigen Feinde im Westen befreit, hatten sie ihre Waffen gegen schwächere Feinde im Osten, gegen den Clan Mackintosh und gegen die Stadt Inverneß gerichtet. Fehde zwischen den Macdonalds und den Mackintoshs. Inverneß. Der Clan Mackintosh, ein Zweig eines alten und berühmten Stammes, der seinen Namen und sein Wappen von der wilden Katze der Wälder entlehnte, hatte einen Streit mit den Macdonalds, der sich, wenn man der Tradition glauben darf, aus den finsteren Zeiten herschrieb, wo die dänischen Seeräuber die Küsten Schottland's verwüsteten. Inverneß war eine sächsische Colonie unter den Celten, ein Bienenstock von Kaufleuten und Handwerkern inmitten einer Bevölkerung von Müßiggängern und Plünderern, ein einsamer Posten der Civilisation in einer Region von Barbaren. Obgleich die Gebäude nur einen kleinen Theil des Flächenraumes bedeckten, den sie gegenwärtig einnehmen; obgleich die Ankunft einer Brigg im Hafen ein seltenes Ereigniß war; obgleich die Börse den Mittelpunkt einer schmutzigen Straße bildete, in der ein Marktkreuz stand, das große Aehnlichkeit mit einem zerbrochenen Meilenzeiger hatte; obgleich die Sitzungen des Gemeinderaths in einem armseligen Gebäude mit schmucklosen Wänden gehalten wurden; obgleich die besten Häuser von der Art waren, daß sie jetzt bloße Hütten genannt werden würden; obgleich die besten Dächer von Stroh waren; obgleich die besten Zimmerdecken aus rohem Gebälk bestanden; obgleich die besten Fenster wegen mangelnder Scheiben bei schlechtem Wetter mit Läden verschlossen wurden; obgleich die geringeren Wohnungen bloße Erdhütten waren, in denen Fässer mit ausgeschlagenem Boden die Stelle der Kamine vertraten, so war doch diese Stadt in den Augen des Gebirgsbewohners der Grampians wie ein Babylon oder Tyrus. Nirgend anderwärts hatte er mehrere hundert Häuser, zwei Kirchen und ein Dutzend Malzdarren beisammengesehen. Nirgend anderwärts war er durch den Glanz von Budenreihen geblendet worden, wo Messer, Hornlöffel, zinnerne Kessel und bunte Bänder zum Verkauf ausgestellt waren.
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Nirgend anderwärts war er an Bord eines der gewaltigen Schiffe gewesen, welche Wein und Zucker aus Ländern brachten, die weit über die Grenzen seiner Geographie hinaus lagen.[71] Es kann nicht Wunder nehmen, daß die stolzen und kriegerischen Macdonalds, welche zwar die friedliche Industrie verachteten, denen aber nach den Früchten dieser Industrie gelüstete, mit den Bewohnern von Inverneß eine Reihe von Händeln anfingen. Unter der Regierung Karl's II. hatte man gefürchtet, daß die Stadt von diesen rohen Nachbarn erstürmt und geplündert werden würde. Die Friedensbedingungen, welche sie anboten, bewiesen, wie wenig sie nach der Autorität des Fürsten und des Gesetzes fragten. Sie verlangten, daß ihnen ein schwerer Tribut bezahlt werden, daß die Municipalbehörden sich eidlich verpflichten sollten, jeden Bürger, der das Blut eines Macdonald vergösse, der Rache des Clans auszuliefern, und daß jeder Bürger, sobald er irgendwo Jemandem begegnete, der den Tartan der Macdonalds trüge, zum Zeichen seiner Unterwerfung die Waffen strecken solle. Nie hatte Ludwig XIV., selbst nicht als er zwischen Utrecht und Amsterdam lagerte, die Generalstaaten mit so despotischem Uebermuthe behandelt.[72] Durch die Vermittelung des schottischen Geheimraths kam ein Vergleich zu Stande; aber die alte Feindschaft verminderte sich nicht. Inverneß wird von Macdonald von Keppoch bedroht. Gemeinsame Feindschaften und gemeinsame Befürchtungen erzeugten ein gutes Einvernehmen zwischen der Stadt und dem Clan Mackintosh. Der Feind, den Beide am meisten haßten und fürchteten, war Colin Macdonald von Keppoch, ein Musterexemplar von ächtem hochländischen Jakobiten. Keppoch hatte Zeit seines Lebens die Autorität der Krone verhöhnt und sich derselben widersetzt. Er war zu wiederholten Malen bei seiner Unterthanenpflicht aufgefordert worden, von seinem gesetzwidrigen Treiben abzulassen, hatte aber jede solche Ermahnung mit Verachtung behandelt. Die Regierung wollte jedoch nicht zu extremen Maßregeln gegen ihn greifen, und er herrschte noch lange ungestört über die stürmischen Berggipfel von Coryarrick und über die gigantischen Terrassen, welche noch jetzt die Grenzen des einstigen Sees von Glenroy bezeichnen. Er war berühmt wegen seiner Kenntniß aller Schluchten und Höhlen dieser traurigen Gegend, und seine Geschicklichkeit, eine Viehheerde bis in die entlegensten Schlupfwinkel zu verfolgen, war so groß, daß man ihm den Beinamen »Coll der Kühe« gegeben hatte.[73] Endlich zwangen seine frechen Verletzungen des Gesetzes den Geheimrath, energische Maßregeln gegen ihn zu ergreifen.
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Er wurde für einen Rebellen erklärt, Androhungen von Feuer und Schwert wurden unter dem Siegel Jakob's gegen ihn erlassen, und wenige Wochen vor der Revolution rückte ein königliches Truppencorps, unterstützt durch die gesammte Streitmacht der Mackintoshs, in Keppoch's Gebiet ein. Er lieferte den Eingedrungenen eine Schlacht und siegte. Die Truppen des Königs wurden in die Flucht geschlagen, ihr Anführer wurde getödtet, und zwar durch einen Helden, dessen Loyalität gegen den König viele Schriftsteller sehr wohlgefällig dem factiösen Ungestüm der Whigs gegenübergestellt haben.[74] Wenn Keppoch jemals die geringste Ehrfurcht vor der Regierung gehabt hatte, so wurde dieses Gefühl durch die allgemeine Anarchie, welche auf die Revolution folgte, völlig in ihm erstickt. Er verwüstete das Gebiet Mackintosh's, marschirte gegen Inverneß und drohte der Stadt mit Zerstörung. Die Gefahr war groß. Die Häuser waren nur von einer Mauer umgeben, auf welche Zeit und Wetter so verderblich eingewirkt hatten, daß sie bei jedem Sturme wankte. Dennoch zeigten die Einwohner einen kecken Trotz und ihr Muth wurde durch ihre Prediger angefeuert. Sonntag der 28. April war ein Tag der Angst und Verwirrung. Die Wilden streiften um die kleine sächsische Colonie herum wie eine Heerde hungriger Wölfe um eine Schafhürde. Keppoch drohte und bramarbasirte, er werde mit allen seinen Leuten in die Stadt dringen und sie plündern. Inzwischen versammelten sich die Bürger bewaffnet auf dem Marktplatze, um die Reden ihrer Geistlichen anzuhören. Der Tag verging, ohne daß ein Sturm erfolgte, und der Montag und Dienstag verstrichen unter großer Angst. Da erschien ein unerwarteter Vermittler. Dundee erscheint in Keppoch's Lager. Dundee hatte sich nach seiner Flucht von Edinburg auf seinen Landsitz in dem Thale zurückgezogen, durch welches der Glamis dem ehemaligen Schlosse Macbeth's zuströmt. Dort blieb er einige Zeit ruhig. Er betheuerte, daß er nicht die Absicht habe, sich der neuen Regierung zu widersetzen, er erklärte sich bereit nach Edinburg zurückzukehren, wenn er nur gewiß sein dürfe, gegen ungesetzliche Gewalt geschützt zu werden, und er erbot sich, sein Ehrenwort zu geben, oder, wenn dies nicht genüge, Caution zu erlegen, daß er sich ruhig verhalten wolle. Einige von seinen alten Soldaten hatten ihn begleitet und bildeten eine Besatzung von hinreichender Stärke, um sein Haus gegen die Presbyterianer der Umgegend zu beschützen.
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Hier hätte er möglicherweise unbehelligt und harmlos bleiben können, wenn nicht ein Vorfall, für den er nicht verantwortlich war, seine Feinde unversöhnlich gemacht und ihn zur Verzweiflung getrieben hätte.[75] Ein Emissär Jakob's war mit Briefen an Dundee und Balcarras von Irland nach Schottland hinübergefahren. Dies erweckte Verdacht. Der Bote wurde festgenommen, verhört und durchsucht und die Briefe bei ihm gefunden. Einige davon gingen von Melfort aus und waren seiner würdig. Jede Zeile verrieth die Eigenschaften, die ihn zu einem Gegenstande des Abscheus für sein Vaterland und zum Liebling seines Gebieters gemacht hatten. Er verkündete jubilirend den nahen Anbruch des Tages der Rache und der Beraubung, des Tages, an welchem das Eigenthum der Rebellen unter die Loyalen vertheilt und wo Viele, welche angesehen und reich gewesen, Verbannte und Bettler sein würden. Der König, sagte Melfort, sei entschlossen, Strenge zu üben. Die Erfahrung habe Seine Majestät endlich zu der Ueberzeugung gebracht, daß Milde Schwäche sein würde. Selbst die Jakobiten ersahen mit Entrüstung aus den Briefen, daß eine Restauration Confiscationen und Proscriptionen zur unmittelbaren Folge haben würde. Einige von ihnen nahmen keinen Anstand es auszusprechen, daß Melfort ein Schurke sei, daß er Dundee und Balcarras hasse, daß er sie verderben wolle und daß er zu dem Ende diese abscheulichen Depeschen geschrieben und sich eines Boten bedient habe, der es sehr geschickt einzurichten gewußt, daß er ergriffen wurde. Es ist jedoch ausgemacht, daß Melfort auch nach der Veröffentlichung dieser Papiere so hoch als je zuvor in Jakob's Gunst stand. Daher kann es kaum einem Zweifel unterliegen, daß der Sekretär selbst in den Stellen, welche die eifrigen Vertheidiger des erblichen Rechts empörten, nur die Gesinnungen und Absichten seines Gebieters treulich wiedergab.[76] Hamilton befahl kraft der Vollmachten, welche die Stände vor ihrer Vertagung ihm ertheilt hatten, Balcarras und Dundee zu verhaften. Balcarras wurde festgenommen und zuerst in seinem eigenen Hause und dann in dem Tolbooth von Edinburg internirt. Aber Dundee's habhaft zu werden war nicht so leicht. Sobald er erfuhr, daß Verhaftsbefehle gegen ihn erlassen waren, ging er mit seinen Anhängern über den Dee und blieb kurze Zeit auf den unwirthbaren Besitzungen des Hauses Gordon. Von hier aus setzte er sich mit den Macdonalds und Camerons wegen eines Aufstandes in Communication. Er scheint jedoch damals von den Hochländern wenig gewußt und sich wenig um sie gekümmert zu haben.
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Gegen ihren Nationalcharacter empfand er wahrscheinlich die Abneigung des Sachsen und gegen ihren militärischen Character die Geringschätzung des Soldaten von Profession. Er kehrte bald in das Niederland zurück und blieb dort bis er erfuhr, daß ein starkes Truppencorps ausgesandt war, um sich seiner zu bemächtigen.[77] Jetzt zog er sich in die Gebirgsgegend, als seine letzte Zufluchtsstätte, eilte nordwärts durch Strathdon und Strathbogie, ging über den Spey und kam am Morgen des 1. Mai mit einem kleinen Reitertrupp in Keppoch's Lager vor Inverneß an. Die neue Lage, in welche Dundee jetzt versetzt war, die neuen Aussichten, die sich ihm eröffneten, weckten in seinem erfinderischen und unternehmenden Kopfe natürlich neue Pläne. Die Hunderte von athletischen Celten, die er in ihrer nationalen Schlachtordnung sah, waren offenbar keine zu verachtenden Bundesgenossen. Wenn er eine große Koalition von Clans bilden, wenn er zehn- oder zwölftausend dieser entschlossenen Krieger unter eine Fahne bringen, wenn er sie überreden konnte, sich dem Zügel der Disciplin zu unterwerfen, welch' eine Laufbahn stand ihm dann bevor! Ein Patent von König Jakob war, selbst als König Jakob fest auf dem Throne saß, vom Coll der Kühe niemals sonderlich respectirt worden. Dieser Häuptling haßte jedoch die Campbells mit der ganzen Gluth eines Macdonald und erklärte sofort seinen Anschluß an die Sache des Hauses Stuart. Dundee nahm es auf sich, den Streit zwischen Keppoch und Inverneß zu schlichten. Die Stadt willigte ein, zweitausend Dollars zu bezahlen, eine Summe, die, so klein sie in den Augen der Goldschmiede von Lombard Street erscheinen mochte, wahrscheinlich jeden Schatz überstieg, der je in die Einöden von Coryarrick gebracht worden war. Die Hälfte der Summe wurde nicht ohne Mühe von den Einwohnern zusammengebracht und für den Rest soll Dundee sein Wort verpfändet haben.[78] Er versuchte nun zunächst, die Macdonalds mit den Mackintoshs auszusöhnen und schmeichelte sich mit der Hoffnung, daß die beiden kriegerischen Stämme, welche noch unlängst einander feindlich gegenübergestanden hatten, geneigt sein würden, unter seinem Commando nebeneinander zu kämpfen. Doch er überzeugte sich bald, daß es kein leichtes Ding war, eine Fehde zwischen Hochländern zu schlichten. Von den Rechten der streitenden Könige wußte keiner der beiden Clans etwas, noch kümmerte er sich darum. Das Benehmen beider muß örtlichen Leidenschaften und Interessen zugeschrieben werden. Was Argyle für Keppoch war, das war Keppoch für die Mackintoshs. Die Mackintoshs blieben daher neutral, und ihrem Beispiele folgten die Macphersons, ein andrer Zweig des Stammes der wilden Katze.
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Dies war nicht Dundee's einzige Enttäuschung. Die Mackenzies, die Frasers, die Grants, die Munros, die Mackays, die Macleods wohnten in großer Entfernung von dem Gebiete Mac Callum More's. Sie lagen nicht im Streit mit ihm, schuldeten ihm nichts und hatten keinen Grund, die Vergrößerung seiner Macht zu fürchten. Daher sympathisirten sie nicht mit seinen beunruhigten und aufgebrachten Nachbarn und konnten nicht dazu bewegen werden, dem Bündnisse gegen ihn sich anzuschließen.[79] Aufstand der den Campbells feindlichen Clans. Diejenigen Häuptlinge hingegen, welche näher bei Inverary wohnten und die den Namen Campbell seit langer Zeit fürchteten und haßten, hießen Dundee freudig willkommen und versprachen, am 18. Mai an der Spitze ihrer Leute zu ihm zu stoßen. Während der letzten zwei Wochen vor diesem Tage durchzog er Badenoch und Athol und forderte die Bewohner dieser Districte zur bewaffneten Erhebung auf. Dann stürmte er mit seinen Reitern in das Niederland hinab, überrumpelte Perth und führte einige Whiggentlemen als Gefangene mit sich ins Gebirge. Unterdessen waren die Feuerkreuze von Ort zu Ort über alle Haiden und Berge dreißig Meilen im Umkreise von Ben Nevis gewandert, und als er den Sammelplatz in Lochaber erreichte, sah er, daß der Zuzug bereits begonnen hatte. Das Hauptquartier war nahe bei Lochiel's Hause aufgeschlagen, einem großen, ganz aus Tannenholz gezimmerten Gebäude, das in den Hochlanden für einen prächtigen Palast galt. Hier empfing Lochiel, umgeben von sechshundert Kriegern, seine Gäste. Macnaghten von Macnaghten und Stewart von Appin hatten sich mit ihren kleinen Clans eingefunden. Macdonald von Keppoch führte die Krieger, welche einige Monate vorher unter seinem Commando die Musketiere König Jakob's in die Flucht geschlagen hatten. Macdonald von Clanronald stand noch in zartem Alter, aber sein Oheim, der während seiner Minderjährigkeit die Regentschaft führte, hatte ihn ins Lager gebracht. Der Jüngling war von einer auserlesenen Leibgarde begleitet, bestehend aus seinen Vettern, lauter stattlichen Leuten und kräftigen Fäusten. Macdonald von Glengarry, der sich durch seine dunklen Brauen und durch seine hohe Gestalt auszeichnete, kam aus dem großen Thale, wo eine Kette von Seen, welche außerhalb des Landes damals noch unbekannt und auf keiner Karte angegeben waren, gegenwärtig die tägliche Straße für die Dampfschiffe bildet, die zwischen dem atlantischen und dem deutschen Ocean hin und her fahren. Keiner von den Beherrschern der Berge hatte eine höhere Meinung von seiner persönlichen Wichtigkeit und lag häufiger mit anderen Häuptlingen in Streit als dieser.
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Er pflegte in seinen Manieren und in seinem Hauswesen eine Rohheit zur Schau zu tragen, welche die seiner rohen Nachbarn noch übertraf, und erklärte, daß er die wenigen Luxusgegenstände, welche aus den civilisirten Theilen der Erde ihren Weg in die Hochlande gefunden, als Zeichen der Verweichlichung und Entartung der gälischen Race betrachte. Diesmal hatte er es für gut befunden, den Glanz der sächsischen Krieger nachzuahmen, denn er ritt an der Spitze seiner vierhundert mit Plaids bekleideten Clansleute in einem stählernen Küraß und einem mit Gold gestickten Rocke. Ein andrer Macdonald, der ein beklagenswerthes und entsetzliches Ende nehmen sollte, hatte einen Trupp verwegener Freibeuter aus dem traurigen Gebirgspasse Glencoe herbeigeführt. Etwas später kamen die großen Potentaten von den Hebriden. Macdonald von Sleat, der reichste und mächtigste von allen Großen, welche auf den hohen Titel des Lords der Inseln Anspruch machten, kam von Sky an der Spitze von siebenhundert Streitern. Eine Flotte von langen Böten brachte fünfhundert Macleans von Mull unter dem Commando ihres Häuptlings Sir Johann von Duart. In alten Zeiten hatte eine weit stärkere Streitmacht seine Vorfahren in die Schlacht begleitet. Aber die Macht, wenn auch nicht der Muth des Clans war durch die Arglist und durch die Waffen der Campbells gebrochen worden. Eine andre Schaar Macleans kam unter einem tapferen Anführer, der sich nach dem Lochbuy nannte, was so viel heißt als gelber See.[80] Tarbet's Rath für die Regierung. Es scheint nicht, daß ein einziger Häuptling, der keinen speciellen Grund hatte, das Haus Argyle zu fürchten und zu hassen, Dundee's Aufruf Folge leistete. Man hat sogar starken Grund zu glauben, daß selbst die Häuptlinge, welche kamen, ruhig zu Haus geblieben sein würden, wenn die Regierung die Politik der Hochlande verstanden hätte. Nur ein talentvoller und erfahrener Staatsmann, welcher der vornehmen hochländischen Familie der Mackenzie entsprossen war, der Viscount Tarbet, verstand diese Politik gründlich. Er setzte damals Melville brieflich und Mackay mündlich nicht nur die Ursachen der krankhaften Zustände auseinander, welche die Calamitäten des Bürgerkriegs über Schottland zu bringen drohten, sondern gab auch die Heilmittel dagegen an. Die Gälen, sagt Tarbet, seien keineswegs allgemein für einen Aufstand eingenommen. Selbst von denjenigen papistischen Clans, welche keinen Grund hätten, die Unterwerfung unter das Joch der Campbells zu fürchten, sei wenig zu besorgen. Es sei notorisch, daß auch die talentvollsten und rührigsten unter den mißvergnügten Häuptlingen sich um die zwischen den Whigs und Tories obschwebenden Streitfragen gar nicht kümmerten.
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Lochiel insbesondere, den seine ausgezeichneten persönlichen Eigenschaften zu dem bedeutendsten Manne unter den Gebirgsbewohnern machten, frage nach Jakob eben so wenig etwas wie nach Wilhelm. Wenn die Camerons, die Macdonalds und die Macleans überzeugt werden könnten, daß ihre Güter und Ehrenstellen ihnen unter der neuen Regierung gesichert blieben, wenn Mac Callum More einige Zugeständnisse mache und Ihre Majestäten die Bezahlung einiger Pachtrückstände übernähmen, so würde Dundee die Clans mit wenig Erfolg zu den Waffen rufen. Fünftausend Pfund Sterling, meinte Tarbet, würden hinreichen, um alle celtischen Magnaten zu beschwichtigen, und in der That, obgleich diese Summe den Politikern von Westminster lächerlich klein vorkommen mochte, obgleich sie nicht größer war als der jährliche Gehalt des Oberkammerherrn oder des Kriegszahlmeisters, war sie doch enorm für einen rohen Potentaten, der zwar über Hunderte von Quadratmeilen herrschte und Hunderte von Kriegern ins Feld stellen konnte, aber vielleicht niemals fünfzig Guineen auf einmal in seiner Geldkasse gehabt hatte.[81] Obwohl Tarbet von den schottischen Ministern der neuen Souveraine für einen sehr zweifelhaften Freund gehalten wurde, so verschmähte man seinen Rath doch nicht ganz. Es wurde beschlossen, den Mißvergnügten Propositionen zu machen, welche er angerathen hatte. Viel hing dabei von der Wahl eines Agenten ab, und leider bewies die getroffene Wahl, wie wenig die Vorurtheile der wilden Gebirgsstämme in Edinburg verstanden wurden. Ein Campbell wurde dazu ausersehen, für die Sache des Königs Wilhelm Männer zu gewinnen, deren Groll gegen den König Wilhelm einzig und allein den Grund hatte, daß er die Campbells begünstigte. Anerbietungen, welche durch eine solche Mittelsperson gemacht wurden, mußten natürlich als Schlinge und zugleich als Beleidigungen betrachtet werden. Unter solchen Umständen war es unnütz, daß Tarbet an Lochiel und Mackay an Glengarry schrieb. Lochiel antwortete Tarbet gar nicht, und Glengarry gab Mackay eine zwar artige, aber kalte Antwort, in welcher er dem General rieth, das Beispiel Monk's nachzuahmen.[82] Unentschiedener Feldzug in den Hochlanden. Inzwischen vergeudete Mackay einige Wochen mit Märschen, Contremärschen und unentschiedenen Scharmützeln. Späterhin gestand er ehrlich ein, daß die Kenntnisse, die er sich während seiner dreißigjährigen Militärdienste auf dem Continent erworben, ihm in seiner damaligen neuen Stellung nichts nützten. Es war schwer, in einem solchen Lande den Feind zu verfolgen, und unmöglich war es, ihn dahin zu bringen, daß er eine offene Schlacht annahm.
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Nahrung für ein Invasionsheer war in der waldigen und steinigen Wildniß nicht zu finden; eben so wenig konnten Lebensmittel für viele Tage weit über weiche Sümpfe und steile Anhöhen transportirt werden. Der General überzeugte sich, daß er seine Leute und ihre Pferde fast zu Tode ermüdet und doch nichts erreicht hatte. Hochländische Hülfstruppen würden ihm von großem Nutzen gewesen sein; allein er hatte wenig solche Hülfstruppen. Der Häuptling der Grants, den die vorige Regierung verfolgt und der Conspiration mit dem unglücklichen Earl von Argyle angeklagt hatte, war zwar ein warmer Freund der Revolution. Zweihundert Mackay's kamen, wahrscheinlich unter dem Einflusse von verwandtschaftlichen Gefühlen, aus dem äußersten Norden unsrer Insel, wo es in der Mitte des Sommers keine Nacht giebt, um unter einem Anführer ihres Namens zu kämpfen; im Allgemeinen aber erwarteten die Clans, die sich nicht an dem Aufstande betheiligten, den Ausgang mit kalter Gleichgültigkeit und schmeichelten sich mit der Hoffnung, daß es ihnen leicht werden würde, sich mit den Siegern auszusöhnen und daß sie an der Plünderung der Besiegten würden Theil nehmen dürfen. Eine Erfahrung von wenig mehr als einem Monat überzeugte Mackay, daß es nur ein Mittel gab, durch welches die Hochlande unterworfen werden konnten. Es war nutzlos, die Gebirgsbewohner Berg auf Berg ab zu verfolgen. Eine Reihe von Festungen mußte an den wichtigsten Punkten errichtet und mit starken Besatzungen versehen werden. Der Ort, mit dem der General vorschlug den Anfang zu machen, war Inverlochy, wo die gewaltigen Ueberreste eines alten Schlosse standen und noch stehen. Dieser Posten lag nahe an einem Meeresarme und im Herzen des von den mißvergnügten Clans bewohnten Landes. Ein dort stationirtes und nöthigenfalls durch Kriegsschiffe unterstütztes starkes Truppencorps hätte zu gleicher Zeit die Macdonalds, die Camerons und die Macleans wirksam in Schach halten können.[83] Während Mackay in seinen Briefen an den Staatsrath zu Edinburg die Nothwendigkeit vorstellte, auf diesen Plan einzugehen, hatte Dundee mit Schwierigkeiten zu kämpfen, welche all' seine Energie und Geschicklichkeit nicht völlig zu bewältigen vermochte. Militärischer Character der Hochländer. So lange die Hochländer noch eine Nation waren, die ihre eigenthümliche Verfassung hatte, waren sie in einem Sinne brauchbarer und in einem andren Sinne unbrauchbarer für militärische Zwecke als irgend eine andre Nation in Europa. Der Celte als Individuum eignete sich moralisch und physisch trefflich für den Krieg, und ganz besonders für den Krieg in einem so wilden und rauhen Lande wie das seine.
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Er war unerschrocken, kräftig, leichtfüßig und ertrug ohne Murren Kälte, Hunger und Anstrengungen. Ueber steile Felsen und verrätherische Sümpfe bewegte er sich eben so leicht wie die französischen Haustruppen auf der Straße von Versailles nach Marly. Er war an den Gebrauch der Waffen und an den Anblick des Blutes gewöhnt; er war ein geübter Fechter und Schütze, und bevor er jemals in Reih' und Glied gestanden, war er schon mehr als ein halber Soldat. Wie der einzelne Celte leicht in einen Soldaten zu verwandeln war, ebenso war ein ganzer Stamm von Celten leicht in ein Bataillon Soldaten zu verwandeln. Es bedurfte dazu nichts weiter, als daß die militärische Organisation mit der patriarchalischen Organisation in Einklang gebracht wurde. Der Häuptling mußte Oberst, sein Oheim oder sein Bruder mußte Major, die Pächter, welche gleichsam die Peerschaft des kleinen Staates bildeten, mußten die Hauptleute sein und die Compagnie jedes Hauptmanns mußte aus denjenigen Bauern bestehen, die auf seinem Grund und Boden wohnten und deren Namen, Gesichter, Verwandten und Charactere er genau kannte; die Unteroffiziere mußten aus den auf die Adlerfeder stolzen Duinhe Wassels gewählt sein, der Waffenträger war eine vortreffliche Ordonnanz, der Erbpfeifer und seine Söhne bildeten die Musikbande, und der Clan wurde so mit einem Male ein Regiment. In einem solchen Regiment herrschte vom ersten Augenblicke an die strenge Ordnung und der pünktliche Gehorsam, worin die Stärke regulärer Armeen besteht. Jeder Mann, vom Höchsten bis zum Niedrigsten, war an seinem geeigneten Platze und kannte diesen Platz vollkommen. Es war nicht nöthig, den neueingerichteten Truppen erst durch Drohungen oder Strafen die Pflicht einzuschärfen, den Mann als ihr Oberhaupt zu betrachten, den sie von jeher, so lange sie denken konnten, als ihr Oberhaupt betrachtet hatten. Jeder Gemeine hatte von Kindheit an seinen Korporal sehr, seinen Hauptmann noch mehr geachtet und seinen Obersten fast angebetet. An Meuterei war daher nicht zu denken, ebenso wenig an Desertion, denn gerade diejenigen Gefühle, welche andere Soldaten am mächtigsten antreiben zu desertiren, hielten den Hochländer bei seiner Fahne. Wohin sollte er gehen, wenn er sie verließ? Alle seine Verwandten, alle seine Freunde waren um dieselbe versammelt. Trennte er sich also von ihr, so trennte er sich zugleich für immer von seiner Familie und brachte den ganzen Jammer des Heimwehs über sich, das in regulären Armeen so viele Rekruten antreibt, auf die Gefahr von körperlicher Züchtigung und Tod hin zu entlaufen.
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Wenn man diese Umstände erwägt, wird man sich nicht darüber wundern, daß die hochländischen Clans zuweilen große Kriegsthaten vollbracht haben. Was aber diese Institutionen, welche einen Stamm von Hochländern, die alle dieselben Namen führten und alle demselben Oberhaupte unterthan waren, im Kampfe so furchtbar machten, machte die Nation ungeeignet für den Krieg im Großen. Nichts war leichter als Clans in tüchtige Regimenter zu verwandeln; aber nichts war schwieriger als diese Regimenter dergestalt zu vereinigen, daß sie eine tüchtige Armee bildeten. Von den Schäfern und Hirten, welche in den Reihen fochten, bis hinauf zu den Häuptlingen war Alles Harmonie und Ordnung. Jeder Mann blickte empor zu seinem unmittelbaren Vorgesetzten und Alle blickten empor zu dem gemeinsamen Oberhaupte. Aber mit dem Häuptling schloß diese Subordinationskette. Er verstand nur zu gebieten und hatte nicht gelernt zu gehorchen. Selbst königlichen Erlassen, selbst Parlamentsedicten pflegte er nur dann Gehorsam zu bezeigen, wenn sie in vollkommenem Einklang mit seinen Neigungen standen. Man durfte nicht erwarten, daß er einer delegirten Autorität eine Achtung zollen werde, die er der höchsten Autorität zu verweigern gewohnt war. Er hielt sich für berechtigt, über die Zweckmäßigkeit jedes ihm zukommenden Befehls zu entscheiden. Von seinen Bruderhäuptlingen waren einige seine Feinde, andere seine Nebenbuhler. Es war kaum möglich, ihn abzuhalten, sie zu beleidigen, oder ihn zu überzeugen, daß sie ihn nicht beleidigten. Alle seine Untergebenen sympathisirten mit allen seinen Animositäten, betrachteten seine Ehre wie ihre eigene und waren bereit auf seinen Ruf sich um ihn gegen den Oberbefehlshaber zu schaaren. Es war daher sehr wenig Aussicht, daß durch irgend welche Mittel fünf Clans bewogen werden konnten, während eines langen Feldzugs herzlich mit einander zu cooperiren. Die meiste Hoffnung dazu war noch in dem Falle, wenn sie von einem Sachsen angeführt wurden. Es ist bemerkenswerth, daß keine der großen Thaten, welche die Hochländer während unserer Bürgerkriege vollbrachten, unter dem Commando eines Hochländers vollbracht wurde. Einige Schriftsteller haben es als einen Beweis für das außerordentliche Genie Montrose's und Dundee's erwähnt, daß diese Feldherren, obgleich nicht gälischen Stammes oder gälischer Sprache, im Stande gewesen waren, Bündnisse gälischer Stämme zu bilden und zu leiten. Aber gerade weil Montrose und Dundee keine Hochländer waren, vermochten sie Armeen anzuführen, welche aus hochländischen Clans zusammengesetzt waren. Wäre Montrose Häuptling der Camerons gewesen, so würden die Macdonalds sich niemals seiner Autorität gefügt haben. Wäre Dundee Häuptling des Clanronald gewesen, so würde der Glengarry ihm nie gehorcht haben.
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Stolze und empfindliche Männer, welche kaum den König als ihren Vorgesetzten anerkannten, würden niemals die Superiorität eines Nachbarn, eines von ihres Gleichen, eines Nebenbuhlers, ertragen haben. Viel leichter konnten sie die Obergewalt eines ausgezeichneten Fremden ertragen. Doch selbst einem solchen Fremden gestanden sie nur eine sehr beschränkte und sehr prekäre Autorität zu. Einen Häuptling vor ein Kriegsgericht zu stellen, ihn zu erschießen, ihn zu cassiren, ihn zu degradiren, ihm öffentlich einen Verweis zu geben, war unmöglich. Macdonald von Keppoch oder Maclean von Duart würde jeden Offizier todtgeschlagen haben, der ihm sein Schwert abverlangt und ihm gesagt hätte, daß er sich als Arrestanten zu betrachten habe, und Hunderte von Claymores würden augenblicklich aufgebrochen sein, um den Mörder zu beschützen. Es blieb dem Befehlshaber, unter dem diese Potentaten zu dienen sich herabließen, nichts Andres übrig als mit ihnen zu berathschlagen, sie zu bitten, ihnen zu schmeicheln, sie zu bestechen, und selbst durch diese Mittel vermochte menschliche Geschicklichkeit nur auf kurze Zeit die Eintracht zu erhalten. Denn jeder Häuptling glaubte Anspruch auf besondere Berücksichtigung zu haben, und man durfte daher keinem besondere Artigkeit erweisen, ohne die anderen zu verletzen. Der General war nichts weiter als der Präsident eines Congresses kleiner Könige. Er wurde beständig aufgefordert, Streitigkeiten wegen Stammbäumen, wegen Vorrang, oder wegen Theilung von Beute anzuhören und zu schlichten. Mochte sein Ausspruch lauten wie er wollte, Jemand mußte dadurch verletzt werden. Jeden Augenblick konnte er erfahren, daß sein rechter Flügel in Folge eines zweihundert Jahre alten Streites auf sein Centrum gefeuert habe, oder daß ein ganzes Bataillon nach seinem heimathlichen Thale zurückgekehrt sei, weil ein andres Bataillon auf den Ehrenposten gestellt worden war. Ein hochländischer Barde würde in der Geschichte des Jahres 1689 leicht Sujets gefunden haben, ganz ähnlich denen, welche der trojanische Krieg den großen Dichtern des Alterthums lieferte. Heute ist Achilles mißmuthig, hütet sein Zelt und kündigt die Absicht an, mit allen seinen Leuten abzuziehen. Morgen stürmt Ajax im Lager umher und droht dem Ulysses den Hals abzuschneiden. Daher kam es, daß, obgleich die Hochländer in den Bürgerkriegen des 17. Jahrhunderts einige große Thaten vollbrachten, diese Thaten keine nach wenigen Wochen noch erkennbare Spuren hinterließen. Siege von seltenem und fast ungeheuerlichem Glanze zogen alle Folgen einer Niederlage nach sich. Kriegsveteranen und Soldaten waren ganz erstaunt über diese plötzlichen Glückswechsel. Es war unglaublich, daß undisciplinirte Leute solche Waffenthaten vollbracht haben sollten.
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Eben so unglaublich war es, daß solchen Waffenthaten, nachdem sie vollbracht waren, der Triumph der Besiegten und die Unterwerfung der Sieger auf dem Fuße gefolgt sein sollte. Nachdem Montrose rasch hintereinander Sieg auf Sieg erfochten, sah er sich mitten auf der Bahn des Glücks plötzlich von seinen Untergebenen verlassen. Lokale Eifersüchteleien und lokale Interessen hatten seine Armee zusammengebracht. Lokale Eifersüchteleien und lokale Interessen lösten sie auf. Die Gordons verließen ihn, weil sie sich gegen die Macdonalds zurückgesetzt glaubten. Die Macdonalds verließen ihn, weil sie die Campbells plündern wollten. Die Streitmacht, die man früher für stark genug gehalten hatte, um das Schicksal eines Königreichs zu entscheiden, schmolz binnen wenigen Tagen zusammen, und auf die Siege von Tippermuir und Kilsyth folgte die Niederlage von Philiphaugh. Dundee lebte nicht lange genug, um einen ähnlichen Glücksumschlag zu erfahren, aber man hat allen Grund zu glauben, daß, wenn er nur vierzehn Tage länger gelebt hätte, seine Geschichte ein Seitenstück zu der Geschichte Montrose's gewesen sein würde. Bald nachdem die Clans sich in Lochaber gesammelt hatten, machte Dundee einen Versuch sie zu überreden, daß sie sich der Disciplin einer regulären Armee unterwarfen. Er berief einen Kriegsrath zusammen, um diese Frage zu erörtern. Seine Ansicht wurde von allen denjenigen Offizieren unterstützt, welche aus dem Niederlande zu ihm gestoßen waren. Unter ihnen zeichneten sich Jakob Seton, Earl von Dunfermline, und Jakob Galloway, Lord Dunkeld, aus. Die celtischen Häuptlinge vertraten die entgegengesetzte Meinung. Lochiel, der talentvollste unter ihnen, war ihr Wortführer und verfocht die Sache mit großem Scharfsinn und natürlicher Beredtsamkeit. »Unser System,« -- so lautete der Hauptinhalt seines Raisonnements -- »mag nicht das beste sein; aber wir sind von Kindheit auf dazu erzogen worden, wir verstehen es vollkommen und es steht mit unseren eigenthümlichen Institutionen, Gefühlen und Sitten im Einklange. Wenn wir auf unsre Art Krieg führen, so haben wir die Erfahrung und die Kaltblütigkeit von Veteranen. Führen wir auf andre Art Krieg, so werden wir rohe und unbeholfene Rekruten sein. Soldaten aus uns zu machen, wie die eines Cromwell und Turenne waren, dazu würden Jahre gehören, und wir haben nicht Wochen übrig. Wir haben hinreichend Zeit, unsre Disciplin zu verlernen, aber nicht Zeit genug, die eurige zu erlernen.« Dundee erklärte sich unter großen Schmeicheleien für Lochiel überzeugt, und er war es vielleicht auch, denn die Gründe des verständigen alten Häuptlings waren durchaus nicht ohne Gewicht.[84] Zwistigkeiten in der hochländischen Armee.
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Einige celtische Kriegsgebräuche waren jedoch von der Art, daß Dundee sie nicht dulden konnte. So grausam er auch war, seine Grausamkeit hatte immer eine Methode und einen Zweck. Er hoffte noch immer, daß es ihm gelingen werde, einige neutral gebliebene Häuptlinge zu gewinnen und er vermied daher sorgfältig Alles was sie zu offener Feindseligkeit hätte aufstacheln können. Dies war allerdings ein Verfahren, von dem sich erwarten ließ, daß es dem Interesse Jakob's förderlich sein würde; aber Jakob's Interesse war den wilden Räubern, welche einzig und allein zu dem Zwecke ersprießliche Raubzüge unternehmen und alten Groll rächen zu können, seinen Namen gebrauchten und sich um sein Banner schaarten, sehr gleichgültig. Keppoch insbesondere, der die Mackintoshs weit mehr haßte, als er die Stuarts liebte, plünderte das Gebiet seiner Feinde nicht nur, sondern verbrannte auch Alles was er nicht mit fortnehmen konnte. Dundee gerieth beim Anblick der brennenden Wohnungen in heftigen Zorn. »Lieber möchte ich,« sagte er, »in einem anständigen Regiment die Muskete tragen, als Anführer einer solchen Räuberbande sein.« Von Bestrafung war natürlich keine Rede. Es darf in der That schon als ein auffallender Beweis von dem Einflusse des Generals angesehen werden, daß der Coll der Kühe es der Mühe werth hielt, sich wegen eines Benehmens zu entschuldigen, um dessentwillen er in einer wohldisciplinirten Armee erschossen worden wäre.[85] Da die Grants für den König Wilhelm die Waffen ergriffen hatten, so wurde ihr Eigenthum als gute Prise betrachtet. Eine Abtheilung der Camerons fiel in ihr Gebiet ein, es kam zu einem Gefecht, es floß etwas Blut, und eine Menge Vieh wurde in Dundee's Lager getrieben, wo man Lebensmittel sehr gut brauchen konnte. Dieser Streifzug gab Anlaß zu einem Streite, dessen Geschichte den Character einer Armee von Hochländern im richtigsten Lichte zeigt. Unter Denen, welche im Kampfe mit den Camerons fielen, befand sich ein Macdonald von der Seitenlinie der Glengarries, der lange unter den Grants gelebt hatte, in Gesinnungen und Ansichten ein Grant geworden und beim Aufgebot seines Stammes nicht erschienen war. Obgleich er sich gegen den gälischen Codex der Ehre und Moral schwer vergangen hatte, erinnerten sich doch seine Stammesgenossen der geheiligten Bande, die er vergessen. Mochte er gut oder schlecht sein, er war von ihrem Fleisch und Blut und er hätte daher ihrer Justiz aufgespart werden sollen. Der Name, den er trug, das Blut der Lords von den Inseln hätte ihn schützen sollen.
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Glengarry begab sich wüthend zu Dundee und verlangte Rache an Lochiel und dem ganzen Geschlecht Cameron. Dundee erwiederte, der unglückliche Gentleman, der gefallen sei, habe den Clan wie auch den König verrathen. Sei es im Kriege wohl erhört, daß die Person eines Feindes, eines unter den Waffen Kämpfenden wegen eines Namens und seiner Abkunft für unantastbar gehalten werden müsse? Und selbst wenn ein Unrecht geschehen sei, wie solle es wieder gut gemacht werden? Die halbe Armee müsse erst die andre Hälfte erschlagen, ehe Lochiel ein Haar gekrümmt werden könne. Glengarry entfernte sich wieder, tobend wie ein Besessener. Da seine Klagen von Denen, die ihm Recht verschaffen sollten, nicht beachtet würden, so wolle er sich selbst Recht verschaffen; er wolle seine Leute aufbieten und mit dem Schwert in der Hand über die Mörder seines Vetters herfallen. Eine Zeit lang wollte er auf keine Vorstellungen hören. Als man ihm zu bedenken gab, daß Lochiel's Anhänger den Glengarryleuten an Zahl um das Doppelte überlegen seien, rief er aus: »Das thut nichts; ein Glengarry ist soviel werth als zwei Camerons.« Wäre Lochiel eben so heftig und großsprecherisch gewesen, so ist es wahrscheinlich, daß die hochländische Insurrection der Regierung wenig mehr zu schaffen gemacht und daß die Rebellen ohne viel Aufhebens einander gegenseitig in ihren Wildnissen erschlagen haben würden. Aber die Natur hatte ihm in reichem Maße die Eigenschaften eines Staatsmannes verliehen, obwohl das Schicksal diese Eigenschaften in einem unbekannten Winkel der Erde verborgen hatte. Er sah ein, daß jetzt keine Zeit zur Zwietracht sei; sein Muth war längst anerkannt und sein Temperament verstand er vollkommen zu beherrschen. Glengarry's Wuth, durch keine neuen Provokationen gereizt, legte sich bald. Allerdings vermutheten Manche, daß er niemals ganz so kampflustig gewesen sei, als er sich gestellt habe und daß er mit seinem Toben nichts weiter beabsichtigt habe, als sein eignes Ansehen in den Augen seiner Anhänger aufrecht zu erhalten. Wie dem auch sein möge, der Streit wurde geschlichtet und die beiden Häuptlinge begrüßten sich mit dem äußeren Schein von Artigkeit an der Tafel des Generals.[86] Dundee sucht bei Jakob um Unterstützung nach. Die Erfahrungen, welche Dundee an seinen celtischen Bundesgenossen machte, mußten es ihm wünschenswerth erscheinen lassen, in seiner Armee einige Truppen zu haben, auf deren Gehorsam er sich verlassen konnte und welche nicht auf einen Wink von ihrem Obersten die Waffen gegen ihren General und ihren König kehren würden.
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In Folge dessen schrieb er während der Monate Mai und Juni mehrere Briefe nach Dublin, worin er dringend um Beistand bat. Wenn sechstausend, viertausend, dreitausend reguläre Soldaten jetzt nach Lochaber geschickt würden, könne Se. Majestät darauf rechnen, daß er bald in Holyrood ein Hoflager halten werde. Daß ein solches Truppencorps entbehrlich war, unterlag kaum einem Zweifel. Jakob's Autorität war damals in allen Theilen Irland's anerkannt, außer an den Ufern des Ernesees und hinter den Mauern von Londonderry. Er hatte in diesem Königreiche eine Armee von vierzigtausend Mann. Ein Achtel von dieser Armee wäre dort kaum vermißt worden und hätte in Verbindung mit den aufständischen Clans in Schottland große Dinge ausrichten können. Die Antworten, welche Dundee auf seine Ansuchen erhielt, berechtigten ihn zu der Hoffnung, daß ihm bald ein starkes und wohlausgerüstetes Corps aus Ulster zugeschickt werden würde. Vor der Ankunft dieser Verstärkungen wollte er nicht das Glück einer Schlacht versuchen.[87] Mackay auf der andren Seite war es müde, in einer Wildniß umherzumarschiren. Seine Leute waren erschöpft und entmuthigt; er hielt es für wünschenswerth, daß sie die Gebirgsgegend verließen, und Wilhelm war der nämlichen Meinung. Unterbrechung des Kriegs in den Hochlanden. So wurde im Juni der Bürgerkrieg wie auf Verabredung zwischen den beiderseitigen Generälen völlig eingestellt. Dundee blieb in ungeduldiger Erwartung der Truppen und Zufuhren aus Irland in Lochaber. Es war ihm indessen unmöglich, seine Hochländer in einem Zustande der Unthätigkeit beisammenzuhalten, denn es bedurfte eines großen Gebiets von Sumpf- und Gebirgsland, um eine so zahlreiche Mannschaft zu unterhalten. Die Clans kehrten daher in ihre Schluchten zurück, nachdem sie versprochen hatten, sich auf den ersten Aufruf wieder zu sammeln. Inzwischen erholten sich die durch harte Strapatzen und Entbehrungen erschöpften Soldaten Mackay's in Quartieren, welche über das ganze Niederland von Aberdeen bis Stirling zerstreut waren. Mackay selbst war in Edinburg und drang in die dortigen Minister, ihm die Mittel zur Errichtung einer Fortifikationskette in den Grampians zu bewilligen. Die Minister hatten sich, wie es scheint, in ihren militärischen Hülfsmitteln verrechnet. Man hatte erwartet, daß die Campbells eine Streitmacht ins Feld stellen würden, welche hinreichend war, um die ganze Stärke der unter Dundee marschirenden Clans aufzuwiegen. Ebenso hatte man erwartet, daß die westlichen Covenanters sich beeilen würden, die Reihen der Armee König Wilhelm's zu verstärken. Beide Erwartungen wurden getäuscht. Argyle hatte sein Fürstenthum verwüstet und seinen Stamm entwaffnet und desorganisirt gefunden.
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Es mußte eine beträchtliche Zeit darüber hingehen, ehe sein Banner von einer Streitmacht umgeben sein würde, wie seine Väter sie in den Kampf geführt hatten. Bedenklichkeiten der Covenanters, für König Wilhelm die Waffen zu ergreifen. Die Covenanters des Westens waren im allgemeinen nicht geneigt, sich einreihen zu lassen. An Muth fehlte es ihnen sicherlich nicht, und sie haßten Dundee mit tödtlicher Erbitterung. Seine Grausamkeit war in ihrem Theile des Landes noch in frischem Andenken. Jedes Dorf hatte seine blutige Geschichte. In dem einen Hause fehlte der greise Vater, in dem andren der hoffnungsvolle Sohn. Man erinnerte sich nur zu gut, wie die Dragoner in die Hütte des Landmanns eingedrungen waren, bei jedem Worte ihn, sich selbst und Einer den Andren verfluchend und verwünschend, wie sie die achtzigjährige Großmutter hinter dem warmen Ofen hervorgerissen und mit roher Hand den Busen seiner sechzehnjährigen Tochter betastet hatten; wie ihm die Abschwörungsformel vorgehalten worden war, wie er die Arme über der Brust gekreuzt und gesagt hatte: »der Wille Gottes geschehe;« wie der Oberst ein Piket mit geladenen Gewehren herbeigerufen und wie drei Minuten später der brave Hausvater vor seiner eigenen Thür in einer Blutlache gelegen hatte. Der Platz des Märtyrers am Herde war noch leer und jedes Kind konnte seinen noch grünen Grabhügel auf der Haide zeigen. Wenn die Leute dieser Gegend ihren Unterdrücker einen Diener des Teufels nannten, so sprachen sie nicht in bildlichem Sinne; sie glaubten wirklich, daß zwischen dem bösen Menschen und dem bösen Geiste ein enges Bündniß mit bestimmten Bedingungen bestehe, daß Dundee sich verpflichtet habe, das Werk der Hölle auf Erden zu verrichten und daß die Hölle zu höheren Zwecken ihren Sklaven beschützen dürfe, bis das Maß seiner Schuld voll sein würde. Aber so gründlich diese Leute auch Dundee verabscheuten, so erhoben doch die meisten von ihnen Bedenken dagegen, für Wilhelm das Schwert zu ziehen. Es wurde in der Pfarrkirche zu Douglas ein großes Meeting gehalten und die Frage vorgelegt, ob es zu einer Zeit, wo Krieg im Lande wüthe und eine irische Invasion erwartet werde, nicht Pflicht sei, zu den Waffen zu greifen. Die Debatte war heftig und tumultuarisch. Die Redner der einen Seite beschworen ihre Brüder, nicht den Fluch auf sich zu laden, der gegen die Bewohner von Meros geschleudert worden, weil sie dem Herrn nicht gegen den Mächtigen zu Hülfe kamen. Die Redner der andren Seite donnerten gegen sündige Bündnisse.
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Es seien Schlechtgesinnte in Wilhelm's Heere, Mackay's eigne Rechtgläubigkeit sei problematisch; mit solchen Kameraden und unter einem solchen General Kriegsdienste zu leisten, würde ein sündiges Bündniß sein. Nach langem Hin- und Herstreiten und unter großer Verwirrung wurde endlich eine Abstimmung vorgenommen und die Majorität erklärte sich dahin, das es ein sündiges Bündniß sein würde, Kriegsdienste zu nehmen. Aushebung des Cameron'schen Regiments. Es gab jedoch eine starke Minorität und aus den Mitgliedern dieser Minorität gelang es dem Earl von Angus ein Infanteriecorps zu bilden, das noch heute, nach Verlauf von mehr als hundertsechzig Jahren, unter dem Namen des Cameron'schen Regiments bekannt ist. Der erste Oberstleutnant desselben war Cleland, der unerbittliche Bluträcher, der Dundee aus der Convention getrieben hatte. Es machte keine geringe Schwierigkeit, die Reihen zu füllen, denn viele westländische Whigs, die es nicht für absolut sündhaft hielten, einzutreten, stellten Bedingungen, welche alle militärische Disciplin untergraben mußten. Einige wollten nicht unter einem Obersten, Major, Hauptmann, Sergeanten oder Korporal dienen, der nicht bereit sei, den Covenant zu unterschreiben. Andere bestanden darauf, daß, wenn es durchaus nöthig befunden würde, den und jenen Offizier anzustellen, welcher die unter der vorigen Regierung vorgeschriebenen Testeide geleistet habe, er sich wenigstens durch öffentliches Eingeständniß seiner Sünde vor der Fronte des Regiments zum Commando qualificiren sollte. Die Mehrzahl der Enthusiasten, welche diese Bedingungen gestellt hatten, wurde durch geschickte Bearbeitung bewogen, ihre Forderungen bedeutend herabzustimmen. Doch hatte das Regiment immerhin einen ganz eigenthümlichen Character. Die Soldaten waren sämmtlich strenge Puritaner. Einer ihrer ersten Schritte war eine Petition an das Parlament, daß alle Trunksucht, Ausschweifung und Gottlosigkeit streng bestraft werden möchte. Ihr eignes Verhalten muß musterhaft gewesen sein, denn das schlimmste Verbrechen, das die überspannteste Bigotterie ihnen zur Last legen konnte, bestand darin, daß sie dem Könige zu seinem Geburtstage Hurrahs brachten. Man hatte ursprünglich beabsichtigt, mit der militärischen Organisation des Corps die Organisation einer presbyterianischen Gemeinde zu verweben. Jede Compagnie sollte einen Aeltesten liefern und die Aeltesten sollten mit dem Kaplan ein geistliches Tribunal zur Unterdrückung der Unsittlichkeit und Ketzerei bilden. Es wurden indeß keine Aeltesten ernannt; aber ein angesehener Bergprediger, Alexander Shields, wurde zu dem Amte eines Kaplans berufen. Es läßt sich schwer denken, daß der Fanatismus eine höhere Gluth erreichen könnte, als er aus den Schriften Shields' hervorleuchtet.
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Nach seinen Ansichten würde es die erste Pflicht jedes christlichen Herrschers sein, jeden heterodoxen Unterthan bis zum Tode zu verfolgen, und ebenso die erste Pflicht jedes christlichen Unterthanen, einen heterodoxen Fürsten zu ermorden. Doch es herrschte damals in Schottland eine fanatische Begeisterung, im Vergleich zu welcher selbst die Begeisterung dieses Mannes noch lau war. Die extremen Covenanters protestirten gegen seinen Abfall eben so heftig als sie gegen die Schwarze Indulgenz und gegen den Suprematseid protestirt hatten und erklärten Jeden, der in Angus' Regiment eintrat, eines ruchlosen Bündnisses mit Uebelgesinnten schuldig.[88] Uebergabe des Schlosses von Edinburg. Mittlerweile war das Edinburger Schloß gefallen, nachdem es sich länger als zwei Monate gehalten hatte. Die Vertheidigung sowohl wie der Angriff waren sehr lau betrieben worden. Der Herzog von Gordon, der keine Lust hatte, sich den tödtlichen Haß Derer zuzuziehen, in deren Gewalt seine Besitzungen und sein Leben bald sein konnten, fand es nicht für gerathen, die Stadt zu beschießen. Auf der andren Seite betrieben die Belagerer ihre Operationen mit so wenig Energie und Umsicht, daß die Jakobiten in der Citadelle mit den draußen befindlichen Jakobiten in fortwährender Communication standen. Man erzählte sich sonderbare Geschichten von den artigen und kurzweiligen Botschaften, welche zwischen den Belagerten und den Belagerern gewechselt wurden. Einmal ließ Gordon den städtischen Behörden sagen, daß er wegen einiger ihm aus Irland zugekommenen Nachrichten eine Geschützsalve geben werde, daß aber die gute Stadt sich nicht zu beunruhigen brauche, denn er werde seine Kanonen nicht mit Kugeln laden. Ein andermal wirbelten seine Trommeln das Zeichen zum Parlamentiren; die weiße Fahne wurde ausgesteckt, es fand eine Unterredung statt und er benachrichtigte den Feind ganz ernsthaft, daß alle seine Spielkarten bis zum Zerfallen abgegriffen seien und daß er ihm doch einige frische Packete zukommen lassen möchte. Seine Freunde errichteten einen Telegraphen, vermittelst dessen sie sich über die Linien der Schildwachen hinweg mit ihm unterhielten. An einem Fenster im obersten Stock eines der höchsten der gigantischen Häuser, von denen noch jetzt einige wenige High Street verdunkeln, wurde, wenn Alles gut ging, ein weißes Tuch, und wenn die Sachen schlecht standen, ein schwarzes Tuch ausgehangen. Hatte man ausführlichere Meldungen zu machen, so wurde eine Tafel emporgehalten, auf der die Nachricht mit so großen Buchstaben geschrieben stand, daß sie mit Hülfe eines Fernrohrs von den Wällen der Citadelle aus gelesen werden konnte.
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Der Knall einer Muskete auf einem bestimmten Außenwerke war das Signal, welches den Freunden des Hauses Stuart anzeigte, daß wieder einer ihrer Emissäre glücklich den Felsen erklettert hatte. Endlich aber waren die Vorräthe erschöpft und man mußte kapituliren. Vortheilhafte Bedingungen wurden bereitwillig zugestanden, die Garnison zog ab und die Schlüssel wurden unter den Acclamationen einer großen Menge Bürger übergeben.[89] Parlamentssession in Edinburg. Doch die Regierung hatte im Parlamentshause viel erbittertere und hartnäckigere Feinde als im Schlosse. Als die Stände nach ihrer Vertagung wieder zusammentraten, wurden die Krone und das Scepter Schottland's als Symbole des abwesenden Souverains mit gewohntem Pomp im Saale ausgestellt. Hamilton ritt als Lord Obercommissar mit großem Gepränge von Holyrood aus durch High Street, und Crawford nahm seinen Sitz als Präsident ein. Zwei Edicte, von denen das eine die Convention in ein Parlament verwandelte, das andre Wilhelm und Marien als König und Königin anerkannte, wurden rasch angenommen und mit dem Scepter berührt, und nun begann der Kampf der Parteien.[90] Einfluß des Clubs. Es zeigte sich bald, daß die von Montgomery organisirte Opposition unüberwindlich stark war. Obgleich aus vielen heterogenen Elementen, aus Republikanern, Whigs, Tories, eifrigen Presbyterianern und bigotten Prälatisten zusammengesetzt, agirte sie eine Zeit lang wie ein Mann und zog eine Menge jener unbedeutenden und kleinmüthigen Politiker an sich, welche sich naturgemäß zu der stärkeren Partei hinneigen. Die Freunde der Regierung waren gering an Zahl und nicht verbunden. Hamilton ging nur mit halbem Herzen an die Erfüllung seiner Pflichten. Unbeständig war er jederzeit gewesen; jetzt war er auch noch unzufrieden. Er bekleidete zwar den höchsten Posten, den ein Unterthan erreichen konnte; aber er bildete sich ein, daß er nur den Schein der Macht habe, während Andere die wirkliche Macht besäßen, und es war ihm daher nicht unlieb, wenn er Diejenigen, auf die er eifersüchtig war, belästigt und beunruhigt sah. Er hinterging den Fürsten, den er repräsentirte, nicht geradezu, aber er intriguirte zuweilen mit den Führern des Clubs und spielte Denen, die ihm im Dienste der Krone zur Seite standen, mitunter arglistige Streiche. Seine Instructionen schrieben ihm vor, Gesetze zur Milderung oder Beseitigung zahlreicher Mißstände und besonders einem die Macht des Artikelausschusses beschränkenden und die Verfassung desselben reformirenden Gesetze, sowie ferner einem das presbyterianische Kirchenregiment einführenden Gesetze die königliche Genehmigung zu ertheilen.[91] Doch es war gleichgültig, wie seine Instructionen lauteten. Die Führer des Clubs legten es darauf an, eine Ursache zur Uneinigkeit zu finden.
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Die Vorschläge der Regierung bezüglich der Artikellords wurden verächtlich zurückgewiesen. Hamilton schrieb um neue Instructionen nach London und bald wurde ihm ein zweiter Plan, welcher dem einst despotischen Ausschusse nicht viel mehr als den Namen ließ, zugeschickt. Aber auch dieser zweite Plan theilte das Schicksal des ersten, obgleich er von der Art war, daß er vernünftige und gemäßigte Reformers hätte befriedigen können. Unterdessen legten die Oberhäupter des Clubs ein Gesetz vor, welches dem Könige verbot, jemals irgend Jemanden in einem öffentlichen Amte anzustellen, der an irgend einer mit der Rechtsforderung unverträglichen Maßregel Antheil gehabt oder irgend einem guten Plan der Stände hindernd oder verzögernd entgegengetreten sei. Dieses Gesetz, das in einem sehr kleinen Rahmen fast alle Fehler vereinigte, die ein Gesetz nur haben kann, war, wie man sehr wohl wußte, auf den neuen Lordpräsidenten des Court of Session und auf seinen Sohn, den neuen Lord Advokaten, abgesehen. Ihr Glück und ihre Macht hatte ihnen den Neid jedes in seinen Hoffnungen getäuschten Amtscandidaten zugezogen. Daß sie Neulinge waren, die Ersten ihres Geschlechts, die sich zur Auszeichnung emporgeschwungen, und daß sie dessenungeachtet lediglich durch die Kraft der Befähigung eben so wichtige Personen im Staate geworden waren wie der Herzog von Hamilton oder der Earl von Argyle, war ein Gedanke, der vielen bedürftigen und stolzen Patriziern das Herz zernagte. In den Augen der schottischen Whigs waren die Dalrymple das was Halifax und Caermarthen in den Augen der englischen Whigs waren. Weder die Verbannung Sir Jakob's, noch der Eifer, mit dem Sir Johann die Revolution unterstützt hatte, wurden als eine Sühne für alte Vergehen angenommen. Sie hatten Beide dem blutdürstigen und götzendienerischen Hause gedient. Sie hatten Beide das Volk Gottes unterdrückt. Ihre späte Reue konnte ihnen vielleicht einen billigen Anspruch auf Verzeihung geben, gab ihnen aber gewiß kein Recht auf Ehren und Belohnungen. Die Freunde der Regierung versuchten es vergebens, die Aufmerksamkeit des Parlaments von der Verfolgung der Familie Dalrymple auf die wichtige und dringliche Frage der Kirchenverfassung zu lenken. Sie sagten, das alte System sei abgeschafft, es sei noch kein andres System an dessen Stelle gesetzt, man wisse nicht mehr, welches eigentlich die Staatsreligion des Landes sei, und es sei die erste Pflicht der Legislatur, einer Anarchie ein Ende zu machen, welche täglich Unheil und Verbrechen hervorrufe. Die Führer des Clubs ließen sich damit nicht von ihrem Ziele abbringen.
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Es wurde beantragt und beschlossen, daß die Inbetrachtnahme der kirchlichen Angelegenheiten so lange aufgeschoben werden solle, bis die weltlichen Angelegenheiten geordnet seien. Die ungerechte und absurde Incapacitätsacte wurde mit vierundsiebzig gegen vierundzwanzig Stimmen angenommen. Ein andrer noch augenscheinlicher auf das Haus Stair abzielender Beschluß folgte unmittelbar darauf. Das Parlament machte Anspruch auf ein Veto bei der Ernennung von Richtern und maßte sich die Befugniß an, die Untersiegelung zu verhindern, mit anderen Worten, die ganze Justizverwaltung zu suspendiren, bis dieser Anspruch zugestanden wäre. Aus dem Verlaufe der Debatte ging klar hervor, daß, wenn die Führer des Clubs auch mit dem Court of Session begonnen hatten, sie nicht damit aufzuhören gedachten. Die von Sir Patrick Hume und Anderen angeführten Argumente führten direct zu dem Schlusse, daß dem Könige die Ernennung keines wichtigen Staatsbeamten zustehen solle. Sir Patrick sprach in der That in Rede wie in Schrift seine Meinung dahin aus, daß das ganze Ernennungsrecht im Reiche von der Krone auf die Stände übertragen werden sollte. Wenn die Stelle des Schatzmeisters, des Kanzlers, des Sekretärs erledigt sei, müsse das Parlament Sr. Majestät einige Namen vorlegen, und Se. Majestät solle verbunden sein von diesen Namen einen zu wählen.[92] Während dieser ganzen Zeit verweigerten die Stände beharrlich jede Geldbewilligung, bis ihre Acte mit dem Scepter berührt sein würden. Der Lord Obercommissar ward endlich über ihre Verkehrtheit so aufgebracht, daß er nach langem Temporisiren selbst solche Acte zu berühren verweigerte, gegen die an sich nichts einzuwenden war, und welche zu genehmigen ihn seine Instructionen ermächtigten. Dieser Stand der Dinge würde mit einer großen Erschütterung geendigt haben, wenn der König von Schottland nicht zugleich König eines viel größeren und reicheren Landes gewesen wäre. Karl I. hatte nie irgend ein Parlament zu Westminster unlenksamer gefunden, als Wilhelm während dieser Session das Parlament zu Edinburg fand. Aber es lag nicht in der Macht des Parlaments von Edinburg, einen solchen Zwang auf Wilhelm auszuüben, wie das Parlament von Westminster ihn auf Karl ausgeübt hatte. Eine Verweigerung von Geldern war zu Westminster eine ernsthafte Sache und ließ dem Souverain keine andre Wahl als nachzugeben, oder durch verfassungswidrige Mittel Geld zu erheben. In Edinburg brachte ihn eine derartige Verweigerung in kein solches Dilemma. Die größte Summe, die er aus Schottland in einem Jahre zu erhalten hoffen konnte, betrug weniger, als was er aus England alle vierzehn Tage bezog.
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Er hatte sich daher nur in die Grenzen seiner unbestreitbaren Prärogative einzuschließen und hier in der Defensive zu verharren, bis eine günstige Conjunctur eintrat.[93] Unruhen in Athol. Während diese Dinge im Parlamentshause vorgingen, brach der Bürgerkrieg in den Hochlanden, der einige Wochen unterbrochen gewesen war, heftiger als zuvor wieder aus. Seit der Glanz des Hauses Argyle verblichen war, konnte kein gälischer Häuptling an Macht sich mit dem Marquis von Athol messen. Der Bezirk, von dem er seinen Titel herleitete und dessen Souverain er fast genannt werden konnte, war an Flächenraum größer als eine gewöhnliche Grafschaft, und war fruchtbarer, besser angebaut und dichter bevölkert als der größere Theil der Hochlande. Die Männer, die seinem Banner folgten, wurden für nicht minder zahlreich gehalten als sämmtliche Macdonalds und Macleans zusammengenommen, und standen an Kraft und Muth keinem Stamme im Gebirge nach. Aber der Clan war durch die Unbedeutendheit des Häuptlings unbedeutend gemacht worden. Der Marquis war der falscheste, unbeständigste, kleinmüthigste Mensch von der Welt. In dem kurzen Zeitraum von sechs Monaten war er bereits mehrere Male ein Jakobit und mehrere Male Wilhelmit gewesen. Sowohl Jakobiten als Wilhelmiten betrachteten ihn mit Verachtung und Mißtrauen, welche sie nur aus Respect vor seiner ungeheuren Macht nicht rückhaltlos äußerten. Nachdem er zu wiederholten Malen beiden Parteien Treue gelobt und zu wiederholten Malen Beide verrathen hatte, begann er zu überlegen, daß er am besten für seine Sicherheit sorgen werde, wenn er sowohl die Functionen eines Peers, als die eines Häuptlings niederlegte, wenn er sich sowohl von dem Parlamentshause zu Edinburg, als von seinem Schlosse im Gebirge fern hielte, und wenn er das Land verließe an das er gerade bei dem Wendepunkte seines Geschickes durch alle Bande der Pflicht und der Ehre gekettet war. Während ganz Schottland mit Ungeduld und ängstlicher Spannung zu sehen erwartete, in welches Heer seine zahlreichen Anhänger eintreten würden, schlich er sich fort nach England, nahm seinen Aufenthalt in Bath und gab vor die dortige Kur zu brauchen.[94] Sein Fürstenthum, somit ohne Oberhaupt, war gegen sich selbst gespalten. Die Leute von Athol waren im allgemeinen König Jakob zugethan. Denn er hatte sich ihrer noch vor vier Jahren als Diener seiner Rache gegen das Haus Argyle bedient.
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Sie hatten Inverary besetzt; sie hatten Lorn verwüstet; sie hatten Häuser demolirt, Obstbäume umgehauen, Fischerböte verbrannt, Mühlsteine zerschlagen, Campbells aufgehängt, und es war daher nicht zu erwarten, daß sie sich über die Aussicht auf Mac Callum More's Restauration freuen würden. Ein Wort von dem Marquis würde zweitausend Claymores ins jakobitische Lager gesendet haben. Dieses Wort aber wollte er nicht aussprechen, und in Folge dessen war die Haltung seiner Anhänger ebenso unentschlossen und inconsequent wie seine eigene. Während sie auf eine Andeutung seiner Wünsche warteten, wurden sie gleichzeitig von zwei Führern zu den Waffen gerufen, von denen jeder mit einem Schein von Grund darauf Anspruch machen konnte, als Repräsentant des abwesenden Häuptlings betrachtet zu werden. Lord Murray, des Marquis ältester Sohn, der mit einer Tochter des Herzogs von Hamilton vermählt war, erklärte sich für König Wilhelm. Stewart von Ballenach, der vertraute Agent des Marquis, erklärte sich für König Jakob. Das Volk wußte nicht, welcher Aufforderung es folgen sollte. Der, dessen Autorität die höchste Achtung gezollt worden sein würde, hatte beiden Parteien sein Wort verpfändet, und war dann aus Furcht sich einer von beiden anschließen zu müssen davongelaufen; auch war es nicht leicht zu sagen, ob der Platz, den er leer gelassen, seinem Haushofmeister oder seinem muthmaßlichen Erben gebührte. Der wichtigste militärische Posten in Athol war Blair Castle. Das Haus, welches gegenwärtig diesen Namen führt, unterscheidet sich durch nichts Auffallendes von anderen Landsitzen der Aristokratie. Das alte Gebäude war ein hoher Thurm von roher Bauart, der ein vom Garry bewässertes Thal beherrschte. Die Mauern würden einer Geschützbatterie nicht lange widerstanden haben, waren aber vollkommen stark genug, um die Hirten der Grampians in Schach zu halten. Ungefähr fünf Meilen südlich von dieser Veste verengerte sich das Thal des Garry zu der berühmten Schlucht von Killiecrankie. Gegenwärtig führt eine Heerstraße so eben wie irgend eine Straße in Middlesex in sanfter Steigung aus dem Niederlande zu dem Gipfel des Gebirgspasses hinauf. Weiße Villas blicken durch den Birkenwald, und an einem schönen Sommertage giebt es kaum eine Krümmung des Passes, wo man nicht einen Angler, der seine Fliege in den Schaum des Flusses wirft, einen Künstler, der eine Felsenspitze zeichnet, oder eine auf einer Landpartie begriffene Gesellschaft sähe, die auf dem Rasen in Schatten und Sonnenschein schmauset. Zu den Zeiten Wilhelm's III. aber wurde Killiecrankie von den friedlichen und betriebsamen Bewohnern des Niederlands von Perthshire nur mit Schaudern genannt.
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Sie galt für die gefährlichste der finsteren Schluchten, durch welche die Räuber aus dem Gebirge hervorzustürzen pflegten. Das für moderne Ohren so wohlklingende Rauschen des an den bemoosten Felsen und über die glatten Kiesel dahin strömenden Flusses, die des Pinsel's eines Wilson würdigen dunklen Fels- und Laubmassen, die phantastischen Bergspitzen, bei Sonnenauf- und Untergang in ein Meer von Licht gebadet, wie es auf Claude's Bildern glüht, erweckten in unseren Vorfahren nur Gedanken von mörderischen Hinterhalten und von ausgeplünderten, verstümmelten und den Raubvögeln preisgegebenen Leichnamen. Der einzige Pfad war schmal und rauh; nur mit Mühe konnte ein Pferd hinaufgeführt werden; zwei Menschen konnten kaum neben einander gehen, und an einigen Stellen lief der Weg so dicht am Abhange hin, daß der Reisende eines sicheren Auges und Fußes dringend bedurfte. Viele Jahre später erbaute der erste Herzog von Athol eine Straße, die eben gut genug war, damit er sie mit seinem Wagen befahren konnte. Aber selbst diese Straße war so steil und so schmal, daß eine Handvoll entschlossener Männer sie gegen eine Armee hätte vertheidigen können.[95] Kein Sachse betrachtete denn auch einen Besuch in Killiecrankie als ein Vergnügen, bis die Erfahrung die englische Regierung gelehrt hatte, daß die Spitzhacke und der Spaten diejenigen Waffen waren, durch welche die Hochländer am wirksamsten unterworfen werden konnten. Der Krieg bricht in den Hochlanden wieder aus. Die Gegend, welche gerade über diesem Passe lag, war jetzt der Schauplatz eines Krieges, wie ihn die Hochlande nicht häufig gesehen hatten. Männer, die den nämlichen Tartan trugen und dem nämlichen Herrn unterthan waren, standen einander gegenüber. Der Name des abwesenden Häuptlings wurde, mit einem Anschein von Grund, auf beiden Seiten gebraucht. Ballenach hielt an der Spitze einer Anzahl Vasallen, die ihn als den Vertreter des Marquis betrachteten, Blair Castle besetzt. Murray erschien mit zwölfhundert Mann vor den Mauern und verlangte, in das Schloß seiner Familie, das Schloß, das dereinst sein Eigen werden sollte, eingelassen zu werden. Die Besatzung weigerte sich die Thore zu öffnen. Die Belagerer sandten Boten nach Edinburg, die Belagerten nach Lochaber.[96] An beiden Orten rief die Nachricht große Aufregung hervor. Mackay und Dundee waren beide der Ansicht, daß die Krisis rasches und kräftiges Einschreiten erfordere. Von dem Schicksal von Blair Castle hing wahrscheinlich das Schicksal von ganz Athol ab, und von dem Schicksal Athol's konnte das Schicksal Schottland's abhängen.
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Mackay eilte nach dem Norden und befahl seinen Truppen, sich in dem Niederlande von Perthshire zu sammeln. Einige von ihnen lagen an so entfernten Orten, daß sie nicht zeitig genug anlangten. Er hatte jedoch bald die drei schottischen Regimenter bei sich, welche in Holland gedient hatten und die Namen ihrer Obersten, Mackay's selbst, Balfour's und Ramsay's, führten. Auch ein tapferes Infanterieregiment aus England war da, welches damals das Regiment Hastings hieß, aber jetzt als das dreizehnte der Linie bekannt ist. Zu diesen alten Truppen kamen dann noch zwei im Niederlande neu angeworbene Regimenter. Das eine davon wurde von Lord Kenmore, das andre, das im Grenzlande ausgehoben worden und das noch jetzt des Königs Leibgrenzer genannt wird, von Lord Leven befehligt. Zwei Reitertrupps, commandirt von Lord Annandale und Lord Belhaven, brachten die Armee wahrscheinlich auf die Zahl von über dreitausend Mann. Belhaven ritt an der Spitze seines Trupps; aber Annandale, der factiöseste von allen Anhängern Montgomery's, zog den Club und das Parlamentshaus dem Felde vor.[97] Dundee hatte mittlerweile alle Clans, die seine Ernennung anerkannten, aufgefordert, sich zu einer Expedition nach Athol zu versammeln. Seine Bemühungen wurden von Lochiel kräftig unterstützt. Die Feuerkreuze wurden wieder in aller Eile durch Appin und Ardnamurchan, nach Glenmore hinauf und den Levensee entlang ausgesandt. Aber der Aufruf kam so unerwartet und die verstattete Frist war so kurz, daß das Aufgebot kein ganz vollständiges war. Die ganze Streitmacht scheint nicht dreitausend Mann stark gewesen zu sein. Mit diesem Corps rückte Dundee aus. Auf seinem Marsche zog er Verstärkungen an sich, die eben aus Ulster angekommen waren. Sie bestanden aus wenig mehr als dreihundert schlecht bewaffneten, schlecht gekleideten und schlecht disciplinirten irischen Fußsoldaten. Ihr Anführer war ein Offizier, Namens Cannon, der in den Niederlanden gedient hatte und der vielleicht auf einem untergeordneten Posten und in einer regulären Armee an seinem Platze gewesen sein würde, aber der ihm jetzt übertragenen Rolle durchaus nicht gewachsen war.[98] Er hatte sich bereits so lange zwischen den Hebriden aufgehalten, daß einige mit ihm zugleich abgeschickte und mit Vorräthen befrachtete Schiffe von englischen Kreuzern genommen worden waren. Er und seine Soldaten waren mit Mühe dem nämlichen Schicksale entgangen. Trotz dieses Mangels an Befähigung bekleidete er eine Stelle, die ihm in Schottland den höchsten militärischen Rang nächst Dundee einräumte. Die Enttäuschung war bitter.
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Jakob hätte in der That besser gethan, wenn er den Hochländern allen Beistand verweigert hätte, anstatt daß er sie gleichsam zum Besten hatte, indem er ihnen an Stelle der erbetenen und erwarteten wohlorganisirten Armee ein an Zahl und Aussehen verachtungswerthes Gesindel schickte. Es war nun klar, daß alles was für ihn in Schottland geschah, durch schottische Hände geschehen mußte.[99] Während Mackay von der einen und Dundee von der andren Seite gegen Blair Castle vorrückte, hatten wichtige Ereignisse daselbst stattgefunden. Murray's Anhänger fingen bald an, in ihrer Treue für ihn zu wanken. Sie sahen eine große Zahl ihrer Stammesgenossen, unter der Anführung eines Gentleman, von dem man vermuthete, daß er das Vertrauen des Marquis besitze, sich gegenübergestellt. Die Belagerungsarmee schmolz daher rasch zusammen. Viele kehrten unter dem Vorgeben heim, daß sie ihre Familien und ihr Vieh in Sicherheit bringen müßten, da die Nachbarschaft auf dem Punkte stehe, der Schauplatz eines Kriegs zu werden. Andere erklärten freimüthiger, daß sie in einem solchen Kampfe nicht fechten mochten. Eine starke Truppe ging an einen Bach, füllte die Mützen mit Wasser, trank auf die Gesundheit König Jakob's und zerstreute sich dann.[100] Ihr Eifer für König Jakob bewog sie jedoch nicht, sich der Fahne seines Generals anzuschließen. Sie legten sich unter den Felsen und Dickichten längs des Garry auf die Lauer, in der Hoffnung, daß es bald eine Schlacht geben werde und daß, welchen Ausgang dieselbe auch nehmen möchte, Flüchtlinge und Leichname zu plündern sein würden. Murray war in arger Bedrängniß. Seine Streitmacht war auf einige hundert Mann geschmolzen, selbst diesen Leuten konnte er nicht recht trauen, und die Macdonalds und Camerons rückten rasch vor. Er hob daher die Belagerung von Blair Castle auf und zog sich mit wenigen Anhängern in den Engpaß von Killiecrankie zurück. Hier stieß bald eine Abtheilung von zweihundert Füselieren zu ihm, welche Mackay vorausgeschickt hatte, um den Paß zu besetzen. Das Hauptcorps der Armee vom Niederlande folgte bald nach.[101] Am frühen Morgen des 27. Juli, einem Sonnabend, kam Dundee bei Blair Castle an. Hier erfuhr er, daß Mackay's Truppen bereits in der Schlucht von Killiecrankie waren. Man mußte rasch zu einem Entschluß kommen. Es wurde Kriegsrath gehalten. Die sächsischen Offiziere waren allgemein dagegen eine Schlacht zu wagen; die celtischen Häuptlinge aber waren andrer Meinung. Glengarry und Lochiel waren jetzt beide eines Sinnes.
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»Schlagen Sie los, Mylord,« sagte Lochiel mit seiner gewohnten Energie; »schlagen Sie unverzüglich los, wenn Sie auch nur Einer gegen Drei sind. Unsere Leute sind guten Muthes, sie fürchten weiter nichts, als daß der Feind entkommen möchte. Lassen Sie ihnen ihren Willen und sein Sie versichert, daß sie entweder umkommen, oder einen vollständigen Sieg erfechten werden. Wenn Sie sie aber zurückhalten, wenn Sie sie nöthigen in der Defensive zu verharren, so stehe ich für nichts. Wenn wir nicht kämpfen, so thäten wir besser, wir brächen auf und zögen uns in unsere Berge zurück.[102]« Dundee's Züge heiterten sich auf. »Sie hören es, Gentlemen,« sagte er zu seinen Offizieren; »Sie hören die Meinung eines Mannes, der den hochländischen Krieg besser versteht als irgend Einer von uns.« Keine Stimme erhob sich dagegen. Es wurde beschlossen zu kämpfen, und die verbündeten Clans rückten guten Muthes vorwärts dem Feinde entgegen. Der Feind hatte inzwischen den Engpaß erstiegen. Der Marsch bergauf war langwierig und mühsam gewesen; denn selbst die Fußsoldaten konnten nur zwei bis drei Mann hoch marschiren und die Bagagepferde, zwölfhundert an Zahl, mußten einzeln hintereinander gehen. Kein Wagen war jemals diesen steilen Pfad hinaufgezogen worden. Die Spitze der Colonne war bereits oben angelangt und befand sich auf dem Plateau, während die Nachhut noch in der Ebene war. Endlich war der Uebergang bewerkstelligt, und die Truppen befanden sich in einem Thale von nicht bedeutender Ausdehnung. Ermüdet von der Anstrengung des Morgens warfen sie sich ins Gras, um einige Ruhe und Erfrischung zu genießen. Früh am Nachmittag wurden sie durch den Alarmruf aufgeschreckt, daß die Hochländer sich näherten. Ein Regiment nach dem andren stand auf und ordnete sich. In einer kleinen Weile war der Gipfel einer Anhöhe, die etwa einen Büchsenschuß vor ihnen lag, mit schottischen Mützen und Plaids bedeckt. Dundee ritt in der Absicht vor, die Stärke der Streitmacht, mit der er es zu thun haben sollte, zu recognosciren, und stellte dann seine Leute mit so viel Geschick auf, als ihr eigenthümlicher Charakter ihm zu bethätigen gestattete. Es war wünschenswerth, die Clans getrennt zu halten. Jeder Stamm, ob groß oder klein, bildete eine Colonne, welche von der nächsten durch einen weiten Zwischenraum geschieden war. Das eine dieser Bataillone mochte siebenhundert Mann stark sein, während ein andres bloß aus hundertzwanzig Mann bestand.
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Lochiel hatte vorgestellt, daß es unmöglich sei, Männer von verschiedenen Stämmen zu vermischen, ohne Alles zu zerstören, was die eigenthümliche Stärke eines Hochlandsheeres bilde.[103] Auf der rechten Flanke, dicht am Garry standen die Macleans. Ihnen zunächst Cannon mit seinem irischen Fußvolke. Dann kamen die Macdonalds von Clanronald, von dem Vormunde ihres jungen Fürsten befehligt. Auf der Linken standen andere Schaaren von Macdonalds. An der Spitze eines starken Bataillons erhob sich die stattliche Figur Glengarry's, der die königliche Standarte König Jakob's VII. trug.[104] Noch weiter links stand die Reiterei, eine kleine Schwadron, bestehend aus einigen jakobitischen Gentlemen, die aus dem Niederlande ins Gebirge geflüchtet waren, und aus etwa vierzig von Dundee's alten Reitern. Jenseit derselben kam Lochiel mit seinen Camerons, und die äußerste Linke bildeten die Männer von Sky unter Anführung Macdonald's von Sleat.[105] In den Hochlanden wie in allen Ländern, wo der Krieg nicht zu einer Wissenschaft geworden ist, hielt man es für die wichtigste Pflicht eines Befehlshabers, das Beispiel persönlichen Muthes und körperlicher Anstrengung zu geben. Lochiel war besonders berühmt wegen seiner physischen Tapferkeit. Seine Clansleute erzählten mit Stolz, wie er feindliche Reihen selbst durchbrochen und riesenhafte Krieger niedergehauen habe. Er verdankte diesen Thaten vielleicht einen eben so großen Theil seines Einflusses wie den ausgezeichneten Eigenschaften, die ihn, hätte das Schicksal ihn in das englische Parlament oder an den französischen Hof versetzt, zu einem der hervorragendsten Männer seines Jahrhunderts gemacht haben würden. Er war jedoch verständig genug, um einzusehen, wie irrig die Meinung war, welche seine Landsleute gefaßt hatten. Er wußte, daß es nicht das Amt eines Generals war, Schläge auszutheilen und zu empfangen. Er wußte, wie schwer es Dundee geworden war, nur wenige Tage ein aus verschiedenen Clans bestehendes Heer zusammenzuhalten, und er wußte, daß das was einem Dundee Mühe gekostet hatte, einem Cameron geradezu unmöglich sein würde. Ein Leben, von dem so viel abhing, durfte nicht einem barbarischen Vorurtheile geopfert werden. Lochiel beschwor daher Dundee, sich nicht unnöthiger Gefahr auszusetzen. »Ew. Lordschaft Amt ist es,« sagte er, »Alles zu beaufsichtigen und Ihre Befehle zu ertheilen, und an uns ist es, diese Befehle auszuführen.« Dundee erwiederte mit ruhiger Hochherzigkeit, daß in den Worten seines Freundes Sir Ewan viel Wahres liege, daß aber kein General etwas Großes vollbringen könne, ohne das Vertrauen seiner Leute zu besitzen. »Ich muß mir den Ruf der persönlichen Tapferkeit erwerben.
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Ihre Leute erwarten ihre Anführer im dichtesten Kampfgewühl zu sehen, und heute sollen sie mich da sehen. Ich verspreche Ihnen jedoch bei meiner Ehre, daß ich in künftigen Gefechten mich mehr schonen werde.« Mittlerweile wurde auf beiden Seiten ein Kleingewehrfeuer unterhalten, von den regulären Soldaten aber geschickter und nachhaltiger als von den Gebirgsleuten. Der Raum zwischen den beiden Heeren war eine einzige Rauchwolke. Nicht wenige Hochländer fielen, und die Clans wurden ungeduldig. Die Sonne stand jedoch schon tief im Westen, als Dundee endlich den Befehl gab, sich kampffertig zu machen. Seine Leute erhoben ein großes Jubelgeschrei. Der Feind, wahrscheinlich erschöpft durch die Anstrengungen des Tages, antwortete mit einem nur schwachen und vereinzelten Hurrah. »Jetzt frisch ans Werk!« sagte Lochiel. »Das ist nicht der Ruf von Männern, die zum Siege gehen.« Er war durch alle seine Reihen gegangen, hatte an jeden Cameron einige Worte gerichtet, und jedem das Versprechen abgenommen, zu siegen oder zu sterben.[106] Es war sieben Uhr vorüber. Dundee gab das Losungswort. Die Hochländer ließen ihre Plaids fallen. Die Wenigen, die so luxuriös waren, rohe Socken von ungegerbter Haut zu tragen, warfen sie weg. Man erinnerte sich noch lange in Lochaber, daß Lochiel seine Schuhe, wahrscheinlich das einzige Paar in seinem Clan, auszog und barfuß an der Spitze seiner Leute kämpfte. Die ganze Linie rückte feuergebend vor. Der Feind erwiederte das Feuer mit guter Wirkung. Als nur noch ein kleiner Raum zwischen den beiden Heeren war, warfen die Hochländer plötzlich ihre Gewehre weg, zogen ihre Breitschwerter und stürzten mit einem furchtbaren Geschrei vorwärts. Die Niederländer machten sich bereit, den Angriff zurückzuweisen; doch dies war damals eine langwierige und schwerfällige Procedur, und die Soldaten hanthierten noch an den Mündungen ihrer Gewehre und an den Griffen ihrer Bajonette herum, als der ganze Strom der Macleans, Macdonalds und Camerons auf sie anstürmte. In zwei Minuten war die Schlacht verloren und gewonnen. Die Reihen von Balfour's Regiment öffneten sich. Er wurde niedergehauen, während er im Gedränge kämpfte. Ramsay's Leute machten kehrt und warfen die Waffen weg. Mackay's eignes Fußvolk wurde durch den wüthenden Angriff der Camerons auseinandergesprengt. Sein Bruder und sein Neffe bemühten sich vergebens, die Leute zu sammeln. Ersterer wurde durch einen Hieb mit einem Claymore todt zu Boden gestreckt. Der Andre arbeitete sich, mit acht Wunden bedeckt, durch das Getümmel und Blutvergießen bis an die Seite seines Oheims. Selbst in dieser äußersten Bedrängniß behielt Mackay seine ganze Geistesgegenwart.
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Er hatte noch eine Hoffnung. Ein Reiterangriff konnte das Kriegsglück wenden, denn vor Reitern fürchteten sich, wie man glaubte, selbst die tapfersten Hochländer. Doch er rief umsonst nach den Reitern. Belhaven benahm sich zwar als ein tapferer Gentleman; aber seine Reiter, über die Niederlage des Fußvolks erschrocken, sprengten in Verwirrung davon; Annandale's Leute folgten; Alles war vorüber und der wirre Strom von Rothröcken und Tartans wälzte sich das Thal hinunter in die Schlucht von Killiecrankie. Mackay, von einem treuen Diener begleitet, sprengte muthig durch das dichteste Gewühl der Claymores und Tartschen und erreichte einen Punkt, von wo er einen Ueberblick über das Schlachtfeld hatte. Seine ganze Armee war verschwunden, mit Ausnahme einiger Grenzer, welche Leven zusammengehalten hatte, und des Regiments Hastings, das ein mörderisches Feuer in die celtischen Reihen gesandt hatte und das noch in ungebrochener Ordnung Stand hielt. Die Leute welche gesammelt werden konnten, beliefen sich auf nur wenige Hunderte. Der General beeilte sich, sie über den Garry zu führen, und nachdem er diesen Fluß zwischen sie und den Feind gebracht hatte, machte er einen Augenblick Halt, um über seine Lage nachzudenken. Er konnte kaum begreifen, wie die Sieger so unklug sein konnten, ihm auch nur diesen Augenblick zur Ueberlegung zu lassen. Sie hätten mit Leichtigkeit seine ganze Mannschaft niederhauen oder gefangen nehmen können, bevor die Nacht einbrach. Aber die Energie der celtischen Krieger hatte sich in einem wüthenden Angriff und einem kurzen Kampfe erschöpft. Der Engpaß war von den zwölfhundert Lastthieren, welche die Lebensmittel und das Gepäck der besiegten Armee trugen, verstopft. Eine solche Beute war eine unwiderstehliche Versuchung für Leute, die ebensowohl durch das Verlangen nach Raub, wie durch das Verlangen nach Ruhm zum Kriege getrieben wurden. Es ist wahrscheinlich, daß sogar wenige Häuptlinge geneigt waren um König Jakob's willen eine so reiche Beute im Stich zu lassen. Dundee selbst würde in diesem Augenblicke nicht im Stande gewesen sein, seine Anhänger dazu zu bewegen, daß sie von den Beutehaufen abließen und das große Werk des Tages vollendeten, und Dundee war nicht mehr. Dundee's Tod. Beim Beginn des Gefechts hatte er seinen Platz vor der Fronte seiner kleinen Reiterschaar genommen. Er befahl ihr ihm zu folgen und ritt vorwärts. Doch es schien beschlossen zu sein, daß an diesem Tage die Schotten des Niederlandes in beiden Armeen sich in nachtheiligem Lichte zeigen sollten. Die Reiter zögerten.
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Dundee wendete sich um, erhob sich in den Steigbügeln und forderte sie seinen Hut schwenkend auf, herbeizukommen. Als er seinen Arm erhob, lüftete sich sein Harnisch und entblößte den unteren Theil seiner linken Seite. Eine Musketenkugel traf ihn, sein Pferd sprang vorwärts und stürzte sich in eine Wolke von Rauch und Staub, welche beiden Armeen den Fall des siegreichen Generals verbarg. Ein Mann, Namens Johnstone, war in seiner Nähe und fing ihn auf, als er aus dem Sattel herabsank. »Wie steht die Schlacht?« fragte Dundee. »Gut für König Jakob,« antwortete Johnstone, »aber ich bin besorgt um Ew. Lordschaft.« -- »Wenn die Schlacht gut für ihn steht,« erwiederte der Sterbende, »so ist an mir um so weniger gelegen.« Dies waren seine letzten Worte; als aber eine halbe Stunde darauf Lord Dunfermline und einige andere Freunde zur Stelle kamen, glaubten sie noch einige schwache Lebenszeichen zu erkennen. Der in zwei Plaids gehüllte Leichnam wurde nach Blair Castle gebracht.[107] Mackay's Rückzug. Mackay, der von Dundee's Schicksal nichts wußte, wohl aber Dundee's Geschicklichkeit und Thätigkeit kannte, erwartete augenblicklich und heftig verfolgt zu werden, und machte sich wenig Hoffnung, auch nur die spärlichen Ueberreste der besiegten Armee retten zu können. Durch den Engpaß konnte er sich nicht zurückziehen, denn die Hochländer waren bereits dort. Er beschloß daher, über die Berge in das Thal des Tay vorzudringen. Er holte bald einige Hundert seiner Ausreißer ein, welche dieselbe Richtung eingeschlagen hatten. Die meisten von ihnen gehörten zu Ramsay's Regiment und mußten gediente Soldaten sein. Aber sie waren ohne Waffen, durch die erlittene Niederlage demoralisirt, und der General konnte bei ihnen keinen Ueberrest von militärischer Disciplin ober kriegerischem Muthe entdecken. Seine Lage war von der Art, daß sie auch den Stärksten auf eine harte Probe stellen mußte. Die Nacht war hereingebrochen; er befand sich ohne Führer in einer Wüste; ein siegreicher Feind war ihm aller Wahrscheinlichkeit nach auf den Fersen, und er hatte für die Sicherheit eines Haufens von Menschen zu sorgen, welche Kopf und Herz verloren hatten. Er hatte eben die schmerzlichste und demüthigendste Niederlage erlitten. Seine Privatgefühle waren nicht weniger tief verwundet worden als seine Berufsgefühle. Ein theurer Verwandter war eben vor seinen Augen todt niedergestreckt worden. Ein andrer bewegte sich, aus vielen Wunden blutend, nur noch schwach neben ihm. Doch der Muth des unglücklichen Generals wurde durch einen festen Glauben an Gott und durch ein hohes Pflichtgefühl für den Staat aufrechterhalten.
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Bei all' seinem Elend und Mißgeschick trug er das Haupt noch stolz erhoben und fand Muth nicht allein für sich, sondern für Alle die ihn umgaben. Seine erste Sorge war, des Weges gewiß zu sein. Ein einsames Licht, das durch die Dunkelheit schimmerte, führte ihn zu einer kleinen Hütte. Die Bewohner sprachen nur gälisch, und waren anfangs durch das Erscheinen von Uniformen und Waffen geängstigt. Doch Mackay's Leutseligkeit zerstreute ihre Besorgniß. Ihre Sprache war ihm in der Jugend geläufig gewesen, und er hatte genug davon behalten, um sich mit ihnen verständigen zu können. Nach ihren Anweisungen und mit Hülfe einer Taschenkarte, auf welcher die Straßen jenes wilden Landes oberflächlich angegeben waren, gelang es ihm sich zurecht zu finden. Er marschirte die ganze Nacht. Als der Tag anbrach, war seine Aufgabe schwieriger als je. Hasting's und Leven's Leute benahmen sich zwar noch wie Soldaten. Aber die Ramsay'schen Ausreißer waren ein bloßer Pöbelhaufen. Sie hatten ihre Musketen weggeworfen, und die Breitschwerter, vor denen sie geflohen waren, blitzten beständig vor ihren Augen. Jeder neue Gegenstand jagte ihnen einen neuen Schrecken ein. Ein Häuflein Hirten in Plaids, welche ihr Vieh trieben, wurde durch die Einbildungskraft zu einem Heere celtischer Krieger vergrößert. Einige der Ausreißer verließen das Hauptcorps und entflohen ins Gebirge, wo ihre Feigheit die verdiente Strafe fand. Sie wurden um ihrer Röcke und Schuhe willen erschlagen, und ihre nackten Leichname den Adlern von Ben Lawers preisgegeben. Die Desertion würde noch viel ärger gewesen sein, hätten nicht Mackay und seine Offiziere mit dem Pistol in der Hand jeden Mann niederzuschießen gedroht, den sie bei dem Versuche sich fortzustehlen betreffen würden. Endlich kamen die ermüdeten Flüchtlinge vor Weems Castle an. Der Besitzer des Schlosses war ein Freund der neuen Regierung und er erwies ihnen soviel Gastfreundschaft als in seinen Kräften stand. Sein Vorrath von Hafermehl wurde herbeigebracht, es wurden einige Rinder geschlachtet und den zahlreichen Gästen eine eilig zubereitete kunstlose Mahlzeit vorgesetzt. So gestärkt brachen sie wieder auf und marschirten den ganzen Tag über Sumpf, Moor und Berg. So dünn bevölkert die Gegend auch war, konnten sie doch deutlich sehen, daß die Nachricht von ihrem Mißgeschick sich schon weit verbreitet hatte und daß die Bevölkerung allenthalben in großer Aufregung war.
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Spät in der Nacht erreichten sie das Schloß Drummond, das durch eine kleine Besatzung für König Wilhelm vertheidigt wurde, und am folgenden Tage marschirten sie unter geringeren Beschwerden weiter nach Stirling.[108] Eindruck der Schlacht von Killiecrankie. Das Gerücht von ihrer Niederlage war ihnen vorausgeeilt. Ganz Schottland war in Gährung. Der Schlag war allerdings hart, aber er wurde durch die hochfliegenden Hoffnungen der einen und durch die maßlosen Befürchtungen der andren Partei übertrieben. Man glaubte anfangs, daß die ganze Armee König Wilhelm's umgekommen, daß Mackay selbst gefallen, daß Dundee an der Spitze eines siegberauschten und beutegierigen zahlreichen Barbarenheeres bereits vom Gebirge herabgekommen, daß er Herr des ganzen Landes jenseits des Forth, daß Fife aufgestanden sei, um sich ihm anzuschließen, daß er in drei Tagen in Stirling und in acht Tagen in Holyrood sein werde. Es wurden Booten ausgesandt, um ein in Northumberland liegendes Regiment aufzufordern, eiligst über die Grenze zu rücken. Andere Boten brachten das dringende Gesuch an Seine Majestät nach London, sofort alle entbehrlichen Soldaten zu schicken und am liebsten selbst mitzukommen, um sein nordisches Reich zu retten. Vertagung des schottischen Parlaments. Die Factionen im Parlamentshause vergaßen in ihrem Schrecken über die gemeinsame Gefahr allen Streit. Die Anhänger des Hofes wie die Mißvergnügten beschworen einstimmig den Lordstatthalter, die Session zu schließen und sie von einem Orte zu entlassen, wo ihre Berathungen bald durch die Gebirgsbewohner unterbrochen werden könnten. Es wurde ernstlich in Erwägung gezogen, ob es nicht rathsam sei, Edinburg aufzugeben, die im Schlosse und im Tolbooth befindlichen zahlreichen Staatsgefangenen auf ein vor Leith liegendes Kriegsschiff zu bringen und den Sitz der Regierung nach Glasgow zu verlegen. Der Nachricht von Dundee's Sieg folgte aller Orten sehr bald die Nachricht von seinem Tode, und es ist ein schlagender Beweis für den Umfang und das Maß seiner Fähigkeiten, daß sein Tod überall als ein Ereigniß betrachtet wurde, das seinen Sieg vollständig aufwog. Ehe Hamilton die Stände vertagte, theilte er ihnen mit, daß er gute Nachrichten für sie habe, daß Dundee wirklich todt sei und daß daher die Rebellen im Grunde eine Niederlage erlitten hätten. In verschiedenen Briefen, welche damals von einsichtsvollen und erfahrenen Staatsmännern geschrieben wurden, spricht sich eine gleiche Ansicht aus. Dem Boten, der mit der Nachricht von der Schlacht an den englischen Hof eilte, folgte ein andrer auf dem Fuße, der eine Depesche für den König brachte und, da er Se. Majestät im St.
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Jamespalaste nicht anwesend fand, nach Hampton Court sprengte. Niemand in der Hauptstadt wagte es das Siegel zu erbrechen; glücklicherweise aber hatte eine befreundete Hand, nachdem der Brief verschlossen war, auf die Außenseite desselben die tröstenden Worte geschrieben: »Dundee ist gefallen, Mackay ist in Stirling angelangt,« und diese Worte beruhigten die Gemüther der Londoner.[109] Aus dem Engpasse von Killiecrankie hatten sich die Hochländer, stolz auf ihren Sieg und mit Beute beladen, nach dem Schlosse Blair zurückgezogen. Sie rühmten sich, daß das Schlachtfeld mit Haufen gefallener sächsischer Soldaten bedeckt sei, und daß das Aussehen der Leichname deutlich beweise, was ein gutes gälisches Breitschwert in einer guten gälischen Hand auszurichten vermöge. Man habe Köpfe gefunden, welche bis an den Hals gespalten, und Hirnschädel, welche dicht über den Ohren glatt abgehauen gewesen seien. Indessen hatten auch die Sieger ihren Sieg theuer erkauft. Auf ihrem Marsche waren sie durch das Feuer des Feindes sehr beunruhigt worden, und selbst nach dem entscheidenden Angriffe hatten Hastings' Engländer und ein Theil von Leven's Grenzern noch immer ein wohlgenährtes Feuer unterhalten. Hundertzwanzig Camerons waren getödtet worden; der Verlust der Macdonalds war noch bedeutender und mehrere vornehme und angesehene Gentlemen waren geblieben.[110] Dundee ward in der Kirche von Blair Athol beigesetzt, aber kein Denkmal über seiner Gruft errichtet, und die Kirche selbst existirt schon lange nicht mehr. Ein roher Stein auf dem Schlachtfelde bezeichnet, wenn anders man der lokalen Ueberlieferung glauben darf, die Stelle wo er fiel.[111] In den letzten drei Monaten seines Lebens hatte er sich als ein großer Feldherr und Staatsmann gezeigt, und sein Name wird daher von der zahlreichen Klasse von Leuten, welche der Ansicht sind, daß es kein auch noch so großes Maß von Schlechtigkeit giebt, welches durch Muth und Talent nicht aufgewogen werden könnte, mit Achtung genannt. Es ist merkwürdig, daß die beiden bedeutendsten Schlachten, welche vielleicht jemals irreguläre Truppen über reguläre gewannen: die Schlacht von Killiecrankie und die Schlacht von Newton Butler, in einer und der nämlichen Woche stattfanden. In beiden Schlachten war der Sieg der irregulären Truppen ungemein rasch und vollständig. In beiden Schlachten war der panische Schrecken der regulären Truppen, trotz des glänzenden Beispiels von Muth, das ihre Generäle gaben, ganz besonders schimpflich. Auch ist zu bemerken, daß der eine dieser beiden außerordentlichen Siege von Celten über Sachsen, der andre von Sachsen über Celten erfochten wurde.
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Allerdings ist der Sieg von Killiecrankie, obgleich er weder glänzender noch wichtiger war als der von Newton Butler, in viel weiteren Kreisen berühmt, und der Grund davon liegt auf der Hand. In Schottland sind die Angelsachsen und die Celten ausgesöhnt worden, in Irland sind sie nie ausgesöhnt worden. In Schottland werden alle Großthaten beider Racen ohne Unterschied zusammengeworfen und werden als den Ruhm des ganzen Landes bildend betrachtet. Die alte Antipathie ist so vollkommen verschwunden, daß es etwas ganz Gewöhnliches ist, einen Bewohner des Niederlandes mit Selbstgefälligkeit und sogar mit Stolz von der demüthigendsten Niederlage sprechen zu hören, die seine Vorfahren je erlitten. Es dürfte schwer sein, einen berühmten Mann zu nennen, bei welchem das Nationalgefühl und das Clansgefühl stärker gewesen waren als bei Sir Walter Scott. Wenn jedoch Sir Walter Scott Killiecrankie erwähnte, schien er gänzlich zu vergessen, daß er ein Sachse, daß er von demselben Blute war und die nämliche Sprache sprach wie Ramsay's Fußvolk und Annandale's Reiter. Sein Herz schwoll von Siegesstolz, wenn er erzählte, wie seine Stammverwandten gleich Hasen vor einer geringen Anzahl Krieger eines andren Stammes und einer andren Zunge die Flucht ergriffen hatten. In Irland ist die Fehde heute noch nicht getilgt. Der von einer Minderzahl in höhnender Weise wiederholte Name Newton Butler ist der großen Mehrheit der Bevölkerung verhaßt. Wenn man ein Denkmal auf dem Schlachtfelde errichtete, würde es wahrscheinlich verstümmelt werden; wenn man in Cork oder Waterford den Jahrestag der Schlacht feiern wollte, so würde die Feier wahrscheinlich gewaltsam gestört werden. Der berühmteste irische Dichter unsrer Zeit würde es als einen Verrath an seinem Vaterlande betrachtet haben, das Lob der Sieger zu singen. Einer der gelehrtesten und eifrigsten irischen Alterthumsforscher unsrer Zeit hat, allerdings nicht mit besonderem Glück, zu beweisen versucht, daß der Ausgang der Schlacht durch einen reinen Zufall entschieden worden sei, aus welchem kein Ruhm für die Engländer hervorgehen könne. Wir dürfen uns nicht wundern, daß der Sieg der Hochländer mehr gefeiert wird als der Sieg der Enniskillener, wenn wir bedenken, daß der Sieg der Hochländer ein Gegenstand des Ruhmes für ganz Schottland, der Sieg der Irländer aber ein Gegenstand der Schmach für drei Viertheile von Irland ist. So weit die großen Interessen des Staats dabei in Betracht kamen, war es ganz gleichgültig, ob die Schlacht von Killiecrankie gewonnen oder verloren wurde.
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Es ist sehr unwahrscheinlich, daß selbst Dundee, wenn er den glorreichsten Tag seiner Laufbahn überlebt hätte, die Schwierigkeiten überwunden haben würde, welche aus dem eigenthümlichen Character seiner Armee entsprangen und die sich verzehnfacht haben würden, sobald der Krieg auf das Niederland übertragen worden wäre. Die hochländische Armee verstärkt. Gewiß ist jedoch, daß sein Nachfolger der Aufgabe durchaus nicht gewachsen war. Einige Tage lang konnte sich der neue General zwar mit der Hoffnung schmeicheln, daß Alles gut gehen werde, denn seine Armee hatte sich rasch um fast die doppelte Anzahl Claymores verstärkt, welche Dundee befehligt. Die Stewarts von Appin, welche, obgleich voll Eifers, nicht zur rechten Zeit hatten eintreffen können, um an der Schlacht Theil zu nehmen, waren unter den Ersten, die jetzt ankamen. Mehrere Clans, welche bisher gewartet hatten, um erst zu sehen, welcher Theil der stärkere sein würde, wünschten jetzt sehnlichst unter dem Banner König Jakob's VII. ins Niederland hinab zu ziehen. Die Grants hielten zwar treu zu Wilhelm und Marien und die Mackintosh's blieben wegen ihrer unüberwindlichen Abneigung gegen die Keppochs neutral. Aber Macphersons, Farquharsons und Frasers kamen massenhaft ins Lager bei Blair. Jetzt war die Unschlüssigkeit der Männer von Athol zu Ende. Viele von ihnen hatten während des Kampfes hinter den Felsen und Birken der Killiecrankieschlucht auf der Lauer gelegen und kamen, sobald der Ausgang der Schlacht entschieden war, aus ihren Schlupfwinkeln hervor, um die Flüchtlinge, welche durch den Engpaß zu entkommen versuchten, auszuplündern und niederzumachen. Die Robertsons, ein gälischer Stamm, obgleich er einen sächsischen Namen führte, erklärten damals ihren Beitritt zur Sache des verbannten Königs. Ihr Häuptling Alexander, der sich nach seiner Herrschaft Struan nannte, war ein noch sehr junger Mann und Student auf der St. Andreas Universität. Dort hatte er sich eine oberflächliche wissenschaftliche Bildung angeeignet, war aber desto tiefer in die Torypolitik eingeweiht worden. Jetzt schloß er sich der hochländischen Armee an und blieb während seines langen Lebens der jakobitischen Sache unwandelbar treu. Er spielte jedoch eine so unbedeutende Rolle bei den öffentlichen Angelegenheiten, daß sein Name jetzt vergessen sein würde, hätte er nicht einen Band durchgehends abgeschmackter und oft höchst unsittlicher Gedichte hinterlassen. Wäre dieses Buch in Grub Street fabricirt worden, so würde es in der »Dunciade« kaum mit einer Viertelzeile beehrt worden sein.
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Wegen der Stellung seines Autors aber machte es einiges Aufsehen, denn vor hundertzwanzig Jahren war eine Ekloge oder ein Schmähgedicht aus der Feder eines hochländischen Häuptlings ein literarisches Wunder.[112] Obgleich indessen die numerische Stärke von Cannon's Truppen zunahm, verminderte sich dennoch ihre Wirksamkeit. Jeder neue Stamm, der im Lager ankam, brachte eine neue Ursache zu Zwietracht mit. In der Stunde der Gefahr fügen sich oftmals die übermüthigsten und widerspenstigsten Köpfe der Leitung eines überlegenen Genies. Die celtischen Häuptlinge aber hatten selbst in der Stunde der Gefahr und selbst dem Genie Dundee's nur einen sehr prekären und unvollkommenen Gehorsam zugestanden. Sie zu zügeln, wenn sie vom Kriegsglück berauscht waren und sich auf ihre Stärke verlassen zu können glaubten, würde wahrscheinlich auch für Dundee eine eben so schwere Aufgabe gewesen sein, als sie es unter der vorhergehenden Generation für Montrose gewesen war. Der neue General war fortwährend unschlüssig und machte nichts als Fehler. Eine seiner ersten Maßregeln war, daß er ein starkes Truppencorps, hauptsächlich aus Robertsons bestehend, ins Niederland schickte, um Lebensmittel herbeizuschaffen. Er glaubte wahrscheinlich, daß dieses Detachement ohne Schwierigkeit Perth besetzen werde. Aber Mackay hatte die Ueberreste seiner Armee schon wieder geordnet, hatte außerdem einige Truppen an sich gezogen, welche die Schmach der kürzlichen Niederlage nicht getheilt, und war wieder kampfgerüstet. So schmerzlich er auch den erlittenen Schlag empfunden, hatte er doch mit weiser Großmuth beschlossen, das Vergangene nicht zu bestrafen. Es war nicht leicht, die verschiedenen Grade der Schuld zu unterscheiden, und die Schuldigen zu decimiren wäre eine grausame Schlächterei gewesen. In Folge seiner gewohnten Frömmigkeit erblickte er in dem beispiellosen Schrecken, der sich seiner Soldaten bemächtigt hatte, auch weniger einen Beweis von Feigheit ihrerseits, als vielmehr von göttlichem Unwillen. Mit heroischer Demuth erkannte er an, daß die außerordentliche Festigkeit, die er selbst inmitten der Verwirrung und des Gemetzels an den Tag gelegt, nicht sein Verdienst sei und daß er sich ohne den Beistand einer höheren Macht wohl eben so kleinmüthig benommen haben würde wie irgend einer der feigen Ausreißer, die ihre Waffen fortgeworfen und die barbarischen Marodeurs von Athol vergebens um Pardon angefleht hatten. Sein Gottvertrauen hielt ihn jedoch nicht ab, so weit es in menschlichen Kräften stand, sein Möglichstes zu thun, um der Wiederholung eines Unglücks, wie er es eben erfahren, vorzubeugen. Die unmittelbare Ursache seiner Niederlage war die Schwierigkeit des Bajonnetaufsteckens gewesen.
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Das Feuergewehr des Hochländers war streng gesondert von der Waffe, deren er sich im Handgemenge bediente. Er feuerte seinen Schuß ab, warf sein Gewehr weg und hieb mit seinem Schwerte ein. Dies war das Werk eines Augenblicks. Dem regulären Infanteristen kostete es zwei bis drei Minuten Zeit, ehe er sein Schießgewehr in eine Waffe verwandelte, mit der er einen Feind Mann gegen Mann bekämpfen konnte, und diese wenigen Minuten hatten den Ausgang der Schlacht von Killiecrankie entschieden. Mackay ließ daher alle seine Bajonnette so einrichten, daß sie auf den Lauf gesteckt werden konnten, ohne die Mündung zu verschließen, und daß seine Leute unmittelbar nachdem sie gefeuert, einem Angriff begegnen konnten.[113] Gefecht bei St. Johnston's. Sobald er erfuhr, daß ein Detachement gegen Perth anrückte, eilte er demselben an der Spitze einer Dragonerabtheilung entgegen, welche noch nicht im Feuer gewesen und deren Kraft daher noch ungeschwächt war. Mittwoch den 31. Juli, nur vier Tage nach seiner Niederlage, traf er unweit St. Johnston's mit den Robertsons zusammen, griff sie an, schlug sie, tödtete Hundertzwanzig von ihnen und nahm Dreißig gefangen, dies Alles mit Verlust eines einzigen Soldaten.[114] Dieses Scharmützel machte einen Eindruck, der in keinem Verhältniß zu der Zahl der Kämpfenden wie der Gefallenen stand. Das Ansehen der celtischen Waffen sank fast eben so rasch als es gestiegen war. Noch vor wenigen Tagen hatte man überall geglaubt, daß diese Waffen unüberwindlich seien. Jetzt trat eine Reaction ein. Man erkannte, daß der Vorfall bei Killiecrankie eine Ausnahme von den gewöhnlichen Regeln und daß die Hochländer, wenn nicht ganz besondere Umstände obwalteten, guten regulären Soldaten nicht gewachsen seien. Unordnung in der hochländischen Armee. Inzwischen nahm die Unordnung in Cameron's Lager mehr und mehr zu. Er berief einen Kriegsrath zusammen, um zu erwägen, was zu thun sei. Sobald aber der Kriegsrath versammelt war; wurde eine Vorfrage aufgeworfen. Wer war dazu berechtigt, consultirt zu werden? Die Armee war fast ausschließlich eine hochländische. Der neuerliche Sieg war ausschließlich durch hochländische Krieger erfochten worden. Mächtige Häuptlinge, welche sechs- bis siebenhundert kampffähige Männer ins Feld gestellt hatten, hielten es nicht für recht und billig, daß sie durch Gentlemen aus Irland und dem Niederlande überstimmt werden sollten, welche zwar in König Jakob's Diensten standen und Obersten und Hauptleute genannt wurden, aber Obersten ohne Regimenter und Hauptleute ohne Compagnien waren.
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Lochiel sprach energisch im Interesse der Klasse, der er angehörte; Cannon aber beschloß, daß die Stimmen der sächsischen Offiziere mitgezählt werden sollten.[115] Es wurde nun zunächst in Erwägung gezogen, welcher Feldzugsplan zu befolgen sei. Lochiel war dafür, vorzurücken, Mackay entgegen zu marschiren, wo er auch sein möge, und abermals eine Schlacht zu liefern. Es ist kaum anzunehmen, daß das Glück dem klugen Häuptling der Camerons den Kopf dergestalt verrückt haben sollte, daß er die Gefährlichkeit des Verfahrens nicht erkannte, zu dem er gerathen. Aber er sah wahrscheinlich ein, daß ihm nur die Wahl zwischen verschiedenen Gefahren blieb. Er war der Meinung, daß energisches Handeln für das Bestehen einer Hochländerarmee überhaupt nothwendig sei und daß die Coalition der Clans nur so lange dauern werde, als sie hastig von Schlachtfeld zu Schlachtfeld eilten. Er wurde abermals überstimmt. Alle seine Siegeshoffnungen waren nun zertrümmert. Sein Stolz fühlte sich tief gekränkt. Er hatte sich dem Uebergewicht eines großen Feldherrn gefügt, aber an einem königlichen Patent lag ihm so wenig wie irgend einem Whig. Er hatte sich bereit finden lassen, die rechte Hand Dundee's zu sein, von einem Cannon aber wollte er sich nicht befehlen lassen. Er verließ das Lager und zog sich nach Lochaber zurück. Seinem Clan befahl er zwar zu bleiben, aber der Clan, des angebeteten Führers beraubt und wohl wissend, daß er sich in unmuthiger Stimmung entfernt hatte, war nicht mehr die furchtbare Colonne, welche das Gelübde, zu sterben oder zu siegen, vor einigen Tagen so gut gehalten hatte. Macdonald von Sleat, dessen Streitkräfte der Zahl nach die jedes andren der verbündeten Häuptlinge übertrafen, folgte Lochiel's Beispiel und kehrte nach Sky zurück.[116] Mackay's Rath wird von den schottischen Ministern nicht beachtet. Mackay hatte inzwischen seine Anordnungen vollendet und er hegte wenig Zweifel, daß, wenn die Rebellen ihn angreifen sollten, die reguläre Armee ihre bei Killiecrankie verlorne Ehre wiedergewinnen würde. Seine Hauptschwierigkeiten entsprangen aus der unklugen Einmischung der Minister der Krone zu Edinburg in Dinge, welche seiner alleinigen Leitung hätten überlassen bleiben sollen. Die Sache war die, daß sie nach der gewöhnlichen Art solcher Leute, welche ohne militärische Erfahrung über militärische Operationen urtheilen, den Erfolg als einzigen Prüfstein für die Tüchtigkeit eines Oberbefehlshabers betrachteten. Wer eine Schlacht gewinnt, ist in den Augen dieser Leute ein großer General, wer geschlagen wird, ist ein schlechter General, und nie war ein General vollständiger geschlagen worden als Mackay.
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Wilhelm dagegen schenkte seinem unglücklichen Leutnant nach wie vor das vollkommenste Vertrauen. Auf die Verunglimpfungen der Kritiker, welche nie ein Gefecht gesehen hatten, erwiederte Portland auf Befehl seines Gebieters, daß Mackay volles Vertrauen verdiene, daß er tapfer sei, daß er den Krieg besser verstehe als irgend ein andrer Offizier in Schottland und daß es sehr zu bedauern sei, wenn man gegen einen so guten Menschen und einen so guten Soldaten ein Vorurtheil hege.[117] Die Camerons werden nach Dunkeld verlegt. Die ungerechte Geringschätzung, mit der die schottischen Staatsräthe Mackay betrachteten, verleitete sie zu einem großen Fehler, der leicht ein großes Unglück hätte nach sich ziehen können. Das Cameron'sche Regiment wurde nach Dunkeld in Garnison gelegt. Diese Maßregel mißbilligte Mackay entschieden. Er wußte, daß diese Truppen in Dunkeld dem Feinde nahe, daß sie von jedem Beistande entfernt, daß sie in einer offenen Stadt und von einer feindlichen Bevölkerung umgeben sein würden, daß sie, obgleich unzweifelhaft tapfer und voll Eifers, doch sehr unvollkommen disciplinirt waren, daß sie von der ganzen jakobitischen Partei in Schottland mit besonderem Mißfallen betrachtet wurden und daß aller Wahrscheinlichkeit nach große Anstrengungen gemacht werden würden, sie zu beschimpfen und zu vernichten.[118] Die Ansicht des Generals wurde nicht beachtet und die Camerons besetzten den ihnen angewiesenen Posten. Es zeigte sich bald, daß seine Ahnungen gegründet waren. Die Bewohner der Umgegend von Dunkeld versahen Cannon mit Kundschaft und drangen in ihn einen kühnen Schlag zu versuchen. Das beutelustige Landvolk von Athol schloß sich in großer Anzahl seiner Armee an. Das Regiment erwartete stündlich angegriffen zu werden, und wurde mißmuthig und unruhig. Die Mannschaften, welche von Natur sowohl wie aus Enthusiasmus unerschrocken, aber noch nicht an militärische Subordination gewöhnt waren, beschwerten sich über Cleland, der sie befehligte. Sie glaubten rücksichtslos, wenn nicht arglistigerweise einem sicheren Untergange entgegengeschickt worden zu sein. Sie seien, meinten sie, durch keine Wälle geschützt, hätten nur geringen Munitionsvorrath und seien von Feinden umgeben. Ein Offizier könne aufsitzen und in einer Stunde außer dem Bereiche der Gefahr sein; der gemeine Soldat aber müsse bleiben und sich niedermachen lassen. »Weder ich,« sagte Cleland, »noch irgend ein andrer meiner Offiziere wird Euch verlassen, was auch geschehen möge. Führt mein Pferd vor, führt alle unsere Pferde vor, sie sollen todtgeschossen werden.« Diese Worte bewirkten eine vollständige Sinnesänderung.
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Die Mannschaften erwiederten darauf, daß die Pferde nicht todtgeschossen werden sollten, daß das Wort ihres tapferen Obersten die beste Bürgschaft für sie sei und daß sie mit ihm das Aeußerste wagen würden. Sie hielten ihr Versprechen treulich. Das puritanische Blut war jetzt gründlich aufgeregt, und was dieses Blut vermochte, wenn es aufgeregt war, hatte es auf vielen Schlachtfeldern bewiesen. Die Hochländer greifen das Regiment Cameron an. Das Regiment blieb diese Nacht unter den Waffen, und am Morgen des folgenden Tages, des 21. August, wimmelte es auf allen Anhöhen um Dunkeld von schottischen Mützen und Plaids. Cannon's Armee war viel stärker als die, welche Dundee befehligt hatte. Mehr als tausend Bagagepferde begleiteten ihn auf dem Marsche. Die Pferde sowohl, wie das Gepäck, welches sie trugen, waren wahrscheinlich ein Theil der Kriegsbeute von Killiecrankie. Die Gesammtmacht der Hochländer wurde von Augenzeugen auf vier bis fünftausend Mann geschätzt. Sie kamen wüthend herangestürmt, warfen die Vorposten des Cameron'schen Regiments zurück und drangen von allen Seiten in die Straßen. Die Kirche hielt sich jedoch hartnäckig. Der größere Theil des Regiments aber stand hinter einer Mauer, welche ein dem Marquis von Athol gehörendes Haus umgab. Diese Mauer, welche einige Tage zuvor mit Holz und losen Steinen eiligst ausgebessert worden war, vertheidigten die Soldaten tapfer mit Muskete, Pike und Hellebarde. Ihr Kugelvorrath war bald erschöpft, aber einige von der Mannschaft mußten das Blei vom Dache des Hauses des Marquis losschneiden und es zu Geschossen formen. Mittlerweile wurden alle benachbarten Häuser von oben bis unten mit Hochländern besetzt, welche aus den Fenstern ein wirksames Feuer unterhielten. Cleland wurde getödtet, während er seine Leute anfeuerte, und Major Henderson übernahm das Commando. In der nächsten Minute fiel auch Henderson, von drei Kugeln getroffen. Hauptmann Munro trat an seine Stelle und der Kampf ward mit unverminderter Wuth fortgesetzt. Eine Abtheilung des Cameron'schen Regiments machte einen Ausfall, steckte die Häuser, aus denen die verderblichen Schüsse kamen, in Brand und verschloß die Thüren. In einem einzigen Hause verbrannten sechzehn Mann lebendig. Theilnehmer an dem Gefecht schilderten es als eine furchtbare Feuertaufe für Rekruten. Die halbe Stadt stand in Flammen und mit dem unaufhörlichen Knattern der Schüsse vermischte sich das durchdringende Geschrei der Unglücklichen, welche im Feuer umkamen. Der Kampf dauerte vier Stunden. Das Cameron'sche Regiment war jetzt fast bis auf das letzte Pulverhorn reducirt, aber der Muth der Leute wankte nicht. »Der Feind wird bald die Mauer erstürmen. Es sei.
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Wir werden uns dann in das Haus zurückziehen, es bis aufs Aeußerste vertheidigen und, wenn sie hereindringen sollten, es über ihren und unseren Köpfen anzünden.« Während sie jedoch mit diesen verzweifelten Plänen umgingen, bemerkten sie, daß die Heftigkeit des Angriffs nachließ. Die Hochländer begannen bald zurückzuweichen, es verbreitete sich sichtbare Unordnung unter ihnen und ganze Schaaren marschirten dem Gebirge zu. Umsonst befahl ihnen ihr General zum Angriff zurückzukehren; Beharrlichkeit gehörte nicht zu ihren militärischen Tugenden. Die Camerons luden inzwischen Amalek und Moab mit herausforderndem Geschrei ein zurückzukommen und noch einmal gegen das auserwählte Volk ihr Heil zu versuchen. Aber diese Aufforderungen hatten ebenso wenig Erfolg wie die Cannon's. In kurzer Zeit war die ganze gälische Armee in vollem Rückzuge gegen Blair. Jetzt wirbelten die Trommeln, die siegreichen Puritaner warfen ihre Mützen in die Luft, stimmten aus einem Munde einen Psalm des Triumphes und des Dankes an und schwenkten ihre Fahnen, welche an diesem Tage zum ersten Male angesichts eines Feindes entrollt wurden, die aber seitdem stolz nach allen Welttheilen getragen worden und die jetzt mit einer Sphinx und einem Drachen, den Emblemen der in Egypten und China vollbrachten Heldenthaten, geschmückt sind.[119] Auflösung der hochländischen Armee. Das Cameron'sche Regiment hatte guten Grund, erfreut und dankbar zu sein, denn es hatte dem Kriege ein Ende gemacht. Im Lager der Rebellen herrschte nichts als Uneinigkeit und Entmuthigung. Die Hochländer tadelten Cannon, Cannon tadelte die Hochländer, und das Heer, welches der Schrecken Schottland's gewesen war, ging rasch seiner Auflösung entgegen. Die verbündeten Häuptlinge unterzeichneten einen gemeinschaftlichen Vertrag, durch den sie sich für treue Unterthanen König Jakob's erklärten und sich verpflichteten, später wieder zusammenzutreten. Nachdem sie diese Formalität -- denn weiter war es nichts -- beobachtet hatten, begab sich jeder in seine Heimath. Cannon kehrte mit seinen Irländern auf die Insel Mull zurück, und die Niederländer,[120] welche Dundee ins Gebirge begleitet hatten, sorgten für sich so gut sie konnten. Am 24. August, gerade vier Wochen nachdem die gälische Armee die Schlacht von Killiecrankie gewonnen, hatte diese Armee aufgehört zu existiren. Sie hatte aufgehört zu existiren wie die Armee Montrose's über vierzig Jahre früher aufhörte zu existiren, nicht in Folge eines vernichtenden Schlages von Außen, sondern durch eine natürliche Auflösung, das Resultat innerer Mißbildung. Die Besiegten ernteten alle Früchte des Sieges.
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Das Schloß Blair, welches das unmittelbare Streitobject gewesen war, öffnete Mackay seine Thore, und eine Kette von Militärposten, die sich nördlich bis Inverneß erstreckte, schützte die Landleute in der Ebene gegen die räuberischen Einfälle der Gebirgsbewohner. Intriguen des Clubs, Zustand des Niederlandes. Während des Herbstes machten die Whigs des Niederlandes der Regierung viel mehr zu schaffen, als die Jakobiten des Hochlandes. Der Club, der zur Zeit der letzten Parlamentssession das Land in eine oligarchische Republik zu verwandeln versucht und die Stände dazu vermocht hatte, Geldzuschüsse zu verweigern und die Justizverwaltung zu sistiren, hielt auch während der Suspension des Parlaments nach wie vor seine Sitzungen und peinigte die Minister der Krone durch systematische Agitation. So verächtlich die Organisation dieses Vereins der Generation erscheinen mag, welche die römischkatholische Association und die Ligue gegen die Korngesetze gesehen hat, damals galt sie für ausgezeichnet und furchtbar. Die Häupter der Verbindung rühmten sich laut, daß sie den König zwingen würden, ihnen gerecht zu werden. Sie brachten Petitionen und Adressen zu Stande, suchten mit Hülfe der Presse und der Kanzel die Waffen aufzuregen, bearbeiteten die Soldaten durch Emissäre und sprachen davon, ein starkes Heer Covenanters aus dem Westen herbeizuziehen, um den Geheimen Rath einzuschüchtern. Trotz aller Kunstgriffe aber legte sich die Gährung des Volks allmälig. Nach kurzem Zaudern wagte es die Regierung, die von den Ständen geschlossenen Gerichtshöfe wieder zu öffnen, die vom König ernannten Sessionslords nahmen ihre Plätze ein, und Sir Jakob Dalrymple präsidirte. Der Club bemühte sich nun, die Advokaten von der Barre zurückzuhalten und hegte einige Hoffnung, daß der Pöbel die Richter von der Bank verjagen werde. Allein es zeigte sich sehr bald deutlich, daß eher Mangel an Gebühren als an Anwälten, um dieselben einzustreichen, zu erwarten stand; das Volk sah sehr gern wieder ein Tribunal fungiren, das in seinen Augen ein nothwendiges Attribut des Ansehens und Gedeihens seiner Stadt war, und aus vielen Anzeichen ließ sich erkennen, daß die falsche und habgierige Partei, welche die Majorität der Legislatur beherrscht hatte, nicht auch die Majorität der Nation beherrschte.[121] ---------- [Fußnote 1: ^Act. Parl. Scot., Aug. 31. 1689.^] [Fußnote 2: ^Balcarras's Memoirs; Short History of the Revolution in Scotland in a letter from a Scotch gentleman in Amsterdam to his friend in London, 1712.^] [Fußnote 3: ^Balcarras's Memoirs; Life of James, II.
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Wir werden diese acht Jahre der Usurpation stets als eine Zeit großen Friedens und Gedeihens betrachten.« »Zur Zeit des Usurpators Cromwell,« sagt Fletcher, »glaubten wir uns bezüglich des letzteren Punktes (Handel und Geld) in einer erträglichen Lage zu befinden in Folge des Aufwandes, den die Truppen machten, welche uns in Unterwürfigkeit erhielten.« Die richtige Erklärung der Erscheinung, über welche Burnet und Fletcher in so großem Irrthum waren, findet man in einer Flugschrift betitelt: »^Some reasonable and modest Thoughts partly occasioned by and partly concerning the Scotch East India Company, Edinburgh, 1696.^« Siehe auch die Verhandlungen des Mittwochsclubs in Friday Street über eine Union mit Schottland vom December 1705. Siehe ferner das 7. Kapitel von Burton's vortrefflicher Geschichte Schottland's.] [Fußnote 15: Siehe die Schrift, in welcher die Forderungen der schottischen Commissare aufgestellt sind. Man findet sie im Anhange zu De Foe's ^History of de Union^, Nr. 13.] [Fußnote 16: ^Act. Parl. Scot.^, 30. Juli 1670.] [Fußnote 17: ^Burnet II. 23.^] [Fußnote 18: Man sehe zum Beispiel eine Flugschrift betitelt: »^Some questions resolved concerning episcopal and presbyterian Government in Scotland, 1690.^« Eine der »Fragen« ist die, ob das schottische Presbyterium den allgemeinen Neigungen dieses Volks entspreche. Der Verfasser verneint diese Frage, weil die höheren und mittleren Stände sich schon vor der Revolution größtentheils der bischöflichen Kirche conformirt hätten.] [Fußnote 19: Die Instructionen befinden sich in den ^Leven and Melville Papers^ und sind vom 7. März 1688/89 datirt. Bei der ersten Gelegenheit, wo ich diese werthvolle Sammlung aufführe, kann ich nicht umhin es anzuerkennen, zu wie großem Danke ich und Alle, die sich für die Geschichte unsrer Insel interessiren, dem Herrn verpflichtet sind, der daß Amt eines Herausgebers so vortrefflich erfüllt hat.] [Fußnote 20: Ueber die Dalrymple sehe man des Lord Präsidenten eigene Schriften und darunter seine ^Vindication of the Divine Perfections;^ ferner ^Wodrow's Analecta; Douglas's Peerage; Lockhardt's Memoirs; Satyre on the Family of Stairs; Satyric Lines upon the long wished for and timely Death of the Right Honorable Lady Stairs; Law's Memorials^ und die ^Hyndford Papers,^ geschrieben 1704/5 und zugleich mit den Briefen von Carstairs gedruckt. Lockhardt, obgleich ein Todfeind Johann Dalrymple's, sagt: »Es war Keiner im Parlament, der es mit ihm aufnehmen konnte.«] [Fußnote 21: Ueber Melville sehe man die ^Leven and Melville Papers^ an verschiedenen Stellen, und die Vorrede; die ^Act. Parl. Scot.^ vom 16. Juni 1685 und den Anhang unterm 13. Juni; ^Burnet II.
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24^, und das ^Burnet M. S. Harl. 6584^.] [Fußnote 22: ^Creichton's Memoirs.^] [Fußnote 23: ^Mackay's Memoirs.^] [Fußnote 24: ^Memoirs of the Lindsays.^] [Fußnote 25: Ueber das frühere Verhältniß zwischen Wilhelm und Dundee haben einige Jakobiten viele Jahre nach dem Tode Beider eine Geschichte erfunden, welche durch successive Ausschmückungen zu einem Roman wurde, bei dessen Lesung man sich wundern muß, wie nur ein Kind ihn für wahr halten konnte. Die letzte Ausgabe lautet wie folgt. Bei Seneff wurde Wilhelm das Pferd unter dem Leibe getödtet und sein Leben war in der größten Gefahr. Dundee, damals Kapitain Graham, gab Seiner Hoheit ein andres Pferd. Wilhelm versprach, diesen Dienst durch Beförderung zu belohnen, brach aber sein Wort und gab einem andren das Patent, auf welches er Graham Hoffnung gemacht hatte. Der beleidigte Held ging nach Loo. Dort traf er seinen glücklichen Rivalen und gab ihm eine Ohrfeige. Die auf Thätlichkeiten innerhalb des Palastes gesetzte Strafe war der Verlust der schuldigen rechten Hand; aber der Prinz von Oranien erließ diese Strafe in ungroßmüthiger Weise. »Sie haben mir,« sagte er, »das Leben gerettet, ich lasse Ihnen Ihre rechte Hand, so sind wir quitt.« Diejenigen, welche bis auf unsre Zeit diesen Unsinn wiederholt haben, müssen erstens in dem Wahne gewesen sein, daß die Acte Heinrich's VIII. »zur Bestrafung von Mord und böswilligem Blutvergießen innerhalb des königlichen Hoflagers« (^Stat. 33 Hen. VIII. c. 2.^) in Geldern Gesetz war, und zweitens daß Wilhelm 1674 König und sein Haus ein königliches Hoflager war. Ebenso müssen sie nicht gewußt haben, daß er Loo erst lange nachdem Dundee die Niederlande verlassen hatte, kaufte. Siehe Harris' ^Description of Loo, 1699.^ Diese Fabel, von der ich in der umfangreichen jakobitischen Literatur aus Wilhelm's Regierungszeit nicht die geringste Spur habe entdecken können, scheint etwa ein Vierteljahrhundert nach Dundee's Tode entstanden zu sein und im Laufe eines weiteren Vierteljahrhunderts sich zu ihrer vollen Absurdität ausgebildet zu haben.] [Fußnote 26: ^Memoirs of the Lindsays.^] [Fußnote 27: ^Memoirs of the Lindsays.^] [Fußnote 28: ^Balcarras's Memoirs.^] [Fußnote 29: ^Burnet II. 22; Memoirs of the Lindsays.^] [Fußnote 30: ^Act. Parl. Scot. March 14. 1689; History of the late Revolution in Scotland, 1690; An Account of the Proceedings of die Estates of Scotland, fol. London 1689.^] [Fußnote 31: Balcarras' Erzählung stellt sowohl Hamilton als Athol in einem sehr ungünstigen Lichte dar. Siehe auch ^Life of James, II. 338, 339.^] [Fußnote 32: ^Act. Parl. Scot. March 14.
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1688/89; Balcarras's Memoirs; History of the late Revolution in Scotland; Life of James, II. 342.^] [Fußnote 33: ^Balcarras's Memoirs; History of the late Revolution in Scotland, 1690.^] [Fußnote 34: ^Act. Parl. Scot. March 14, 15. 1689; Balcarras's Memoirs; London Gazette, March 25; History of the late Revolution in Scotland 1690; Account of the Proceedings of the Estates of Scotland, 1689.^] [Fußnote 35: Siehe Cleland's Gedichte und die in demselben Bande enthaltenen Loblieder, Edinburg 1697. Es ist wiederholt behauptet worden, dieser Wilhelm Cleland sei der Vater des Steuercommissars gleichen Namens gewesen, der zwanzig Jahre später in den literarischen Kreisen London's wohl bekannt war, welcher Pope einige eben nicht sehr lobenswerthe Dienste leistete und dessen Sohn Johann der Verfasser eines nur zu weit berühmten Schandbuches war. Dies ist ein vollständiger Irrthum. Der Wilhelm Cleland, welcher bei der Bothwellbrücke focht, war noch nicht achtundzwanzig Jahr alt, als er im August 1689 fiel, und der Steuercommissar Wilhelm Cleland starb in seinem siebenundsechzigsten Lebensjahre im September 1741. Ersterer kann daher nicht der Vater des letzteren gewesen sein. Siehe die ^Exact Narrative of the Battle of Dunkeld,^ das Gentleman's Magazine von 1740 und Warburton's Anmerkung zu dem Briefe an den Verleger der »Dunciade«, ein Brief, der mit W. Cleland unterzeichnet, in Wirklichkeit aber von Pope verfaßt ist. In einem Aufsatze von Sir Robert Hamilton, dem Orakel der extremen Covenanters und einem blutdürstigen Wüthrich, wird Cleland's als eines ehemaligen Bundesgenossen dieser Fanatiker, aber nachmaligen heftigen Widersachers derselben erwähnt. Cleland stimmte wahrscheinlich nicht mit Hamilton darin überein, die Abschlachtung von Kriegsgefangenen, die sich auf Pardon ergeben hatten, als eine heilige Pflicht anzusehen. Siehe Hamilton's ^Letter to the Societies^ vom 7. December 1685.] [Fußnote 36: ^Balcarras's Memoirs.^] [Fußnote 37: ^Balcarras's Memoirs.^ Den vollständigsten Bericht über diese Verhandlungen geben jedoch einige handschriftliche Notizen, welche sich in der Bibliothek der Advokatenfacultät befinden. Balcarras' Angaben sind nicht ganz genau. Er verließ sich wahrscheinlich zu sehr auf sein Gedächtniß. Ich habe dieselben nach den Parlamentsacten berichtigt.] [Fußnote 38: ^Act. Parl. Scot. March 16. 1688/89; Balcarras's Memoirs; History of the late Revolution in Scotland, 1690; Account of the Proceedings of the Estates of Scotland, 1689; London Gazette, March 25. 1689; Life of James II. 342.^ Burnet irrt sonderbar in Bezug auf diese Vorgänge.] [Fußnote 39: ^Balcarras's Memoirs;^ Manuscript in der Bibliothek der Advokatenfacultät.] [Fußnote 40: ^Act. Parl. Scot. March 19.
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1688/89; History of the late Revolution in Scotland.^] [Fußnote 41: Balcarras.] [Fußnote 42: Balcarras.] [Fußnote 43: ^Act. Parl. Scot; History of the late Revolution, 1690; Memoirs of North Britain 1715.^] [Fußnote 44: Balcarras.] [Fußnote 45: Jeder Leser wird sich der Verwünschung erinnern, welche Sir Walter Scott im fünften Gesange des »Marmion« über die Dummköpfe aussprach, welche dieses interessante Denkmal entfernten.] [Fußnote 46: »Es wird weder sicher noch gut für den König sein, es nach der Thronbesteigung von einer Parlamentsacte zu erwarten, die es vor seine Thür legen wird.« Dalrymple an Melville, 5. April 1689; ^Leven and Melville Papers^.] [Fußnote 47: Eine interessante Stelle über diesen Gegenstand findet sich bei Fortescue.] [Fußnote 48: ^Act. Parl. Scot. April 1. 1689; Orders of Committee of Estates, Mai 16. 1689; London Gazette, April 11.^] [Fußnote 49: Da es kürzlich in Abrede gestellt worden ist, daß die extremen Presbyterianer eine ungünstige Meinung von den Lutheranern hegten, so will ich zwei entscheidende Beweise für meine oben aufgestellte Behauptung beibringen. In dem Buche: ^Faithful Contendings Displayed^ befindet sich ein Bericht über die Vorgänge bei der Generalversammlung der Vereinigten Covenantergesellschaften vom 24. October 1688. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob eine Verbindung mit den Holländern stattfinden solle. »Es ward einstimmig beschlossen,« sagt der Sekretär der Gesellschaften, »daß wir uns mit den Holländern nicht zu einem Körper vereinigen, noch förmlich unter ihre Leitung kommen könnten, da sie ein Gemisch von reformirten lutherischen Uebelgesinnten und Sectirern seien, mit denen gemeinschaftliche Sache zu machen dem Zeugniß der Kirche von Schottland widerstreiten würde.« In dem am 2. October 1707 aufgesetzten »Protest und Testimonium« beschweren sich die Vereinigten Gesellschaften darüber, daß die Krone »dem Prinzen von Hannover verliehen worden sei, der in der lutherischen Religion erzogen und aufgewachsen ist, welche, wie allgemein bekannt, nicht allein abweicht von der Reinheit in Lehre, Reformation und Glauben, die wir in diesen Nationen erreicht hatten, sondern derselben in vielen Dingen sogar zuwiderläuft.« Sie setzen hinzu: »Die Annahme einer solchen Person zum Herrscher über uns widerstreitet nicht nur unserm feierlichen Bund und Covenant, sondern dem Worte Gottes selbst: 5. Buch Mosis XVII.«] [Fußnote 50: ^History of the late Revolution in Scotland; London Gazette, Mai 16. 1689.^ Der officielle Bericht über die Vorgänge war offenbar mit großer Sorgfalt abgefaßt. Siehe auch das ^Royal Diary, 1702^.
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Der Verfasser dieses Werks versichert, daß er seine Angaben den Mittheilungen eines Geistlichen verdanke, welcher anwesend war.] [Fußnote 51: Siehe Crawford's Briefe und Reden an verschiedenen Stellen. Seine Art und Weise, um eine Stelle anzusuchen, war eigenthümlich. Nachdem er, nicht ohne Grund, zugegeben hatte, daß sein Herz voller Arglist und verzweifelt sündig sei, fuhr er fort: »Das nämliche allmächtige Wesen, welches gesagt hat: Wenn die Armen und Bedürftigen Wasser suchen und es ist keins da und ihre Zunge verschmachtet vor Durst, wird Er sie nicht verlassen, -- kann mir trotz meiner jetzigen dürftigen Umstände ein Haus bauen, wenn es dies für gut findet.« -- Brief an Melville vom 28. Mai 1689. Ueber Crawford's Armuth und sein Verlangen nach bischöflichen Ländereien sehe man seinen Brief an Melville vom 4. December 1690. Ueber seine Humanität siehe seine Briefe an Melville vom 11. December 1690. Alle diese Briefe findet man in den ^Leven and Melville Papers^. Der Verfasser von: ^An Account of the Late Establishment of Presbyterian Government^ sagt von Jemandem, der sich mit zehn oder zwölf Pfund Sterling hatte bestechen lassen: »Wäre er so arm gewesen wie Mylord Crawford, so würde er vielleicht eher zu entschuldigen gewesen sein.« Siehe auch die Dedication der berühmten Schrift: ^Scotch Presbyterian Eloquence Displayed.^] [Fußnote 52: ^Burnet II. 23. 24; Fountainhall Papers,^ 13. Aug. 1684, 14., 15. Oct. 1684, 3. Mai 1685; Montgomery an Melville, 23. Juni 1689 in den ^Leven and Melville Papers; Pretences of the French Invasion Examined, licensed May 25. 1692.^] [Fußnote 53: Siehe ^The Life and Correspondence of Carstairs^ und die interessanten Abhandlungen über ihn in den 1854 gedruckten ^Caldwell Papers^. Ferner seine Characteristik von Mackay und Swift's Note. Swift's Wort kann gegen einen Schotten und Presbyterianer kein Gewicht haben. Ich glaube jedoch, daß Carstairs, obgleich im Wesentlichen ein rechtschaffener und frommer Mann, sein gutes Theil von der Klugheit der Schlange besaß.] [Fußnote 54: Sir Johann Dalrymple an Lord Melville, 18., 20., 25. Juni 1689; ^Leven and Melville Papers^.] [Fußnote 55: In dem 1704 geschriebenen und in den ^Carstairs Papers^ abgedruckten Hyndford-Manuscripte kommt eine ergötzliche Beschreibung Sir Patrick's vor: »Er liebt wohleinstudirte Reden und kann selbst Privatfreunden ohne solche kaum Audienz geben.«] [Fußnote 56: »Niemand ist thätiger als Saltoun, obgleich nicht Mitglied.« Lockhart an Melville, 11. Juli 1689; ^Leven and Melville Papers^.
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Siehe Fletcher's eigene Werke und die Beschreibungen von ihm in Lockhart's und Mackay's Memoiren.] [Fußnote 57: Dalrymple sagt in einem Briefe vom 5. Juni: »Alle Uebelgesinnten sind aus Furcht in den Club gekommen, und sie stimmen Alle gleich.«] [Fußnote 58: Balcarras.] [Fußnote 59: »Soll ich Sie mit einer Schilderung dieses unfruchtbaren Landes langweilen, wo ich Sie über Berge, ganz braun von Haidekraut, oder durch Thäler führen muß, welche kaum Futter genug für ein Kaninchen enthalten? ... Jeder Punkt des Landes bietet die nämliche reizlose Landschaft dar. Kein Gehölz oder Bach erfreut den Fremden durch seine trauliche Musik.« -- Goldsmith an Bryanton, Edinburg, 26. September 1753. In einem bald nachher aus Leyden an den ehrwürdigen Thomas Contarine geschriebenen Briefe sagt Goldsmith: »Ich war ganz versunken in das Anschauen der Gegend. Nichts kann der Schönheit derselben gleichkommen. Wohin ich den Blick wendete, überall zeigten sich schöne Häuser, anmuthige Gärten, Statuen, Grotten und Fernsichten. Schottland bildet mit diesem Lande den grellsten Contrast: dort versperren Hügel und Felsen jede Aussicht; hier ist Alles eine ununterbrochene Ebene.« Siehe den Anhang C. zum ersten Bande von Mr. Forster's ^Life of Goldsmith^.] [Fußnote 60: ^Northern Memoirs, by R. Franck Philanthropus, 1694.^ Der Verfasser hatte etwas von der Scenerie der Hochlande gesehen, und er spricht davon fast ganz so wie Burt unter der folgenden Generation: »Es ist ein verwahrloster Theil der Schöpfung, Schutt, der beim Prachtbau der Welt bei Seite geworfen wurde, und eben so arm an Form und Gestalt wie die Eingebornen an Moral und guten Sitten.«] [Fußnote 61: ^Journey through Scotland, by the author of the Journey through England, 1723.^] [Fußnote 62: Fast alle diese Umstände sind Burt's Briefen entlehnt. Bezüglich des Theers ist meine Quelle Cleland's Poesie. In seinen Versen über den »^Highland Host^« sagt er: »Dieweil sie sind beschmiert mit Theer, Der ihren Kopf und Hals beschützt, Ganz wie bei ihren Schafen.«] [Fußnote 63: Ein schlagender Beleg für die Meinung, welche der Bewohner des Niederlandes von dem Hochländer hegte und die sich von jenem auch den Engländern mittheilte, findet man in einem Bande ^Miscellanies^, von Afra Behn im Jahre 1685 herausgegeben. Eines der interessantesten Stücke dieser Sammlung ist ein rohes und profanes schottisches Gedicht betitelt: »Wie der erste Hochländer gemacht wurde.« Wie und aus welchen Stoffen er gemacht wurde, wage ich nicht zu erzählen.
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Das unmittelbar auf seine Schöpfung folgende Gespräch aber wird, wie ich hoffe, hier ohne großen Anstoß einen Platz finden dürfen. Spricht Gott zum Hochlandsmann: »Wohin willst Du?« »Ich will ins Niederland hinab, o Herr, zu stehlen eine Kuh.« »Pfui!« sagt St. Peter, »wirst ein arger Sünder werden, Wenn Du schon stehlen willst, kaum angelangt auf Erden.« »Hm!« drauf der Hochlandsmann mit einem Schwure spricht, »So lang ich stehlen kann, arbeit' ich nicht.« Ein andrer schottischer Niederländer, der tapfre Oberst Cleland, beschreibt den Hochländer um die nämliche Zeit in gleicher Weise Ein einz'ges ihr mißfäll'ges Wort Kann treiben sie zu einem Mord. Und wollt Ihr wissen was sie thut? Sie lebt nur von gestohlnem Gut. Ganz in ähnlichem Sinne sind die wenigen Worte, welche Franck Philanthropus (1694) den Hochländern widmet: »Sie leben wie große Herren und sterben wie Taugenichtse, hassen die Arbeit und haben keinen Kredit, um zu borgen; sie unternehmen Raubzüge und bestehlen ihre Nachbarn.« In der 1690 in Edinburg gedruckten ^History of the Revolution in Scotland^ kommt folgende Stelle vor: »Die schottischen Hochländer sind Elende, die sich nur in so weit um Ehre, Freundschaft, Gehorsam und Regierung kümmern, als sie sich durch eine Aenderung in den Angelegenheiten oder durch eine Revolution in der Regierung Gelegenheit verschaffen können, ihre Grenznachbarn zu bestehlen oder auszuplündern.«] [Fußnote 64: Nachdem diese Stelle geschrieben war, fand ich mit großem Vergnügen, daß Lord Fountainhall im Juli 1676 ganz den nämlichen Vergleich anwendete, der mir aufgestoßen ist. Er sagt, daß Argyle's ehrgeiziges Streben nach der Oberherrschaft über die Hochlande und über die westlichen Inseln Mull, Ila &c. andere Clans zu einem Bündnisse aufreizte, um ihn zu demüthigen, wie die Mächte Deutschland, Spanien, Holland &c. sich gegen die Vergrößerung der französischen Macht verbündeten.] [Fußnote 65: In der Einleitung zu den Memoiren Sir Ewan Cameron's findet sich eine sehr verständige Bemerkung: »Es mag paradox klingen, aber der Herausgeber kann nicht umhin, die Vermuthung auszusprechen, daß die Beweggründe, welche die Hochländer veranlaßten, den König Jakob zu unterstützen, im Wesentlichen dieselben waren die diejenigen, unter deren Einflusse die Anstifter der Revolution handelten.« Die ganze Einleitung verdient überhaupt gelesen zu werden.] [Fußnote 66: ^Skene's Highlanders of Scotland; Douglas's Baronage of Scotland.^] [Fußnote 67: Siehe ^The Memoirs of the Life of Sir Ewan Cameron^, und ^The Historical and Genealogical Account of the Clan Maclean, by a Senachie^.
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Obgleich das letztgenannte Werk erst 1838 erschien, so scheint doch der Verfasser desselben von einem eben so heftigen Hasse beseelt gewesen zu sein als der, mit welchem die Macleans des 17. Jahrhunderts die Campbells betrachteten. Auf dem kleinen Raume einer einzigen Seite wird der Marquis von Argyle »der diabolische schottische Cromwell«, »der gemeine, rachsüchtige Verfolger«, »der nichtswürdige Verräther«, und »der Betrüger Argyle« genannt. Auf einer andren Seite ist er »der heimtückische, an Schurkereien furchtbare Campbell«, »der habgierige Sklave«, »der feige Argyle« und »der schottische Verräther.« Auf der nächsten Seite heißt er »der niedrige und rachsüchtige Feind des Hauses Maclean«, »der heuchlerische Covenanter«, »der unverbesserliche Verräther«, »der feige und boshafte Feind.« Es ist ein Glück, daß so heftige Leidenschaften sich heutzutage nur noch in Schmähungen Luft machen können.] [Fußnote 68: Brief von Avaux an Ludwig vom 6. (16.) April 1689, dem eine Abhandlung beigeschlossen ist, betitelt: ^Mémoire du Chevalier Macklean^.] [Fußnote 69: Siehe die höchst interessanten Memoiren Sir Ewan Cameron's von Lochiel, 1842 in Edinburg für den Abbotsfordclub gedruckt. Das Manuscript muß mindestens hundert Jahre älter gewesen sein. Man vergleiche auch in dem nämlichen Werke die Erzählung des Todes Sir Ewan's, den ^Balhadie Papers^ entlehnt. Ich muß bemerken, daß der Herausgeber der Memoiren Sir Ewan's zwar über die Angelegenheiten der Hochlande und über den Character der vornehmsten Häuptlinge gut unterrichtet, in Bezug auf englische Politik und Geschichte aber sehr unwissend war. Ich will anführen, was Van Citters unterm 26. Nov. (6. Dec.) 1689 über Lochiel an die Generalstaaten schrieb: »^Sir Evan Cameron, Lord Locheale, een man -- soo ick hoor van die hem lange gekent en dagelyk hebben mede omgegaan, -- van so groot verstant, courage, en beleyt, als weyniges syns gelycke syn.^«] [Fußnote 70: ^Act. Parl. July 5. 1661.^] [Fußnote 71: Siehe Burt's dritten und vierten Brief. In den ersten Ausgaben befindet sich eine Abbildung von dem Marktkeuze von Inverneß und von dem Straßentheile, wo die Kaufleute ihre Zusammenkünfte hielten. Ich muß hier bemerken, wie sehr ich Mr. Robert Carruthers verpflichtet bin, der so freundlich war, mir manche interessante Auskunft über Inverneß zu geben und mir einige Auszüge aus den städtischen Acten zu liefern.] [Fußnote 72: Ich verdanke Mr. Carruthers eine Abschrift von den Forderungen der Macdonalds und von der Antwort des Stadtraths.] [Fußnote 73: Colt's Aussage im Anhange zu den Parlamentsacten vom 14.
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Juli 1690.] [Fußnote 74: Siehe die Biographie Sir Ewan Cameron's.] [Fußnote 75: ^Balcarras's Memoirs; History of the late Revolution in Scotland.^] [Fußnote 76: Unter den ^Nairne Papers^ in der Bodlejanischen Bibliothek befindet sich ein interessantes Manuscript, betitelt: »^Journal de ce qui c'est passé en Irlande depuis l'arrivée de sa Majesté.^« Es finden sich in diesem Tagebuche englische und französische Anmerkungen und Correcturen, die englischen von Jakob's Hand, die französischen von Melfort's Hand. Die von Hamilton aufgefangenen Briefe sind darin erwähnt, und zwar in einer Weise, welche deutlich zeigt, daß sie ächt waren; auch findet man nirgends die geringste Andeutung, daß Jakob sie gemißbilligt hätte.] [Fußnote 77: »Der Viscount von Dundee«, schreibt Balcarras an Jakob, »dachte auch nicht daran, ohne weitere Befehle von Ihnen nach den Hochlanden zu gehen, bis eine Truppenabtheilung zu seiner Verhaftung ausgesandt wurde.«] [Fußnote 78: Siehe den an Jakob nach Irland gesandten Bericht, den er am 7. Juli 1689 empfing. Er befindet sich unter den ^Nairne Papers^. Ferner sehe man die Memoiren Dundee's, 1714, Sir Ewan Cameron's, Balcarras' und Mackay's. Diese Erzählungen stimmen jedoch weder mit einander noch mit den Mittheilungen, die ich aus Inverneß erhielt, völlig überein.] [Fußnote 79: Memoiren Dundee's; Tarbet an Melville von 1. Juni 1689 in den ^Leven and Melville Papers^.] [Fußnote 80: Erzählung in den ^Nairne Papers^, Aussagen Colt's, Osburne's, Malcolm's und Stewart's von Ballachan im Anhange zu den Parlamentsacten vom 14. Juli 1690; ^Memoirs of Sir Ewan Cameron^. Einige wenige Züge habe ich einer englischen Uebersetzung einiger Stellen aus einem verloren gegangenen epischen Gedicht in lateinischer Sprache, die Grameis genannt, entnommen. Der Verfasser desselben war ein eifriger Jakobit, Namens Philipps. Die im Jahre 1714 erschienenen Memoiren Dundee's habe ich nur selten und nie ohne Mißtrauen benutzt. Der Herausgeber derselben war gewiß nicht, wie er vorgiebt, einer von Dundee's Offizieren, sondern ein einfältiger und unwissender Scribent aus Grub Street. Seine Angaben in Betreff des Schauplatzes wie des Datums der Schlacht von Killiecrankie sind ganz falsch. Er sagt, sie sei an den Ufern des Tummell und am 13. Juni geschlagen worden. Aber sie wurde an den Ufern des Garry und am 27. Juli geschlagen. Nachdem ich ein solches Beispiel von Ungenauigkeit angeführt, würde es unnütz sein, kleinere Fehler nachzuweisen.] [Fußnote 81: Aus einem Briefe von Archibald, Earl von Argyle, an Lauderdale, datirt vom 25.
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Juni 1664, ist ersichtlich, daß hunderttausend schottische Mark, das heißt wenig mehr als fünftausend Pfund Sterling, damals alle Ansprüche Mac Callum More's an seine Nachbarn so ziemlich befriedigt haben würden.] [Fußnote 82: ^Mackay's Memoirs^; Tarbet an Melville vom 1. Juni 1689 in den ^Leven and Melville Papers^; Dundee an Melfort vom 27. Juni in den ^Nairne Papers^.] [Fußnote 83: Siehe Mackay's Memoiren und seinen Brief an Hamilton vom 14. Juni 1689.] [Fußnote 84: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 85: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 86: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 87: Dundee an Melfort, 27. Juni 1689.] [Fußnote 88: Siehe ^Faithful Contendings Displayed^, namentlich die Verhandlungen vom 29. und 30. April und vom 13. und 14. Mai 1689; die Petition des Regiments an das Parlament vom 18. Juli 1689; den Protest Sir Robert Hamilton's vom 6. November 1689, und die ermahnende Epistel an das Regiment vom 27. März 1690. Die »Societätsleute«, wie sie sich nannten, scheinen besonders über die Art und Weise entrüstet gewesen zu sein, wie der Geburtstag des Königs begangen worden war. »Wir hoffen«, schrieben sie, »daß Ihr ebenso gegen die Feier von Geburtstagen seid wie wir, und daß Ihr bereuen werdet, was Ihr gethan habt.« Ueber die Meinungen und den Character Alexander Shield's sehe man sein ^Hind Let Loose^.] [Fußnote 89: ^Siege of the Castle of Edinburgh, printed for the Bannatyne Club London Gazette, June 10. (20.) 1689.^] [Fußnote 90: ^Act. Parl. Scot. June 5., 17. 1689.^] [Fußnote 91: Die Instructionen findet man in den Somers'schen Schriften.] [Fußnote 92: Ueber Sir Patrick's Ansichten siehe seinen Brief vom 7. Juni und Lockhart's Brief vom 11. Juli, in den ^Leven and Melville Papers^.] [Fußnote 93: Meine Hauptmaterialien für die Geschichte dieser Session waren die Acten, die Protokolle und die ^Leven and Melville Papers^.] [Fußnote 94: »Athol,« sagt Dundee verächtlich, »ist nach England gegangen, da er nicht wußte, was er thun sollte.« Dundee an Melfort, 27. Juni 1689. Siehe Athol's Briefe an Melville vom 21. Mai und 8. Juni, in den ^Leven and Melville Papers^.] [Fußnote 95: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 96: ^Mackay's Memoirs.^] [Fußnote 97: ^Mackay's Memoirs.^] [Fußnote 98: Van Odyck an den Greffier der Generalstaaten, 2. (12.) August, 1689.] [Fußnote 99: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 100: ^Balcarras's Memoirs.^] [Fußnote 101: ^Mackay's Short Relation, Aug.
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17, 1689.^] [Fußnote 102: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 103: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron, Mackay's Memoirs.^] [Fußnote 104: ^Douglas's Baronage of Scotland.^] [Fußnote 105: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 106: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 107: Ueber die Schlacht siehe Mackay's Memoiren und Briefe und seine ^Short Relation^; ferner die Memoiren Dundee's und Sir Ewan Cameron's, Nisbet's und Osburne's Aussagen im Anhange zu den Parlamentsacten vom 14. Juli 1690. Auch sehe man den Bericht über die Schlacht in einem von Burt's Briefen. Macpherson druckte einen vom Tage nach der Schlacht datirten Brief von Dundee an Jakob. Ich brauche nicht zu sagen, daß dies eine eben so schamlose Fälschung ist wie Fingal. Der Herausgeber der Memoiren Dundee's sagt, Lord Leven sei durch den Anblick der hochländischen Waffen erschreckt worden und habe das Beispiel der Flucht gegeben. Dies ist eine abscheuliche Lüge. Daß Leven sich ganz vorzüglich gut benahm, beweisen Mackay's Memoiren, Briefe und ^Short Relation^.] [Fußnote 108: ^Mackay's Memoirs; Life of General Hugh Mackay by Mackay of Bockfield.^] [Fußnote 109: Brief der außerordentlichen Gesandten an den Greffier der Generalstaaten vom 2. (12.) August 1689 und ein Brief von Van Odyck, der sich in Hampton Court befand, von dem nämlichen Datum.] [Fußnote 110: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron; Memoirs of Dundee.^] [Fußnote 111: Die Tradition ist bestimmt über hundertzwanzig Jahr alt. Der Stein wurde Burt gezeigt.] [Fußnote 112: Siehe die Geschichte, welche den Gedichten Alexander Robertson's vorausgeschickt ist. In dieser Geschichte heißt es von ihm, er habe sich vor der Schlacht von Killiecrankie angeschlossen. Aus einer Zeugenaussage im Anhange zu den ^Act. Parl. Scot.^ vom 14. Juli 1690 aber ergiebt sich, daß er erst am folgenden Tage eintraf.] [Fußnote 113: ^Mackay's Memoirs.^] [Fußnote 114: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 115: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 116: ^Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 117: Siehe Portland's Briefe an Melville vom 22. April und 15. Mai 1690 in den ^Leven and Melville Papers^.] [Fußnote 118: ^Mackay's Memoirs; Memoirs of Sir Ewan Cameron.^] [Fußnote 119: ^Exact Narrative of the Conflict at Dunkeld between the Earl of Angus's Regiment and the Rebels, collected from several Officiers of that Regiment who were Actors in or Eyewitnesses of all that's here narrated. In Reference to those Actions^; Brief von Leutnant Blackader an seinen Bruder, datirt Dunkeld, 21. August 1689; ^Faithful Contendings Displayed^; Protokoll des schottischen Geheimraths vom 28.
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August, citirt von Mr. Burton.] [Fußnote 120: Die schottischen natürlich. -- Der Uebers.] [Fußnote 121: Die Geschichte Schottland's während dieses Herbstes läßt sich am besten in den ^Leven and Melville Papers^ studiren.] Vierzehntes Kapitel. Wilhelm und Marie. Inhalt. Seite Zwistigkeiten im englischen Parlament 5 Russell's Todesurtheil umgestoßen 5 Umstoßung anderer Verurtheilungen 7 Das Erkenntniß gegen Samuel Johnson 7 Das Erkenntniß gegen Devonshire 8 Das Erkenntniß gegen Oates 8 Rechtsbill 14 Streitigkeiten wegen einer Indemnitätsbill 16 Die letzten Tage Jeffreys' 18 Die Whigs unzufrieden mit dem Könige 21 Maßlose Heftigkeit Howe's 22 Angriff gegen Caermarthen 22 Angriff auf Halifax 23 Vorbereitungen zu einem Feldzuge in Irland 26 Schomberg 27 Unterbrechung der Parlamentssitzungen 28 Zustand Irland's -- Rath Avaux' 28 Entlassung Melfort's 32 Schomberg landet in Ulster 32 Carrickfergus genommen 32 Schomberg rückt weiter nach Leinster 33 Die englische und die irische Armee campiren nahe bei einander 33 Schomberg lehnt eine Schlacht ab 34 Betrügereien des englischen Kriegscommissariats 34 Verschwörung unter den in englischen Diensten stehenden 36 französischen Truppen Pestilenz in der englischen Armee 36 Die englische und die irische Armee beziehen ihre 38 Winterquartiere Verschiedene Meinungen über Schomberg's Verfahren 39 Marineangelegenheiten 40 Torrington's schlechte Verwaltung 41 Die festländischen Angelegenheiten 42 Gefecht bei Walcourt 43 Anschuldigungen gegen Marlborough 44 Alexander VIII. folgt Innocenz XI. auf dem päpstlichen Stuhle 45 Der Klerus der Hochkirche über die Angelegenheit der Eide 45 gespalten Argumente für Leistung der Eide 46 Argumente gegen die Eidesleistung 48 Die große Mehrheit des Klerus leistet die Eide 52 Die Eidverweigerer 53 Ken 54 Leslie 55 Sherlock 56 Hickes 57 Collier 58 Dodwell 59 Kettlewell. Fitzwilliam 60 Allgemeiner Character des eidverweigernden Klerus 61 Der Comprehensionsplan. Tillotson 64 Eine kirchliche Commission ernannt 65 Maßregeln der Commission 66 Die Convocation der Provinz Canterbury einberufen. Stimmung 70 des Klerus Die Geistlichkeit unzufrieden mit dem König 70 Der Klerus durch das Verhalten der schottischen Presbyterianer 72 gegen die Dissenters erbittert Einrichtung der Convocation 74 Wahl der Convocationsmitglieder 75 Verleihung geistlicher Aemter 75 Compton ist unzufrieden 76 Zusammentritt der Convocation 77 Die Hochkirchlichen im Unterhause der Convocation überwiegend 78 Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Häusern der 79 Convocation Das Unterhaus der Convocation erweist sich als unlenksam 80 Die Convocation prorogirt 81 Zwistigkeiten im englischen Parlament. Vierundzwanzig Stunden vor dem Augenblicke, wo der Krieg in Schottland durch die Niederlage der celtischen Armee bei Dunkeld beendigt wurde, ging das Parlament zu Westminster auseinander.
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Die beiden Häuser waren seit dem Monat Januar ununterbrochen versammelt gewesen. Die in einen engen Raum eingepferchten Gemeinen hatten viel von der Hitze und Unbehaglichkeit zu leiden gehabt und die Gesundheit manches Mitgliedes war erschüttert worden. Das Ergebniß stand jedoch in keinem Verhältniß zu der gehabten Arbeit. Die letzten drei Monate der Session waren fast ganz mit Streitereien vergeudet worden, welche im Gesetzbuche keine Spur zurückgelassen haben. Das Fortschreiten heilsamer Gesetze war durch Häkeleien bald zwischen den Whigs und Tories, bald zwischen den Lords und den Gemeinen gehemmt worden. Die Revolution war kaum vollbracht, so zeigte es sich auch schon, daß die Freunde der Ausschließungsbill ihre Leiden während des Uebergewichts ihrer Feinde nicht vergessen hatten und daß sie sowohl Genugthuung erlangen als Rache üben wollten. Schon vor der Wiederbesetzung des Thrones ernannten die Lords einen Ausschuß, um zu untersuchen, was an den grauenvollen Geschichten, welche über den Tod Essex' circulirten, Wahres sei. Der aus eifrigen Whigs bestehende Ausschuß setzte seine Untersuchungen so lange fort, bis alle vernünftigen Männer die Ueberzeugung gewonnen hatten, daß er durch seine eigne Hand gefallen war, und bis seine Gattin, seine Brüder und seine intimsten Freunde die Nachforschungen nicht weitergeführt zu sehen wünschten.[1] Russell's Todesurtheil umgestoßen. Das Gedächtniß und die Familien, einiger anderer Opfer, welche dem Bereiche menschlicher Macht entrückt waren, wurden ebenfalls, ohne Opposition von Seiten der Tories, rehabilitirt. Bald nachdem die Convention in ein Parlament verwandelt worden war, wurde den Peers eine Bill zur Umstoßung des Todesurtheils Lord Russell's vorgelegt, rasch von ihnen angenommen, in's Unterhaus geschickt und hier mit ungewöhnlichen Zeichen von Bewegung begrüßt. Viele von den Mitgliedern hatten mit Russel in dieser Kammer gesessen. Er hatte darin lange einen Einfluß ausgeübt, ähnlich dem, welchen der wackere und menschenfreundliche Althorpe, dessen sich Leute dieser Generation noch erinnerten, einst ausübte, einen Einfluß, der seinen Grund nicht in überlegener Gewandtheit in der Debatte oder im Vortrage, sondern in einer makellosen Rechtschaffenheit, in einem schlichten gesunden Verstande und in jener Freimüthigkeit, Einfachheit und Gutherzigkeit hatte, welche bei einem durch Geburt und Vermögen hoch über seinen Nebenmenschen stehenden Manne ganz besonders einnehmend und gewinnend sind. Die Whigs hatten in Russell ein Oberhaupt verehrt und seine politischen Gegner hatten zugegeben, daß er, wenn er nicht durch minder achtungswerthe und schlauere Genossen als er irregeleitet würde, ein so braver und gutherziger Gentleman sei wie irgend einer in England.
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Die männliche Festlichkeit und christliche Ergebung, womit er in den Tod gegangen war, die Trauer seines edlen Hauses, der Schmerz seines der Stütze beraubten Vaters, die vernichtete Zukunft seiner verwaisten Kinder,[2] und vor Allem der Verein von weiblicher Zärtlichkeit und engelgleicher Geduld in der Frau, die dem wackeren Dulder das Theuerste gewesen war, die vor den Schranken des Gerichts mit der Feder in der Hand an seiner Seite gesessen, die düstre Einsamkeit seines Kerkers erheitert und an seinem letzten Tage die Denkwürdigkeit des großen Opfers mit ihm getheilt, hatten die Herzen vieler gerührt, welche sonst nicht gewohnt waren, einen Gegner zu bemitleiden. Daß Russell viele gute Eigenschaften besessen, daß er den besten Willen gehabt hatte und daß man hart gegen ihn verfahren war, wurde jetzt selbst von höfischen Juristen, welche sein Blut hatten vergießen helfen, und von höfischen Theologen zugegeben, welche ihr Möglichstes gethan hatten, um seinen Ruf zu verunglimpfen. Als daher das Pergament, welches sein Todesurtheil annullirte, auf den Tisch der Versammlung gelegt wurde, in der noch vor acht Jahren seine Züge und seine Stimme so wohl bekannt gewesen, war die Aufregung groß. Ein bejahrtes whiggistisches Mitglied versuchte zu sprechen, wurde aber von seinen Gefühlen überwältigt. »Ich kann,« sagte er, »den Namen Mylord Russell's nicht aussprechen, ohne tief ergriffen zu werden. Es genügt ihn zu nennen. Mehr vermag ich nicht zu sagen.« Viele Blicke richteten sich nach der Gegend des Saales, wo Finch saß. Die höchst ehrenwerthe Art und Weise, wie er ein einträgliches Amt niedergelegt, sobald er sich überzeugt hatte, daß er es nicht behalten konnte, ohne das Dispensationsrecht zu unterstützen, und die bedeutende Rolle, die er bei der Vertheidigung der Bischöfe gespielt, hatten viel dazu beigetragen, seine Fehler wieder gut zu machen. Doch an diesem Tage konnte man sich der Erinnerung nicht erwehren, daß er eifrig bemüht gewesen war als Kronanwalt das Urtheil auszuwirken, das jetzt feierlich widerrufen werden sollte. Er erhob sich und versuchte sein Verfahren zu rechtfertigen, aber weder sein juristischer Scharfsinn, noch der fließende und wohlklingende Vortrag, der eine erbliche Gabe in seiner Familie war und dessen sich kein Mitglied seiner Familie in reicherem Maße erfreute als er, halfen ihm bei dieser Gelegenheit etwas. Das Haus war nicht in der Stimmung ihn anzuhören und unterbrach ihn mehrmals mit dem Rufe »zur Ordnung.« Er sei, sagte man ihm, mit großer Nachsicht behandelt und nicht in Anklagestand versetzt worden.
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Warum versuche er jetzt, unter dem Vorwande, sich zu rechtfertigen, entehrende Beschuldigungen auf einen berühmten Namen zu werfen und einen Justizmord zu entschuldigen? Er mußte sich wieder setzen, nachdem er erklärt hatte, daß er sich nur von der Anschuldigung habe reinigen wollen, die Grenzen seiner Amtspflicht überschritten zu haben, daß er jede Absicht, das Gedächtniß Lord Russell's zu verunglimpfen, zurückweise, und daß ihn die Umstoßung des Urtels aufrichtig freuen werde. Ehe das Haus auseinanderging, wurde die Bill noch einmal verlesen, und sie würde auf der Stelle zum dritten Male verlesen und angenommen worden sein, wären nicht einige Zusätze und Auslassungen vorgeschlagen worden, von denen man glaubte, daß sie die Genugthuung vollständiger machen würden. Die Amendements wurden mit großer Eil entworfen, die Lords stimmten denselben bei, und der König gab mit Freuden seine Genehmigung.[3] Umstoßung anderer Verurtheilungen. Dieser Bill folgten bald drei andere, welche drei abscheuliche und empörende Todesurtheile annullirten: das Todesurtheil Sidney's, das Todesurtheil Cornish's und das Todesurtheil der Alice Lisle.[4] Das Erkenntniß gegen Samuel Johnson. Einige noch lebende Whigs erlangten ohne Mühe Genugthuung für Unbilden, die sie unter der vorigen Regierung erlitten hatten. So wurde das Erkenntniß gegen Samuel Johnson von den Gemeinen in Erwägung gezogen. Die Resolution lautete dahin, daß die ihm zuerkannte körperliche Züchtigung grausam sei und daß seine Degradation keine Rechtskraft habe. Der letztere Punkt konnte nicht bestritten werden, denn Johnson war durch die Prälaten degradirt worden, welche die Diöcese London während Compton's Suspension verwaltet hatten. Compton aber war durch ein Decret der Hohen Commission suspendirt worden, und die Decrete der Hohen Commission wurden allgemein als ungültig anerkannt. Johnson war daher seines Priesterrocks durch Personen beraubt worden, welche keine Jurisdiction über ihn hatten. Die Gemeinen ersuchten den König, daß er den Dulder durch ein geistliches Amt entschädigen möchte.[5] Wilhelm überzeugte sich jedoch, daß er diesem Gesuche ohne große Inconvenienz nicht willfahren könne. Denn Johnson war, obgleich muthig, rechtschaffen und religiös, doch stets heftig, widersetzlich und streitsüchtig gewesen, und seitdem er um seiner Meinungen willen Qualen erduldet hatte, welche schrecklicher waren als der Tod, hatten sich die Schwächen seines Characters und seines Verstandes dergestalt verschlimmert, daß er den Niederkirchlichen eben so unangenehm war als den Hochkirchlichen.
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Gleich vielen anderen Menschen, welche durch Vergnügen, Gewinn oder Gefahr nicht vorn Pfade des Rechts abgebracht werden können, hielt er die Regungen seines Stolzes und seines Hasses irrig für die Mahnungen des Gewissens und betrog sich in den Glauben hinein, daß er, indem er Freunden wie Feinden ohne Unterschied mit Anmaßung und Bitterkeit begegnete, nur seinen christlichen Glauben und Muth beweise. Burnet machte ihn sich zum Todfeinde, weil er ihn zur Geduld und zum Vergeben von Ungerechtigkeiten ermahnte. »Sagt Sr. Lordschaft,« antwortete der unbeugsame Priester, »er möge sich um seine Angelegenheiten kümmern und mich für die meinigen selbst sorgen lassen.[6]« Man begann bald zu munkeln, daß Johnson den Verstand verloren habe. Er beschuldigte Burnet der Urheberschaft dieses Gerüchts und rächte sich durch Schmähschriften, deren maßlose Heftigkeit die Behauptung, die sie widerlegen sollten, nur bestätigten. Der König hielt es daher für besser, aus seiner Privatchatulle eine freigebige Entschädigung für das Unrecht zu bewilligen, von dem die Gemeinen ihn in Kenntniß gesetzt hatten, als einem überspannten und reizbaren Manne eine angesehene des öffentlichen Vertrauens bedürfende Stellung zu übertragen. Johnson erhielt ein Geschenk von tausend Pfund und eine jährliche Pension von dreihundert Pfund für sich und seinen nächsten Leibeserben. Sein Sohn wurde überdies im Dienste angestellt.[7] Das Erkenntniß gegen Devonshire. Während die Gemeinen das Urtheil Johnson's in Erwägung zogen, untersuchten die Lords mit Strenge das Prozeßverfahren, welches unter der vorigen Regierung gegen ein Mitglied ihres eignen Standes, den Earl von Devonshire, eingeleitet worden war. Die Richter, welche über ihn abgeurtheilt hatten, wurden umständlich ausgefragt und eine Resolution angenommen, welche erklärte, daß in seinem Falle die Vorrechte der Pairie verletzt und daß der Gerichtshof der Kings Bench, indem er einen übereilten Schlag mit einer Geldbuße von dreißigtausend Pfund bestraft, der gemeinen Justiz und der großen Charte Gewalt angethan habe.[8] Das Erkenntniß gegen Oates. In den vorerwähnten Fällen scheinen alle Parteien in der Ansicht übereingestimmt zu haben, daß eine öffentliche Genugthuung angemessen sei. Bald aber wurden die heftigsten Leidenschaften der Whigs wie der Tories durch die geräuschvollen Ansprüche eines Schurken erregt, dessen Leiden, so hart sie auch scheinen mochten, im Vergleich mit seinen Verbrechen unbedeutend gewesen waren. Oates war zurückgekommen, wie ein Geist von der Richtstätte, um die Orte heimzusuchen, die er durch seine Verbrechen befleckt hatte.
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Die ersten vierthalb Jahre nach seiner Züchtigung hatte er in einer Zelle von Newgate zugebracht, die er nur verlassen, wenn er an den Jahrestagen seiner Meineide an den Pranger gestellt wurde. Viele Fanatiker sahen jedoch immer noch einen Märtyrer in ihm, und man sagte sie hätten seine Kerkermeister in so weit zu bestechen vermocht, daß seine Leiden, trotz der bestimmtesten Befehle von Seiten der Regierung, durch manche Begünstigungen gemildert worden seien. Während andere Gefangene, welche im Vergleich zu ihm unschuldig waren, bei der Gefängnißkost abmagerten, wurde sein Tisch mit Truthühnern und Lendenbraten, mit Kapaunen und Spanferkeln, mit Wildpasteten und Körben Claret, den Spenden eifriger Protestanten besetzt.[9] Als Jakob von Whitehall geflüchtet und London in Bestürzung war, wurde in dem Rathe der Lords, welche die Leitung der Geschäfte provisorisch übernommen hatten, die Freilassung des Oates beantragt. Der Antrag wurde verworfen,[10] aber die Kerkermeister, welche nicht wußten, wem sie in dieser Zeit der Anarchie gehorchen sollten und die es mit einem Manne nicht verderben wollten, der einst ein furchtbarer Feind gewesen war und es vielleicht wieder werden konnte, erlaubten ihrem Gefangenen, frei in der Stadt umherzugehen.[11] Seine mißgestalteten Beine und sein häßliches Gesicht, das durch den Verlust der abgeschnittenen Ohren noch mehr entstellt worden, waren jetzt wieder täglich in Westminsterhall und im Court of Requests zu sehen.[12] Er hing sich an seine alten Gönner und gab ihnen in der schleppenden Sprache, die er als ein Zeichen von Vornehmheit affectirte, die Geschichte seiner Leiden und seiner Hoffnungen. Es sei unmöglich, sagte er, daß jetzt, wo die gute Sache gesiegt habe, der Entdecker des Complots übergangen werden könne. »Karl gab mir neunhundert Pfund jährlich. Gewiß, Wilhelm wird mir mehr geben.«[13] In wenigen Wochen brachte er sein Erkenntniß durch eine Nichtigkeitsbeschwerde in das Haus der Lords. Dies ist ein Appellationsact, welcher keine Thatbestandsfrage zur Erörterung bringt. Während die Lords über die Nichtigkeitsbeschwerde zu Gericht saßen, waren sie nicht berechtigt zu untersuchen, ob das Verdict, welches Oates für schuldig erklärte, den Beweisen entsprach oder nicht. Sie hatten nur zu erwägen, ob das Erkenntniß, angenommen auch, daß das Verdict den Beweisen entsprach, gesetzmäßig war.
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Aber es würde selbst einem aus altgedienten Magistratsbeamten bestehenden Tribunal schwer geworden sein, und war einer Versammlung von Edelleuten, die sich alle stark zu dieser oder jener Seite hinneigten und unter denen sich damals nicht ein einziger befand, dessen Geist durch das Studium der Jurisprudenz gebildet gewesen wäre, fast unmöglich, unverwandt auf den bloßen Rechtspunkt zu blicken und von den speciellen Umständen des Falles gänzlich zu abstrahiren. In den Augen einer Partei, die allerdings selbst unter den whiggistischen Peers wahrscheinlich eine Minorität bildete, war der Appellant ein Mann, der der Sache der Freiheit und der Religion unschätzbare Dienste geleistet und der dafür mit einer langjährigen Haft, mit entehrender Ausstellung und mit einer Tortur belohnt worden war, an die man nicht ohne Schaudern zurückdenken konnte. Die Majorität des Hauses betrachtete ihn jedoch richtiger als das falscheste, böswilligste und schamloseste Geschöpf, das je den Namen Mensch geschändet hatte. Bei dem Anblicke dieser frechen Stirn, bei dem Tone dieser lügnerischen Zunge verloren sie alle Selbstbeherrschung. Viele von ihnen erinnerten sich ohne Zweifel mit Beschämung und Reue, daß sie sich von ihm hatten täuschen lassen und daß er sie noch das letzte Mal wo er vor ihnen stand, durch einen Meineid bewogen hatte, das Blut eines Mitglieds ihres eigenen hohen Standes zu vergießen. Es ließ sich nicht erwarten, daß eine von solchen Gefühlen beseelte Versammlung von Gentlemen mit der kalten Unparteilichkeit eines Gerichtshofes verfahren werde. Ehe sie zu einer Entscheidung der Rechtsfrage kamen, welche Titus ihnen vorgelegt hatte, hingen sie ihm eine Reihe von Prozessen an. Er hatte eine Schrift drucken lassen, die seine Verdienste und seine Leiden verherrlichte. Die Lords fanden einen Vorwand, um diese Publikation eine Privilegiumsverletzung zu nennen und schickten ihn in das Marschallgefängniß. Er petitionirte um seine Freilassung, aber es wurde gegen sein Gesuch ein Einwurf geltend gemacht. Er hatte sich als Doctor der Theologie gerirt, und ihre Lordschaften wollten ihn als solchen nicht anerkennen. Er wurde vor ihre Schranken geführt und gefragt, wo er graduirt worden sei. Seine Antwort lautete: »Auf der Universität Salamanca.« Dies war ein neues Beispiel von seiner Lügenhaftigkeit und Frechheit. Sein Salamanca-Doctortitel war viele Jahre lang ein Lieblingsthema für alle toryistischen Satyriker von Dryden abwärts, und selbst auf dem Festlande wurde der »Salamancadoctor« ein allgemein gebräuchlicher Spottname.[14] Die Lords vergaßen in ihrem Hasse gegen Oates die Würde ihres Standes so weit, daß sie diese lächerliche Geschichte ernsthaft behandelten.
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Sie befahlen ihm, die Worte »Doctor der Theologie« in seiner Petition zu streichen, er entgegnete darauf, daß er dies mit gutem Gewissen nicht thun könne, und in Folge dessen wurde er ins Gefängniß zurückgeschickt.[15] Diese Präliminarien ließen unschwer errathen, welches Schicksal die Nichtigkeitsbeschwerde haben würde. Oates' Vertheidiger war gehört worden, und es trat kein Advokat gegen ihn auf. Die Richter wurden aufgefordert, ihre Meinung abzugeben. Es waren neun von ihnen anwesend und unter diesen neun befanden sich die Präsidenten der drei Gerichtshöfe des gemeinen Rechts. Der einstimmige Ausspruch dieser erfahrenen, gelehrten und rechtschaffenen Magistratspersonen lautete dahin, daß der Gerichtshof der Kings Bench nicht befugt sei, einen Priester seines heiligen Amtes zu entsetzen oder auf lebenslängliche Haft zu erkennen und daß daher das Urtheil gegen Oates gesetzwidrig sei und umgestoßen werden müsse. Die Lords hätten sich unzweifelhaft durch diesen Ausspruch für gebunden erachten sollen. Daß sie Oates als den schlechtesten Menschen von der Welt kannten, that nichts zur Sache. Für sie, in ihrer Eigenschaft als Gerichtshof, mußte er ein Apellant sein wie jeder andre. Aber ihr Unwille war heftig erregt und ihre Gewohnheiten waren nicht von der Art, um sie zur Erfüllung richterlicher Pflichten tauglich zu machen. Die Debatte drehte sich fast ausschließlich um Dinge, welche gar nicht hatten erwähnt werden sollen. Nicht ein einziger Peer hatte den Muth zu behaupten, daß das Urtheil rechtskräftig sei; dagegen wurde viel von dem abscheulichen Character des Apellanten, von der frechen Beschuldigung, die er gegen Katharine von Braganza erhoben, und von den schlimmen Consequenzen gesprochen, welche daraus hervorgehen müßten, wenn ein so schlechter Mensch als Zeuge auftreten dürfe. »Es giebt nur eine Bedingung,« sagte der Lordpräsident, »unter der ich mich dazu verstehen kann, das Urtel dieses Menschen umzustoßen. Er ist von Aldgate nach Tyburn gepeitscht worden: er muß von Tyburn nach Aldgate zurück gepeitscht werden.« Die Fragen wurden gestellt. Zwanzig Peers stimmten für Umstoßung des Urtels, fünfunddreißig für Bestätigung desselben.[16] Diese Entscheidung machte großes Aufsehen, und nicht ohne Grund. Jetzt wurde eine Frage erhoben, welche mit Recht die Besorgniß Jedermann's im ganzen Königreiche erwecken mußte. Die Frage war die, ob es dem höchsten Tribunale, dem Tribunale, von welchem in letzter Instanz die werthvollsten Interessen jedes englischen Unterthanen abhingen, freistehe, Rechtsfragen nach anderen als Rechtsgründen zu entscheiden und einem Rechtsuchenden wegen der Verderbtheit seines moralischen Characters sein anerkanntes gesetzliches Recht vorzuenthalten.
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Daß dem höchsten Appellhofe nicht gestattet sein dürfe, unter den Formen einer ordentlichen Justiz eine willkürliche Gewalt auszuüben, das fühlten die talentvollsten Männer im Hause der Gemeinen tief, und Niemand tiefer als Somers. Ihm und Denen, welche wie er argumentirten, stimmten in diesem Falle eine Menge schwacher und hitzköpfiger Zeloten bei, welche Oates noch immer als einen Volkswohlthäter betrachteten und glaubten, die Existenz des papistischen Complots in Zweifel ziehen heiße eben so viel als die Wahrheit der protestantischen Religion in Zweifel ziehen. Noch denselben Morgen, nachdem die Peers ihre Entscheidung abgegeben hatten, hörte man im Hause der Gemeinen sehr nachdrückliche Aeußerungen über die Gerechtigkeit Ihrer Lordschaften. Drei Tage darauf wurde der Gegenstand durch ein whiggistisches Mitglied des Geheimrath, Sir Robert Howard, Abgeordneter für Castle Rising, zur Sprache gebracht. Er gehörte der Berkshirelinie seiner vornehmen Familie an, einer Linie, die sich damals der nicht beneidenswerthen Auszeichnung erfreute, ungemein fruchtbar an schlechten Versmachern zu sein. Die Poesie der Howards von Berkshire war der Spott dreier Generationen von Satyrikern. Der Spaß begann mit der ersten Aufführung der »Rehearsal« und dauerte bis zur letzten Ausgabe der »Dunciade«.[17] Aber trotz seiner schlechten Verse und einiger Schwächen und Eitelkeiten, wegen denen er unter dem Namen Sir Positive Atall auf die Bühne gebracht wurde, besaß Sir Robert im Parlamente das Gewicht, das ein standhafter Parteimann von großem Vermögen, angesehenem Namen, gewandtem Vortrage und entschlossenem Geiste fast immer besitzt.[18] Als er sich erhob, um die Aufmerksamkeit der Gemeinen für den Rechtsfall Oates' in Anspruch zu nehmen, begrüßten ihn einige Tories, die von den nämlichen Leidenschaften beseelt waren, welche in dem andren Hause vorherrschend gewesen, mit lautem Zischen. Trotz dieser höchst unparlamentarischen Beleidigung beharrte er in seinem Vorhaben, und es zeigte sich bald, daß er die Majorität für sich hatte. Einige Redner priesen Oates' Patriotismus und Muth, andere sprachen ausführlich über ein umlaufendes Gerücht, daß die Anwälte, deren sich die Krone gegen ihn bedient, bedeutende Summen Geldes unter die Geschwornen vertheilt hätten. Dies waren jedoch Dinge, in Bezug auf welche große Meinungsverschiedenheit herrschte. Daß aber das Erkenntniß ungesetzlich war, ließ sich nicht bestreiten. Die ausgezeichnetsten Juristen im Hause der Gemeinen erklärten, daß sie in diesem Punkte mit dem Ausspruche, den die Richter im Hause der Lords abgegeben, vollkommen übereinstimmten.
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Die, welche gezischt hatten, als der Gegenstand zur Sprache gebracht wurde, waren so wirksam eingeschüchtert, daß sie nicht auf Abstimmung anzufragen wagten, und eine das Urtel annullirende Bill wurde ohne Opposition eingebracht.[19] Die Lords befanden sich in einer kritischen Lage. Den Ausspruch zu widerrufen, wäre unangenehm gewesen, und sich in einen Streit mit dem Unterhause über einen Gegenstand einzulassen, bezüglich dessen dieses Haus klar im Rechte war und zu gleicher Zeit durch die Ansichten der Rechtskundigen wie durch die Leidenschaften des Pöbels unterstützt wurde, konnte gefährlich werden. Man hielt es daher für passend, einen Mittelweg einzuschlagen. Es wurde eine Adresse an den König gerichtet, die ihn ersuchte, Oates zu begnadigen.[20] Diese Concession aber machte das Uebel nur schlimmer. Titus hatte, wie jeder andre Mensch, Anspruch auf Gerechtigkeit, aber er war kein geeigneter Gegenstand für Gnade. War das gegen ihn gefällte Urtel gesetzwidrig, so mußte es umgestoßen werden; war es gesetzmäßig, so war kein Grund vorhanden, es irgendwie zu mildern. Die Gemeinen blieben geziemenderweise fest, nahmen ihre Bill an und schickten sie den Lords zu. Der einzige Theil dieser Bill, der einen Einwurf zuließ, war der Eingang, worin nicht allein behauptet war, daß das Urtel gesetzwidrig sei, eine Behauptung, die sich bei Einsicht der Acten als richtig ergab, sondern auch daß das Verdict durch Bestechung corrumpirt sei, eine Behauptung, die, mochte sie nun wahr oder falsch sein, durch gar nichts bewiesen war. Die Lords waren in großer Verlegenheit. Sie wußten, daß sie Unrecht hatten, waren aber gleichwohl entschlossen, es in ihrer legislativen Eigenschaft nicht auszusprechen, daß sie sich in ihrer richterlichen Eigenschaft einer Ungerechtigkeit schuldig gemacht hätten. Sie versuchten abermals einen Mittelweg. Der Eingang wurde gemildert, eine Klausel hinzugesetzt, welche bestimmte, daß Oates auch fernerhin zur Zeugenschrift unfähig bleiben solle, und die so abgeänderte Bill den Gemeinen wieder zugesandt. Die Gemeinen waren nicht befriedigt. Sie verwarfen die Amendements und verlangten eine freie Conferenz. Zwei ausgezeichnete Tories, Rochester und Nottingham, nahmen als Wortführer der Lords im »gemalten Zimmer« ihre Sitze ein. Ihnen zur Seite stand Burnet, dessen wohlbekannter Haß gegen den Papismus dem was er bei einer solchen Gelegenheit sagen mochte, großes Gewicht zu geben verhieß. Somers war der Hauptsprecher auf der andren Seite, und seiner Feder verdanken wir einen ungemein klaren und interessanten Auszug aus der Debatte. Die Lords gestanden offen zu, daß das Erkenntniß des Gerichtshofes der Kings Bench sich nicht vertheidigen lasse.
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Sie wüßten, daß es gesetzwidrig sei und hätten dies auch gewußt, als sie es bestätigten. Aber sie hätten die beste Absicht dabei gehabt. Sie beschuldigten Oates, eine schamlos falsche Anklage gegen die Königin Katharine erhoben zu haben, erwähnten noch andere Beispiele von seiner Schlechtigkeit und fragten ob ein solcher Mensch noch befugt sein dürfe, vor einem Gerichtshofe Zeugniß abzulegen. Die einzige Entschuldigung, welche ihrer Ansicht nach zu seinen Gunsten angeführt werden könne, sei die, daß er den Verstand verloren habe, und die unerhörte Frechheit und Albernheit seines Benehmens, als er das letzte Mal vor ihnen gestanden, scheine in der That die Annahme zu rechtfertigen, daß er geisteskrank sei und daß man ihm das Leben Anderer nicht anvertrauen könne. Die Lords könnten sich daher nicht durch ausdrückliche Zurücknahme dessen was sie gethan erniedrigen und eben so wenig sich entschließen, das Verdict auf keinen andren Beweis hin als ein allgemeines Gerücht, für corrumpirt zu erklären. Die Replik war vollkommen siegreich. »Oates bildet jetzt den kleinsten Theil der Frage. Eure Lordschaften sagen, er habe die Königin Wittwe und andere unschuldige Personen fälschlich angeklagt. Zugegeben. Diese Bill gewährt ihm keine Amnestie. Wir sind ganz dafür, daß er, wenn er schuldig ist, bestraft werden muß. Aber wir verlangen in seinem wie im Interesse aller Engländer, daß die Strafe durch das Gesetz und nicht durch die Willkür eines Tribunals bestimmt werde. Wir verlangen, daß, wenn Eure Lordschaften eine Appellation vorliegt, Sie den bekannten Gebräuchen und Gesetzen des Reichs gemäß Ihr Urtheil darüber abgeben. Wir leugnen, daß Sie in einem solchen Falle das mindeste Recht haben, auf den moralischen Character eines Klägers oder auf die politischen Folgen einer Entscheidung Rücksicht zu nehmen. Sie gestehen selbst zu, daß Sie lediglich deshalb, weil Sie eine nachtheilige Meinung von diesem Manne hatten, ein Erkenntniß bestätigten, von dem Sie wußten, daß es gesetzwidrig war. Gegen diese Anmaßung willkürlicher Gewalt protestiren die Gemeinen, und sie hoffen, daß Sie jetzt widerrufen werden, was Sie als einen Irrthum erkennen müssen. Eure Lordschaften sprechen die Vermuthung aus, daß Oates wahnsinnig sei. Wahnsinn kann jedoch ein sehr triftiger Grund sein, um einen Menschen gar nicht zu bestrafen. Wie aber der Wahnsinn ein Grund sein kann, um eine Strafe über ihn zu verhängen, die selbst wenn er gesund wäre, ungesetzlich sein würde, das begreifen die Gemeinen nicht.
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Eure Lordschaften meinen ferner, daß Sie es nicht verantworten könnten, ein Verdict corrumpirt zu nennen, von dem dies nicht juristisch bewiesen sei. Erlauben Sie uns, Sie daran zu erinnern, daß Sie zwei verschiedene Funktionen haben. Sie sind Richter und Sie sind Gesetzgeber. Wenn Sie richten, so ist es Ihre Pflicht, Sich streng an das Gesetz zu halten. Wenn Sie Gesetze geben, kann es zweckmäßig sein, auf allgemeine Gerüchte Rücksicht zu nehmen. Sie kehren diese Regel um. Sie sind am unrechten Orte lax und am unrechten Orte scrupulös. Als Richter verletzen Sie um einer vermeintlichen Convenienz willen das Gesetz. Als Gesetzgeber wollen Sie kein Factum ohne solche technische Beweise gelten lassen, wie sie Gesetzgeber nur selten erlangen können.[21]« Auf dieses Raisonnement wurde nichts erwiedert und konnte nichts erwiedert werden. Die Gemeinen waren sichtlich stolz auf die Kraft ihrer Beweisführung und auf das Auftreten Somers' im gemalten Zimmer. Sie beauftragten ihn insbesondere, dafür zu sorgen, daß der Bericht, den er von der Conferenz erstattet hatte, genau in die Protokolle aufgenommen werde. Die Lords dagegen unterließen wohlweislich, einen Bericht über eine Debatte, in der sie eine so vollständige Niederlage erlitten hatten, in ihre Protokolle einzuzeichnen. Aber obgleich sie ihren Fehler einsahen und sich desselben schämten, waren sie doch nicht dahin zu bringen, es öffentlich zu bekennen, indem sie im Eingange zu der Acte eingestanden, daß sie sich einer Ungerechtigkeit schuldig gemacht hätten. Die Minorität war indessen stark. Der Beschluß, beizutreten, wurde mit nur zwölf Stimmen durchgebracht, wovon zehn auf abwesende Mitglieder kamen, die ihre Stimmen Anderen übertragen hatten.[22] Einundzwanzig Peers protestirten und die Bill fiel. Zwei Beisitzer wurden abgeschickt, um die Gemeinen von dem definitiven Beschlusse der Peers in Kenntniß zu setzen. Die Gemeinen hielten dieses Verfahren in substantieller Hinsicht für unverantwortlich und in formeller Hinsicht für unhöflich. Sie beschlossen, dagegen zu demonstriren, und Somers entwarf ein vortreffliches Manifest, in welchem der verachtungswerthe Name des Oates kaum erwähnt war und worin das Oberhaus sehr ernst und eindringlich ermahnt wurde, richterliche Fragen richterlich zu behandeln und nicht eigenmächtig ein neues Recht zu machen unter dem Vorwande, das bestehende Recht anzuwenden.[23] Der Schurke, der jetzt zum zweiten Male die politische Welt in Aufregung gebracht hatte, wurde begnadigt und in Freiheit gesetzt.
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Seine Freunde im Unterhause beantragten nun eine Adresse an den Thron, welche darum ansuchte, daß ihm eine für seinen Unterhalt genügende Pension ausgesetzt werden möchte,[24] Es wurden ihm in Folge dessen etwa dreihundert Pfund Sterling jährlich bewilligt, eine Summe, die er unter seiner Würde hielt und die er nur mit der verbissenen Wuth getäuschter Habsucht annahm. Rechtsbill. Aus dem Streite über Oates entsprang ein andrer Streit, der sehr ernste Folgen hätte haben können. Die Urkunde welche Wilhelm und Marien zum König und zur Königin erklärten, war eine revolutionäre Urkunde. Sie war das Werk einer Versammlung, von der das ordentliche Gesetz nichts wußte, und hatte nie die königliche Sanction erhalten. Es war offenbar wünschenswerth, daß dieser hochwichtige Vertrag zwischen den Regierenden und den Regierten, dieses Dokument, kraft dessen der König seinen Thron und das Volk seine Freiheiten besaß, in eine streng regelrechte Form gebracht wurde. Die Rechtserklärung wurde deshalb in eine Rechtsbill verwandelt und die Rechtsbill von den Gemeinen ohne weiteres angenommen. Bei den Lords aber stieß sie auf Schwierigkeiten. Die Rechtserklärung hatte die Krone zuerst Wilhelm und Marien gemeinschaftlich, dann dem Ueberlebenden von Beiden, dann Mariens Nachkommenschaft, und endlich auch der Nachkommenschaft Wilhelm's von irgend einer andren Gemahlin als Marien zuerkannt. Die Bill war mit der Erklärung genau übereinstimmend abgefaßt. Wem aber der Thron zufallen sollte, wenn Marie, Anna und Wilhelm alle drei ohne Nachkommen starben, war in Ungewißheit gelassen. Dieser nicht vorgesehene Fall war indessen keineswegs unwahrscheinlich. Er lag sogar wirklich vor. Wilhelm hatte nie ein Kind gehabt. Anna war zwar mehrere Male Mutter gewesen, aber keines ihrer Kinder war mehr am Leben. Es wäre kein großes Wunder gewesen, wenn Krankheit, Krieg oder Verrath binnen wenigen Monaten sämmtliche Personen, welche zur Thronfolge befähigt waren, aus der Welt geschafft hätte. In welche Lage wäre das Land in diesem Falle gekommen? Wem sollte dann gehuldigt werden? Die Bill enthielt zwar eine Klausel, welche Papisten vom Throne ausschloß. Aber ersetzte eine solche Klausel eine den Nachfolger mit Namen bezeichnende Bestimmung? wie dann, wenn der nächste Thronerbe ein noch nicht drei Monat alter Prinz des Hauses Savoyen war? Es wäre absurd gewesen, ein solches Kind einen Papisten zu nennen.
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Sollte es also zum König proklamirt werden? Oder sollte die Krone so lange herrenlos bleiben, bis es ein Alter erreicht hatte, in welchem es befähigt war, sich eine Religion zu wählen? Konnten nicht auch die rechtschaffensten und verständigsten Männer in Zweifel sein, ob sie es als ihren Souverain betrachten dürften? Und wer sollte ihnen diesen Zweifel lösen? Ein Parlament würde es nicht geben, denn das Parlament würde mit dem Fürsten, der es zusammenberufen hatte, aufhören zu existiren. Es mußte eine vollständige Anarchie eintreten, eine Anarchie, welche mit der Vernichtung der Monarchie oder mit der Vernichtung der öffentlichen Freiheit enden konnte. Aus diesen gewichtigen Gründen schlug Burnet auf Wilhelm's Veranlassung im Hause der Lords vor, daß die Krone in Ermangelung von Leibeserben Sr. Majestät, auf eine unbezweifelte Protestantin, Sophie, Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, einer Enkelin Jakob's I. und Tochter Elisabeth's, Königin von Böhmen, übergehen solle. Die Lords genehmigten dieses Amendement einstimmig, die Gemeinen aber verwarfen es einstimmig. Die Ursache der Verwerfung hat kein Schriftsteller der damaligen Zeit genügend erklärt. Ein whiggistischer Schriftsteller spricht von Machinationen der Republikaner, ein andrer von Machinationen der Jakobiten. Es steht jedoch fest, daß vier Fünftel der Vertreter des Volks weder Jakobiten noch Republikaner waren. Gleichwohl erhob sich im Unterhause nicht eine einzige Stimme zu Gunsten der Klausel, welche im Oberhause mit Acclamation angenommen worden war.[25] Die wahrscheinlichste Erklärung dürfte die sein, daß die grobe Ungerechtigkeit, welche in der Angelegenheit Oates' begangen worden, die Gemeinen dergestalt gereizt hatte, daß sie mit Freuden eine Gelegenheit ergriffen, den Peers zu opponiren. Es wurde eine Conferenz gehalten, aber keine der beiden Versammlungen wollte nachgeben. Während der Streit am heftigsten war, trat ein Ereigniß ein, von dem man hätte denken sollen, daß es die Eintracht wiederherstellen werde. Anna gebar einen Sohn. Das Kind wurde mit großem Pomp und unter vielfachen öffentlichen Freudenbezeigungen in Hampton Court getauft. Wilhelm, war der eine Taufzeuge, der andre war der feingebildete Dorset, dessen Dach der Prinzessin in ihrem Unglück eine Zuflucht gewährt hatte. Der König gab dem Kinde seinen eignen Namen und kündigte dem um den Taufstein versammelten glänzenden Cirkel an, daß der kleine Wilhelm von diesem Augenblicke Herzog von Gloucester genannt werden solle.[26] Die Geburt dieses Prinzen hatte die Gefahr, gegen welche die Lords auf ihrer Hut zu sein für nöthig erachtet, sehr vermindert. Sie hätten daher jetzt mit Anstand widerrufen können.
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Aber ihr Stolz war durch die Strenge, mit der man ihre Entscheidung über Oates' Nichtigkeitsbeschwerde im gemalten Zimmer getadelt hatte, verletzt worden. Man hatte ihnen geradezu ins Gesicht gesagt, daß sie ungerechte Richter seien, und diese Beschuldigung war nur um so kränkender, weil sie sich bewußt waren sie verdient zu haben. Sie verweigerten jede Concession und die Rechtsbill wurde fallen gelassen.[27] Streitigkeiten wegen einer Indemnitätsbill. Die aufregendste Frage dieser langen und stürmischen Session war jedoch die, welche Strafe den Männern zuerkannt werden solle, die in der Zeit zwischen der Auflösung des Oxforder Parlaments und der Revolution die Rathgeber oder Werkzeuge Karl's und Jakob's gewesen waren. Es war ein Glück für England, daß in dieser Krisis ein Fürst, der keiner der beiden Parteien angehörte, der keine von beiden weder liebte noch haßte und der zur Durchführung eines großen Planes beide zu benutzen wünschte, der Vermittler zwischen ihnen war. Die beiden Parteien waren jetzt in einer ganz ähnlichen Lage wie vor achtundzwanzig Jahren. Zwar war die Partei, welche damals im Nachtheil gewesen, gegenwärtig im Vortheil, aber die Analogie zwischen den beiden Situationen ist eine der vollkommensten, die man in der Geschichte finden kann. Die Restauration wie die Revolution waren beide durch Coalitionen herbeigeführt worden. Bei der Restauration halfen diejenigen Politiker, welche der Freiheit besonders zugethan waren, die Monarchie wieder einsetzen; bei der Revolution halfen diejenigen Politiker, welche der Monarchie mit besonderem Eifer anhingen, die Freiheit vertheidigen. Der Cavalier hätte, bei der ersteren Gelegenheit, ohne den Beistand der Puritaner, welche für den Covenant gefochten, nichts ausrichten können; ebensowenig hätte der Whig bei der letzteren Gelegenheit der Willkürgewalt einen erfolgreichen Widerstand leisten können, wäre er nicht durch Männer unterstützt worden, die noch vor ganz kurzer Zeit den Widerstand gegen Willkürgewalt als eine Todsünde verdammt hatten. Die Bedeutendsten unter Denen, durch welche im Jahre 1660 die königliche Familie zurückgebracht wurde, waren Hollis, der in den Tagen der Tyrannei Karl's I. den Sprecher mit offener Gewalt auf seinem Stuhle festhielt, während der schwarze Stab vergebens anklopfte, um Einlaß zu erlangen; Ingoldsby, dessen Name unter dem denkwürdigen Todesurtheile stand, und Prynne, dem Laud die Ohren abgeschnitten und der dafür den Hauptantheil an Laud's Verurtheilung zum Tode gehabt hatte.
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wieder in Whitehall war, vergaß der Cavalier die Dienste, welche die Presbyterianer kürzlich geleistet, und erinnerte sich nur noch ihrer alten Beleidigungen. Sobald Wilhelm König war, begannen nur zu viele Whigs Rache zu fordern für Alles was sie in den Tagen des Ryehousecomplots von der Hand der Tories erduldet hatten. Bei beiden Gelegenheiten wurde es dem Souverain schwer, die besiegte Partei vor der Wuth seiner triumphirenden Anhänger zu schützen, und bei beiden Gelegenheiten murrten Die, deren Rache er vereitelt hatte, heftig gegen die Regierung, die so schwach und undankbar gewesen war, ihre Feinde gegen ihre Freunde in Schutz zu nehmen. Schon am 25. März machte Wilhelm die Gemeinen auf die Zweckmäßigkeit der Maßregel aufmerksam, die öffentliche Meinung durch eine Amnestie zu beschwichtigen. Er sprach die Hoffnung aus, daß eine Bill für allgemeines Vergeben und Vergessen so bald als möglich ihm zur Genehmigung vorgelegt und daß keine anderen Ausnahmen gemacht werden würden, als die für die Aufrechthaltung der öffentlichen Gerechtigkeit und für die Sicherheit des Staats absolut nothwendig erschienen. Die Gemeinen waren einstimmig dafür, ihm für diesen Beweis seiner väterlichen Güte zu danken; allein sie ließen viele Wochen vergehen, ohne einen Schritt zur Erfüllung seines Wunsches zu thun. Als der Gegenstand endlich wieder zur Sprache gebracht wurde, geschah dies auf eine Art, welche deutlich bewies, daß die Majorität nicht den ernsten Willen hatte, der Ungewißheit ein Ende zu machen, welche allen denjenigen Tories, die sich bewußt waren, in ihrem Eifer für die Prärogative zuweilen die vom Gesetz gezogene strenge Grenze überschritten zu haben, das Leben verbitterte. Es wurden zwölf Kategorien gebildet, von denen einige so umfassend waren, daß sie Zehntausende von Delinquenten in sich schlossen, und das Haus beschloß, daß in jeder dieser Kategorien einige Ausnahmen gemacht werden sollten. Dann kam die Prüfung der einzelnen Fälle. Zahlreiche Angeklagte und Zeugen wurden vor die Schranken citirt. Die Debatten waren lang und heftig, und es stellte sich bald heraus, daß die Arbeit kein Ende nehmen werde. Der Sommer verging und der Herbst rückte heran; die Session konnte nicht viel länger dauern, und von den zwölf einzelnen Untersuchungen, welche die Gemeinen vorzunehmen beschlossen hatten, waren erst drei beendigt. Es war demnach nöthig, die Bill für dieses Jahr fallen zu lassen.[28] Die letzten Tage Jeffreys'.
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Unter den vielen Verbrechern, deren Namen im Laufe dieser Untersuchung genannt wurden, befand sich einer, der an Schuld und Schande einzig und unerreicht dastand und den sowohl Whigs als Tories der äußersten Strenge des Gesetzes zu überlassen geneigt waren. An dem fürchterlichen Tage, auf den die Irische Nacht folgte, hatte das Wuthgebrüll einer um ihre Rache betrogenen großen Stadt Jeffreys bis an die Zugbrücke des Towers begleitet. Obwohl seine Einkerkerung nicht streng gesetzmäßig war, nahm er doch anfangs mit Dank und Segenswünschen den Schutz an, den diese düsteren, durch so viele Verbrechen und Leiden berüchtigten Mauern ihm vor der Wuth der Menge gewährten.[29] Bald kam er jedoch zu der Ueberzeugung, daß sein Leben noch immer sehr gefährdet sei. Eine Zeit lang schmeichelte er sich mit der Hoffnung, daß ein Habeascorpusbefehl ihn aus seiner Haft befreien und daß er im Stande sein werde, in ein fremdes Land zu entkommen und sich mit einem Theile seines übelerworbenen Reichthums vor dem Hasse der Menschheit zu verbergen. Aber bis zur Feststellung der Regierung gab es keinen Gerichtshof, der zur Ausstellung eines Habeascorpusbefehls befugt gewesen wäre, und sobald die Regierung festgestellt war, wurde die Habeascorpusacte suspendirt.[30] Ob Jeffreys des Mordes in legalem Sinne überführt werden konnte, steht zu bezweifeln. Moralisch aber war er so vieler Mordthaten schuldig, daß, wenn es kein andres Mittel gegeben hätte, seinem Leben beizukommen, die ganze Nation eine retrospective Verurtheilungsacte stürmisch gefordert haben würde. Die Neigung, über einen Gefallenen zu triumphiren, gehörte nie zu den vorwiegenden Untugenden der Engländer; aber der Haß gegen Jeffreys war ohne Beispiel in unsrer Geschichte und entsprach nur zu sehr dem Blutdurste seines eignen Characters. Das Volk war in Bezug auf ihn eben so grausam als er selbst und frohlockte über seinen Schmerz, wie er gewohnt gewesen war, über den Schmerz Verurtheilter, die ihr Todesurtheil anhörten, und trauernder Familien zu frohlocken. Der Pöbel versammelte sich vor seinem verödeten Hause in Duke Street und las unter schallendem Gelächter an seiner Thür die Anschläge, welche den Verkauf seines Eigenthums verkündeten. Selbst zarte Frauen, die für Straßenräuber und Diebe Thränen hatten, athmeten nichts als Rache gegen ihn. Die Spottlieder auf ihn, welche in der Stadt verkauft wurden, zeichneten sich durch eine selbst damals seltene Heftigkeit aus.
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Der Henkertod sei viel zu mild, ein Grab unter dem Galgen eine viel zu ehrenvolle Ruhestätte für ihn, er müsse an einen Karren angebunden und zu Tode gepeitscht, er müsse wie ein Indianer gemartert, er müsse lebendig verschlungen werden. Die Straßendichter zertheilten alle seine Glieder mit cannibalischer Grausamkeit und berechneten wie viel Pfund Fleisch von seinem wohlgenährten Corpus losgeschnitten werden könnten. Die Wuth seiner Feinde ging sogar soweit, daß sie in einer in England selten gehörten Sprache den Wunsch ausdrückten, er möge dahin gehen, wo Heulen und Zähnklappern sei, zu dem Wurme, der niemals stirbt, zu dem Feuer, das nimmer verlöscht. Sie riethen ihm, sich mittelst seiner Kniebänder aufzuhängen und sich mit seinem Rasirmesser den Hals abzuscheiden. Sie richteten das gräßliche Gebet zum Himmel, daß er der Reue unzugänglich sein und als der nämliche herzlose, nichtswürdige Jeffreys sterben möge, der er im Leben gewesen war.[31] Eben so feigherzig im Unglück wie übermüthig und unmenschlich im Glück, sank ihm unter der Last der öffentlichen Verachtung gänzlich der Muth. Seine von Haus aus schlechte und durch Unmäßigkeit sehr geschwächte Constitution wurde durch Verzweiflung und Angst völlig zerrüttet. Er wurde von einer schmerzhaften inneren Krankheit gepeinigt, welche selbst die geschicktesten Aerzte der damaligen Zeit selten zu heben vermochten. Nur ein Trost blieb ihm: der Branntwein. Selbst wenn er Untersuchungen zu leiten und Berathungen beizuwohnen hatte, ging er selten nüchtern zu Bett. Jetzt, wo er seinen Geist mit nichts als entsetzlichen Rückerinnerungen und entsetzlichen Ahnungen beschäftigen konnte, gab er sich rückhaltlos seinem Lieblingslaster hin. Viele glaubten, er wolle durch Unmäßigkeit sein Leben verkürzen. Er hielte es für besser, meinten sie, im Zustande der Trunkenheit aus der Welt zu gehen, als sich von Ketch zerhacken, oder vom Pöbel zerreißen zu lassen. Einmal wurde er aus seiner jammervollen Verzagtheit durch eine angenehme Empfindung aufgerüttelt, der jedoch alsbald eine kränkende Enttäuschung folgte. Es war ein Packet für ihn im Tower abgegeben worden, das ein Fäßchen Colchesteraustern, sein Lieblingsgericht zu enthalten schien. Er war tief bewegt, denn es giebt Augenblicke, wo Diejenigen, welche am wenigsten Zuneigung verdienen, sich mit dem Gedanken schmeicheln, daß sie solche einflößen. »Gott sei Dank!« rief er aus; »ich habe doch noch Freunde.« Er öffnete das Fäßchen, und aus einem Haufen Austernschalen fiel ein starker Strick.[32] Es scheint nicht, daß einer der Schmeichler oder Narren, die er mit dem geraubten Gute seiner Schlachtopfer bereichert hatte, ihn in der Zeit der Trübsal tröstete.
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Doch war er nicht gänzlich verlassen. Johann Tutchin, den er dazu verurtheilt hatte, sieben Jahre lang alle vierzehn Tage ausgepeitscht zu werden, machte sich auf den Weg nach dem Tower und besuchte den gestürzten Tyrannen. Der arme Jeffreys, obwohl bis in den Staub gedemüthigt, benahm sich mit verworfener Höflichkeit und bestellte Wein. »Ich freue mich, Sir,« sagte er, »Sie bei mir zu sehen.« -- »Und ich,« entgegnete der schadenfrohe Whig, »freue mich, Eure Lordschaft hier zu sehen.« -- »Ich diente meinem Herrn,« versetzte Jeffreys, »dies war meine Gewissenspflicht.« -- »Wo hatten Sie Ihr Gewissen, als sie in Dorchester jenes Urtheil über mich verhängten?« -- »Meine Instructionen lauteten dahin,« antwortete Jeffreys gleißnerisch, »daß ich gegen Männer wie Sie, Männer von Talent und Muth, keine Nachsicht üben sollte. Als ich an den Hof zurückkam, wurde ich wegen meiner Milde getadelt.[33]« Selbst Tutchin scheint trotz der Heftigkeit seines Grolls und trotz der Größe der ihm widerfahrenen Unbilden durch das jammervolle Schauspiel, das er anfangs mit rachsüchtiger Schadenfreude betrachtete, ein wenig gerührt worden zu sein. Er leugnete stets die Wahrheit des Gerüchts, daß er Derjenige gewesen sei, der das Colchesterfaß in den Tower geschickt habe. Außer diesem gewann ein menschenfreundlicher Mann, Johann Sharp, der vortreffliche Dechant von Norwich, es über sich, den Gefangenen zu besuchen. Es war eine peinliche Aufgabe, aber Sharp war in früheren Zeiten von Jeffreys so freundlich behandelt worden, wie Jeffreys überhaupt seinem Character nach Jemanden behandeln konnte, und es war ihm einige Male durch geduldiges Warten, bis der Sturm der Flüche und Verwünschungen ausgetobt hatte, und durch geschickte Benutzung eines Augenblicks guter Laune gelungen, für unglückliche Familien eine Linderung ihrer Leiden zu erwirken. Der Gefangene war erstaunt und erfreut. »Was wagen Sie mir jetzt noch zuzugestehen?« sagte er. Der menschenfreundliche Geistliche bemühte sich jedoch vergebens, in diesem verstockten Gewissen einen heilsamen Schmerz zu wecken. Anstatt seine Schuld zu bekennen, ergoß sich Jeffreys in heftige Schmähungen gegen die Ungerechtigkeit der Menschen. »Die Leute nennen mich einen Mörder, weil ich das gethan, was Mancher, der jetzt hoch in Gunst steht, damals vollkommen billigte. Sie nennen mich einen Trunkenbold, weil ich Punsch trinke, um mir die Last meines Kummers zu erleichtern.« Er wollte nicht zugeben, daß er als Präsident der Hohen Commission etwas Tadelnswerthes gethan habe. Seine Collegen, sagte er, seien die eigentlichen Schuldigen, und jetzt wälzten sie alle Schuld auf ihn.
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Mit besonderer Bitterkeit sprach er von Sprat, der unbestreitbar das humanste und gemäßigtste Mitglied der Behörde gewesen war. Es zeigte sich bald klar und deutlich, daß der abscheuliche Richter der Last seiner körperlichen und geistigen Leiden rasch erliegen würde. Doctor Johann Scott, Präbendar von St. Paul, ein Geistlicher von großer Frömmigkeit und Verfasser des »Christian Life,« eines einst weit und breit berühmten Buches, wurde wahrscheinlich auf Anrathen seines intimen Freundes Sharp, an's Bett des Sterbenden gerufen. Doch umsonst sprach auch Scott, wie Sharp es bereits gethan, von den entsetzlichen Schlächtereien von Dorchester und Taunton. Jeffreys blieb bis zum letzten Augenblicke dabei, daß Die, welche ihn für blutdürstig hielten, seine damaligen Befehle nicht kennten, daß er eher Lob als Tadel verdiene und daß seine Milde ihm das höchste Mißfallen seines Gebieters zugezogen habe.[34] Krankheit unterstützt durch starkes Trinken und durch tiefen Gram, vollendete bald ihr Werk. Der Magen des Kranken nahm keine Speise mehr an. Binnen wenigen Wochen magerte der stattliche und sogar corpulente Mann zu einem Gerippe ab. Am 18. April starb er im einundvierzigsten Jahre seines Lebens. Mit fünfunddreißig Jahren war er Oberrichter der Kings Bench, mit siebenunddreißig Lordkanzler gewesen. In der ganzen Geschichte der englischen Justizpflege findet sich kein zweites Beispiel von einem so raschen Emporsteigen oder einem so heftigen Sturze. Der abgezehrte Leichnam wurde in aller Stille neben der Asche Monmouth's in der Kapelle des Tower beigesetzt.[35] Der Sturz dieses einst so mächtigen und gefürchteten Mannes, der Abscheu, mit dem er von allen ehrenwerthen Mitgliedern seiner eignen Partei betrachtet wurde, die Art und Weise, wie die minder ehrenwerthen Mitglieder dieser Partei in seinem Unglück jede Gemeinschaft mit ihm von sich wiesen und die ganze Schuld der Verbrechen, zu denen sie ihn aufgemuntert hatten, auf ihn wälzte, hatten den maßlosen Freunden der Freiheit, welche nach einer neuen Proscription verlangten, zur Lehre dienen sollen. Allein es war eine Lehre, die nur zu viele von ihnen nicht beachteten. Die Whigs unzufrieden mit dem Könige. Der König hatte gleich beim Beginn seiner Regierung ihr Mißfallen erregt, indem er einige Tories und Trimmers zu hohen Aemtern berief und die durch diese Ernennungen erweckte Unzufriedenheit war durch sein Bemühen, eine allgemeine Amnestie für die Besiegten zu erlangen, noch verstärkt worden. Er war allerdings auch nicht der Mann, der sich bei den rachsüchtigen Zeloten irgend einer Partei hätte beliebt machen können.
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Denn zu den Eigenthümlichkeiten seines Characters gehörte eine gewisse schroffe Humanität, durch die er seine Feinde selten gewann und seine Freunde oftmals aufbrachte, in der er aber eigensinnig beharrte, ohne sich weder um die Undankbarkeit Derer, die er vom Untergange gerettet, noch um die Wuth Derer zu kümmern, deren Rachegelüste er vereitelt hatte. Einige Whigs sprachen jetzt ebenso hart über ihn, als sie je über einen seiner beiden Oheime gesprochen hatten. Er sei im Grunde auch ein Stuart und er sei dies nicht umsonst. Wie Alle dieses Stammes liebe auch er die Willkürherrschaft. In Holland sei es ihm gelungen, sich unter der Form einer republikanischen Staatseinrichtung zu einem kaum minder absoluten Herrscher zu machen, als es die erblichen Grafen gewesen seien. Durch eine sonderbare Verkettung von Umständen habe sein Interesse eine kurze Zeit lang dem Interesse des englischen Volks entsprochen, aber obgleich er zufällig ein Befreier geworden, sei er doch von Natur ein Despot. Er sympathisire nicht mit dem gerechten Zorne der Whigs. Er habe Zwecke im Auge, welche die Whigs keinen Souverain gutwillig erreichen lassen würden, und er wisse auch recht gut, daß er nur die Tories als Werkzeuge dazu benutzen könne. Daher habe er sie vom Augenblicke seiner Thronbesteigung an ungebührlich begünstigt. Jetzt wolle er den nämlichen Verbrechern, die er vor wenigen Monaten in seiner Erklärung als eine exemplarische Strafe verdienend bezeichnet habe, eine Amnestie erwirken. Im November habe er der Welt gesagt, daß die Verbrechen, an denen jene Männer Theil genommen, es Unterthanen zur Pflicht gemacht hätten, ihren Huldigungseid zu brechen, Soldaten, ihre Fahnen zu verlassen, Kinder, gegen ihre Eltern zu kämpfen. Mit welcher Consequenz könne er jetzt dazu rathen, diese Verbrechen mit dem Mantel allgemeiner Vergessenheit zu bedecken? und sei nicht nur zu triftiger Grund zu der Besorgniß vorhanden, daß er die Helfershelfer der Tyrannei vor dem verdienten Loose in der Hoffnung zu retten wünsche, daß sie ihm früher oder später einmal eben so gewissenslos dienen würden, wie sie seinem Schwiegervater gedient hätten? Maßlose Heftigkeit Howe's. Unter den von diesen Gefühlen beseelten Mitgliedern des Hauses der Gemeinen war Howe der Heftigste und Kühnste. Er ging einmal so weit, daß eine Untersuchung der Maßnahmen des Parlaments von 1685 eingeleitet und daß allen Denen, die in diesem Parlament mit dem Hofe gestimmt hatten, irgend ein Brandmal aufgedrückt werden solle.
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Dieser eben so absurde als hämische Antrag wurde von allen ehrenwertheren Whigs gemißbilligt und von Birch und Maynard nachdrücklich bekämpft.[36] Howe mußte nachgeben, aber er war ein Mann, den kein Schlag niederwerfen konnte, und er wurde durch den Beifall vieler hitzköpfiger Mitglieder seiner Partei ermuthigt, welche nicht die entfernteste Ahnung hatten, daß er, nachdem er der hämischeste und characterloseste Whig gewesen, in nicht ferner Zeit der hämischeste und characterloseste Tory werden würde. Angriff gegen Caermarthen. Dieser scharfsinnige, ruchlose und boshafte Politiker hielt sich, obgleich er selbst ein einträgliches Amt im königlichen Hofstaat bekleidete, tagtäglich über die Art der Besetzung der hohen Staatsämter auf und seine Declamationen wurden, wenn auch etwas weniger scharf und heftig, von anderen Rednern wiederholt. Keiner, sagten sie, der ein Minister Karl's oder Jakob's gewesen sei, dürfe ein Minister Wilhelm's sein. Der erste Angriff wurde gegen den Lordpräsidenten Caermarthen gerichtet. Howe stellte den Antrag, daß dem Könige eine Adresse überreicht werden solle, die ihn ersuchte, alle Diejenigen, welche je einmal von den Gemeinen angeklagt worden seien, aus Sr. Majestät Staatsrath und Angesicht, zu entfernen. Die Debatte über diesen Antrag wurde zu wiederholten Malen vertagt. Während der Ausgang noch zweifelhaft war, schickte Wilhelm Dykvelt an Howe ab, um ihn zur Rede zu setzen. Howe war unbeugsam. Er war was man im gewöhnlichen Leben einen uneigennützigen Menschen nennt, das heißt, er legte auf das Geld weniger Werth als auf das Vergnügen, seiner üblen Laune Luft zu machen und Aufsehen zu erregen. »Ich erweise dem König einen Dienst,« sagte er; »ich befreie ihn von falschen Freunden, und meine Stellung wird mich nie abhalten, meine Gedanken auszusprechen.« Der Antrag wurde gestellt, scheiterte aber gänzlich. Der Satz, daß eine bloße Anklage, ohne Ueberführung, als ein entscheidender Beweis von Schuld betrachtet werden solle, widerstritt in der That der natürlichen Gerechtigkeit. Caermarthen hatte allerdings große Fehler begangen, aber sie waren durch Parteigeist übertrieben, durch harte Leiden gesühnt und durch neuerliche ausgezeichnete Dienste wiedergutgemacht worden. Zu der Zeit als er die große Grafschaft York gegen Papismus und Tyrannei zu den Waffen rief, hatten ihm einige der ausgezeichnetsten Whigs versichert, daß aller alte Zwist vergessen sei. Howe behauptete zwar, daß die Artigkeiten, welche im Augenblicke der Gefahr erzeigt worden seien, nichts bedeuteten.
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»Wenn ich eine Viper in der Hand habe,« sagte er, »gehe ich sehr subtil mit ihr um; sobald ich sie aber am Boden habe, zertrete ich sie.« Aber der Lordpräsident wurde so kräftig unterstützt, daß nach einer dreitägigen Discussion seine Feinde es nicht wagten, über den gegen ihn gerichteten Antrag die Meinung des Hauses zu sondiren. Im Laufe der Debatte wurde beiläufig eine wichtige Verfassungsfrage in Anregung gebracht. Die Frage war, ob eine Begnadigung vor einer parlamentarischen Anklage schützen könne. Die Gemeinen resolvirten ohne Abstimmung, daß eine Begnadigung nicht davor schützen könne.[37] Angriff auf Halifax. Der nächste Angriff galt Halifax. Er nahm eine viel verhaßtere Stellung ein als Caermarthen, der sich unter dem Vorgeben, daß seine Gesundheit angegriffen sei, fast gänzlich von den Geschäften zurückgezogen hatte. Halifax wurde allgemein als der erste Rathgeber der Krone betrachtet und für alle in Bezug auf Irland begangenen Fehler speciell verantwortlich gemacht. Die Uebel, sagte man, welche dieses Königreich zu Grunde gerichtet, hätten durch rechtzeitige Vorsicht verhütet oder durch kräftige Anstrengung wiedergutgemacht werden können. Die Regierung aber habe nichts vorgesehen; sie habe wenig gethan, und dieses Wenige sei weder zur rechten Zeit noch in der rechten Weise geschehen. Zu einer Zeit, wo einige wenige Truppen genügt haben würden, habe man Unterhandlungen anstatt Truppen angewendet. Als viele Truppen nöthig gewesen seien, habe man wenige geschickt, und diese wenigen seien schlecht ausgerüstet und schlecht commandirt gewesen. Dies, riefen die heftigen Whigs, seien die natürlichen Früchte des großen Fehlers, den König Wilhelm am ersten Tage seiner Regierung begangen habe. Er habe zu Tories und Trimmers ein Vertrauen gehabt, das sie nicht verdienten. Insbesondere habe er die Leitung der irischen Angelegenheiten dem Trimmer der Trimmers anvertraut, einem Manne, dessen Talent Niemand bestreite, der aber der neuen Regierung nicht treu ergeben, der überhaupt gar nicht fähig sei, irgend einer Regierung treu ergeben zu sein, der stets zwischen zwei Meinungen geschwankt und bis zum Augenblicke der Flucht Jakob's die Hoffnung nicht aufgegeben habe, daß die Unzufriedenheit der Nation ohne einen Dynastiewechsel beschwichtigt werden könnte. Howe bezeichnete bei zwanzig Gelegenheiten Halifax als die Ursache aller Calamitäten des Landes. Eine ähnliche Sprache führte Monmouth im Hause der Lords. Obgleich erster Lord des Schatzes, schenkte er doch den Finanzgeschäften, für die er übrigens ganz untauglich war und deren er bald überdrüssig geworden, seine Theilnahme. Seine ganze Thätigkeit widmete er der Verfolgung der Tories.
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Er sagte dem Könige rund heraus, daß Niemand, der nicht ein Whig sei, im Staatsdienste angestellt werden solle. Wilhelm's Antwort war kalt und entschieden. »Ich habe so viel für Ihre Freunde gethan, als ich ohne Gefahr für den Staat thun kann, mehr aber werde ich nicht thun.[38]« Die einzige Wirkung dieses Verweises war, daß Monmouth factiöser wurde als je. Besonders gegen Halifax intriguirte und haranguirte er mit unermüdlicher Animosität. Die anderen whiggistischen Lords des Schatzes, Delamere und Capel, waren kaum weniger eifrig bestrebt, den Lordsiegelbewahrer aus dem Amte zu vertreiben, und persönliche Eifersucht und Antipathie bewogen den Lordpräsidenten, mit seinen eignen Anklägern gegen seinen Nebenbuhler zu conspiriren. In wie weit die Beschuldigungen, welche damals gegen Halifax, erhoben wurden, begründet gewesen sein mögen, läßt sich jetzt nicht mehr mit Gewißheit ermitteln. Obwohl seine Feinde zahlreiche Zeugen befragten und obgleich sie von Wilhelm die ungern gegebene Erlaubniß erlangten, die Protokolle des Geheimen Raths einzusehen, konnten sie doch keinen Beweis entdecken, auf den sie eine bestimmte Anklage hätten stützen können.[39] Es war indessen unleugbar, daß der Lordsiegelbewahrer als Minister für Irland fungirt hatte und daß Irland fast verloren war. Unnöthig und sogar widersinnig ist die Annahme vieler Whigs, daß seine Verwaltung deshalb unersprießlich gewesen sei, weil er nicht gewollt habe, daß sie ersprießlich sein solle. Das Wahre ist, daß die Schwierigkeiten seiner Stellung groß waren und daß er bei all' seiner Genialität und Beredtsamkeit diesen Schwierigkeiten nicht gewachsen war. Die ganze Regierungsmaschine war aus den Fugen, und er war nicht der Mann, der sie wieder in Gang bringen konnte. Dazu gehörte nicht das was er in so reichem Maße besaß: Geist, Geschmack, glänzende Fassungskraft und scharfe Unterscheidungsgabe, sondern das was ihm fehlte: rasches Entscheiden, unermüdliche Energie und unerschütterliche Entschlossenheit. Sein Gemüth war im Grunde zu weich für eine Arbeit, wie sie jetzt auf ihm lastete und es war neuerdings durch harte Schicksalsschläge noch weicher gestimmt worden. Er hatte in Zeit von nicht ganz einem Jahre zwei Söhne verloren. Es existirt noch ein Brief, in welchem er damals gegen seine hochverehrte Freundin, Lady Russell, über die Verödung seines Herdes und über die herzlose Undankbarkeit der Whigs klagt. Ebenso besitzen wir noch die Antwort darauf, worin sie ihn freundlich ermahnt, da Trost zu suchen, wo sie denselben unter nicht minder harten Prüfungen gefunden habe.[40] Der erste Angriff auf ihn erfolgte im Oberhause.
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Einige whiggistische Lords, unter denen sich der launenhafte und ruchlose erste Lord des Schatzes besonders hervorthat, schlugen vor, den König zu ersuchen, daß er einen neuen Sprecher ernenne. Halifax Freunde beantragten die vorläufige Frage und brachten sie durch.[41] Ungefähr drei Wochen später beantragten seine Feinde in einem Comité des ganzen Hauses der Gemeinen eine Resolution, die ihm keine specielle Unterlassungs- oder Begehungssünde zur Last legte, sondern es einfach für rathsam erklärte, daß er aus dem Dienste der Krone entlassen werde. Die Debatte war heiß. Die gemäßigten Politiker beider Parteien waren nicht geneigt, einem zwar nicht fehlerfreien, aber durch Talent und Liebenswürdigkeit gleich ausgezeichneten Mann ein Brandmal aufzudrücken. Als seine Ankläger sahen, daß sie ihren Zweck nicht erreichen konnten, suchten sie sich einer Entscheidung, welche gewiß ungünstig für sie gelautet haben würde, dadurch zu entziehen, daß sie beantragten, der Vorsitzende solle die Sache vertagen. Aber ihre Taktik wurde durch das umsichtige und muthige Benehmen Lord Eland's, des Marquis' einzigem noch lebenden Sohne, vereitelt. »Mein Vater hat es nicht verdient,« sprach der junge Edelmann, »daß man solches Spiel mit ihm treibt. Wenn Sie ihn für strafbar halten, so sagen Sie es, und er wird sich ohne weiteres Ihrem Urtheile unterwerfen. Entlassung vom Hofe hat nichts Schreckliches für ihn. Gottes Güte hat ihn der Nothwendigkeit überhoben, die Mittel zur Aufrechthaltung seines Ranges in einem Amte zu suchen.« Das Comité stimmte ab und Halifax wurde mit einer Majorität von vierzehn Stimmen freigesprochen.[42] Vorbereitungen zu einem Feldzuge in Irland. Wäre die Abstimmung um einige Stunden verschoben worden, so würde die Majorität wahrscheinlich viel bedeutender gewesen sein. Die Gemeinen stimmten unter dem Einflusse der Meinung, daß Londonderry gefallen und ganz Irland verloren sei. Kaum war das Haus auseinandergegangen, so traf ein Courier mit der Nachricht ein, daß der Sperrbaum im Foyle durchbrochen sei. Ihm folgte bald ein zweiter, der die Aufhebung der Belagerung meldete, und ein dritter, der die Nachricht von der Schlacht bei Newton Butler brachte. Hoffnung und Jubel folgten auf Mißmuth und Besorgniß.[43] Ulster war gerettet, und man erwartete zuversichtlich, daß Schomberg sehr bald auch Leinster, Connaught und Munster wiedererobern werde. Er war jetzt bereit zum Aufbruch. Der Hafen von Chester war der Punkt, von wo er abgehen sollte. Die seinem Commando unterstellte Armee hatte sich dort versammelt, und der Dee wimmelte von Kriegs- und Transportschiffen.
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Leider waren fast alle kriegserfahrene englische Soldaten nach Flandern geschickt worden, und die große Mehrzahl der nach Irland bestimmten Truppen bestand daher aus Leuten, welche eben vom Pfluge und von der Dreschtenne kamen. Es war indessen eine vortreffliche holländische Brigade unter dem Commando eines erfahrnen Offiziers, des Grafen von Solms darunter. Außerdem waren vier Regimenter, ein Cavallerieregiment und drei Infanterieregimenter, aus den französischen Flüchtlingen gebildet worden, von denen viele mit Auszeichnung gedient hatten. Niemand that mehr für die Aushebung dieser Regimenter als der Marquis von Ruvigny. Er war viele Jahre ein außerordentlich treuer und nützlicher Diener der französischen Regierung gewesen, und man schätzte in Versailles seine Verdienste so hoch, daß man ihn gebeten hatte, Begünstigungen anzunehmen, welche kaum ein andrer Ketzer durch noch so dringende Bitten erlangt haben würde. Hätte er sich entschlossen in seinem Vaterlande zu bleiben, so würde man ihm und seinen Angehörigen gestattet haben, privatim Gott auf ihre eigne Art zu verehren. Aber Ruvigny wies alle Anerbietungen zurück, theilte das Loos seiner Glaubensbrüder und vertauschte in einem Alter von mehr als achtzig Jahren Versailles, wo er noch immer ein Günstling hätte bleiben können, mit einer bescheidenen Wohnung in Greenwich. Diese Wohnung war während der letzten Monate seines Lebens der Sammelplatz aller ausgezeichneten Persönlichkeiten unter seinen Mitverbannten. Seine Talente, seine Erfahrung und seine freigebige Herzensgüte machten ihn zum unbestrittenen Oberhaupte der Refugiés. Zu gleicher Zeit war er ein halber Engländer, denn seine Schwester war eine Gräfin von Southampton gewesen und er war der Oheim von Lady Russell. Die Zeit des selbstthätigen Handelns war für ihn längst vorüber; aber seine beiden Söhne, beides Männer von ausgezeichnetem Muthe, widmeten ihre Degen dem Dienste Wilhelm's. Der jüngere Sohn, der den Namen Caillemote führte, wurde zum Obersten eines der hugenottischen Infanterieregimenter ernannt. Die beiden anderen Infanterieregimenter wurden von La Melloniere und Cambon, Offizieren von glänzendem Rufe, befehligt. Das Cavallerieregiment war von Schomberg selbst errichtet und führte seinen Namen. Ruvigny lebte gerade noch lange genug, um diese Rüstungen vollendet zu sehen.[44] Schomberg. Dem General, dem man die Oberleitung des Feldzugs gegen Irland übertragen hatte, war es in seltenem Grade gelungen, sich die Zuneigung und Achtung der englischen Nation zu erwerben.
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Er war zum Herzoge, zum Ritter des Hosenbandordens und zum Feldzeugmeister ernannt worden, er stand jetzt an der Spitze einer Armee, und doch erweckte seine Erhebung nichts von dem Neide, der sich jedesmal kundgab, so oft Bentinck, Zulestein oder Auverquerque ein Zeichen königlicher Gunst zu Theil ward. Schomberg's militärische Tüchtigkeit war allgemein anerkannt. Er wurde von allen Protestanten als ein Bekenner betrachtet, der für die Wahrheit Alles erduldet hatte, den Märtyrertod ausgenommen. Um seines Glaubens willen hatte er einem glänzenden Einkommen entsagt, hatte den französischen Marschallsstab niedergelegt und hatte, in einem Alter von beinahe achtzig Jahren, als ein armer Soldat des Zufalls seine Laufbahn noch einmal von vorn angefangen. Da er in keiner Connection mit den Vereinigten Provinzen stand und niemals dem kleinen Hofe im Haag angehört hatte, so wurde der ihm vor englischen Anführern gegebene Vorzug mit Recht nicht nationaler oder persönlicher Parteilichkeit, sondern lediglich seinen Tugenden und Fähigkeiten zugeschrieben. Sein Benehmen war weit verschieden von dem der anderen Ausländer, welche so eben zu englischen Peers creirt worden waren. Diese waren bei vielen ehrenwerthen Eigenschaften in Geschmack, Sitten und Neigungen Holländer und konnten den Ton der Gesellschaft, in die sie versetzt worden, nicht treffen. Er war ein Weltbürger, hatte ganz Europa durchwandert, hatte an der Maas, am Ebro und am Tajo Armeen commandirt, hatte sich in dem glänzenden Cirkel von Versailles bewegt und hatte am Berliner Hofe in hoher Gunst gestanden. Französische Edelleute hatten ihn oft für einen französischen Edelmann gehalten. Er hatte einige Zeit in England zugebracht, sprach sehr gut englisch, fand sich leicht in die englischen Sitten und wurde oft in Begleitung von Engländern im Parke gesehen. In seiner Jugend hatte er mäßig gelebt, und seine Mäßigkeit genoß jetzt den ihr gebührenden Lohn: ein ungemein rüstiges und kräftiges Alter. Als achtzigjähriger Greis, hatte er noch Sinn für unschuldige Vergnügungen, seine Conversation war außerordentlich elegant und lebhaft, man konnte nichts Geschmackvolleres sehen als seine Equipagen und seine Tafel, und jeder Cavalleriecornet beneidete die Anmuth und den würdevollen Anstand, womit der Veteran an der Spitze seines Regiments auf seinem Schlachtrosse in Hydepark erschien.[45] Das Haus der Gemeinen hatte ihn mit allgemeiner Zustimmung durch ein Geschenk von hunderttausend Pfund Sterling für seine Verluste entschädigt und für seine geleisteten Dienste belohnt. Vor seinem Abgange nach Irland bat er um die Erlaubniß, für dieses großmüthige Geschenk seinen Dank aussprechen zu dürfen. Es ward ein Stuhl für ihn innerhalb der Schranke bereitgestellt.
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Er nahm, mit dem Scepter zu seiner Rechten, auf demselben Platz, erhob sich dann, sprach in kurzen freundlichen Worten seinen Dank aus und nahm Abschied von der Versammlung. Der Sprecher erwiederte darauf, daß die Gemeinen die Verpflichtungen, welche sie schon gegen Se. Gnaden hätten, nie vergessen würden, daß sie ihn mit Vergnügen an der Spitze der englischen Armee sähen, daß sie volles Vertrauen in seinen Eifer und seine Geschicklichkeit setzten und daß sie sich seiner stets mit besonderer Fürsorge annehmen würden. Das bei dieser interessanten Gelegenheit gegebene Beispiel wurde hundertundfünfundzwanzig Jahre später bei einer noch interessanteren Gelegenheit mit strengster Genauigkeit nachgeahmt. Genau auf derselben Stelle, wo Schomberg im Juli 1689 die Freigebigkeit der Nation dankend anerkannt, stand im Juli 1814 ein Stuhl für einen noch berühmteren Krieger, der gekommen war, um sich für ein noch glänzenderes Zeichen der öffentlichen Anerkennung zu bedanken. Wenige Dinge bezeichnen treffender den eigenthümlichen Character der englischen Verfassung und Nation als der Umstand, daß das Haus der Gemeinen, eine aus dem Volke hervorgegangene Versammlung, selbst in einem Augenblicke freudiger Begeisterung mit der ängstlichen Gewissenhaftigkeit eines Wappencollegiums an althergebrachten Formen festhielt; daß das Niedersetzen und Aufstehen, das Bedecktbleiben und das Entblößen des Hauptes im 19. Jahrhundert noch genau nach der nämlichen Etikette regulirt war wie im 17., und daß das nämliche Scepter, welches zur Rechten Schomberg's gehalten worden war, in gleicher Stellung zur Rechten Wellington's gehalten wurde.[46] Unterbrechung der Parlamentssitzungen. Am 20. August ging das Parlament, nachdem es sieben Monate lang in ununterbrochener Thätigkeit gewesen war, auf königlichen Befehl für kurze Zeit auseinander. Dieselbe Nummer der Gazette, welche die Ankündigung enthielt, daß die beiden Häuser ihre Sitzungen eingestellt, brachte auch die Mittheilung, daß Schomberg in Irland gelandet sei.[47] Zustand Irland's -- Rath Avaux'. Während der drei Wochen vor seiner Landung hatte im Schlosse von Dublin die größte Angst und Bestürzung geherrscht. Schlag auf Schlag waren einander so rasch gefolgt, daß Jakob's nie sehr starker Muth völlig gebrochen worden war. Zuerst hatte er erfahren, daß Londonderry erlöst war; dann, daß eine seiner Armeen von den Enniskillenern geschlagen worden; hierauf, daß eine andere von seinen Armeen stark zusammengeschmolzen und entmuthigt sich aus Ulster zurückzog oder vielmehr floh; und endlich, daß Sligo, der Schlüssel von Connaught, den Engländern preisgegeben worden war. Er hatte sich von der Unmöglichkeit überzeugt, die Colonisten zu unterwerfen, selbst als sie fast ganz ohne fremde Hülfe waren.
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Daher konnte er wohl zweifeln, ob es ihm möglich sein würde, gegen sie zu kämpfen, wenn sie durch eine englische Armee unter den Befehlen des größten lebenden Feldherrn unterstützt wurden. Der unglückliche Fürst schien seit einigen Tagen der Verzweiflung gänzlich anheimgefallen. Auf Avaux machte die Gefahr einen ganz andren Eindruck. Jetzt, dachte er, sei es Zeit, den Krieg zwischen den Engländern und Irländern in einen Vertilgungskrieg zu verwandeln und jede Vereinigung der beiden Nationen unter eine Regierung für immer unmöglich zu machen. In diesem Sinne unterbreitete er kaltblütig dem Könige einen Vorschlag von fast unglaublicher Abscheulichkeit. Er sagte, es müsse eine zweite Bartholomäusnacht veranstaltet werden. Ein Vorwand dazu werde sich leicht finden lassen. Schomberg's Ankunft in Irland werde ohne Zweifel in denjenigen südlichen Städten, deren Bevölkerung überwiegend englisch sei, einige Aufregung hervorrufen, und jede Ruhestörung, wo immer sie stattfinden möge, werde einen Entschuldigungsgrund für eine allgemeine Niedermetzelung der Protestanten von Leinster, Munster und Connaught darbieten.[48] Da der König im ersten Augenblicke keinen Abscheu vor diesem Rathe an den Tag legte,[49] so kam der Gesandte einige Tage später auf den Gegenstand zurück und drang in Se. Majestät, die nöthigen Befehle zu erlassen. Jetzt aber erklärte Jakob mit einer Entschiedenheit, die ihm zur Ehre gereichte, daß nichts ihn vermögen werde, ein solches Verbrechen zu begehen. »Diese Leute sind meine Unterthanen, und ich kann nicht so grausam sein, sie zu ermorden, während sie friedlich unter meiner Regierung leben.« -- »Es liegt nichts Grausames in meinem Vorschlage,« entgegnete der gefühllose Diplomat. »Eure Majestät sollte bedenken, daß Milde gegen die Protestanten Grausamkeit gegen die Katholiken ist.« Doch Jakob war nicht zu bewegen, und Avaux entfernte sich in sehr übler Laune. Er war der Meinung, daß die Humanitätsäußerungen des Königs erheuchelt seien und daß Se. Majestät den Befehl zum allgemeinen Gemetzel nur deshalb nicht gebe, weil er überzeugt sei, die Katholiken im ganzen Lande würden auch ohne einen solchen Befehl über die Protestanten herfallen.[50] Avaux irrte sich indeß vollständig. Daß er Jakob für eben so unmoralisch hielt als er selbst war, kann nicht Wunder nehmen. Unbegreiflich aber ist es, wie ein so kluger Mann vergessen konnte, daß Jakob und er ganz verschiedene Zwecke verfolgten. Das Ziel der Politik des Gesandten war, England und Irland für alle Zeiten zu trennen.
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Das Ziel der Politik des Königs war die Vereinigung England's und Irland's unter seinem Scepter, und er mußte nothwendig einsehen, daß wenn in drei Provinzen ein allgemeines Niedermetzeln der Protestanten stattfände und er in den Verdacht käme, es autorisirt, oder nur stillschweigend geduldet zu haben, binnen vierzehn Tagen selbst in Oxford kein Jakobit mehr am Leben sein würde.[51] Gerade in diesem Augenblicke begann der Horizont Jakob's, welcher hoffnungslos trübe geschienen hatte, sich aufzuhellen. Die Gefahr, die ihn zu Boden drückte, hatte das irische Volk aufgerüttelt. Es hatte sich sechs Monate früher wie ein Mann gegen die Sachsen erhoben. Die Armee, welche Tyrconnel ins Leben gerufen, war im Verhältniß zu der Bevölkerung, der sie entnommen war, die größte, welche Europa je gesehen. Aber diese Armee hatte eine lange Reihe von Niederlagen und Unfällen erlitten, die durch keine einzige glänzende Waffenthat aufgewogen wurden. In England wie auf dem Continent war man gewohnt, diese Niederlagen und Unfälle der Zaghaftigkeit des irischen Volksstammes zuzuschreiben.[52] Daß dies aber ein großer Irrthum war, wird durch die Geschichte jedes Krieges, der seit fünf Generationen in irgend einem Theile der Christenheit geführt worden ist, genugsam bewiesen. Das rohe Material, aus dem eine gute Armee gebildet werden kann, war unter den Irländern in reichem Maße vorhanden. Avaux schrieb seiner Regierung, daß sie ein auffallend schöner, großer und wohlgebauter Menschenschlag seien, daß sie persönlich tapfer, der Sache, für die sie kämpften, aufrichtig zugethan und gegen die Colonisten heftig erbittert seien. Nachdem er ihre Kraft und ihren Muth gepriesen, erklärte er, wie es zugehe, daß sie bei all ihrer Kraft und ihrem Muthe doch beständig geschlagen wurden. Es sei ganz falsch, sagte er, wenn man glaube, daß persönliche Tapferkeit, physischer Muth oder patriotische Begeisterung am Tage der Schlacht die Disciplin ersetzen könne. Die Infanterie sei schlecht bewaffnet und schlecht eingeübt, man ließe sie allenthalben wohin sie komme plündern, und so habe sie alle Gewohnheiten von Banditen angenommen. Es befinde sich kaum ein einziger Offizier darunter, der fähig wäre, sie ihre Pflicht zu lehren. Ihre Obersten seien zwar im allgemeinen Leute aus guter Familie, aber ohne militärische Erfahrung. Die Hauptleute seien Metzger, Schneider oder Schuhmacher, und nicht einer unter ihnen kümmere sich um den Comfort, die Ausrüstung und Einübung der Leute, denen er vorgesetzt sei. Die Dragoner seien nicht viel besser als die Infanterie. Nur die Reiter seien, mit wenigen Ausnahmen, vortrefflich.
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Fast alle irischen Gentlemen, die einige militärische Erfahrung besäßen, bekleideten Offiziersstellen in der Cavallerie, und durch die Bemühungen dieser Offiziere seien einige Regimenter gebildet und einexercirt worden, welche Avaux allen, die er je gesehen, gleichstellte. Es liege daher auf der Hand, daß die Untüchtigkeit der Fußsoldaten und der Dragoner nicht den Fehlern des irischen Characters, sondern den Mängeln der irischen Verwaltung zugeschrieben werden müsse.[53] Die Ereignisse, welche im Herbst des Jahres 1689 eintraten, bewiesen zur Genüge, daß der vom Unglück verfolgte Volksstamm, den seine Feinde wie seine Bundesgenossen allgemein mit ungerechter Geringschätzung betrachteten, mit den von Armuth, Unwissenheit und Aberglauben unzertrennlichen Fehlern einige vortreffliche Eigenschaften verband, die man auch bei blühenderen und civilisirteren Nationen nicht immer findet. Die schlimmen Nachrichten, welche Jakob in Angst und Verzweiflung stürzten, rüttelten die ganze Bevölkerung der südlichen Provinzen auf wie der Ton der Schlachttrompete. Von allen Altären von dreiundzwanzig Grafschaften wurde dem Volke verkündet, daß Ulster verloren sei, daß die Engländer kämen und daß der Kampf auf Leben und Tod zwischen den beiden feindlichen Nationen bevorstehe. Es sei nur noch eine Hoffnung, und wenn diese fehlschlüge, bleibe nichts mehr übrig als die despotische, erbarmungslose Herrschaft der sächsischen Colonie und der ketzerischen Kirche. Der katholische Priester, der eben erst Pfarrhaus und Kanzel in Besitz genommen, der katholische Squire, der so eben auf den Schultern seiner jubelnden Pächter in die Halle seiner Väter getragen worden sei, würden vertrieben werden, um von dem Almosen zu leben, das die selbst unterdrückten und verarmten Landleute ihnen gewähren könnten. Eine neue Vermögensconfiscation würde das Werk der Ansiedlungsacte vollenden und die Anhänger Wilhelm's würden Alles wegnehmen, was die Anhänger Cromwell's verschont hätten. Diese Befürchtungen riefen einen Ausbruch patriotischer und religiöser Begeisterung hervor, welcher den unvermeidlichen Augenblick der Unterjochung auf einige Zeit hinausschob. Avaux war erstaunt über die Energie, welche die Irländer unter so niederdrückenden Verhältnissen an den Tag legten. Es war allerdings die wilde und unbeständige Energie eines halbbarbarischen Volks; sie war vorübergehend und oft irregeleitet; aber wenn auch vorübergehend und irregeleitet, that sie doch Wunder. Der französische Gesandte mußte bekennen, daß die Offiziere, über deren Unbrauchbarkeit und Unthätigkeit er so oft geklagt, ihre Lethargie plötzlich abgeschüttelt hätten. Die Rekruten strömten zu Tausenden herbei, und die unter den Mauern von Londonderry gelichteten Reihen waren bald wieder übervoll.
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Es wurden große Anstrengungen gemacht, um die Truppen zu bewaffnen und einzukleiden, und nach dem kurzen Zeitraum von vierzehn Tagen bot Alles einen neuen und erfreulichen Anblick dar.[54] Entlassung Melfort's. Die Irländer verlangten vom Könige zum Lohn für die energischen Anstrengungen in seinem Interesse ein Zugeständniß, das ihm durchaus nicht angenehm war. Melfort's Unpopularität hatte in einem solchen Grade zugenommen, daß er kaum noch seines Lebens sicher war, und er besaß keinen Freund, der ein Wort zu seinen Gunsten hätte sprechen können. Die Franzosen haßten ihn. In jedem Briefe, der aus England oder Schottland in Dublin ankam, wurde er als der böse Genius des Hauses Stuart bezeichnet. Es war um seiner selbst willen nothwendig ihn zu entlassen. Man fand einen ehrenvollen Ausweg. Er erhielt Befehl, sich nach Versailles zu begeben, den Stand der Dinge in Irland dort darzulegen und die französische Regierung um schleunige Zusendung eines Hülfscorps von sechs- bis siebentausend Mann gedienter Infanterie zu bitten. Er legte die Siegel nieder und sie wurden zur großen Freude der Irländer den Händen eines Irländers Sir Richard Nagle anvertraut, der sich als Generalfiskal und als Sprecher des Hauses der Gemeinen hervorgethan hatte. Melfort reiste unter dem Schutze der Dunkelheit ab, denn die Wuth des Volks gegen ihn war so groß, daß er sich am Tage nicht ohne Gefahr in den Straßen von Dublin zeigen konnte. Am andren Morgen verließ Jakob seine Hauptstadt in entgegengesetzter Richtung, um Schomberg entgegenzurücken.[55] Schomberg landet in Ulster. Schomberg war in Antrim gelandet. Die Streitmacht, die er mitbrachte, überstieg nicht zehntausend Mann. Aber er erwartete, daß die bewaffneten Colonisten und die von Kirke commandirten Regimenter zu ihm stoßen würden. Die Kaffeehauspolitiker von London waren fest überzeugt, daß ein solcher General mit einer solchen Armee die Insel rasch wiedererobern werde. Leider aber zeigte es sich bald, daß die ihm gewährten Mittel für das Werk, das er durchzuführen hatte, bei weitem nicht hinreichten; den größeren Theil dieser Mittel verlor er bald durch eine Reihe unvorhergesehener Unfälle, und der ganze Feldzug war nichts als ein langer Kampf seiner Klugheit und Entschlossenheit gegen die äußerste Tücke des Schicksals. Carrickfergus genommen. Er marschirte zuerst nach Carrickfergus. Diese Stadt wurde durch zwei Regimenter Infanterie für König Jakob vertheidigt. Schomberg beschoß die Mauern, und nachdem die Irländer sich eine Woche gehalten hatten, capitulirten sie. Er versprach sie ungehindert abziehen zu lassen; aber es wurde ihm nicht leicht, sein Wort zu halten.
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Die Bewohner der Stadt und Umgegend waren größtentheils Protestanten schottischer Abkunft. Sie hatten während des kurzen Uebergewichts des eingebornen Stammes viel zu leiden gehabt und brannten vor Begierde, für die erduldeten Leiden Rache zu üben. Sie rotteten sich zu zahlreichen Haufen zusammen und riefen, daß sie sich an die Capitulation nicht kehrten, sondern gerächt sein wollten. Von Worten gingen sie bald zu Schlägen über. Die entwaffneten, ausgezogenen und hin und her gestoßenen Irländer suchten Schutz bei den englischen Offizieren und Soldaten. Mit Mühe gelang es Schomberg, dem Blutvergießen vorzubeugen, indem er mit dem Pistol in der Hand durch die Haufen der wüthenden Colonisten sprengte.[56] Von Carrickfergus marschirte Schomberg weiter nach Lisburn und von da durch gänzlich verlassene Städte und über Ebenen, auf denen weder eine Kuh, noch ein Schaf, noch ein Getreidefehm zu sehen war, nach Loughbrickland. Hier stießen drei Regimenter Enniskillener zu ihm, deren Kleidung, Pferde und Waffen einem an den Glanz von Revuen gewohnten Auge wunderlich vorkamen, die aber an natürlichem Muthe keinen Truppen der Welt nachstanden und die sich während mehrerer Monate beständigen Wachtdienstes und Scharmützelns viele wesentliche Eigenschaften regulärer Soldaten erworben hatten.[57] Schomberg rückt weiter nach Leinster. Schomberg setzte seinen Marsch durch eine Wüste gegen Dublin fort. Die wenigen noch im Süden von Ulster befindlichen irischen Truppen zogen sich vor ihm zurück, indem sie Alles auf ihrem Wege zerstörten. Newry, einst ein hübsch gebauter und wohlhabender protestantischer Flecken, fand er als einen Haufen rauchender Trümmer. Carlingford war ebenfalls zerstört. Die Stelle, wo die Stadt einst gestanden, war nur noch durch die massiven Ruinen des alten normännischen Schlosses bezeichnet. Diejenigen, welche es wagten, Ausflüge aus dem Lager zu machen, berichteten, daß die Gegend, soweit sie dieselbe durchstreift hätten, eine Wildniß sei. Es gäbe wohl Hütten, aber sie seien unbewohnt; es gebe üppige Weiden, aber weder Rinder- noch Schafherden; es gebe Getreidefelder, aber die Ernte liege, vom Regen durchnäßt, auf dem Boden.[58] Die englische und die irische Armee campiren nahe bei einander. Während Schomberg durch eine unabsehbare Einöde vorrückte, sammelten sich die irischen Truppen rasch von allen Seiten. Am 10.
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September wurde das königliche Banner Jakob's auf dem Thurme von Drogheda entfaltet, und unter demselben waren bald zwanzigtausend kampffähige Männer versammelt, die Infanterie im allgemeinen schlecht, die Cavallerie im allgemeinen gut, beide aber voll Eifers für ihr Vaterland und ihre Religion.[59] Die Armee war wie gewöhnlich von einem zahlreichen Troß Landvolk begleitet, das mit Sensen, Halbpiken und Skeans bewaffnet war. Inzwischen hatte Schomberg Dundalk erreicht. Die Entfernung zwischen beiden Heeren betrug jetzt nicht mehr als einen starken Tagemarsch, und man erwartete daher allgemein, daß das Schicksal der Insel unverzüglich durch eine offene Schlacht entschieden werden würde. In beiden Lagern wünschten Alle, die vom Kriege nichts verstanden, sehnlichst loszuschlagen, und die Wenigen, die sich eines hohen Rufes militärischer Tüchtigkeit erfreuten, waren in beiden Lagern gegen eine Schlacht. Weder Rosen noch Schomberg wollten Alles auf einen Wurf setzen. Beide kannten die Mängel ihrer Armee genau und keiner von ihnen war über die Mängel der Armee des Andren vollständig unterrichtet. Rosen wußte sehr gut, daß die irische Infanterie schlechter ausgerüstet, mit schlechteren Offizieren versehen und schlechter eingeübt war, als irgend eine Infanterie, die er vom bothnischen Meerbusen bis zum atlantischen Ocean je gesehen, und er vermuthete, daß die englischen Truppen gut einexercirt und, was sie allerdings hätten sein sollen, mit allem zu einer erfolgreichen Thätigkeit Nöthigem wohl versehen seien. Eine numerische Uebermacht, urtheilte er sehr richtig, würde gegen eine große Ueberlegenheit in der Waffenführung und Disciplin wenig nützen. Er rieth daher Jakob sich zurückzuziehen und lieber Dublin selbst dem Feinde preiszugeben als eine Schlacht zu wagen, mit deren Verlust Alles verloren sein würde. Athlone sei der beste Platz im Königreiche zu einem entschlossenen Widerstande. Der Uebergang über den Shannon könne so lange vertheidigt werden, bis der Succurs, um den Melfort bitten solle, aus Frankreich anlange, und dieser Succurs werde den ganzen Character des Kriegs ändern. Aber die Irländer, mit Tyrconnel an der Spitze, waren einmüthig gegen den Rückzug. Das Blut der ganzen Nation war in Gährung. Jakob freute sich über die Begeisterung seiner Unterthanen und erklärte auf das Bestimmteste, daß er nicht die Schmach auf sich laden werde, seine Hauptstadt dem Feinde ohne Schwertstreich zu überlassen.[60] Schomberg lehnt eine Schlacht ab. Binnen wenigen Tagen zeigte es sich klar, daß Schomberg beschlossen hatte, nicht loszuschlagen, und seine Gründe waren gewichtig.
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Er hatte zwar einige gute holländische und französische Truppen, und auch die Enniskillener, die sich ihm angeschlossen, hatten eine militärische Lehrzeit bestanden, wenn auch nicht in der regelrechtesten Weise. Die große Masse seiner Armee aber bestand aus englischen Landleuten, welche eben erst aus ihren Hütten kamen. Seine Musketiere hatten noch zu lernen, wie sie ihre Gewehre laden mußten, seine Dragoner hatten noch zu lernen, wie sie mit ihren Pferden umgehen mußten, und diese unerfahrenen Soldaten waren zum größten Theil von Offizieren befehligt, welche eben so unerfahren waren als sie selbst. Seine Truppen waren daher im allgemeinen den irischen in der Disciplin nicht überlegen, und standen ihnen an Zahl weit nach. Ja er überzeugte sich sogar, daß seine Soldaten eben so schlecht bewaffnet, eben so schlecht logirt und eben so schlecht gekleidet waren, als die ihnen gegenüberstehenden Celten. Betrügereien des englischen Kriegscommissariats. Der Reichthum der englischen Nation und die freigebigen Beschlüsse des englischen Parlaments hatten ihn zu der Erwartung berechtigt, daß er mit allem Kriegsbedarf reichlich versehen werden würde. Aber er sah sich bitter getäuscht. Die Verwaltung war seit Oliver's Tode fortwährend unvernünftiger und verderbter geworden, und jetzt erntete die Revolution was die Restauration gesäet hatte. Ein Heer nachlässiger oder habsüchtiger Beamter, unter Karl und Jakob gebildet, plünderte die Armeen und die Flotten Wilhelm's aus, ließ sie darben und vergiftete sie. Der Erste unter diesen Leuten war Heinrich Shales, der unter der vorigen Regierung Generalcommissar des Lagers bei Hounslow gewesen war. Man kann die neue Regierung kaum tadeln, daß sie ihn auf seinem Posten ließ, denn seine Erfahrung in dem ihm anvertrauten Verwaltungszweige übertraf bei weitem die jedes andren Engländers. Leider aber hatte er, in der nämlichen Schule, in der er seine Erfahrungen gesammelt, auch die ganze Kunst des Veruntreuens erlernt. Das Rindfleisch und der Branntwein, welche er lieferte, waren so schlecht, daß die Soldaten sich davor ekelten; die Zelte waren verfault, die Bekleidung unzureichend, die Musketen zerbrachen beim Gebrauch. Große Massen Schuhe waren der Regierung in Rechnung gestellt, aber zwei Monate nachdem der Schatz sie bezahlt, waren sie noch nicht in Irland angekommen. Mittel zum Transport des Gepäcks und der Artillerie fehlten fast ganz. Eine große Menge Pferde waren mit öffentlichem Gelde in England angekauft und an die Ufer des Dee geschickt worden.
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Aber Shales hatte sie zur Erntearbeit an die Landwirthe von Cheshire vermiethet, hatte den Miethertrag in seine Tasche gesteckt, und hatte es den Truppen in Ulster überlassen sich fortzuhelfen so gut sie konnten.[61] Schomberg war der Meinung, daß, wenn er mit einer schlecht disciplinirten und schlecht ausgerüsteten Armee eine Schlacht wagte, er nicht unwahrscheinlich geschlagen werden würde, und er wußte, daß eine Niederlage den Verlust eines Königreichs, vielleicht den Verlust dreier Königreiche nach sich ziehen konnte. Er beschloß daher, in der Defensive zu verharren, bis seine Leute eingeübt und Verstärkungen und Zufuhren angelangt sein würden. Er verschanzte sich bei Dundalk dergestalt, daß er nicht gezwungen werden konnte, gegen seinen Willen zu kämpfen. Jakob, ermuthigt durch die Zurückhaltung seines Gegners, rückte, die Rathschläge Rosen's nicht beachtend, gegen Ardee vor, erschien an der Spitze der ganzen irischen Armee vor den englischen Linien, stellte Reiterei, Fußvolk und Artillerie in Schlachtordnung auf, und entfaltete sein Banner. Die Engländer hätten gar zu gern losgeschlagen. Aber der Entschluß ihres Generals stand fest und konnte weder durch das prahlerische Gebahren des Feindes, noch durch das Murren seiner eignen Soldaten erschüttert werden. So blieb er einige Wochen sicher hinter seinen Schutzwällen, während die Irländer wenige Meilen davon lagen. Er sorgte nun eifrig für Einübung der Rekruten, aus denen seine Armee zum größten Theil bestand. Seine Musketiere mußten sich beständig im Schießen üben, bald nach der Scheibe, bald in Pelotons, und die Art und Weise, wie sie sich anfangs dabei benahmen, bewies deutlich, daß er sehr wohl daran gethan, sie nicht zum Kampfe zu führen. Es stellte sich heraus, daß von vier englischen Soldaten noch nicht einer sein Gewehr ordentlich zu behandeln verstand, und wenn es gelang, dasselbe aufs Gerathewohl abzufeuern, glaubte Wunder was er Großes vollbracht habe. Verschwörung unter den in englischen Diensten stehenden französischen Truppen. Während der Herzog so seine Zeit anwendete, gafften die Irländer sein Lager an, ohne einen Angriff auf dasselbe zu wagen. Bald aber tauchten in diesem Lager zwei Uebel auf, welche gefährlicher waren als der Feind: Verrath und Krankheit. Zu den besten Truppen, die er commandirte, gehörten die französischen Verbannten. Jetzt entstanden sehr ernste Zweifel an ihrer Treue. Den wirklichen hugenottischen Refugiés konnte allerdings unbedingtes Vertrauen geschenkt werden.
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Der Widerwille, mit dem der eifrigste englische Protestant das Haus Bourbon und die römische Kirche betrachtete, war ein laues Gefühl im Vergleich zu dem unauslöschlichen Hasse, der in der Brust des verfolgten, mit Einquartierung gequälten, aus seinem Vaterlande vertriebenen Calvinisten des Languedoc glühte. Die Irländer hatten schon bemerkt, daß die französischen Ketzer niemals Pardon weder gaben noch annahmen.[62] Jetzt aber zeigte es sich, daß mit diesen Emigranten, die dem reformirten Glauben Alles aufgeopfert hatten, Emigranten ganz andrer Art vermischt waren, Deserteurs, welche in den Niederlanden ihrer Fahne entlaufen waren und ihr Verbrechen dadurch bemäntelt hatten, daß sie vorgaben, sie seien Protestanten und ihr Gewissen gestatte ihnen nicht, für den Verfolger ihrer Kirche zu kämpfen. Einige von diesen Leuten setzten sich in der Hoffnung, durch einen zweiten Verrath Verzeihung und zugleich Belohnung zu erlangen, mit Avaux in Correspondenz. Die Briefe wurden jedoch aufgefangen und ein furchtbares Complot ans Licht gebracht. Es stellte sich heraus, daß, wenn Schomberg schwach genug gewesen wäre, dem Andringen Derer, welche eine offene Schlacht wünschten, nachzugeben, mehrere französische Compagnien in der Hitze des Gefechts auf die Engländer gefeuert haben und zum Feinde übergegangen sein würden. Ein solcher Abfall würde auch in einer besseren Armee als die bei Dundalk lagernde, einen allgemeinen Schrecken hervorgerufen haben. Hier mußte mit Strenge verfahren werden. Sechs von den Verschwörern wurden aufgehängt, und zweihundert ihrer Mitschuldigen in Eisen nach England zurückgeschickt. Selbst nach dieser Ausmerzung wurden die Refugiés von der übrigen Armee noch lange mit zwar ungerechtem, aber nicht unnatürlichem Argwohn betrachtet. Einige Tage lang hatte man sogar allen Grund zu fürchten, der Feind werde mit dem Schauspiele eines blutigen Kampfes zwischen den englischen Soldaten und ihren französischen Verbündeten unterhalten werden.[63] Pestilenz in der englischen Armee. Einige Stunden vor der Hinrichtung der Haupträdelsführer wurde eine allgemeine Musterung der Armee vorgenommen, und man sah, daß die Reihen der englischen Bataillone stark gelichtet waren. Viel Kranke hatte es vom ersten Tage des Feldzugs an unter den Rekruten gegeben, aber erst zur Zeit des Aequinoctiums nahm die Sterblichkeit in beunruhigendem Maße zu. Die Herbstregen sind in Irland gewöhnlich stark, dieses Jahr aber waren sie stärker als sonst, das ganze Land war überschwemmt, und das Lager des Herzogs wurde ein förmlicher Sumpf. Die Enniskillener waren an das Klima gewöhnt, und die Holländer waren gewohnt in einem Lande zu leben, das, wie ein Witzling der damaligen Zeit sagte, funfzig Fuß Wasser zieht.
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Sie hielten ihre Lagerhütten trocken und reinlich und sie hatten erfahrene, aufmerksame Offiziere, welche die Unterlassung keiner Vorsicht duldeten. Die Landleute von Yorkshire und Derbyshire aber hatten weder Constitutionen, welche dem verderblichen Einflusse zu widerstehen vermochten, noch verstanden sie es, sich gegen denselben zu schützen. Die schlechten Lebensmittel, welche das Commissariat lieferte, verschlimmerte die durch die klimatischen Verhältnisse erzeugten Krankheiten. An Heilmitteln fehlte es fast ganz, Aerzte waren nur wenige vorhanden, und die Arzneikästen enthielten nicht viel mehr als Charpie und Wundpflaster. Die Engländer erkrankten und starben zu Hunderten. Selbst Diejenigen, welche nicht von der Seuche ergriffen wurden, waren entkräftet und muthlos und erwarteten, anstatt die Energie zu entfalten, welche das Erbtheil unsrer Nation ist, mit der hülflosen Apathie von Asiaten ihr Schicksal. Umsonst versuchte Schomberg sie zu lehren, wie sie ihre Quartiere verbessern und den feuchten Erdboden, auf dem sie lagen, mit einem dicken Teppich von Farrnkräutern bedecken konnten. Körperliche Anstrengung war ihnen noch schrecklicher geworden als selbst der Tod. Es stand nicht zu erwarten, daß Leute, die sich selbst nicht helfen konnten, einander gegenseitig helfen würden. Niemand beanspruchte und Niemand bezeigte Theilnahme. Die Vertrautheit mit grauenvollen Scenen erzeugte eine Gefühllosigkeit und eine verzweifelte Gottlosigkeit, die selbst in der Geschichte ansteckender Krankheiten so leicht nicht ihres Gleichen haben dürften. Das Schmerzensgestöhn der Kranken wurde durch die Flüche und unzüchtigen Reden ihrer Kameraden übertäubt. Zuweilen konnte man auf dem Leichname eines am Morgen gestorbenen Unglücklichen einen andren Unglücklichen sitzen sehen, der die kommende Nacht nicht mehr erleben konnte und der fluchend und Schandlieder singend auf die Gesundheit des Teufels Branntwein trank. Wenn die Leichen weggetragen wurden, um begraben zu werden, murrten die Ueberlebenden. Ein Todter, sagten sie, sei eine gute Decke und ein guter Stuhl. Warum sollten die Leute, wenn ein so reichlicher Vorrath eines so nützlichen Möbels vorhanden sei, der kalten Luft ausgesetzt und genöthigt sein, sich auf die nasse Erde zu legen?[64] Viele Kranke wurden von den englischen Schiffen, welche nahe der Küste lagen, nach Belfast gebracht, wo ein großes Hospital errichtet war. Aber kaum die Hälfte von ihnen erlebte das Ende der Reise. Mehr als ein Schiff lag lange in der Bai von Carrickfergus, angefüllt mit Leichen und den Geruch des Todes ausströmend, ohne ein lebendes, Wesen an Bord.[65] Die irländische Armee hatte viel weniger zu leiden.
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